ich möchte mal auf den ersten beitrag zurückkommen, weil ich mir außer der ersten seite, die restlichen sieben nicht durchgelesen habe.
also Jerry hat geschrieben:
Ein Kollege von mir war als Schüler für ein Jahr in Amerika.Seine Gasteltern waren wohl total nett und eines abends kam der Gast- Papa mit einer SS-Uniform ins Zimmer von meinem Kollegen, salutierte, machte einen Hitlergruß, lachte herzhaft und ging wieder raus.
naja, mir ist mal so etwas ähnliches passiert.
ich hatte damals ein halbes jahr in england verbracht und befand mich auf der fähre nach holland. dort kam ich mit ein paar trinkfesten iren/engländern ins gespräch.
da mein englisch damals very good war (ich habe sogar auf englisch geträumt), war ihnen nicht klar, woher ich eigentlich komme.
als sie mich dann irgendwann danach fragten und ich "germany" sagte, kam dann dieser (sicher nicht böse gemeinte) spruch: "heil hitler".
ich fands in dem moment, und eigentlich überhaupt, total blöde.
es ist eine sache, sich mit der geschichte seines landes/volkes auseinanderzusetzen (was ich sehr wohl getan habe und auch immer noch tue), es ist aber eine ganz andere, genau auf diesen einen aspekt reduziert zu werden, und sei es auch nur zum scherz.
was sagt das eigentlich aus?
nichts!
die einen vorfahren waren vielleicht überzeugte nazis, die anderen (wenn auch zuwenige) waren es nicht.
meine oma und mein opa (gott hab sie selig) haben im krieg zwei jahre lang im kartoffelkeller (in einem verschlag unter eben diesen kartoffeln) juden versteckt, weiß nur außer der familie kein schwein und sie haben auch keinen ehrenplatz in israel.
der bruder meines opas (und direkter nachbar), war wiederum total von den nazis überzeugt, was die situation damals nicht gerade leichter gemacht haben dürfte.
was sagt einem das alles?
man muss die dinge weitaus differenzierter betrachten!
genauso wie ich aufgrund meiner nationalität in keine schublade gesteckt werden möchte, genauso muss man auch darauf achten dies nicht mit anderen zu tun.
ich denke auch, dass das rumreiten auf nationalitäten nicht besonders förderlich ist, was die zukunft auf diesem planeten betrifft.
was aber wiederum nicht bedeutet, das man nicht die jeweiligen kulturellen unterschiede berücksichtigt, was zwei paar schuhe sind, also das eine ist nicht unbedingt mit dem anderen zu verwechseln.
so habe ich nach meinem england- später längerem griechenlandaufenthalt durchaus heimische gefühle in mir entdeckt.
zum beispiel die sprache:
auch wenn ich mich damals sehr gut englisch verständigen konnte (griechisch nicht ganz so gut), so war es doch ein wirkliches hochgefühl und auch ein stück freiheit, ganz unbedarft wieder auf deutsch losplappern zu können.
dasselbe war es mit der mentalität:
in england und auch in griechenland sind die menschen ziemlich zuvorkommend, zumindest nach aussen.
man weiß aber eigentlich nie, meinen die das jetzt so, wie sie es sagen, oder ist es nur eine freundliche floskel?
nicht immer, aber oft sind es floskeln und ich war damals froh (obwohl ich tolle freundschaften geschlossen hatte) wieder in meinem ruppigen berlin zu sein, wo die menschen vielleicht nicht immer freundlich
sind, aber wenn, dann meinen sie es auch so.
was mir allerdings, gerade in griechenland, fast schmerzlich aufgefallen ist, das es hier im gegensatz zu diesem land eigentlich keine kultur mehr(also auf die altvorderen bezogen) gibt.
selbst die wirklich jungen haben in griechenland noch einen bezug zu ihrer traditionellen musik, zu den verschiedenen instrumenten usw.
es ist ein guter mix aus altem und neuem.
hier gibt es das nicht, weil das alte, vielleicht bewahrenswert gewesene niemand mehr kennt und sich auch nicht dafür interessiert.
damit meine ich nicht so'n scheiss wie "musikantenstadl" oder ähnliches, was einem ja eher mainstream aufbereitetes "kulturgut" verkauft werden soll, sondern ganz andere, viel ältere sachen.
ich bin mal vor ewigen zweiten im radio zufällig auf eine sendung gestoßen, da ging es um uralte volksmusik aus dem frankenland (das ja erst viel später an bayern angegliedert wurde).
das war echt der hammer!
nix mit jodeln oder zither und so, sondern richtig gute musik, die ich, wenn ich es nicht gewusst hätte, überhaupt nicht diesem kulturkreis zugeschrieben hätte.
das hörte sich schon fast exotisch an...
das soetwas als kulturgut letzendlich in der versenkung verschwindet, finde ich schon schade.
naja, aber wer weiß wozu dieser zustand ohne ausgeprägtes national- und nationalkulturbewusstseins noch gut ist...
während sich andere wegen eines übersteigerten nationalismus an die gurgel gehen, schweben wir luftig, duftig darüber.
hat doch auch was!