Neues aus Österreich (Politik)

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
So - das große Rätselraten hat begonnen: Was wollte/will "Django" mit seiner Drohung und verbalen Watschen (Ohrfeige) eigentlich erreichen?
(Vielleicht genau das: dass alle drüber reden und analysieren - aber das sei mal dahingestellt.)

Geht die Drohung ins Leere? Zum jetzigen Zeitpunkt Neuwahlen kann keiner wollen, scheints - das wäre poltischer Selbstmord: http://kurier.at/politik/inland/rot-schwarz-und-mitterlehners-dilemma/156.053.717

Reaktion des SPÖ-Geschäftsführers (der für die Außendarstellung der Partei zuständig ist hauptsächlich) : http://derstandard.at/2000023095689/Wir-wurschteln-ueberhaupt-nicht - "Wir wurschteln überhaupt nicht". :lol: (Ein hübscher Kommentar darunter, sinngemäß: Nein. Denn zum Wurschteln müsst man sich bewegen...)

"Koalition kann sich keine Neuwahl leisten": http://diepresse.com/home/politik/i...3915/index.do&selChannel=101&from=articlemore

Analyse, die bereits aufgegeben hat zu analysieren: http://diepresse.com/home/meinung/q...den-Mund-aufmacht?_vl_backlink=/home/index.do

Und ein Tagescartoon aus dem Kurier in die gleiche Richtung: http://images03.kurier.at/46-73323809.jpg/kurier-slideshow-slide/156.092.013

(Meine ganz unerhebliche Meinung geht noch in eine andere Richtung: Vielleicht war die Drohung eine Mischung aus "Packmers an!" und der erste Warnschuss, der einem nach der Wienwahl - sofern die in einem Debakel enden sollte - größeren Handlungsspielraum ermöglicht... Irgendwie denke ich, solche Aktionen zielen auf längerfristig... )
Überrascht hat mich das Interview, was grad für soviel Diskussion sorgt, aber ehrlich gesagt nicht: Das scheint der Spagat zu sein zwischen dem "ich bin auch unzufrieden mit der Gesamtsituation, wir kommen mit dem Umsetzen der Ziele nicht voran" in Richtung eigener ÖVP; den Kompromissen, die man in einer solchen Koalition eingehen muss; und dem Ehrzgeiz, nicht ewig in einer Koalition als Junior feststecken zu wollen...
Überrascht bin ich stattdessen eher von dem ganzen Analysieren und verbissenen Kommentieren gerade - ist den Zeitungen und dort zitierten Politikbeurteilern irgendwo zwischen OÖ und Wien ein bissl der Schmäh abhandengekommen? - Ein positiver Effekt durch die ganze Aktion: das Wort "wurschteln" scheint nun auch in der Politik etabliert :lol:

Die politische Schockstarre bis zur nächsten Wahl (glücklicherweise - endlich - in etwas mehr als 1 Woche) scheint insgesamt noch immer nicht überwunden, wies scheint. Eins hat die ganze Aktion auf jeden Fall schon mal erreicht: die Frage nach einem Koalitionsaustritt und einem fliegenden Wechsel, die vor einer Zeit noch im Raum schwelte, wiederbelebt - nach der Wienwahl passiert demnach entweder nichts, oder der ganz große Knall... :lol: :popcorn:
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Wien-Wahl: Wahlkampf
Eine kurze Zusammenfassung des Wien-Wahlkampfes: Obwohl die einzelnen Parteien ihren Wahlkampf betreiben, mit Plakaten und Veranstaltungen, und Diskussionsrunden, hat man so allgemein dennoch das Gefühl: Wahlkampf findet eigentlich kaum einer statt. Und wenn, dann nur zwischen den zwei großen Blöcken, die sich die größten Chancen ausrechnen dürfen: der amtierende Bürgermeister Häupl (SPÖ) und der Chef der FPÖ, HC Strache - alle sonstigen Parteien (inkl. ÖVP; Grüne und NEOS) erfreuen sich - für sie unerfreulicher - Nicht-Beachtung.
Und das "Duell" zwischen Häupl und Strache? Strache spricht von einer "Oktoberrevolution", die er bei der Wahl erreichen will - Häupl setzt demgegenüber auf die Themen "wir leisten solide Arbeit" und "wählt mich, um Strache/FPÖ als Bürgermeister zu verhindern" - kann man so Wahlkampf führen?
Für eine Wahl, die für die Bundespolitik durchaus relevant ist, und in Form des FPÖ-CHefs (der Bürgermeister werden will, aber auch als Chef seiner Partei im Nationalrat als Klubobmann sitzt) aufs engste verquickt, ist der Wahlkampf überraschend inexistent. Das Wundern über diese Inexistenz ist das Hauptthema in der Presse auch, scheints. :lol:

Zusammenfassung des Wahlkampfes in Bildern: (aus dem Kurier)
Häupl vs Strache: "Wenn Wahlkampf wäre..." http://images01.kurier.at/46-73360074.jpg/kurier-slideshow-slide/156.451.198
Und die anderen? - Die große Volkspartei ist in Wien eh kleiner als die Wahrnehmungsschwelle... http://images03.kurier.at/46-73447264.jpg/kurier-slideshow-slide/157.032.903

Sonntag ist Wahl ... Schaun mer mal. ;-)
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Wien-Wahl
So... die Wiener haben gewählt - und der ganz große Knall ist ausgeblieben. Aber auch so hinterlässt die Stimmenverteilung doch eine Menge Diskussionspotential:

SPÖ 39,5 - FPÖ 31,0 - ÖVP 9,2 - Grüne 11,6 - NEOS 6,2 - Sonstiges 2,5%
(Wahlbeteiligung: 74,4% - Auszählung ohne Wahlkarten, vorläufig).

Durchgehende Meinung: Häupl von der SPÖ und bisher amtierender Bürgermeister hätte eine Menge Stimmen auf sich versammelt durch den Anti-Strache-Wahlkampf - doch wo kommen die Stimmen her? Die FPÖ setzt ihre knapp über 30%-Serie fort, Grüne haben ihre üblichen 10%, und die NEOS haben sogar den Einzug in den Landtag geschafft... Nicht-Wähler, Unentschlossene und ÖVP bleiben da als Stimmenabgeber übrig - letztere muss man prozentual ja schon suchen: In Wien hat die ÖVP nie eine Rolle gespielt, da hat man jetzt auch keine Wunder erwartet, aber der Absturz unter 10% ist dennoch... unangenehm.

Rot-Grün kann in Wien weiterregieren:
http://derstandard.at/2000023560847/Wiener-Landtagswahl-Haeupl-entschied-das-Duell-fuer-sich
Oder Rot-SChwarz? http://www.krone.at/Wien/Rot-Gruen....n_sichs_aussuchen-Nach_Wien-Wahl-Story-476402

"Historisches Tief" für ÖVP
http://derstandard.at/2000023564779/OeVP-rutscht-auf-historisches-Tief-ab
"Die ÖVP Wien ist nicht erst seit heute das größte Sorgenkind der ÖVP. Wir brauchen jetzt eine vollkommene Neuaufstellung der ÖVP Wien – sowohl personell als auch strukturell" (Statement VK, der den Kopf für das Debakel herhalten muss)

Wo kommen die Wähler her:
http://derstandard.at/2000023560648...rlor-an-FPOe-holte-sich-fruehere-Nichtwaehler

Und: "Wiens Bürgermeister ist der Coup seines Lebens gelungen. Er blieb mit Leihstimmen vorn. In SPÖ und ÖVP läutet dennoch das Sterbeglöckchen. Laut." http://diepresse.com/home/meinung/k...sser-DuellSchmaeh?_vl_backlink=/home/index.do

FPÖ: Traumergebnis, aber es hat nicht gereicht:
http://diepresse.com/home/politik/wienwahl/4840926/FPO_Haider-ubertroffen-Haeupl-aber-wieder-nicht
(Kommentare: "Absage der Oktoberrevolution", und "der ewige Bürgermeisterkandidat Strache")

ÖVP: Juraczka tritt zurück:
http://diepresse.com/home/politik/w...tt-zuruck?_vl_backlink=/home/politik/index.do
Und zur Frage, warum die Bundes-ÖVP nicht geholfen hat: Keiner will auf ein ohnehin sinkendes Schiff?
http://diepresse.com/home/politik/w...politik/wienwahl/4840968/index.do&selChannel=
Bleibt auch die Frage, inwieweit die für die ÖVP im Vorfeld nicht mehr aufgestellte Ursula Stenzel - ein Urgestein Wiener ÖVP-Stadtpolitik, die dann verletzt ausgerechnet zur FPÖ übergelaufen ist - auch noch einen Einfluss auf das ÖVP-Ergebnis hatte...

Dass man auch im Ausland beobachtet wird, war und ist Ö und in Wien durchaus bewusst - alle schauen auf Strache... http://www.spiegel.de/politik/ausla...iegt-spoe-europa-kann-aufatmen-a-1057252.html
 

streicher

Ehrenmitglied
Registriert
15. April 2002
Beiträge
4.863
Das Ergebnis ist nicht signifikant anders als in Oberösterreich.
Mich überrascht das doch ein bisschen. Ich hätte eigentlich erwartet, dass das Wahlergebnis in einer Weltstadt, in der einzigen Österreichs, sich abhebt. Tut es aber nicht.
Hier in Bayern ist München die Stadt mit vergleichbarer Größe. München gilt als rote Insel im schwarzen See der CSU. Vielleicht verändern sich die Verhältnisse etwas mit der aktuellen Politik. Aber grundsätzlich hebt sich München vom übrigen Bayern ab.
 

streicher

Ehrenmitglied
Registriert
15. April 2002
Beiträge
4.863
SPÖ und ÖVP habe ich verwechselt. Ich ziehe meine Aussagen zurück und behaupte das Gegenteil. Dann stimmt's wieder... :oops:
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Kann schon mal passieren, wenn einem die Parteinamen (logischerweise) nicht so geläufig sind. Zur Klarstellung: Die rote SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs) und die schwarze ÖVP (Österreichische Volkspartei), Farbverteilung genauso wie in D bei SPD und CDU.
- wobei die ÖVP einen Taken liberaler ist als die CDU, was (s.o.) sicherlich auch ein Punkt ist für eine grundsätzliche Existenz der FPÖ...

Generell waren weder die Wahl in Oberösterreich (OÖ) noch die in Wien (W) eine wirkliche Überraschung. Öberösterreich ist in schwarzer Hand geblieben, Wien - das schon gefühlte Ewigkeiten rot regiert wird - in roter.
In Wien als Großstadt ists keine Überraschung, dass es grundsätzlich eher sehr viele Links-Wähler, Grünen-Wähler und NEOS-Wähler (als liberale Partei, die vor allem junge Wähler anspricht - nach deutschen Maßstäben eine Art Mischung aus Piraten und FDP, sozusagen) gibt. (Apropos Piraten: die gabs in Ö auch mal, spielen aber - ähnlich wie in D irgendwie schon wieder keine Rolle mehr)
Die einzige Überraschung war jetzt bei der Wien-Wahl eigentlich, dass die Grünen nicht stärker waren als ihre üblichen 10% - da sind wohl doch viele zur SPÖ übergelaufen, um Strache/FPÖ zu verhindern...

Es gibt in Ö ja auch noch zwei andere Großstädte, nicht so groß wie Wien aber dennoch immerhin jede mit einer Universität: Graz und Linz. Beide Städte sind - wie sollte es anders sein - seit Jahren in roter Hand, allerdings liegen die in OÖ (Linz) und der Steiermark (St; Graz), was beides die hauptsächlichen Industriebundesländer sind, aber auch mit sehr viel ländlicher Gegend... In OÖ und St konkurierten die beiden Volksparteien SPÖ und ÖVP eigentlich in der Regel auf Augenhöhe, in der letzten Zeit mit einem kleinen Vorsprung von rot in St und von schwarz in OÖ. Jedenfalls bis zu den Wahlen in diesem Jahr. Da fiel, obwohl an zweiter Stelle, der Landeshauptmann in der Steiermark an die Schwarzen, und in OÖ stürzte die SPÖ noch hinter die FPÖ ab - beide Industriebundesländer sind nun in schwarzer Hand, sozusagen.
Die Wien-Wahl war da jetzt demgegenüber etwas sehr Spezielles, da hier auch noch der "charismatische" Parteichef der FPÖ selbst kandidierte, das hat massig Stimmen für die FPÖ mobilisiert. Es heißt nun überall, der rote Bürgermeister hat mit einer guten Menge Leihstimmen aller anderen Nicht-FPÖ-Parteien gewonnen, das dann logischweise alle anderen geschwächt hat - manche mehr (Grüne, ÖVP), manche weniger (NEOS). Ein glänzender Wahlsieg sieht anders aus, mahnt auch Häupl selbst (der rote Wieder-Bürgermeister von Wien)...

Bisherige Auswirkungen auf die Bundespolitik: Wenig.
Der VK muss das Desaster der ÖVP in Wien unter 10% irgendwie erklären - allerdings ist allen Beteiligten klar, dass die ÖVP Wien schon immer problematisch war und man in Wien eigentlich kaum eine Rolle spielt. Auf Nachfrage von Reportern bei Politikanalysten, ob jetzt eine Parteichef-Diskussion bei der ÖVP losbrechen könnte (mit anderen Worten: Ob die eigene Partei jetzt versucht den VK zu meucheln, genauso wie es seinem glücklosen Vorgänger ergangen ist), hieß es bisher: Ach woher...
Was die SPÖ angeht: Wo ist eigentlich der Kanzler? Seit gefühlten zwei Wochen ist er medial untergetaucht und hat sich auch jetzt zur Wienwahl noch nicht geäußert. Es heißt, er war die Tage in Griechenland und hat sich mit seinem "Sozi-Kollegen" Tsipras auf Lesbos die Flüchtlingslage angeschaut...
Und dennoch: Eigentlich warten alle jetzt auf einen Sturm in der Bundespolitik, die sich bis zur Wienwahl ja sehr zurückgehalten haben, um die Wahlen nicht zu gefärden. FPÖ-Chef Strache spricht (mal wieder) von Neuwahlen, die er gerne hätte, da die Wienwahl gezeigt habe, dass die Verhältnisse im Nationalrat wohl nimmer denen entsprechen dürften, würde heute gewählt - ob er mit einem Neuwahl-Antrag / Misstrauensantrag gegen diee Regierung durchkommt, ist unwahrscheinlich (da gabs in der Vergangenheit schon ein paar Versuche seitens der FPÖ - aber keine andere Partei ist mitgezogen).
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Mal wieder ein paar Neuigkeiten, wie es weiterging in Österreich.

Wien-Wahl
Das Endergebnis ist da: Außer kleineren Verschiebungen auf Bezirksebene hat sich am Ergebnis aber nichts mehr verändert.
Dank des speziellen Wahlrechts steht der zweitplatzierten FPÖ einer der beiden Vizebürgermeister-Posten zu - ein Posten ohne Ressort-Kompetenzen in diesem Fall. Damit der FPÖ-Vize de facto nicht zum Zug kommt, wird der erste Vizebürgermeister wohl innerhalb der SPÖ vergeben (die Rangabfolge orientiert sich anhand der Stimmengröße der Parteien, würde der Koalitionspartner Grüne den Vize-Posten bekommen, wäre das automatisch der zweite hinter dem FPÖ-Vize...)


Budget-Vorstellung 2016
Der Finanzminister (ÖVP) stellt (am Mi) das Budget vor (die erste Budgetvorstellung für den aktuellen Finanzminister Schelling). Zu diesem Großereignis im Nationalrat sind auch ein guter Teil der Regierung anwesend und traditionell der Bundespräsident Fischer als Gast.
Der Kanzler fehlt - er lässt sich "krankheitsbedingt" entschuldigen, wie es heißt - bzw., da seine Anwesenheit protokollarisch benötigt wird, vom VK im Amt vertreten - dafür gibt es auffällig einen ungeplanten Zwischenapplaus im Saal. (Was ist denn da los? Applaus dafür, dass der VK den K vertritt? Dafür ist er doch da. Aber vielleicht ein Hinweis, dass da irgendetwas schwelt: die Nationalsratspräsidentin war auch verwundert, dass diese formale Anordnung Beifall hervorgerufen hat.) - Sagen wir mal, man gewinnt an diesem ersten Tag der viele Stunden währenden Nationalratssitzung den Eindruck, dem VK ist das Fehlen des Kanzlers nicht gerade unangenehm. - Auch die Presseaussendung der Regierungsspitze nach der Sitzung bestreitet der Vk allein.

Am zweiten Tag der Nationalratsdebatte über das Budgetpacket ist dann klar, wo der Kanzler ist: Am Do auf einem EU-Staatstreffen, mal wieder. Aber Aussendungen oder Presseerklärungen vom K gibtes keine - so still wie gerade war es schon lange nimmer um den Kanzler - was ist da los? :gruebel:

Das Budget sieht fast 6 Mrd EUR mehr an Ausgaben vor als Einnahmen erwartet werden: Ö ringt um den Verzicht auf Neuverschuldung, ein "strukturelles Nulldefizit", was man für den EURO-Stabilitätspakt braucht, und in dem einige Ausgaben rausgerechnet werden dürfen, erreicht man dennoch. Von den 77 Mrd geplanter Staatsausgaben sind allein 20 Mrd für die Finanzierung des Pensionssystems vorgesehen - ein schon länger bekanntes Problem in Ö ist ja das an der Unfinanzierbarkeit vorbeischrammende exorbitante Pensionssystem (Früher Renteneintritt, keine Abschläge für Frühverrentungen, Eintrittsalter der Frauen deutlich unter dem der Männer, immer noch.) Daneben 8 Mrd fürs Arbeitslosensystem und 1 Mrd für Flüchtlinge (wobei der größte Anteil in Unterkunft, Verpflegung und Kurse gehen - also direkt wieder in den Markt zurück). Und ein ziemlich großer Haufen bleibt nach wie vor für die Bürgschaften für die insolvente Hypo Alpe Adria-Bank (bzw ihrer Abbaugesellschaft HETA) - In scharfen Worten fordert der Finanzminister die dringend notwendigen Reformen endlich anzugehen.


Neubesetzung des ÖVP-Generalsekretärs
Nachdem der bisherige Generalsekretär Blümel als neuer Wiener ÖVP-Chef bestellt wurde, ist jetzt die Generalsekretär-Stelle vakant. In einer Presseerklärung am Do wird dann Peter McDonald als Neuer vorgestellt - ein enger Vertrauter und loyaler Mitarbeiter vom VK.
- Der Parteichef stärkt seine Position in der eigenen Partei, wie es heißt - vielleicht eine Lehre aus den letzten Jahren, in denen ÖVP-Vorsitzende in der Regel von ihrer eigenen Partei (durch Flügelkämpfe) politisch "gemeuchelt" wurden; auch beim glücklosen Vorgänger Spindelegger, der "unerwartet" von einem Tag auf den anderen alles hinschmiss, hieß es beim Abgang, er gehe mit mehreren ÖVP-eigenen Messern im Rücken. ( http://images02.kurier.at/46-64586228.jpg/kurier-slideshow-slide/83.342.037 ;-) )

Dazu vielleicht eine kleine Hintergrund-Info: Der derzeitige VK kommt ja eher aus einem "linken" Flügel, einem wirtschaftsliberalen und eher weniger konservativ-bürgerlichen Lager der ÖVP. Als er vor gut einem Jahr zum neuen Parteichef wurde, war die Partei derart zerstritten (Schleudersitz ÖVP-Obmann: http://wirtschaftsblatt.at/home/nac...-Reaktionen-zu-Reinhold-Mitterlehner#cxrecs_s ), dass ein solcher "Außenseiterkandidat", der sich selbst wohl bis dahin kaum Chancen ausgerechnet hatte, überhaupt eine Chance haben konnte - und für die eher rechtskonservativen Teile der ÖVP mag er wohl nur eine vorläufige Übergangslösung gewesen sein. ( http://wirtschaftsblatt.at/home/nac...richt-Reinhold-Mitterlehner-das-Vertrauen-aus ) Und "Django" Mitterlehner hat auch erst einmal das gemacht, was alle von ihm erwartet haben: für Aufbruchsstimmung und Parteizusammenhalt gesorgt. Aber jetzt werden ihn die Rechtskonservativen nimmer los :lol: Den aktuellen VK haben viele unterschätzt, auch im Punkte Ehrgeiz - mit dem mächtigen Niederösterreichischen Landeshauptmann Pröll, der als Kopf des recht großen rechtskonservativen Flügels der Partei und als graue Eminenz im Hintergrund agiert (ähnlich wie Wiens Bürgermeister Häupl bei der SPÖ), nicht grün zu sein, war bis dato eigentlich ein politisches Todesurtheil für einen ÖVPler - und jetzt sitzt besagte graue Eminenz etwas machtpolitisch beschnitten in seinem Bundesland und kann nichts machen... der Rückhalt für den VK in der Partei ist einfach zu groß, und dieser Rückhalt scheint das Ergebnis von immer wieder solchen Aktionen wie jetzt mit dem neuen Generalsekretär: loyale Leute des Vertrauens und aus einem ähnlichen Flügel in der eigenen Partei an sich binden und in Machtpositionen verteilen. Es ist allen bewusst, inner- und außerhalb der ÖVP, dass die größte Gefahr für den derzeitigen VK nicht die Gegenpartei sondern der Konservative Block in der eigenen Partei ist, Pröll und seine Anhänger, alte "Schüssel-ianer" usw. Die Machtkämpfe schweigen so lange, wie der VK seine Stellung halten kann - und verhindert, dass sich eine innerparteiliche Opposition und wohlmöglich ein Gegenkandidat formieren könnte - und bislang hält er sich darin ganz gut über Wasser - auf jeden Fall schon einmal deutlich länger, als es andere innerparteiliche Flügel erwartet haben :popcorn:

(Da mir selbst die neue Richtung der Partei nicht unsympathisch ist, und ich - wie oben schon mal geschrieben - zumindest immer den Eindruck habe, der VK denkt viel nach, bevor er was sagt (auch wenn ich gelegentlich völlig anderer Meinung bin) , und weil es die Politik ein bisschen interessanter macht, wünsche ich dem "Django" noch ein politisch langes Leben :lol:
http://images04.kurier.at/46-64625707.jpg/kurier-slideshow-slide/83.512.912 "Eines. höchstens." vom 03.09.2014... )

Ein paar Gedanken zu Mitterlehners ÖVP auch hier: http://diepresse.com/home/politik/i...tamorphose-der-MitterlehnerOVP?from=simarchiv

Was die Parteiinterne Opposition angeht, hat es der Kanzler von der SPÖ - je nach Blickwinkel - leichter oder schwerer... Wiens Bürgermeister Häupl als ebenfalls einflussreiche graue Eminenz der Partei hat Faymann zuletzt sein Vertrauen ausgesprochen und ihn so gegen innerparteiliche Kämpfe gestärkt, die Debatten (erstmal wieder) beendet. Aber, was sich beim Mitterlehner (noch?) keiner traut, tritt in der SPÖ in schöner Regelmäßigkeit wieder auf: internes und öffentlich ausgetragenes Infragestellen der Kanzlerfähigkeit des Kanzlers - aber der K hat in all den Jahren schon so viel parteiinternes Kämpfen überlebt, dass ein Sturz unwahrscheinlich wäre... Irgendwie ist keiner von der SPÖ wirklich glücklich mit ihm, aber eine echte Alternative kommt aus der Partei nicht nach oben vor - und so bindet er irgendwie doch alle zusammen, die aus verschiedenen Gründen geeint mit ihm nicht glücklich sind.


Und sonst
Was sonst noch so los ist: Nachdem Ungarn jetzt die Grenze zu Kroatien auch dicht gemacht hat, ist es eigentlich unmöglich für die Flüchtlingsströme, weiterhin über Ungarn nach Österreich zu kommen - man erwartet eine Verlagerung der Ströme weg vom Burgenland an der ungarischen Grenze hin zur Steiermark, über Slowenien. Ansonsten schaut man nach wie vor intensiv auf Deutschland: Sollte D seine Grenze (kurfristig oder erstmal ganz) bei Salzburg schließen, müsste man schnell reagieren; schon jetzt ist die Lage im Salzburger Bahnhof aufgrund des Rückstaus nahe an der Kapazitätsgrenze, gestern wurden bisher ausnahmsweise Zugweise Leute nach Wien "zurückverteilt", um Salzburg zu entlasten. Aber das "Durchgriffsrecht-Gesetz" greift: Der Bund kann sich unkomplizierter Unterkünfte organisieren, die winteruntauglichen Zelte sind weitgehend aufgelöst.

Und ein kleiner Blick in die Schweiz, die man in Ö tatsächlich eher selten auf dem Schirm hat - das größte Thema in Bezug auf die Schweiz waren zuletzt die Frankenkredite, d.h. Privatkredite, die an den Franken als Währung gekoppelt sind, und als der Franken vom Euro losgelöst wurde vor einigen Monaten, gingen diese Kredite durch die Decke: Zahlreiche Leute in Ö hatten danach doppelt so viel Schulden oder mehr wie vorher... - Aber jetzt scheinen Wahlen anzustehen in der Schweiz, und man beobachtet das ein bissl amüsiert, wie da eine rechtspopulistische Partei gute Chancen hat, "in einem Land, in das kein Flüchtling hinwill".
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Kleinere und größere Aufreger...

Bund und Wahl-Nachbereitung
Der Kanzler, sonst doch eigentlich zumindest mit der Kronen-Zeitung sogar medial "verheiratet", ist medial immer noch "abgetaucht" - und die Kronen-Zeitung bauscht das ein bissl zu einem vermuteten "Machtkampf" in der SPÖ auf: Hat die "graue Eminenz" Häupl aus Wien viell. den Kanzler gerupft? (Ok, den Umfragewerten nach dürfte der Kanzler-Bonus eher ein Kanzler-Malus gewesen sein bei der Wienwahl. - Und die satirische Tagespresse verarbeitet das Ganze gleich mal in einem netten Artikel: http://dietagespresse.com/offenbar-...ubt-er-haette-etwas-mit-dem-spoe-sieg-zu-tun/ :lol: )
Nach den "Hinweisen" scheint der Kanzler aber einfach auf "Europa-Tour" zu sein - lustig, dass das medial so gar nicht mitverfolgt wird.
Den VK störts nicht - und seiner (u.a.) aus den beiden Wahlen gezogenen Lehre nach, "Bürgerinnen und Bürger müssen eine Partei spüren", bricht seine mediale Präsenz nicht ab, die in den letzten Tagen fast ebenso auffällig hochgefahren ist, wie der Kanzler abwesend ist: Eine sehr interessante 1-stündige Interview-Situation in der "Pressestunde" am 18.10.: http://tvthek.orf.at/program/Presse...zekanzler-Reinhold-Mitterlehner-OeVP/10800148 (Diskussion eigentlich aller anstehender Themen)

Eine in den letzten Tagen vieldiskutierte Frage rund um die Wahlen, insbesondere Wien: Inwieweit haben die Meinungsumfragen und die Berichterstattung ein "Duell in Wien" erst herbeigeredet und damit zu dem Wahlergebnis erst beigetragen? Die Frage geht - mit einer gewissen Form von Schuldeingeständnis durch die mediale Landschaft. Forderungen werden laut, eine gewisse Zeit direkt vor der Wahl keine Prognosen mehr zu veröffentlichen. Klar ist es, dass das "Duell" den anderen Parteien deutlich geschadet hat.
(Siehe auch: http://diepresse.com/home/meinung/m...uen-Mann-geschurt?_vl_backlink=/home/index.do )

In Wien siehts nach einer Fortsetzung der Rot-Grünen-Landesregierung aus, die Verhandlungen beginnen gerade hoffnungsvoll.
http://tvthek.orf.at/program/ZIB-1/1203/ZIB-1/10814397/Weichen-fuer-Verhandlungen-in-Wien/10814787 (kurzfristig offener Link mit auch einer Karte aller Landeskoalitionen).
Überraschender war die Ankündigung aus Oberösterreich, dass der dortige ÖVP-Landeshauptmann mit der FPÖ (ja, die rechtspopulistischen Freiheitlichen, richtig) eine Koalition so gut wie ausgehandelt hat. Die SPÖ ist naturgemäß nicht begeistert - auch der Kanzler meldet sich mal wieder zu Wort (da ist er ja wieder!) und bedient den erwartbaren Protest gegen eine Koalition der Koalitionspartner-Partei mit den Freiheitlichen (die die SPÖ ihrerseits kategorisch ausschließt, zumindest auf Bundesebene...) - siehe auch obigen Link. Der OÖ-Landeshauptmann hat sich ÖVP-seits die Koalition schon vom VK absegnen lassen.
Ohnehin hat OÖ - wie einige andere Bundesländer auch - ein Proporzsystem. D.h. Parteien bekommen aufgrund ihrer Stärke gewisse Anteile an den Landesregierungsposten (aktuell nach der neuen Verteilung: 4 für ÖVP, 3 für FPÖ, je einer für SPÖ und Grüne) - die Regierungsarbeit setzt sich demnach ohnehin aus einem All-Parteien-System zusammen - Koalitionsverhandlungen bedeuten nur das Abstimmen zwischen Parteien auf eine gemeinsame Linie und Aushandeln der Ressortsverteilung.
Und dennoch: Schwarz-blau in OÖ?! Man kann in Österreich politisch nicht über OÖ reden, ohne dabei "Heimatbundesland des VK" im Kopf zu haben (ähnlich wie mit dem K und Wien). Naturgemäß kamen daher schon die ersten Spekulationen auf, inwieweit das ein Signal für die Bundespolitik sein könnte, und die SPÖ-ÖVP-Bundeskoalition wackeln könnte.

Weiterregieren...
Aber: Das sogenannte "Koalitionsbruch-Gespenst" war auch schon mal furchteinflößender... ( http://images02.kurier.at/46-66604167.jpg/kurier-slideshow-slide/100.975.580 - ein alter Cartoon vom Ende letzten Jahres und immer noch, bzw. immer wieder mal aktuell, scheints... )
Zur wöchentlichen Presseaussendung (dem sog. "Ministerrat") von K und VK steht das Regierungsduo mal wieder zusammen und ... regiert:
Bilanz zur Flüchtlingsunterbringung:
http://tvthek.orf.at/program/ZIB-1/1203/ZIB-1/10814397/Bund-nutzt-Durchgriffsrecht/10814783
http://www.krone.at/Videos/Durchgriffsrecht_1700_Plaetze_geschaffen-500_noch_in_Zelten-Video-477952
Ankündigung eines Arbeitsmarkt-Gipfels Ende Oktober: http://www.krone.at/Politik/Arbeits...0._Oktober_statt-Endlich_fixiert-Story-477935
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Mal wieder ein Update, was in der letzten Zeit in Österreich so politisch los war...

Die Wienwahl hat einen bis jetzt anhaltenden "politischen Kater" hinterlassen: Vertreter der allermeisten Nicht-Regierungsparteien sind verärgert über die Berichterstattung und das Herbeireden des Duells. Der Sieg der SPÖ gegen die FPÖ und vier weitere Jahre SPÖ-Grüne in Wien dürften thatsächlich vor allem den Leihstimmen von Grünen, ÖVP, NEOS und Sonstigen zu verdanken sein.


Bildungs-Reform
Das Aufregenste an der jetzt beschlossenen Bildungsreform war, dass sie beschlossen wurde. (Im Unterschied zu den in der Vergangenheit öfter gescheiterten Versuchen, sich bei dem Thema auf eine Linie zu einigen...) das österreich-typische Zuständigkeitschaos zwischen Bund und Ländern ist nun ein bissl entschärft: Eine feste Kommission ist nun für alle Entscheidungen zu Schulbildung zuständig, die dem Bund untersteht und von den Ländern gespeist wird (es geht doch!). Allgemeiner Tenor der Reaktionen: längst überfällig, aber nichts Weltbewegendes. Ausgerechnet ein Nebenbeschluss, den der VK noch schnell hinein geschrieben hat vor der Abstimmung (ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr inkl. Vorschulbildung), findet bei den ganzen gefragten Experten allein großes Lob.


Nationalfeiertag und die übliche Diskussion um die "Neutralität"
Österreich feiert seine "Neutralität" - ein Beschluss unter dessen Einfluss die Staatsgründung nach dem 2. WK zustande kam. Wie immer ist das Thema für ein paar Tage am Tapet, wie immer muss man sich eingestehen, dass man seine Neutralität den umliegenden und größeren EU-Staaten verdankt, die "die Kohlen aus dem Feuer holen" und Ö seine Neutralitätsposition dadurch erst ermöglichen.
Bei der Heeresleistungsschau steht ein Eurofighter aus Sperrholz am Platz - und wird zu einem kleinen Symbol des ausrüstungstechnischen und finanziellen desolaten Zustandes des Bundesheeres... Was in D die G36-Debatte (ob nun zu recht oder unrecht) sind in Ö die Eurofighter, die nicht fliegen. Oder repariert werden. Vorurtheilsgemäß irgendwie zu allem taugen, aber nicht dafür, wofür sie gedacht waren.


Wahlkampf: Die "self-made"-Kandidatin
Die Wahl zum neuen Bundespräsidenten (der jetzige, Fischer, darf nicht mehr kandidieren nach zwei Amtszeiten) ist zwar erst nächstes Jahr. Bei allen großen Parteien stehen die Kandidaten unter der Hand (also auch in der Presse) bereits fest, ohne dass es da eine einzige öffentliche Stellungnahme gegeben hätte. Und da taucht auf einmal eine Kandidatin auf, die sagt, sie will Bundespräsidentin werden und sucht Unterstützer: Irmgard Griss, eine frühere Höchstrichterin, die sich bei der Aufdeckung der Hypo-alpe-Adria-Bank-Pleite einen Namen gemacht hat. Das sorgt für etwas Amüsement, aber die Frau mit den teils noch etwas unkonkreten Ideen meint es ernst.
http://kurier.at/politik/inland/hofburg-neos-testen-griss-auf-unterstuetzungswuerdigkeit/165.773.520


Der Streit um die "Baulichen Maßnahmen" in Spielfeld :popcorn:
Ein ewiges Thema der letzten Wochen: Zaun oder nicht Zaun in Spielfeld (der kleine Ort in der Steiermark, der hinter dem Grenzübergang zu Slowenien liegt). Beim Streit über die Idee kamen die sonderbarsten Begriffe für einen Grenzzaun, der ideologisch-politisch keiner sein darf, in Umlauf. Während die FPÖ zuerst ganz Österreich einzäunen wollte - und dann doch wieder nicht, kam von der Innenministerin (ÖVP) nach einem chaotischen Tag in Spielfeld der Gedanke, man müsse den dortigen Übergang zumindest mit einem Zaun um den Übergang herum schützen. Proteste der SPÖ, die am Ende einlenkte, von Zaun aber nichts wissen wollte. Seitdem heißts "Bauliche Maßnahme", der ÖVP wars wurscht. Obwohl in der letzten Woche der Flüchtlingsstrom vollkommen abgeebbt ist, will man die beschlossene Bauliche Maßnahme dennoch bauen. (ca. 25 km Zaun an den Seiten des Überganges). Die Verhandlungen mit den Grundstücksbesitzern laufen allerdings derzeit... :lol:
http://images02.kurier.at/46-74795661.jpg/620x930nocrop/164.352.956 (Titel: "Es hätte schon NOCH blödere Zaunvarianten gegeben" - M. Pammesberger, Kurier, 14.11.2015)


Vorschläge und "Schnellschüsse" der Innenministerin
im Laufe der letzten Woche kam Innenministerin Mikl-Leitner (ÖVP) immer mal wieder mit einer neuen Idee um die Ecke, die sie - meist ohne sichtbare Vorwarnung - gegenüber der Presse offenbarte.
- Errichtung eines Grenzzaunes an der Grenze zu slowenien, um das unkontrollierte "Über die Grenze Treten" im Bereich Spielfeld in gelenkte Bahnen zu führen - das ist als "Bauliche Maßnahme" und in der abgespeckten Form von 25 km Zaun ja jetzt beschlossen.
- "Asyl auf Zeit": Forderung der Einführung einer Überprüfung der Asylbedingungen nach 3 Jahren (einer der größten Kritikpunkte daran bleibt der immense Verwaltungsaufwand, den das nach sich ziehen würde)
- Erschwerung des Familiennachzuges für Asylbewilligte (erst nach drei Jahren statt bisher 1 Jahr)
- Fußfesseln für POTENTIELLE Terroristen (dagegen sind auch Richter sturmgelaufen.)
- und jetzt neu: Meldepflicht für potentielle Terroristen (ähnlich bei Hooligans während wichtiger Fußballspiele) http://kurier.at/politik/inland/mik...-fuer-dschihadisten-ist-vom-tisch/167.186.470

Arbeitsteilung in der ÖVP: Zu den meisten dieser Vorschläge gibt es mit etwas zeitlichem Abstand ein Statement des VK, in dem er den Vorschlag zwar nicht kritisiert, aber doch sehr abmildert. (in der Art: "Naja, ganz so kann man das natürlich nicht machen. Aber grundsätzlich muss man auf die Problematik xy reagieren...") - Ich hab den Eindruck, der VK schickt seine Innenministerin vor, die sowieso als Hardliner verschrien ist, um Dinge vorzuschlagen, die den Konservativeren in der ÖVP gefallen dürften, die er selbst in seiner liberaleren Linie aber nicht vorschlagen kann. So gesehen, funktioniert die Arbeitsteilung ja ganz gut...


Und aktuell: Ein kleiner Sturm im Wasserglas
Die Idee mit dem "Asyl auf Zeit" griff jetzt Außenminister Kurz (auch ÖVP) auf und verfeinerte die Idee um: Überprüfung der Integration, wenn man nach drei jahren ohnehin das Asyl überprüfe. Die SPÖ selbst gerät in zwei Fronten: Der burgenländische Landeshauptmann Niessl (der eine Koalition ausgerechnet mit der FPÖ eingegangen ist - und dadurch auch schon mal für parteiinternen Zwist sorgte) fordert in der Kronenzeitung ein Bekenntnis vom Kanzler, dass man nicht alle aufnehmen könne, die kommen. Die sonstige SPÖ und der Kanzler kontern gegen beides.
http://kurier.at/politik/inland/asy...nn-haelt-forderungen-fuer-obsolet/167.163.123

Und auch zwischen K und VK entladen sich die unterschiedlichen Positionen in der Flüchtlingsfrage beim Ministerrat in einem kleinen verbalen Schlagabtausch. Ein gegenseitiges Bicken, das von Außen schon fast wieder zur Koalitionskrise hochstilisiert wird, hat man den Eindruck.
http://derstandard.at/2000026743362/Rote-kalte-Schulter-fuer-Niessl-bei-Ministerrat
http://orf.at/stories/2312194/2312196/
"Gewitterwolken über Regierungsspitze": http://tvthek.orf.at/program/ZIB-13...ewitterwolken-ueber-Regierungsspitze/11091933
:popcorn:
und eine (von vielen) Nachbarbeitung:http://tvthek.orf.at/program/ZIB-13...orter-Wolfgang-Geier-vom-Ministerrat/11091934 (öffentlich ausgetragene Meinungsverschiedenheit zwischen den Koalitionsparteien und der Regierungs-(doppel)-spitze; einige der Vorschläge der Innenministerin seien mittlerweile "schubladisiert" :lol:
 

streicher

Ehrenmitglied
Registriert
15. April 2002
Beiträge
4.863
Semiramis schrieb:
Bildungs-Reform
Das Aufregenste an der jetzt beschlossenen Bildungsreform war, dass sie beschlossen wurde. (Im Unterschied zu den in der Vergangenheit öfter gescheiterten Versuchen, sich bei dem Thema auf eine Linie zu einigen...) das österreich-typische Zuständigkeitschaos zwischen Bund und Ländern ist nun ein bissl entschärft: Eine feste Kommission ist nun für alle Entscheidungen zu Schulbildung zuständig, die dem Bund untersteht und von den Ländern gespeist wird (es geht doch!). Allgemeiner Tenor der Reaktionen: längst überfällig, aber nichts Weltbewegendes. Ausgerechnet ein Nebenbeschluss, den der VK noch schnell hinein geschrieben hat vor der Abstimmung (ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr inkl. Vorschulbildung), findet bei den ganzen gefragten Experten allein großes Lob.
Sind denn in Österreich die Schulabschlüsse in den Ländern sehr unterschiedlich? Oder sind sie weitgehend einheitlich und in dem Sinne auch in den Bundesländern auf gleichem Niveau?
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Erstmal: Sorry, dass Du jetzt doch länger auf eine Reaktion warten musstest.

streicher schrieb:
Sind denn in Österreich die Schulabschlüsse in den Ländern sehr unterschiedlich? Oder sind sie weitgehend einheitlich und in dem Sinne auch in den Bundesländern auf gleichem Niveau?
Ach je, das österreichische Bildungssystem... ;-)
Vorab: Es gibt ganz grob eine ähnliche Struktur wie in Deutschland - aber irgendwie auch wieder nicht. Es gibt Hauptschulen (selbsterklärend), und AHS (Allgemeinbildende Höhere Schulen), an letzterem kann man die Matura machen (sowas wie ein Abitur).
(Daneben gibt es noch BHS (Berufsbildende Höhere Schulen) mit sehr viel Praxis neben dem Unterricht: man macht sozusagen eine Lehre und kann auch einen Abschluss machen, der zu einem Studium an einer Hochschule berechtigt. - Ich glaube, in D wären Berufsschulen ähnlich, oder?)

Nun, es gab schon vor dieser Bildungs-Reform einen Beschluss, eine Zentralmatura einzuführen - das wurde dieses Jahr umgesetzt, ich glaube zum ersten Mal (oder zum zweiten? muss ich nachschauen.) Jedenfalls war das zum Abschluss des Schuljahres dieses Jahr ein Riesenhype, ständig wurde darüber berichtet - und am Ende gab es ein großes Aufatmen: Es hat mehr oder weniger gut funktioniert...
(Bis auf einen Einbruch in einem Schultresor, bei dem - wahrscheinlich tatsächlich versehentlich - auch die Zentralen Latein-Maturaaufgaben geöffnet und evtl eingesehen wurden - in ganz Ö mussten dann nochmal Packete mit zentralen Ersatzaufgaben verschickt werden... ) http://diepresse.com/home/bildung/schule/4725993/Matura_Aufgaben-fur-Latein-bei-Einbruch-geoffnet-

Die Zentralmatura ist ähnlich wie ein Zentralabitur, aber nur ein Teil der Aufgaben sind Ö-weit identisch: die schriftlichen Klausuren der Kernfächer. (Alles andere: Hausarbeit, mündliche Prüfungen und schriftliche Prüfungen in anderen Fächern sind nach wie vor von Schule zu Schule anders).
http://diepresse.com/home/bildung/schule/hoehereschulen/713770/So-funktioniert-die-Zentralmatura
http://www.kleinezeitung.at/k/politik/4184797/Neue-Matura-bringt-viele-Aenderungen
Soweit ich das sehe, gab es vor allem bei der Festlegung von Bildungsplänen für die Schulen ein wildes Chaos - und, tata, das Chaos wird noch größer - bzw. die Schulen dürfen sich nach der neuen Reform nun noch ein bissl mehr als bisher eigene Schwerpunkte setzen...
http://kurier.at/politik/inland/das-ist-die-bildungsreform-alle-details-und-fakten/164.536.640
 

streicher

Ehrenmitglied
Registriert
15. April 2002
Beiträge
4.863
Semiramis schrieb:
Vorab: Es gibt ganz grob eine ähnliche Struktur wie in Deutschland - aber irgendwie auch wieder nicht. Es gibt Hauptschulen (selbsterklärend), und AHS (Allgemeinbildende Höhere Schulen), an letzterem kann man die Matura machen (sowas wie ein Abitur).
(Daneben gibt es noch BHS (Berufsbildende Höhere Schulen) mit sehr viel Praxis neben dem Unterricht: man macht sozusagen eine Lehre und kann auch einen Abschluss machen, der zu einem Studium an einer Hochschule berechtigt. - Ich glaube, in D wären Berufsschulen ähnlich, oder?)
Es gibt in Deutschland den Sammelbegriff berufsbildende Schulen, darunter fallen dann Berufsschulen und Berufsfachschulen: sie werden parallel zur Ausbildung besucht. Dort erhält man im Allgemeinen keine Befähigung für die Fachhochschule oder für die Universität.
Außerdem existiert die BOS (Berufsoberschule): die kann man besuchen, wenn man schon eine Lehre abgeschlossen hat. Sie befähigt für ein Studium.
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Mal wieder ein kleines Update - zu der ziemlich bald bevorstehenden Bundespräsidentenwahl:
https://www.weltverschwoerung.de/ze...tenwahl-osterreich-post694254.html#post694254

Was man vielleicht in dem Zusammenhang unbedingt erwähnen sollte: Die ausgedehnte Rochade im Regierungspersonal, die die Nominierung von Rudolf Hundstorfer als Bundespräsidentenkandidat für die SPÖ ausgelöst hat:

Ministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Alois Stöger statt Rudolf Hundstorfer.
Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologien: Gerald Klug statt Alois Stöger.
Verteidigungsministerium und Sport: Hans Peter Doskozil [sprich: 'doßkotsiel - nicht die ganzen Varianten, die man im deutschen Fernsehen öfter hört, mit dem Versuch, das z irgendwie "weich" auszusprechen...] statt Gerald Klug.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesregierung_Faymann_II#.C3.9Cbersicht

Neben der Notwendigkeit, Hundstorfer als BP-Kandidat in seinem Regierungsamt zu ersetzen hat man da auch den - bei Generalstab und Heer!! - ziemlich unbeliebten Verteidigungsminister in ein anderes Ressort abgeschoben. Für ihn kam Doskozil neu in die Regierung, der vorher als Polizeichef vom Burgenland in der Flüchtlingsorganisation und Grenzsicherung als Organisator und "Macher" aufgefallen war. Seitdem er in der Regierung ist, bildet er oft ein Duo mit der Innenministerin Mikl-Leitner - personell und inhaltlich. Da haben sich zwei "Hardliner" und "harte Realisten" gefunden - dass Doskozil aus der SPÖ und Mikl-Leitner aus der ÖVP sind, fällt dabei überhaupt nimmer auf.
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Tja, die Wahl zum Bundespräsidenten... :)
Vorneweg: Das Wort "Rechtsruck" scheint eine rein deutsche Beurtheilung zu sein - im gesamten Wahlabend hab ich das in Österreich nicht ein einziges Mal gehört. Es stimmt, dass der FPÖ-Kandidat das beste Ergebnis für die FPÖ auf Bundesebene eingefahren hat - aber die FPÖ selbst rangiert seit den letzten Landtagswahlen (Steiermark, Kärnten, Burgenland, Wien) schon im allgemeinen Bewusstsein als eine Partei, die sich - zur Zeit! - bei 20-unter 30 % eingependelt hat, daher ist man zwar überrascht (bei den Wahlprognosen hat keiner den Hofer mit so deutlichem Abstand bzw überhaupt vorne gesehen), aber - nunja - nicht so überwältigt überrascht ala "ogott, die freiheitlichen, wie konnte das passieren".
Was die Freiheitlichen selbst angeht, bzw ihre guten Umfragewerte und Wahlerfolge zur Zeit, ist das kein neues Phänomen. In den 90ern spielte die Partei bereits einmal eine ähnliche Rolle wie heute - bevor sie nach der Beteiligung an der Bundesregierung wieder einen Totalabsturz erlebt hatte. Auch damals gab es ein Stimmungsklima der "allgemeinen Überforderung", wenn ich so sagen darf: Zukunftssorgen, Arbeitsplätze, wirtschaftliche Entwicklungen und diffusere Ängste in einer globaliserenden Welt hatten sich da schonmal in den Vordergrund des allgemeinen Stimmungsklimas geschoben... Geschichte wiederholt sich, scheinbar. - Bereits nach den letzten Landtagswahlen kam in den Diskussionen diese zyklische Entwicklung der FPÖ ausführlicher zur Sprache - so wundert das momentan bei der BP-Wahl grad keinen mehr; stattdessen gibt es einen Haufen anderer Dinge, die gerade diskutiert werden - und wahrscheinlich noch die nächsten Wochen... :popcorn:


Allgemeines zur Wahl
Vielleicht kurz etwas Allgemeines zum Prozedere der Bundespräsidentenwahl: Im Unterschied zu D wird der BP direkt gewählt - die wichtigsten Parteien können einen Kandidaten nominieren und thun das in der Regel auch. Das Interessante bei dieser Wahl jetzt ist einmal die Menge der Kandidaten: Neben den Kandidaten von SPÖ (Hundstorfer), ÖVP (Khol), FPÖ (Hofer), Grüne (Van der Bellen) gab es auch noch eine freie Kandidatin (Griss) -(und der Vollständigkeit halber auch noch Lugner, als freier Unternehmer, der 1998 auch schon mal angetreten war).
Das vorläufige Ergebnis heute Abend (Briefwahlen werden erst Mo ausgezählt..., viel dürfte sich aber nimmer ändern) :
Norbert Hofer (FPÖ) - 36,40 %
Alexander Van der Bellen (Grüne) - 20,38 %
Irmgard Griss (frei) - 18,52 %
Andreas Khol (ÖVP) -11,18 %
Rudolf Hundstorfer (SPÖ) - 11,18 % (kein Schreibfehler - momentan exakt gleich mit Khol; der lag allerdings zuvor schon mal bei 11,2 und Hundstorfer bei 11,0x, deshalb die provisorische Sortierung...)
Richard Lugner (frei) - 2,38 %
http://static.kurier.at/elections/b...=apaMap&_ga=1.178256933.1236599066.1418463552

Da keiner der Kandidaten (was bei der Menge der Kandidaten ohne explizit klaren Favouriten auch nicht zu erwarten war) über 50 % erreicht hat, gibt es in vier Wochen eine Stichwahl zwischen den ersten beiden: Hofer gegen Van der Bellen, wahrscheinlich. (Es sei denn wider Erwarten holt Griss noch auf...)
Wie in D ist ein BP überparteilich und muss (sofern vorhanden) für die Zeit seines Amtes sein Parteibuch ruhen lassen - auch das macht die Wahl nur bedingt zu einer Parteienwahl; wobei man diesen Punkt andererseits auch nicht ganz ausklammern kann.
Bei der Ernennung des neuen BP bietet die Regierung ihren Rücktritt an - was in der Regel vom neuen BP nicht angenommen wird. Wie das jetzt aussieht, sollte Hofer gewählt werden, ist eine Frage - Hofer hat sich allerdings bereits in die Richtung geäußert, dass das nicht sofort erfolgen würde.


Diskussionsthemen nach der Wahl
Ein Wahlgewinn von Außenseitern... Das ziemlich schlechte Abschneiden der Kandidaten beider Regierungsparteien wird als deftige "Watsche" für die Regierungskoalition gewertet, auch als Absage an die Regierungspolitik. Der Kanzler sprach in einem Interview nach der Wahl sinngemäß etwas von "wir müssen hart arbeiten, und den Leuten vermitteln, was wir schaffen.", dem VK rutschte die Analyse heraus, dass es offenbar eine allgemeine Stimmung gegen ein "politisches Establishment" an sich gebe, was die Wahl zeige.
Bereits vor der Wahl zeichnete sich ab, dass es die beiden Regierungskandidaten schwer haben würden, und die Zugehörigkeit der beiden zu jeweils einer der "Volksparteien" eine definitiv belastende Bürde (anstatt einer Hilfe) ist...
In Richtung SPÖ heißt es jetzt im Nachhinein, dass die Nominierung des (dafür sein Ministeramt aufgegeben habenden) Hundstorfers keine gute Idee war - "never change a winning team": mit Hundstorfer habe die wichtigste Brücke zwischen den Koalitionsparteien die Regierung verlassen (dass Hundstorfer (SPÖ) sich mit dem ÖVP-VK gut verstand, war ja kein Geheimnis).
Und ein zweiter Punkt in Richtung SPÖ: Der Partei laufen die Arbeiter als Wähler weg. Das ist kein neues Phänomen, aber ein strukturelles, was sich schon durch die letzten Landtagswahlen durchgezogen hat und auch jetzt wieder aufbricht. Der sogenannte "Kleine, ehrliche Arbeiter" läuft in Scharen zur FPÖ und scheint sich durch die "Arbeiterpartei" SPÖ nimmer vertreten zu fühlen - die Partei ringt um ihre Kontur; bzw sollte sie das; ein Thema das auch nach heute wieder auf dem Tapet ist...
Das Debakel in der ÖVP war vorprogrammiert, da gibt es jetzt eigentlich auch wenig Neues noch drüber zu reden: Erst ließ die von allen parteiintern hofierte "Grauer Eminenz" Erwin Pröll (Landeshauptmann NÖ) die Partei im Stich und sagte seine Nominierung ab. (Es gab Diskussionen, inwieweit das ein Versuch der aktuellen Parteispitze war, den "ihnen nicht grünen" mächtigen Landeshauptmann zu "entsorgen", der fehlgeschlagen war...) Dann warb mitten im Wahlkampf der LH Pröll die Innenministerin aus dem ÖVP-Team ab (Mikl-Leitner wechselt als LH-Vize nach NÖ, der ehemalige Vize dort übernimmt das Innenministerium, und all das mehr oder weniger bestätigt hinter dem Rücken des Parteichefs... Es hieß, das war dann wohl die "Retourkutsche"... Fragen, ob der VK im Amt wackelt, konnte er da noch schnell wieder ersticken - http://images01.kurier.at/46-79756852.jpg/620x930nocrop/192.493.530 (13.04.2016; Titel: "Django, Django, Django!!" - links VK, rechts Pröll. :lol: ) Dem BP-Kandidaten der ÖVP hat diese Diskussion allerdings auch nicht gerade geholfen... - Und, wen wundert es, die Diskussion um den Parteivorsitz ist nach der neuen Wahl heute mal wieder aufgeflammt. (Überhaupt scheinen die letzten Parteiobmänner der ÖVP gezeigt zu haben, dass ein Vorsitzender dort nichts so sehr fürchten muss wie seine eigene Partei... )

Allgemein in Richtung Regierung wird grad auch diskutiert, wie man nach diesem "Zwischenstimmungstest" eigentlich die nächste Bundeswahl gewinnen will. Von personeller Neuaufstellung über deutliche personelle Verjüngung bis zum Rücktritt zumindest von K und VK wird unter den Meinungsforschern grad alles diskutiert... das bleibt uns wahrscheinlich die nächsten Tage erhalten...
http://derstandard.at/2000035655202/Rot-schwarzer-Absturz-mit-Ansage
Genauso wie die Thematik: Jetzt wird ein Neuanfang proklamiert - der wievielte ist das jetzt? Und alles bliebe beim Alten...

Und die Fragen, wer hat wen gewählt und warum. Warum Hofer? In Kürze: Jung, dynamisch, will das Amt mit neuen Inhalten füllen, sich mehr einmischen, und er liegt bei der Umfrage vorne im Punkt "nimmt die Sorgen der Menschen ernst"... http://kurier.at/politik/inland/bun...-waehlten-die-oesterreicher-hofer/194.947.378
Van der Bellen demgegenüber hat von allen scheinbar am besten Souveränität ausgestrahlt und das Gefühl vermittelt, er könne Ö am besten nach Außen hin vertreten.
Wahmotive: http://tvthek.orf.at/program/ZIB-1/1203/ZIB-1/12527679/Die-Wahlmotive/12527751

Hofer selbst wurde heute öfter auf eine Aussage von ihm aus dem Vorwahlkampf angesprochen, dass er das Amt mehr ausfüllen werde, "da werden sich einige wundern". Was nach Drohung klang, beschwichtigt er heute: Er habe das Positiv gemeint, dass er sich stärker einmischen werde und seine Kontrollfunktion stärker wahrnehmen werde. Schaun mer mal...
Hofer und Van der Bellen in kurzem Interview: http://tvthek.orf.at/program/ZIB-1/...t-Hofer-und-Alexander-Van-Der-Bellen/12528889

Und Imrmgard Griss überlegt eine künftige Zusammenarbeit mit den NEOS (den neuen Liberalen), jetzt wo sie raus ist.

Insgesamt geht der Wahlkampf jetzt weiter: Hofer gegen Van der Bellen - ein Junger gegen einen Alten, ein Unbekannter gegen einen langjährigen Politiker - aufgrund der vielen Kandidaten plus den vielen Nichtwählern (Wahlbetheiligung: knapp Zweidrittel) gibt es eine Menge Stimmen neu zu vertheilen...
 

streicher

Ehrenmitglied
Registriert
15. April 2002
Beiträge
4.863
Danke für diese ausführliche Einschätzung!

Die Grünen in Österreich holen sich mehr als ein Fünftel der Stimmen, das ist beachtlich. Ähneln die Grünen in Österreich dem Bündnis 90 oder unterscheiden sie sich deutlich? Sind sie "grüner" als die Grünen in D?
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Du weißt gar nicht, wie vielschichtig Deine Frage ist...
Erstmal, grundsätzlich: Die Grünen - so mein Eindruck - unterscheiden sich am wenigsten von allen Parteien von ihrem deutschen Pendant. Genauso wie in D sind sie eine Partei der Besserverdienenden, Optimisten und manchen Studenten, mit einer Mischung aus ökologischem Ansatz, Geschlechterrollen, und wirtschaftlich für Freiheit innerhalb staatlicher Regeln.
Als Opositionspartei sind die Grünen in den letzten Jahren und Monaten vor allem dadurch imho positiv aufgefallen, dass sie als einzige Partei bei erforderlichen 2/3-Nationalratsentscheidungen der Großen Koalition beigesprungen sind - nachdem sie noch jeweils ein paar eigene Standpunkte in die entsprechenden Eingaben eingefordert hatten. Solch konstruktives Mitgestalten kann man von den eher reinen Abwehr-und Protest-Parteien FPÖ und Team Stronach im Nationalrat vergeblich suchen, und die NEOS haben zumeist - sich ihrer geringen Stimmenmacht ohnehin bewusst - einen sehr auf ihren Prinzipien beharrenden Standpunkt. - Das alles natürlich nur im Moment und in der momentanen Verteilung.

Bei dieser BP-Wahl haben genau genommen nicht die Grünen ein Fünftel der Stimmen geholt, sondern Van der Bellen. Der immer wieder betont hatte, als unabhängiger Kandidat ins Rennen zu gehen, "mit starker Unterstützung durch die Grünen". Das hat für einen kleinen Running-Gag im Vorwahlkampf gesorgt, weil der über viele Jahrzehnte als Grünen-Politiker aktive Van der Bellen sich nun auf einmal nicht einfach so von seiner ganzen politischen Vergangenheit lossagen kann - und es auch irgendwie einerseits wollte (Öffnung für ein größeres Spektrum) und andererseits auch wieder nicht (Beibehaltung seiner Prinzipien)... Da mussten selbst die Grünenpolitiker bei der immer wieder aufkommenden Antwort auf die immer wieder gleiche Frage "ihr Kandidat..." - "Nicht UNSER Kandidat, sondern frei..." doch lachen.
In einem Punkt allerdings stimmt es schon: Van der Bellen ist ein "Alterspolitiker", längst nicht mehr aktiv, und hat einen ähnlichen überparteilichen Alters-Sympathiebonus wie hierzulande Leute wie Helmut Schmidt oder Genscher oder Scheel... Soll heißen: Die Wähler von Van der Bellen im ersten Wahlgang waren dann auch ungefähr zur Hälfte Grünenwähler, ansonsten aber eine bunte Mischung durch das ganze Parteienspektrum.
Da ist es ihm ähnlich ergangen, wie dem Hofer, der auch nur zum Teil FPÖ-Wähler aktivieren konnte. Zu einem guten Teil zwar, aber eben auch Wähler aller anderen Parteien...
Es ist eben doch eine BP-Wahl und keine Parteienwahl gewesen, soll heißen: Personen wurden gewählt (was wahrscheinlich auch Wahlergebnisse produziert hat, die Parteien so nicht erreichen würden, gerade im Bereich der "kleineren" Parteien).
Das ist insgesamt eine Sache, die die Wahl in vier Wochen nochmal spannend machen dürfte.

So, nachdem nun alles ausgezählt ist, der endgültige Stand (und eine kleine Verschiebung hat es bei Platz 4 und 5 doch noch gegeben) :
Hofer - 35,1 %
Van der Bellen - 21,3 %
Griss - 18,9 %
Hundstorfer - 11,3 %
Khol - 11,1 %
Lugner - 2,3 %
 

hives

Ehrenmitglied
Registriert
20. März 2003
Beiträge
3.651
Semiramis schrieb:
Da ist es ihm ähnlich ergangen, wie dem Hofer, der auch nur zum Teil FPÖ-Wähler aktivieren konnte. Zu einem guten Teil zwar, aber eben auch Wähler aller anderen Parteien...
Es ist eben doch eine BP-Wahl und keine Parteienwahl gewesen, soll heißen: Personen wurden gewählt (was wahrscheinlich auch Wahlergebnisse produziert hat, die Parteien so nicht erreichen würden, gerade im Bereich der "kleineren" Parteien).
Ist zu erwarten, dass Hofer substantiell Wähler anderer Kandidaten einsammelt? Oder hat er sein Potential ausgeschöpft? Van der Bellen klingt ja doch nach einem Kandidaten, mit dem sich evtl. viele abfinden könnten. Wie sind denn Beliebtheitswerte der beiden im Vergleich? (Gibt es da sowas? ;) )
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
hives schrieb:
Semiramis schrieb:
Da ist es ihm ähnlich ergangen, wie dem Hofer, der auch nur zum Teil FPÖ-Wähler aktivieren konnte. Zu einem guten Teil zwar, aber eben auch Wähler aller anderen Parteien...
Es ist eben doch eine BP-Wahl und keine Parteienwahl gewesen, soll heißen: Personen wurden gewählt (was wahrscheinlich auch Wahlergebnisse produziert hat, die Parteien so nicht erreichen würden, gerade im Bereich der "kleineren" Parteien).
Ist zu erwarten, dass Hofer substantiell Wähler anderer Kandidaten einsammelt? Oder hat er sein Potential ausgeschöpft? Van der Bellen klingt ja doch nach einem Kandidaten, mit dem sich evtl. viele abfinden könnten. Wie sind denn Beliebtheitswerte der beiden im Vergleich? (Gibt es da sowas? ;) )

Nachdem die Meinungs- und Umfrageforscher im Vorfeld der Wahl so richtig schön danebengelegen haben (eigentlich niemand hatte Hofer als Wahlsieger auf dem Schirm, man sah eher Van der Bellen vorne, und auch, dass Irmgard Griss so weit kommt, hätte man nicht grad erwartet), ist es momentan auf dem Feld der Prognosen noch relativ ruhig :lol: Aber es sind ja auch noch vier Wochen bis zur Stichwahl... noch viel Zeit für neue Wählerumfragen etc.

Bereits bei dieser ersten Wahl haben beide Kandidaten jeweils schon einen guten Teil der jeweiligen Parteiwähler abgeschöpft - Hofer von der FPÖ nach den Analysen sogar deutlich mehr prozentual als Van der Bellen von den Grünen. Von den anderen, ausgeschiedenen Parteien hat keine eine explizite Wahlempfehlung für einen der beiden Kandidaten abgegeben - einzige Ausnahme: Der Kanzler selbst, ohne dabei für die SPÖ insgesamt zu sprechen, bekundete frei heraus, Van der Bellen wählen zu wollen (und hofft natürlich unausgesprochen, dass ihm da einige SPÖ-Wähler folgen).
SPÖ-Wähler: Gerade auch von der SPÖ verteilten sich schon im ersten Wahlgang gute Teile nicht auf den eigenen Kandidaten sondern auf den beiden, die nun in der Stichwahl sind - anders als die Bundespartei haben SPÖ-Wähler nur zum Teil Berührungsängste mit der FPÖ, da zieht sich ein richtiger Graben durch die Partei (man erinnere daran: die Bundespartei beschließt: keine Koalitionen mit der FPÖ, und zwei Monate später gibts im Burgenland eine SPÖ-FPÖ-Koalition, der Landesverband hat die Bundesentscheidung ignoriert.)
ÖVP-Wähler: Noch schwieriger einzuschätzen sind die ÖVP-Wähler. Die offizielle Parteilinie war (seit der Diskussion in der SPÖ) unaufgeregt klar und schnell raus aus der Diskussion, nach einem kurzen VK-Statement: "Warum sollte man eine demokratisch gewählte Partei (gemeint: die FPÖ) bei Koalitionsverhandlungen ausschließen (unausgesprochen mitschwingend: wenns denn sein muss)." - Das heißt, ÖVP-Wähler dürften politisch für beide BP-Kandidaten offen sein; und es ist eine eher reine Entscheidung zwischen alt und jung, Repräsentieren oder Einmischen.
Team Stronach-Wähler, der Vollständigkeit halber (denn so viele gibts da nicht): Wahrscheinlich FPÖ-Kandidat. (Als Partei mit Mischung zwischen extremer Wirtschaftsliberalität und Nationalkonservativismus; beim ersten Wahlgang hatten sie - man glaubt es kaum - den Lugner unterstützt).
NEOS umgekehrt vielleicht eher Van der Bellen, da grundsätzlich eher links-liberal (und Irmgard Griss ja nun draußen ist, die sie unterstützt hatten).
Für Grünen-Wähler dürfte es eine Grundsatz-Entscheidung sein, keine FPÖ zu unterstützen. Allerdings gibt es auch in dieser Partei Flügel mit weniger Berührungsängsten, allerdings deutlich weniger als bei SPÖ.
Und bei der FPÖ schlussendlich: Auch hier mag es Leute geben, denen der eigene Kandidat einfach zu jung ist und zu viel modernisieren will.

Die größten Wählerblöcke der vergangenen Wahl sind demgegenüber noch schwieriger einzuschätzen:
Die Wähler von Irmgard Griss: Gründe für Wahl: Fern des politischen Establishments -> eher Hofer? - bzw. Alterskandidatin einer gestandenen Richterin -> eher Van der Bellen?
Und als zweites, der weitaus größte Stimmenblock waren die Nichtwähler (gut ein Drittel aller Wähler), von denen es heißt: "Kein Kandidat hatte so viele Stimmen wie die Nichtwähler." Die sind auch am schwierigsten einzuschätzen - aber es dürfte wichtig sein, für beide Kandidaten, aus diesem Block noch einige Wähler zu motivieren.

Es hieß schon einen Tag nach der Wahl: Nun zieht sich ein Riss durch das Land - und dieser Riss ist nur zu einem Teil einer von politischen Seiten: Hofer und Van der Bellen sind mit sehr unterschiedlichen Positionen angetreten, was für sie das Amt ausmacht - eigentlich sind das die beiden Kandidaten auf genau entgegengesetzten Enden. Der Regierung auf die Finger zu schauen und sie zur konstruktiven Arbeit zu ermahnen, haben beide versprochen - ansonsten sind die Positionen sehr unterschiedlich, grob: Repräsentieren und sich um das Bild von Ö im Ausland kümmern (Van der Bellen) vs. Fokus nach Innen und sich viel stärker Einmischen (Hofer). Alle erwarten, dass es am Ende eine sehr knappe Entscheidung wird. Aber wie das so mit Prognosen ist... da gibts grad eh eine gewisse "Prognosen-Verkaterung" grad :lol:


Und noch zu Hofer: Die Politikanalysten sind sich grad einig, dass seine unaufgeregte, ruhige, souveräne Art viel Sympathie eingespielt hat - bei einem Kandidaten, der zunächst ein völlig unbeschriebenes Blatt war (obwohl er einer der Nationalratspräsidenten war, ist er bis dato irgendwie noch keinem aufgefallen). Ob er die Große Koalition (die selbst weiß, dass sie derzeit ihr damaliges Wahlergebnis nicht in Ansätzen erreichen würde - und im Grunde "ohne Rückendeckung einer aktuellen Stimmenverteilung, gäbe es eine Wahl", regiert) absetzt und Neuwahlen erzwingt, stand als Frage im Raum. Hofer hat zwar beschwichtigt, dass er erst mit der Regierung reden und sie ggfs ermahnen werde, aber wenn das nichts helfe... Die Gefahr einer vorgezogenen Neuwahl durch den BP dürfte bei Hofer größer sein als bei Van der Bellen (Ein Punkt, der für Wähler der Regierungspartein wichtig sein dürfte - ausgenommen die Teile der SPÖ, die ohnehin zur FPÖ übergelaufen sind, bzw die Teile der ÖVP, die sich eine Koalition mit der FPÖ ausrechnen...).
Hofer selbst ist im Vorahlkampf auch noch durch andere Aussagen aufgefallen: Er wolle für alle Österreicher da sein (Inklusion) und seinen Fokus auf die Belange der Österreicher konzentrieren. Und dann gab es auch noch einen mehrfach betonten Standpunkt "Der Islam gehört NICHT zu Österreich." - Beides sind Standpunkte, die sich mit den FPÖ-Standpunkten decken. Auch hier müssen Wähler anderer Parteien entscheiden, inwieweit sie das mittragen wollen.
Ganz grundsätzlich (und irgendwie schon ungewohnter Weise...) sind beide BP-Kandidaten nicht um eigene Standpunkte verlegen. Van der Bellen demgegenüber äußerte sich auch schon, dass er sich schwerthuen werde, einen FPÖ-Kanzler anzugeloben...
Und nicht zuletzt äußerten sich beide Kandidaten in den letzten zwei Tagen dahingehend, dass sie nicht explizit irgendwelche bestimmten Wählergruppen ansprechen wollen, sondern ihre Standpunkte deutlicher darlegen - und dann werde man sehen, wer die meisten Stimmen bekommt.
 

Ähnliche Beiträge

Oben