Am Anfang des Threads schien das Problem nicht zu sein, wie man mit der Null rechnen kann, sondern, ob Computer damit überhaupt rechnen können, weil es die Null ja de facto nirgends in der realen Welt exemplifiziert gibt.
Anscheinend können sie es, und zwar nicht nur im klassischen Sinne des Halbleiters An = 1 und Aus = 0, sondern sogar mit diesem ominösen NIL. Mathematisch kann man mit der Null auch umgehen, warum auch nicht? Mathematik ist schließlich ein Konstrukt aus sich gegenseitig stützenden und bedingenden Axiomen. Aus der Gültigkeit dieser Axiome lassen sich Algorithmen ableiten und diese wiederum in Binärcode umformuliert in den Computer einspeisen. Soweit kein Problem.
Die Frage nach der Null ist aber auch eine philosophische und erkenntnistheoretische. Die epistemologische Unmöglichkeit einer Untersuchung der Null als tatsächlichem Objekt verschiebt sie wahlweise als Phänomen in den Bereich der Ideen oder als logischer Operator in den Bereich der Logik und/oder Mathematik.
Die Entität Null als philosophisches Phänomen ist dabei erheblich interessanter als der logische Mengenoperator "null", der sich auch mit "kein" übersetzen lässt. Der Unterschied zwischen der Null als philosophischer Universalie und als Operator für Mengen lässt sich in der deutschen Sprache schön durch Groß- und Kleinschreiben verdeutlichen.
Da gibt es einmal die Null mit Großbuchstaben, die für die Idee, das Konzept des Nichts steht, und dann das kleingeschriebene Wort "null", was immer von einem Subjekt gefolgt wird und nur signalisiert, dass die Menge der Subjekte, die beschrieben wird, leer ist.
Die Null mit Großbuchstaben kann philosophisch wahrscheinlich am Besten unter Zuhilfenahme des Begriffs der Information beschrieben werden. Denn hier gilt: Auch die Abwesenheit einer Information liefert eine Information - und zwar die Information, dass keine Information vorhanden ist. All dies setzt jedoch wieder einiges voraus. Es bedarf eines Rezipienten, der die Abwesenheit der Information als Information über das Nichtvorhandensein einer Information interpretiert. Genau dies scheint aber ein möglicher Schwachpunkt der Entität Null zu sein. Denn dort, wo die absolute Null herrscht, kann sie per definitionem von niemandem wahrgenommen werden, da es von allem genau null Stück gibt, inklusive allem, was die Null wahrnehmen könnte. Man könnte daher auch sagen: Null ist ein Zustand, in dem nichts von etwas anderem unterschieden werden kann, weil es nichts gibt.
Im Grunde gleicht die Untersuchung dieser Frage der Beschäftigung mit einem der wohl meistzitierten Zen-Koans: Wenn im Wald ein Baum umfällt und niemand dort ist, der etwas hört, gibt es dann ein Geräusch?