Semiramis schrieb:Nach einigem Nachdenken und etwas mehr Erfahrung scheint es mir, dass Bewusstsein auch sehr stark mit Erinnerungsvermögen zusammehängt: Nur wer sich an das erinnern kann, was er in der Vergangenheit (damit meine ich z.B. auch die letzten 5 Minuten) erlebt hat, kann sich selbst in Zeit und Ort verorten.
vielleicht kommt es einem nur so vor?Dementsprechend ist Bewusstsein subjektiv.
Wovon wir hier sprechen ist ja eigentlich, wenn ich das richtig sehe, das Bewusstsein im Sinne des "Sich-selbst-bewusst-Seins", unsere Bewussten Gedanken, unsere bewusste Selbstwahrnehmung, unser bewusstes Planen (soll heißen: das bewusste Denken dessen, was das Ich im nächsten Moment tut). Ich denke, wenn man Bewusstsein hier also so auffasst, dann ist Planen ohne Bewusstsein gar nicht möglich: Wenn man sich der Situation nicht bewusst ist, in der man ist, und auch nicht bewusst weiß, was man im Moment zuvor gemacht hat, lässt sich nicht bewusst planen, was man im nächsten tut - so gesehen ist die Sache mit dem Bären ein gutes Beispiel, imho ^ ^Trestone schrieb:Warum wir also ein Bewußtsein (oder unsere Illusion davon) haben,
weiß ich nicht.
Das habe ich vor Jahren auch mal zu lesen angefangen, und nach einigen Seiten entnervt wieder weggelegt... Ehrlich gesagt, habe ich nicht so recht verstanden, worauf Buber hinaus will, und ich bin mir auch jetzt nicht so sicher, ob man ihn in dieser Richtung interpretieren kann, wie Du das tust. Ich kann Deine Überlegung nachvollziehen und finde sie einleuchtend, ich bin mir allerdings nicht so sicher, ob er das auch gemeint hat ;-) Mit dem bisherigen passt das ja nur insofern zusammen, als man unter dem Es auch abstrakte und nicht-feststehende Größen wie Raum und Zeit verstehen können muss, durch die sich das Ich m. M. n. konstituiert, BEVOR es überhaupt in Beziehung zu anderen Objekten / Personen nach außen hin tritt, soll heißen, m. M. n. konstituiert sich das Ich schon in einem Gegenüber, allerdings besteht das Gegenüber eher aus den Parametern der eigenen Wahrnehmung (Raum (alle Sinne) und Zeit (eigener Herzschlag)) und gerade nicht in konkreten anderen objekten / Personen. :gruebel:Goatboy schrieb:Vereinfacht gesagt schreibt Buber, das Ich könne niemals allein betrachtet werden, sondern immer nur in Beziehung zu einem Es oder einem Du. Und erst über unsere Beziehung zu einem anderen Subjekt oder Objekt würde unser Ich entstehen. "Es gibt kein Ich an sich, sondern nur das Ich des Grundworts Ich-Du und das Ich des Grundworts Ich-Es." Ich halte das für eine interessante Ergänzung zu eurer genannten Betrachtung des Bewusstseins als Abgrenzung nach außen; nämlich in der Hinsicht, dass unser Bewusstsein nicht nur ein hermetisch abgegrenztes geschlossenses System ist, sondern in seinem Wesen durch die jeweilige Beziehung zu einem Es oder einem Du beeinflusst wird. "Ich werde am Du; Ich werdend spreche ich Du. / Alles wirkliche Leben ist Begegnung."
Natürlich sind Erinnerungen subjektiv?! Wenn eine meiner zuletzt gespeicherten Moment-Erinnerung darin besteht, dass ich diesen Deinen Text gelesen habe (und Dir jetzt darauf antworte), dann ist das rein subjektiv empfundene Vergangenheit. (Ob ich das objektiv von außen gesehen tatsächlich gemacht habe, ist zunächst irrelevant für den Vorgang des Planens in meinem Bewusstsein, dass ich Dir jetzt schreiben will (bzw. mittlerweile gerade dabei bin und beim Schreiben dieser Worte bereits den nächsten Satz plane ;-) - relevant wird es, ob das auch von außen der Tatsache entspricht, erst bei der Überlegung, ob das relative objektive Wahrheit beanspruchen kann - ob ihr also den Text lesen könnt, den ich denke, geschrieben zu haben, oder ob ich "objektiv" eigentlich gerade in der Küche war, und jetzt ein Glas Wasser vor mir steht und kein Text...)Malakim schrieb:Dazu ein Zitat:
"Woher soll ich wissen ob die Vergangenheit nicht reine Fiktion ist, die erfunden ist um den Zwiespalt zwischen meinen Gefühlen und meinen derzeitigen Sinneswahrnehmungen zu erklären".
(Ist aus dem Kopf zitiert und ist von Douglas Adams)
Ich möchte darauf hinaus, das Vergangenheit auch ein reines selbstgebautes Konstrukt sein kann. Also Erinnerungen "gemacht" sind.
Kann man Bewusstsein, so wie wir es hier verwenden, überhaupt in subjektiv und objektiv unterscheiden?Goatboy schrieb:Dementsprechend ist Bewusstsein subjektiv.
Nun ja, sowas ist natürlich immer der erste und einfachste Gedanke, der einen befällt, wenn man im Anatomiebuch über die Riechbahn liest. Allerdings erweckt bei mir - hier nun wieder subjektiv - der Anblick einer schönen nackten Frau auch äußerst positive Gefühle, auch wenn die Sehbahn nur über Umwege mit dem Limbischen System verbunden ist. Solche Erklärungen sind mir daher viel zu simpel. Aber nichts für ungut! Ich finde, man sollte, wenn man es denn überhaupt wollte, an eine funktionelle Erklärung des Bewusstseins von einer anderen Seite herangehen. Zum Beispiel - wie du selbst schon angerissen hast - über Ausfallerscheinungen, über Bewusstseinsstörungen. Nur eben nicht über Störungen der Sinneswahrnehmungen, auch Dinge wie Autismus sind eher ungeeignet, da überdeckt die Kognition doch in hohem Maße die Wahrnehmung. Nein, viel grundlegender: wenn man erklären könnte, wie Bewusstlosigkeit entsteht, dann könnte man auch erklären, wie Bewusstsein entsteht.Modestia schrieb:[..] so ist z.B. der Geruchssinn auf kurzem Wege an das limbische System gebunden, das für die Entstehung von Emotionen verantwortlich ist. So wundert es nicht weiter, dass Zimtgeruch bei vielen Menschen positive Gefühle erweckt.
Du meinst also, dass notwendigerweise immer die Beziehung Ich-Es besteht? Nun ja, so wie du es schreibst, kann man es natürlich sehen, aber ich vermute, dass Buber eher von der bewussten Wahrnehmung schreibt. Man müsste sich mal den genauen Wortlaut ansehen, worauf ich im Augenblick keinen Bock habe ( ), aber ich denke doch sehr, dass Buber die bewusste Beziehung meint. Und das trifft ja schon in dem Augenblick zu, in dem du an ein Es, und sei es auch etwas Abstraktes wie die Zeit, denkst. Dann ist, so Buber, dein Ich ein anderes als wenn du an eine Person, also an ein Du, denkst. Einverstanden? Wenn du nicht an die Zeit denkst, hat sie natürlich trotzdem einen Einfluss auf dich, aber du stehst in keiner bewussten Beziehung zu ihr, es gibt hier also kein Ich-Es. Ich finde meine Interpretation gar nicht mal so schlecht :zwinker: .Semiramis schrieb:Mit dem bisherigen passt das ja nur insofern zusammen, als man unter dem Es auch abstrakte und nicht-feststehende Größen wie Raum und Zeit verstehen können muss, durch die sich das Ich m. M. n. konstituiert, BEVOR es überhaupt in Beziehung zu anderen Objekten / Personen nach außen hin tritt, soll heißen, m. M. n. konstituiert sich das Ich schon in einem Gegenüber, allerdings besteht das Gegenüber eher aus den Parametern der eigenen Wahrnehmung (Raum (alle Sinne) und Zeit (eigener Herzschlag)) und gerade nicht in konkreten anderen objekten / Personen. grübel
Ich habe die persönliche Wahrnehmung der Umwelt, die subjektive Realität also, in meiner Erläuterung nicht ausgelassen und wollte lediglich einen Erklärungsansatz auf materialistischer Grundlage liefern. Es ist sicherlich an dieser Stelle nicht uninteressant, die Wahrnehmungsfunktion anzuschneiden und auf das Zusammenspiel zwischen Umwelt und Individuum hinzuweisen. Was ich also sagen wollte, ist, dass sich das persönliche, individuell erlebte (und nicht nur) Bewusstsein über Instanzen entwickelt, die darüber entscheiden, was für das Individuum relevant ist und was nicht. Relevantes und Irrelevantes wird vom Wahrnehmungsapparat selektiert und in das Bewusstsein aufgenommen, wobei das Bewusstsein selbst den Wahrnehmungsapparat beeinflusst, also auch eine wesentliche Rolle beim Selektionsprozess mitspielt. Ist jemand z.B. durch wiederholte, negative Erfahrungen in seinem Selbstbewusstsein gehemmt (Umwelt --> Bewusstsein), so wird er mit diesem neu geformten Bewusstsein viel empfindlicher auf Kritik reagieren und seine Wahrnehmung auf solche möglichen, negative Erfahrungen ausrichten (Bewusstsein --> Umwelt). Er wird dann viel eher geneigt sein, an einer konstruktiven Kritik den "negativen" Appell herauszuhören und die Aussage folgendermaßen als Vorwurf an sein Selbst interpretieren.Vielleicht sollte ich den Satz "Dementsprechend ist Bewusstsein subjektiv" etwas näher erläutern. Das Wort Bewusstsein kann natürlich auf verschiedenen Ebenen betrachtet werden; was ich hier meinte, war Bewusstsein im Sinne der persönlichen Wahrnehmung der Umwelt und der eigenen Person - die eigene Realität also. Ich gehe einfach davon aus, dass diese für jeden Menschen - zumindest im Prinzip - anders ist. Wir nehmen die Welt doch alle ein wenig unterschiedlich wahr, wobei hier die interindividuellen Unterschiede natürlich auch stark variieren. In diesem Zusammenhang halte ich das Bewusstsein also für subjektiv.
Ja, ich habe auch auf das Geruchssinn-Beispiel nicht besonders viel Nachdruck gelegt, denn das war nur eine Einleitung zum eigentlichen Thema und dass der Sehsinn über Umwege an das Limbische System gebunden ist und Gesehenes Emotionen auslöst, wird hier keinen wundern. Ich kann auch an dem herangeführten Beispiel keinen Erklärungsversuch herauslesen, mein Ziel war nur, den Wahrnehmungsprozess zu umreißen, der nun mal bei den Sinnen anfängt und da ist ein Beispiel heranzuführen vielleicht gar nicht mal so übel.Nun ja, sowas ist natürlich immer der erste und einfachste Gedanke, der einen befällt, wenn man im Anatomiebuch über die Riechbahn liest. Allerdings erweckt bei mir - hier nun wieder subjektiv - der Anblick einer schönen nackten Frau auch äußerst positive Gefühle, auch wenn die Sehbahn nur über Umwege mit dem Limbischen System verbunden ist. Solche Erklärungen sind mir daher viel zu simpel. Aber nichts für ungut! Ich finde, man sollte, wenn man es denn überhaupt wollte, an eine funktionelle Erklärung des Bewusstseins von einer anderen Seite herangehen. Zum Beispiel - wie du selbst schon angerissen hast - über Ausfallerscheinungen, über Bewusstseinsstörungen. Nur eben nicht über Störungen der Sinneswahrnehmungen, auch Dinge wie Autismus sind eher ungeeignet, da überdeckt die Kognition doch in hohem Maße die Wahrnehmung. Nein, viel grundlegender: wenn man erklären könnte, wie Bewusstlosigkeit entsteht, dann könnte man auch erklären, wie Bewusstsein entsteht.
Na dann muss ich das falsch verstanden haben.Modestia schrieb:Und Störungen der Sinneswahrnehmungen habe ich eigentlich auch mit keinem Wort erwähnt
Wenn ein Auto stehen bleibt und deine Erklärung die ist, dass der Tank leer ist, ohne dass du Wörter wie Einspritzung, Zylinder oder Kurbelwelle verwendest, ist die Erklärung unvollständig, oder? Und außerdem: wenn ich mir Boxen ansehe, liegt manchmal - nicht sehr oft - jemand für einen Augenblick bewusstlos im Ring. Woran fehlt es ihm deiner Meinung nach?Und Bewusstlosigkeit wird durch Mangelerscheinungen im Gehirn ausgelöst, seien es nun Durchblutungsstörungen, mangelnder Sauerstoffzufuhr, Läsionen usw.
Goatboy schrieb:oder? Und außerdem: wenn ich mir Boxen ansehe, liegt manchmal - nicht sehr oft - jemand für einen Augenblick bewusstlos im Ring. Woran fehlt es ihm deiner Meinung nach?
Nein, das stimmt nicht. Was du beschreibst, ist ein tiefes Koma. Bei der Bewusstlosigkeit gibt es natürlich Reaktionen auf Sinneseindrücke. Ein Bewusstloser ist per definitionem erweckbar.Angel of Seven schrieb:Bewusstlosigkeit bedeutet ja im herkömmlichen Sinne nur, dass der physische Körper keine Reaktion auf irgendwelche Sinneseindrücke mehr zeigt
Meinst du das für den geschilderten Fall mit dem bewusstlosen Boxer oder grundsätzlich? Bitte erkläre das etwas näher, ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was du meinst.Meiner Meinung nach fehlen die körperlichen Voraussetzungen, um das Bewusstsein die Möglichkeit zu geben, physisch körperlich zu agieren.
Angel of Seven schrieb:Auch wenn das hier viele bezweifeln werden. Das beste am Bewußtsein ist, dass es ohne Körper samt Gehirn existieren kann.... :flucht:
Goatboy schrieb:Bei der Bewusstlosigkeit gibt es natürlich Reaktionen auf Sinneseindrücke
Goatboy schrieb:Ein Bewusstloser ist per definitionem erweckbar
Hatten wir diese Diskussion nicht schonmal?Angel of Seven schrieb:Auch wenn das hier viele bezweifeln werden. Das beste am Bewußtsein ist, dass es ohne Körper samt Gehirn existieren kann.... :flucht:
zeig du mir ein gehirn ohne bei bewusstsein zu sein...Zeig mir ein einziges Stückchen Bewustsein ohne Gehirn ...