Wieso ich mal zum Bilderbergertreffen eingeladen wurde...

agentP

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...darum geht´s hier nicht, sondern um den kurzen USA Trip des Boardadmin und des Agenten.

Tag1:

folgt morgen. Ehrlich. :wink:
 

agentP

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So. Nun geht´s aber los.
Irgendwann in diesem Frühjahr saßen der boardadmin und ich in unserem schönen Büro bei der Großkundentochter des größten deutschen Telekommunikationsunternehmens und unterhielten uns über den Dollarkurs und Flugpreise.

Einig waren wir bereits, dass beides im Moment dem geneigten europäischen Fernreisenden entgegenkommt und so brach sich plötzlich die Idee Bahn, man könnte doch einfach mal für eine Woche in die USA fliegen, ohne Familie und ohne Reue.

Wie das mit albernen Ideen manchmal so ist, spricht man sie beiläufig und halb im Scherz aus und dann wirken sie plötzlich nach und nach ein oder zwei Nächten sagt man: Zur Hölle damit, warum eigentlich nicht?
Also fingen wir an ein wenig zu recherchieren und tatsächlich schien es möglich für ca. 300€ nach NYC oder Boston zu fliegen.
Blieb also noch die Frage der Unterkunft. Also flugs eine nette Mail an die lieben Bekannten in Massachusetts geschrieben und beiläufig erwähnt dass man eventuell, ganz vielleicht in die USA käme, aber natürlich noch keine Ahnung habe, wohin es denn genau ginge. Das hat selbstverständlich zwingend zur Folge, dass einem mit der Antwort eine Einladung zugestellt wird, für unbegrenzte Zeit und wannauchimmer, bei eben diesen Bekannten unterzuschlüpfen.
Da man ja nun mittlerweile ein wenig Erfahrung mit den Angelsachsen dies- und jenseits des Atlantiks hat, bucht man an der Stelle noch nicht verbindlich, sondern antwortet erst mal, dass das natürlich gar nicht in Frage kommt, weil man auf keinem Fall jemandem auf den Senkel gehen will, worauf man nochmal mit Nachdruck aufgefordert wird zu kommen und gemeinsam Spaß zu haben.
In manchen Quellen ist die Rede davon, dass erst die dritte Wiederholung der Einladung dann wirklich gilt, aber da man die Leute kennt und man sich nicht das erste Mal gegenseitig besucht und auch der boardadmin, den man mitzubringen gedenkt gemeinhin nur mäßig schmutzt, lässt man es dabei bewenden und bucht den Flug.

An dieser Stelle der Reiseplanung, ist es von unschätzbarem Vorteil, wenn man einen boardadmin an seiner Seite hat. Nicht genug, dass er ganz offensichtlich an jedem Reise-Bonusprogramm der Welt teilnimmt und bei jeder größeren Hotelkette und Autovermietung irgendeinen Platin-Premium-Brilliant-Status hat (meist durch irgendeine dubiose Übertragung von Happy Digits Punkten per Softwarelücke z.B. auf die Hilton Card oder so) , hat er auch noch den 11. Dan im googeln.
Innerhalb von einem Tag, kennt er jedes Hotel in NYC und Umgebung inklusive aller wesentlichen Informationen, wie Höhe des "bedbug"-Aufkommens und Preise für "Hostessen" in der Nachbarschaft (meist reziprok proportional, die beiden Faktoren, btw.) oder Entfernung zum nächsten Steakhouse.
So ist es kein Wunder, dass auch die nötigen Hotels schnell gefunden waren.

Nun mussten noch die jeweiligen Familien überzeugt werden, beim boardadmin ging das dank Bestechung einigermaßen zügig, bei mir allerdings noch schneller (Originalzitat Frau agent: "Hm, hört sich gut an. Mach das doch. Wie lange bist du weg? Eine Woche? Nur? Na gut. Wann geht´s los? Och, erst in einem Monat? Schei... Naja, Hauptsache du bist dann weg und ich habe meine Ruhe... äh ich wollte natürlich sagen, dass ich dich ganz sicher vermissen werde und nun verschwinde, ich habe zu tun, ich muss noch meinen Kaktus giessen!")
Und so war die Planungsphase eigentlich so rasch abgeschlossen, wie die Entscheidung spontan getroffen.

Die Eckdaten waren: Flug nach NYC - 2 Übernachtungen im Hotel (Keine bedbugs, "Hostessen" unerschwinglich) - Mietwagenübernahme - Fahrt nach West Stockbridge/Mass. - Rumkucken - Weiterfahrt zu den Niagara Fällen inkl. einer Übernachtung (wieder keine "bedbugs", "Hostessen wieder viel zu teuer) der Angelsachse spricht das übrigens "Nei-ägra-Falls", als Eselsbrücke bietet sich ein gewisses Männermedikament an, womit ich jetzt locker eine zotige Brücke zu den "Hostessen" schlagen könnte, was ich aber nicht mache.) - Rückfahrt nach West Stockbridge - Shoppen und Rumkucken - Fahrt nach NYC - Mietwagen abgeben - Rückflug


Tag 1: Flug nach NYC
Und so kam es, dass wir uns am Samstag um 8:30Uhr morgens in Berlin Tegel einfanden um loszumachen. Erfreulicherweise, war der Flug mit Delta Airlines pünktlich und so ging es Punkt 11:25Uhr los.



Ich würde gerne was zur Qualität von Essen und Unterhaltung an Bord schreiben, aber da mein letzter Flug in die USA mit Air India war (mit Alufolie reparierte Kabinenbeleuchtung; schlechtes, fades indisches Essen; 9h Bollywoodfilme im Boardkino) bin ich womöglich nicht ganz objektiv. Nur so viel: Das Essen war o.k., die Filme einigermassen aktuell und die Beinfreiheit ausreichend auch für meine 1,96m. Leider war nix mit Schlafen, weil das Kleinkind ein paar Reihen hinter mir immer pünktlich dann lautstark seinen Unmut kundtat, wenn ich gerade eingenickt war.
Den grünen Einreisewisch habe ich diesmal sogar schon beim zweiten Mail richtig ausgefüllt, worauf ich sehr stolz bin.

Nach der Landung gings dann erstmal zum Einreiseschalter, das ist ein wenig lästiges Schlangestehen, dafür hat aber der "Officer" gleich meinen Tag gemacht, indem er mir gleich mal eine Kostprobe amerikanischer Freundlichkeit in Form von Small Talk angedeihen liess. Für alle die interessiert wie die Prozedur abläuft: Man gibt ( wie fast überall in der Welt) den Pass ab, dann muss man beide Zeigefinger auf einen Scanner legen und nett in eine webcam lächeln. Anschliessen wird der Pass gestempelt und das grüne Visum reingetackert. Irgendwelche komischen Fragen, wie man das manchmal liest (ausser ob man privat oder geschäftlich unterwegs ist und "How are you doin´?), musste ich bisher noch nie beantworten.

Danach geht´s zum Koffer holen. Da die Einreiseschlange recht lang war und gerne zuerst die Transitreisenden mit kurzfristigen Anschlussflügen verarztet werden, war unser Gepäckband bereits wieder anderweitig in Benutzung und die Koffer standen bereits irgendwo daneben zur Abholung bereit.
Das sich der Zoll nicht für uns interessierte, waren wir in 5 min draussen und konnten den Abfahrtspunkt unseres Hotelshuttles suchen.
Dummerweise war da bei der Buchung irgend etwas schief gegangen und das Online-Reisebüro hatte uns einen "Voucher" für ein Shuttle ausgestellt, das nur nach Manhattan fährt, während unser Hotel in Jersey City war.
Also kurz mit den Zähnen geknirscht und ab in die U-Bahn. An sich war das auch kein Problem, abgesehen davon, dass man selbst mit einem kleinen Koffer schon Schwierigkeiten hat, durch die U-Bahn-Absperrungen zu kommen. Egal, Metro-Card besorgt und ab zum "Ground Zero", von wo die "Path"-Bahn nach Jersey fährt.

Da wir, angekommen in Jersey City, nicht recht wussten, wo das Hotel war, schappten wir uns ein Taxi und zahlten Lehrgeld: Taxameter nicht an, 10 min Fahrt, 8$. Später fanden wir heraus, dass das Hotel auf dem direkten Weg auch zu Fuß in 10 min erreichbar gewesen wäre, aber das gehört irgendwie auch dazu. Bei den neueren Taxen in New York geht das übrigens gar nicht mehr so leicht, denn die haben auf dem Rücksitz ein TFT-Display mit angeschlossenem Navi, so dass man sieht wohin die Reise geht.

Weil es mittlerweile auch nach Ortszeit bereits später Nachmittag war, beschlossen wir die nahe gelegene "Newport mall" aufzusuchen, um einen Happen zu essen. Nach einer Runde um den "food court" der "mall" entschieden wir uns für doch für ein richtiges Restaurant und zwar "The Gulf Coast Barbecue and Grill".
Insgesamt war das im nachhinein eher eine Fehlentscheidung: Die "Buffalo Wings" waren mir persönlich zu versalzen und die Rinderbrust (=beef brisket) aus dem barbecue smoker war sehr fett und sah aus und schmeckte wie ein billiges Gulasch.
Das Bier war ganz o.k., leider habe ich vergessen wie es hieß.



Nach dem Essen und ein paar Bierchen, beschlossen wir den Tag einfach mit eine paar Anti-Jetlag-Bieren an der Hotelbar ausklingen zu lassen.
Leider war der Barkeeper ein wenig mitteilungsbedürftig, was ja an sich nicht schlecht ist, denn wozu reist man denn, wenn nicht um sich mit Leuten aus dem Zielland zu unterhalten. Leider beschränkte sich die Konversation darauf, dass er seine Lieblingsszenen aus "Cops" nacherzählte, während parallel "Cops" im Fernseher hinter der Bar lief.
Allerdings war auch hier das Bier ziemlich lecker, aber leider habe ich auch hier den Namen vergessen. Da vermutlich die zweimalige Erwähnung von "Bier" und Vokabeln wie "gut" und "lecker" im Zusammenhang mit einer USA-Reise bei einigen schon heftige Skepsisreaktionen hervorrufen, werde ich das einfach mal hinten anstellen und einen generellen Exkurs zum Thema "Essen und Trinken" in den USA einplanen.
Von hier ging es direktemang in´s Bett um Kraft für den "Big Apple" am nächten Tag zu schöpfen.


So. Ich hoffe das reicht auch Norma für´s Erste. Fortsetzung folgt. Korrektur gelesen habe ich nicht, das mache ich nach und nach, sprich: ich werde ab und zu mal noch rumeditieren und formales ohne Kennzeichnung ändern. Sollte ich inhaltlich noch was ändern, mach ich es kenntlich.
 

NormaJean

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joa, Norma ist fürs erste sehr zufrieden mit dir und wird sich nun ein wenig auf dem Sofa zusammenrollen und schnurren :norma:

hast du denn noch ein paar mehr Fotos für Teil 2? mehr mit Landschaft und Gebäuden und Leuten weniger mit Essen drauf (da bekomm ich Hunger und es gibt erst heute abend was :( )
 

agentP

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Klar! Vielleicht steuert ja Kai auch noch Fotos und Kommentare bei, wenn er mal vorbeischaut.
 

agentP

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Tag 2:

Dank Jetlag, Alkohol und wechselseitigem Geschnarche stehen wir beide recht früh senkrecht im Bett. Egal, der Zeitplan ist straff und folgerichtig nutzt man die Schlaflosigkeit aus. Außerdem, was soll´s: Summe ich nicht schon seit Wochen folgendes vor mich hin?

http://www.youtube.com/watch?v=ZTEN359V8pI

Also raus aus den Federn und auf nach Manhattan zum Frühstücken, aber natürlich nicht ohne vorher ein paar Fotos von der Umgebung des Hotels zu schießen. Justamente tat uns ein Kreuzfahrtschiff den Gefallen durch den Morgendunst den Hudson hochzuschippern, also nix wie drauf. Die Qualität der Fotos bitte ich zu entschuldigen, da ich den Urlaub gleichzeitig nutzte um überhaupt erstmal die neue Kamera auszuprobieren und ich fürchte es ist noch ein langer Weg zu vernünftigen Fotos.



Danach nahmen wir die "Path" zum Ground Zero, überquerten also wieder den Hudson River und damit die Grenze zwischen New Jersey und New York. Das ganze dauert ca. 15 min. Nichtsdestotrotz sind die Übernachtungskosten in Jersey City deutlich geringer, als in Manhattan oder selbst Brooklyn oder Queens.

Nun möchte man ja annehmen in der "Stadt die niemals schläft" kann es kein Problem sein, Sonntag morgens um 7:00Uhr ein Frühstück zu bekommen. Irrtum. Zumindest rund um den Ground Zero war es nicht möglich ein offenes Cafe aufzutreiben. Also schlenderten wir ein wenig durch die Gegend bzw. West Broadway entlang. Selbstverständlich ist der 11.9. überall präsent in NYC und erst recht hier in der Nähe des Orts der Katastrophe.



Nach einer Weile des ziellosen Herumirrens fanden wir in TriBeCa schließlich eine regelrechte Perle. Ein kleines altmodisches Diner, etwas heruntergekommen und vielleicht nicht gerade auf den ersten Blick vertrauenerweckend. Allerdings sahen wir durch die leicht milchigen Fenster, dass vor allem Eltern mit Kindern an den Tischen sassen und das schuf natürlich Vertrauen. Also nix wie rein.
Leider hat hier der Boardadmin die Fotos geschossen und daher kann ich nur mit einem Scan des Speisekartencovers dienen.



Die Speisekarte selbst ist, typisch für solche Lokalitäten 10 eng beschriebene Seiten stark, und allein die Frühstücksauswahl überfordert den durchschnittlichen Europäer völlig.
Schließlich entschieden wir uns für ein klassisches britisch-amerikanisches Frühstück mit Würstchen, Eiern, Speck und pipapo.



Frisch gestärkt machten wir uns ans Tagwerk. Zunächst spazierten wir noch ein wenig durch die Gegend und lobten beim Anblick des AT&T Gebäudes auf dem nächsten Bild den Herrn, dass wir bei der deutschen Konkurrenz angestellt sind, denn bei dem amerikanischen Telekommunikationsunternehmen scheint man Fenster für überflüssigen Schnickschnack zu halten:








Vorbei ging´s am Woolworth Building und wer wissen will, warum die US-Immobilienkrise auch bei uns einschlägt, dem kann auch geholfen werden:







Schließlich nahmen wir die U-Bahn zum Times Square, denn von da hatten wir eine "hop on, hop off"-Bustour gebucht. Das ganze funktioniert genau wie in Berlin: Man fährt auf dem Oberdeck eines offenen Doppeldeckerbusses auf festgelegten Routen durch die Stadt, hört sich die mehr oder weniger unterhaltsamen Erklärungen des "Guides" an und hat die Möglichkeit an bestimmten Punkten ab- und wieder aufzuspringen. Insgesamt war das Ganze eine recht gute Idee, denn man erhält so zumindest einen tollen Eindruck, wie extrem unterschiedlich die verschiedenen Viertel in Manhattan so sind. Vom protzigen Finanzviertel, bis zum beinahe kleinstädtischen Greenwich Village: Alle paar Minuten ändern sich Architektur, Flair und Leute und ich muss sagen: Das ist toll und macht Eindruck.
Ein paar Fotos habe ich dann auch und zwar z.B. vom sogenannten "flatiron building", das dem ganzen "district" seinen Namen gibt. Oder von dem Sitz der Zollbehörde, die in irgendeinem Batman-Film als Rathaus herhalten musste, weil sie so nach "Gotham" aussieht. ("Hony soit qui mal y pense!")





Abgesprungen sind wir dann in der Lower East Side, denn dort lag ein Ziel, das ich mir schon lange vorgenommen hatte. Auf dem Weg dorthin ging es dann durch ein Viertel, das hauptsächlich von asiatischen Einwanderern bewohnt wird (Nein, nicht Chinatown, das ist woanders und da wohnen laut unserem Guide auch gar nicht mehr so viele Chinesen, denn auch die haben in der 3. oder 4. Generation den Weg in die Vororte gefunden). Daran, dass hier früher mal eher Juden und Italiener das Sagen hatten, daran erinnert z.B. diese ehemalige Synagoge:





Das eigentliche Ziel war aber die East Houston Street (Vorsicht! Fallstrick! Im Gegensatz zur Stadt in Texas, spricht man die Strasse in New York wie "Hausten". Warum konnte mir keiner erklären, aber meiner Erklärung ("Um Touristen zu ärgern!), wollte irgendwie auch keiner zustimmen.
Das Ziel war jedenfalls "Katz´s Delicatessen", wo es angeblich ein paar der besten Sandwiches der Welt gibt. Besonders berühmt ist der Laden für das Pastrami Sandwich und natürlich für die berühmte Szene aus "When Harry met Sally", die hier gedreht wurde. Leider hat sich der Boardadmin strikt geweigert, die Szene nachzuspielen, dabei hatte ich extra die Videokamera dabei und bereits im Anschlage. Ich bin fest überzeugt, dass er zu einer Darbietung fähig gewesen wäre, die Meg Ryan vor Neid erblassen hätte lassen. Mal abgesehen davon, dass ein männlicher Orgasmus ja auch einfacher nachzuspielen ist: "Aaaargh! Uff! *schnarch*"

So ließen wir es dabei ein Sandwich zu essen und genossen den legendär kauzig-unwirschen Umgangston der Bediensteten.
Für alle, die sich immer schon fragen, was dieses Pastrami sein soll, kurz folgende Erklärung: Pastrami ist gepökeltes, gewürzgebeizte und anschließend geräuchertes Rindfleisch, meist Brustfleisch. Das Wort kommt aus dem yiddischen und ist wohl von osteuropäischen Juden in die USA mitgebracht worden, wo es einer der beliebtesten Beläge für Sandwiches ist.
Wird das Fleisch nach dem Pökeln und Beizen nicht geräuchert, nennt man es übrigens in den USA "Corned Beef". Das nur zur Erläuterung, weil man hierzulande unter dem Begriff Dosenfleisch versteht, was zu interkulturellen Verwirrungen führen kann.
Auf diesem Foto sind neben des Admins sexy Ellenbogen zwei Katz´s-Pastrami-Sandwiches (Normalgrösse) nebst hausgemachten "Pickles" zu sehen:




Einer der Slogans der Firma ist bereits seit dem WWII "Send a salami to your boy in the army" und tatsächlich kann man Katz´s (gegen Cash) beauftragen eine Salami an jede beliebige Feldpostnummer zu schicken. Böse Zungen behaupten, von solchen Zuwendungen weniger begeisterte amerikanische Artilleristen hätten bei Munitionsmangel auch gerne mal die koschere Hartwurst geladen und damit wesentlich zum beschleunigten Untergang des tausendjährigen Reichs beigetragen.

Nach dem fulminanten Mahl und dem Erwerb von 2 T-Shirts, sind wir dann wieder auf den Bus gehopst und haben die Tour vollendet und sind dann in der Nähe des Port Authority Bus Terminal ausgestiegen um den B&H Superstore aufzusuchen. B&H ist einer der bekanntesten und größten Photoläden in den USA. Auf der Fläche eines größeren Media Markts bekommt man nahezu alles, was mit Film und Foto zu tun hat. Für mich gab´s ein dank Dollarkurs unschlagbar günstiges Manfretto-Stativ und endlich einen Pol-Filter für mein neues Schätzchen. Der Laden selber ist offenbar fest in jüdischer Hand, denn deutlich mehr als die Hälfte der Belegschaft trug Kippah und Pejes.

Von B&H ging es dann zu Fuß einmal quer durch Hell´s Kitchen zum Hudson River, wo uns eine Dampferfahrt mit der Circle Line erwartete. Einmal die ganze Skyline entlang zur Freiheitsstatue und zurück, was irgendwie ein mäßiger Spass war.




Danach war ich alter Sack einigermaßen bedient, während der boardadmin der junge Hüpfer plötzlich damit rumkam, er wolle nun auch noch die Uptown Tour mit dem Bus machen, was ich dankend ablehnte. Da er alleine auch nicht wollte (das sollte sich noch ändern im Lauf der Woche), beschlossen wir zurück zum Hotel zu fahren und dann dort in der "mall" unsere Familienmitbringsel, sowie diverse Klamotten für uns selbst zu besorgen. Dumm nur, dass ausgerechnet diese "mall" sonntags um 20:00 Uhr schließt, so dass es Essig war mit der shopperei. Also noch schnell einen Hot Dog bei "Nathan´s"
und dann ging´s für mich zurück in´s Hotel, während Freund Kai sich aufmachte nochmal die Stadt unsicher zu machen. Was er so getrieben hat, weiß ich nicht, ich bin jedenfalls früh in´s Bett gefallen und sanft entschlummert und das war´s mit Tag 2.
 

Ein_Liberaler

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Bei Katz's kriegt man Dosenbier am Tisch serviert? Ist das in den Staaten üblich?
 

agentP

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Nein. Zum einen ist das da auf dem Bild Rootbeer, zum anderen sassen wir im Selbstbedienungsbereich und haben uns unseren Kram selber geholt, da sind dann Dosen schon üblich. In Restaurants mit Bedienung kommt das Bier wie hier auch entweder vom Fass oder aus der Flasche.
 

Ein_Liberaler

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Einerseits beruhigt mich das, andererseits...

Nun mögen Amerikaner Root Beer oder sie mögen es nicht, ähnlich wie man Fanta mag oder eben nicht. Verabreicht man aber Deutschen Root Beer, spucken sie es aus, mehr noch, sie springen auf, reißen sich an den Haaren, schreien, rennen wild im Kreis, spülen sich den Mund aus - notfalls mit Fußbodenreiniger - und werfen einem dann mit hochrotem Kopf empört vor, sie vergiften zu wollen.


Ansonsten... Ich lese interessiert mit. :top:
 

agentP

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Früher gab es diese rechteckigen Kaugummis zu 10 Pfennig, mit Tätowierbildchen drin. Wer sich erinnert, wie die schmecken, der weiss wie Rootbeer schmeckt.
:D

Da wir schon dabei sind, kann ich ja gleich meinen kleinen Exkurs zum Thema Essen und Trinken in den USA einschieben:

Kann man in den USA gut Essen und Trinken? Natürlich kann man, aber wie so oft ist es schwierig diese Frage so pauschal zu beantworten, denn auch hier gilt: Die USA sind ein grosses Land mit einer ausgesprochen diversifizierten Kultur. So ist es kein Wunder, dass ich in den USA zum Beispiel sowohl die mieseste Plörre, als auch ein paar der besten Biere meines Lebens getrunken habe. Was das Bier angelangt, so kann man (wie eigentlich hier auch, wenn auch nicht in dem Maß) die Produkte der grossen Industriebrauereien völlig vergessen. Budweiser, Michelob oder Miller tu ich mir nur gut gekühlt an einem heissen Sommertag an. Das ist allerdings die Nische, in die diese Biere ganz gut passen, denn sie schmecken für den deutschen Gaumen ein wenig wie "saure Bierschorle".
Ein relativ vernünftiges Bier, das recht weit verbreitet ist, da es von einer Großbrauerei stammt ist allerdings imho "Samuel Adams Boston Lager".

Das ist allerdings nur eine Seite: In den USA boomen seit einigen Jahren sogenannte "micro-breweries", das heisst kleine lokale Brauereien, die sich sehr stark an englischen, französisch-belgischen oder deutschen Brauereitraditionen orientieren und oft sehr hohe Anspruche an ihr Handwerk stellen. Eine Menge dieser Brauereien halten sich übrigens an unser Reinheitsgebot und tun das auch auf Etiketten stolz kund. Und hier wird´s interessant. Grundsätzlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass man gut fährt, wenn man auf "Ale" setzt. Meist bekommt man dann kräftige dunkle rote bis braune Biere serviert, die von Farbe und Geschmack her dann irgendwo zwischen einem "König-Ludwig-Dunkel" und "Duckstein" liegen.
Wer´s mag, der kann sich auch an "Porter" wagen. Dabei handelt es sich natürlich nicht um die pappsüsse Bitumenlösung, die man in Deutschlands Osten unter diesem Namen vertreibt, sondern um kräftige, oft leicht rauchige, tiefschwarze Biere. Wer Guinness mag, wird auch damit glücklich.
Wer allerdings grundsätzlich eher helle Biere oder Pils bevorzugt, der könnte unter Umstanden Probleme bekommen, denn diese Biere geraten meiner Erfahrung nach tatsächlich etwas leicht und gerne auch fad in den USA.
Besonders an´s Herz gewachsen sind mir 2 Brauereien (wobei die eine keine micro-brewery ist), nämlich zum einen die "Anchor Brewery" in San Francisco, deren Produkte man mit ein wenig Glück überall in den USA (und auch in Berlin) finden kann, sowie die "Berkshire Brewing Company", an deren Produkte man wohl nur in Neuengland herankommt und die ihre Produkte auch in bayernfreundlichen Grössen vertreibt:





Ähnlich sieht es beim Essen aus. Eine "amerikanische Küche" gibt es in dem Sinne sowieso nicht, sondern es gibt Unmengen von Regionalküchen. In Kalifornien kocht man anders als in New Orleans, in Alabama kocht man anders als in Neu England. Dazu kommen unzählige Einflüsse von Einwanderern aus aller Welt. In Chicago ist es meiner Erfahrung genauso leicht polnische Würste zu kaufen, wie in Berlin, allerdings ist in Chicago die Auswahl grösser und die Produkte oft frischer, da vor Ort hergestellt und nicht importiert. In den meisten Großstädten kann z.B. auch richtig gute asiatische Küche finden, die fast ungebremst authentisch daherkommt und nicht wie bei uns meistens für den deutschen Gaumen standardisiert.
Woher kommt aber dann der schlechte Ruf?
Zum einen hat Fast Food einen hohen Stellenwert in den USA und ist omnipräsent und die Versuchung zu einer der unzähligen Ketten zu gehen ist gross. Manche Sachen haben sich auch im Laufe der Zeit verändert und wurden assimiliert, so dass man oft nicht unbedingt das bekommt, was man als Europäer erwartet, z.B. Pizza oder "Frankfurters". Zum anderen muss man natürlich die Augen aufmachen, sich als Tourist informieren und sich auch was trauen. Das ist aber in -meinetwegen- Italien nicht wirklich anders, auch da findet man die interessanten Lokale nicht unbedingt da, wo hauptsächlich nordeuropäische Touristen in Heerscharen vorbeiströmen und wirklich spannend ist auch nicht die Pizza Funghi, sondern vielleicht eher die frischen, marinierten, rohen Fische im Restaurant am Altstadthafen.
Ein weiteres Problem ist imho das hohe Preisgefälle zwischen einem "richtigen Restaurant" mit Tischdecke und Bedienung und den Selbstbedienungs- und Fast-Food-Schuppen. Ich denke das ist ein Grund, warum viele Touristen (verständlicherweise) eher auf Letztere setzen und ein entsprechendes Bild mitbringen.
Das müsste aber gar nicht unbedingt sein, in New York zum Beispiel gibt es unzählige "Delis", die eine tolle Alternative zu McD oder Taco Bell darstellen.
Ansonsten kann man natürlich wie überall Glück und Pech haben. Wir waren in Mass. in zwei höherpreisigen Restaurants und das Eine war ein ziemlicher Flop (abgesehen von einem wirklich hervorragenden "New England Clam Chowder", das Andere bot französisch-amerikanische Küche und war ziemlich gut, aber darauf gehe ich nochmal im entsprechenden Tagesbericht ein, denn da liessen wir uns auf ein klitzekleines Abenteuer ein.

Ansonsten ist das natürlich nur mein Eindruck, aber ich esse auch zuhause gerne und gut und bin bisher trotzdem auch in den USA bisher immer auf meine Kosten gekommen ohne meine Anspruche gleich in den Keller zu schicken. Allerdings war ich bisher ja vorwiegend in Neu England und Chicago unterwegs. Ich kann also nicht ausschliessen, dass andere Ecken tatsächlich Diaspora sind, was die Esskultur anbelangt.
 

agentP

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Tag 3: An dem nicht viel passiert. Alle Photos in diesem Teil (außer den beiden "Nachtaufnahmen")
stammen übrigens von Kai.

Immer noch recht durcheinander von der Zeitumstellung, bin ich um 4:00Uhr aufgewacht. Da könnte man sich ärgern, aber man hat ja eine neue Digitalkamera, ein nagelneues Stativ und man ist 300m vom Hudson weg, von wo man einen atemberaubenden Blick auf die Skyline von Manhattan hat. Also ein wenig Lärm gemacht beim Aufstehen, damit auch der Admin aufwacht und nix los um die "blaue Stunde" auszunutzen. Leider blieben meine Fähigkeiten an der Kamera etwas hinter der Gelegenheit zurück, aber was soll´s: Übung macht den Meister, oder?








Danach ging´s erstmal zurück in´s Hotel. Mangels einer besseren Idee sind wir einfach nochmal über den Fluß gefahren und haben ein weiteres leckeres Frühstück im Square Diner zu uns genommen. Ich habe wieder das gleiche gegessen wie tags zuvor, nur mit dem unterschied, dass ich mir statt Toast diesmal meine geliebten "English Muffins" geben hab lassen. An manche Sachen, erinnert man sich eben erst nach und nach wieder. "English Muffins" haben nix mit dem amerikanischen Süssgebäck zu tun, sondern sind salzige Brötchen, irgendwo zwischen "Toasties" von Golden Toast und den Sonntagsbrötchen von "Knack und Back" und ich liebe die sehr.
Pappsatt ging´s zurück zum Hotel, packen und auschecken. Nun hiess es wieder die Koffer irgendwie durch die engen U-Bahn Zugänge quetschen. Ich kann nur empfehlen, wenn man in New York mit den öffentlichen unterwegs ist, ausschließlich mit leichtem Gepäck zu reisen.
Und so war es auch kein Wunder, dass wir statt an der Christopher Street umzusteigen, die Faxen dicke hatten und ein Taxi anhielten, das uns auch einigermassen günstig (d.h. Taxameter war an!) zur Alamo/National-Station in der 40. Strasse brachte.
Eigentlich wollten wir ja ein schickes Ford Mustang Cabrio, aber das scheint in NYC nicht verfügbar zu sein, weshalb wir uns einen netten Geländewagen ausgesucht hatten (bereits in Deutschland). In den letzten Tagen waren wir allerdings in Hinblick auf die Spritpreise zusehends nervös geworden, was das dicke Auto anbelangte. So waren wir nicht allzu sehr enttäuscht, als sich herausstellte, dass man es nicht gebackem gekriegt hatte das Teil bereitzustellen. Schliesslich bot man uns ein Downgrade an und so wurde es statt des Chevy Trailblazer ein Toyota RAV4 V6.
Nachdem Freund Admin schon Wochen vorher angefangen hatte zu betonen, dass er keinesfalls die ungewohnte PS-starke Automatikkarre durch den Montagsverkehr von Manhattan zu steuern gedenke (wer hat da "chicken" gesagt?), habe ich mich hinter das Steuer geklemmt, den linken Fuß möglichst weit vom vermeintlichen Kupplungspedal deponiert um ja nicht in Versuchung zu kommen und bin erstaunlich ruckelfrei losgefahren. Nach einigen Metern fand der TomTom auf meinem Handy dann auch einen Satelliten und los ging´s Richtung Norden. Im grossen und ganzen ist der Amerikaner an sich ein höflicher und zuvorkommender Mensch und auch Autofahrer. Zumindest als Autofahrer ist er allerdings in Teilen von New York City nicht mehr ganz so höflich und zuvorkommend.
Und so amüsierte sich er, der sich gar nicht erst getraut hatte zu fahren köstlich, als ich auf Höhe der Bronx für meinen eher defensiven Fahrstil den einen oder anderen Stinkefinger kassierte. Mich als berlinerprobten Autofahrer hat das natürlich alles nur gelangweilt, wie man auf diesem äusserst vorteilhaften Bild das Kai von mir geschossen hat zweifelsfrei erkennen kann:



Schliesslich kamen wir am Yankee Stadion vorbei und waren bald endlich raus aus der Stadt und im Grünen.




Das Sleepy Hollow auf dem Schild ist übrigens tatsächlich das Sleepy Hollow in dem Buch und Film spielen. Für das Pleasantville kann ich das so nicht bestätigen.

Von New York aus nahmen wir den Taconic Parkway, eine alte Autobahn, die dereinst Franklin D. Rososevelt anlegen liess um schneller in seinem Häuschen im Hudson Valley zu sein (munkelt man). Irgendwann wurde dann ein Interstate gebaut und das Teil verfiel allmählich. Mittlerweile wurde es in irgendeine Liste besonders malerischer Strecken aufgenommen und wird wieder ein wenig gepflegt.










Der Vollständigkeit halber hier noch ein Photo von unserem Auto samt telefonierendem Agenten im Hintergrund.




Schliesslich verliessen wir den Parkway bei Harlemville und nahmen kleine Landstrasen um an unser Ziel, West Stockbridge in Massachusetts zu kommen




Hier wurde uns ein herzlicher Empfang bereitet. Und was wünscht sich der deutsche Tourist von seinen amerikanischen Bekannten als Erstes? Natürlich. Ein richtiges Barbecue im Garten und das gab es dann auch:




Und mit Bier und Fleischbergen endete dann Tag 3 der Reise, der vor allem im Zeichen der Autofahrt stand:


 

NormaJean

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Fotooooos :pompom:

nächtliches Manhatten - is ja krass - und das Yankee Stadion ... kann man da rein, so außerhalb der Spiele? Wolltet ihr nicht rein? omg, ich glaub mit mir müßte man da alle paar Meter anhalten, weil ich irgendwas aus der Nähe würde anschauen wollen :huuh:

Pleasantville glaube ich nicht, dass es unbedingt DAS Pleasantville ist - die gibt es sicher wie Sand am Meer oder Springfields :roll:
 

agentP

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Tag 4 (Teil 1): Heute wie auch die nächsten Tage werden wohl die Fotos im Vordergrund stehen, da wir vor allem viel rumgefahren sind.

Der Plan für diesen Tag war, die Gegend anzusehen. Dummerweise hatte ich in NYC die Speicherkarte meiner Kamera vollgemacht und vergessen bei B&H eine neue zu kaufen, so dass erstmal Frühstück und Einkaufen auf dem Plan standen. Zum Frühstücken fuhren wir über die Staatsgrenze nach New Lebanon, NY, wo sich eines meiner liebsten Restaurants überhaupt befindet, das Hitching Post Cafe.



Auf dem Weg dorthin entdeckten wir einen netten Aussichtspunkt und so konnte Kai (der ausreichend Speicher eingepackt hatte. [leider keinen passenden für meine Kamera]) die ersten Fotos von den von mir so geschätzten Berkshires schiessen.





Nach einem ordentlichen Frühstück mit mehr Kalorien als wir sonst im Laufe eines normalen Tages zu uns nehmen machten wir uns auf die Suche nach einer Radio Shack Filiale, die wir in Pittsfield, MA. auch fanden.
Der Plan war von hier aus zum Mohawk Trail zu fahren, einer sehr pittoresken Route, die ich noch von meinem letzten Aufenthalt kannte.

Zufällig stießen wir auf dem Weg dorthin auf ein Schild, das sehr wichtig aussah und einen Weg auf den Mt. Greylock kennzeichnete. Hörte sich interessant an, also nix wie den Schildern gefolgt. Leider kamen wir nur bis zum Besucherzentrum, ab da war der Weg für jeden Verkehr einschließlich Fußgänger gesperrt und wir mussten unverrichteter Dinge wieder abdrehen.
Hinterher fiel mir dann wieder ein, wo ich den Namen schon mal gehört hatte: Bei meinem letzten Besuch hatte ich Arrowhead besucht, den Wohnsitz von Hermann Melville, wo er unter anderem auch Moby Dick geschrieben hat.



Die Legende besagt, dass Melville eines Winters in seinem Arbeitszimmer sass, von dem man einen wunderbaren Blick auf einen Bergrücken hat. Gleichzeitig tobte ein Schneesturm und der Bergrücken erinnerte ihn plötzlich an den Rücken eines Wals, der aus der Gischt auftaucht und wieder verschwindet. Das setzte eine Assoziationskette in Gang und der Rest ist (Literatur-)geschichte. Der Bergrücken war natürlich eben jener Mount Greylock.

Also nix mit Bergtour und so setzten wir unseren Weg fort.
In der netten und hübschen Universitätsstadt North Adams erreichten wir den Mohawk Trail, der im Norden von Mass. von der Staatsgrenze im Westen nach Osten verläuft. Kurz hinter North Adams fanden wir in einer Haarnadelkehre einen Aussichtspunkt den wir nicht links liegen lassen konnten. Praktischerweise hat man hier auch gleich noch eine Bar mit Gästezimmern hingestellt. Ich meine wo sonst macht eine Bar Sinn, wenn nicht an der gefährlichsten Stelle einer Serpentinenstrasse?









Hier konnte ich dann auch nicht widerstehen und musste meinen ersten HDR Versuch starten:


Zu schreiben gibt es da wenig, da wir nur "gecruised" sind und ab und zu mal gehalten haben um ein paar Photos zu schießen. Wobei doch: Kai wäre fast mit seiner Kamera in ein Flüsschen gefallen, aber leider war ich zu langsam und habe das entsprechende Photo verwackelt.
 

agentP

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Tag 4 (Fortsetzung):

Doch eines war noch erwähnenswert: Mitten auf dem Weg wäre uns fast ein Truthahn in´s Auto geflogen. In ca. 2m Entfernung sauste er in Höhe der Windschutzscheibe mit der Eleganz eines langsam geworfenen Medizinballs quer über die Strasse. An sich waren Truthähne in der Gegend schon längst ausgestorben, sind aber in den letzten Jahren wieder zurückgekommen. Auch Elche und Bären scheint es in den Berkshires zu geben, sowie Koyoten, wie wir messerscharf aus den plattgedrückten Kadavern auf den Highways schlossen. Auch das erste Opossum meines Lebens sah in seiner unfreiwilligen Zweidimensionalität nicht mehr gesund aus. Nach dem Rotwild, das ohnehin alle paar Meter (kein Scheiß) gelangweilt am Straßenrand äst, dreht man sich ohnehin schnell gar nicht mehr um.
Interessant ist auch, dass weite Teile der Gegend vor ein paar Jahrhunderten komplett gerodet und landwirtschaftliche Nutzflächen waren. Als dann die Farmer weiter nach Westen zogen, überließ man die Kulturlandschaft einfach wieder sich selber und heute, so das geflügelte Wort, "kann ein Eichhörnchen wieder von der Atlantikküste bis zum Ohio hüpfen ohne den Boden einmal zu berühren". Da ich kein Eichhörnchenfachmann bin kann ich das nicht beurteilen, aber wenn ich Ausblicke habe auf die unendlich scheinenden Laubwälder (siehe Photos oben), dann bin ich jedesmal beeindruckt, wie schnell die Natur alle Spuren menschlicher Zivilisation auslöscht (wenn man sie lässt) und was für hübsche Photomotive dabei entstehen.
Auf dem Rückweg fuhren wir über eine Strasse, die über viele Kilometer abgedeckt war. Eine Baustelle folgte auf die andere und hier fiel mir wieder etwas auf, das mir auch beim letzten Besuch schon aufgefallen war: In Massachusetts (in anderen Staaten habe ich das zumindest nie gesehen; in Illinois stehen z.B. an Baustellen einfach nur Schilder, die klipp und klar mitteilen, dass man 15 Jahre Gefängnis zu erwarten hat, wenn man mit überhöhter Geschwindigkeit in der Baustelle einen Arbeiter erwischt. Bei mir hat das geholfen!) scheinen Baustellen von Polizisten abgesichert werden zu müssen. An manchen Baustellen nimmt das derart bizarre Züge an, dass wir an einer Baustelle 4 Arbeiter und 8 Polizisten zählten. Und nein, es handelt sich dabei definitiv nicht um Strafgefangene die bewacht werden müssten.



Im Verlauf der weiteren Fahrt bemerkte ich dann, dass Freund Admin immer stiller wurde und eine kurze Nachfrage ergab schließlich, dass er sich nicht ausgelastet fühlte. Wie praktisch, dass wir gerade den wunderbaren "Jacob´s Ladder Trail" entlang fuhren, wo es einige Möglichkeiten gibt anzuhalten und durch eine State Park zu wandern. Da ich diese Zustände von Frau Agent kenne, wusste ich also was zu tun ist und hielt beim nächsten Parkplatz mit beginnendem Wanderweg an. Eine ausliegende Broschüre zeigte an, dass in der Nähe irgendein nicht näher spezifizierter "Scenic View" sei. Also marschierten wir zur Begeisterung unseres Datenschutzaktivisten und der 10000000000 Moskitos im Wald los. Vermutlich unnötig zu erwähnen, dass die Moskitos den Admin ignorierten und sich komplett auf mich konzentrierten, denn jede gute Absicht muss natürlich sofort bestraft werden. Nach einer guten halben Stunde erreichten wir den Aussichtspunkt, der einen "atemberaubenden" Blick auf einen kleinen Wasserfall ermöglichte.



Selbstverständlich tue ich für Freund Admin alles und deshalb will ich mich auch gar nicht beklagen, dass ich in Wildlederschuhen von Clarks eine halbe Stunde durch den Wald gelaufen bin um einen Wasserfall sehen, der so sehr nach bayerischem Voralpenland aussah, wie es nur geht. Die gesammelte Mückenschaft West Massachusetts wird mir allerdings mit Sicherheit ein Denkmal bauen, immerhin habe ich sie mit ausreichend Vorräten bis 2010 versorgt und sah noch Tage später aus, als hätte ich Masern und Beulenpest auf einmal. Egal, die Laune des Admins hatte sich deutlich verbessert, also was soll´s.

Am Abend wurden wir dann von unseren Bekannten zum Essen in´s bereits erwähnte Red Lion Inn in Lee eingeladen. Das historische Restaurant an sich ist sehr schön und gemütlich. Wir bestellten eine Vorspeisenplatte a la Antipasti mit Käse, Salami und gegrilltem Gemüse, die allerdings eher übersichtlich war und auch keineswegs geschmacklich Highlights bot. Ich entschied mich für einen "New England Clam Chowder", eine Suppe mit Venusmuscheln, Speck und Milch, die wirklich lecker war. Als Hauptspeise hatte ich einen "Blue Cheese" Burger, der eine Katastrophe war, da die "Bulette" völlig ausgetrocknet war und auch der Admin war mit seinem BLT-Sandwich nicht zufrieden.
Wieder zuhause gab es dann zum Trost noch ein paar Runden "Berkshire Brewery Beer", das immer geeignet ist mich mit dem Schicksal zu versöhnen und damit endet Tag 4 unserer Reise.
 

agentP

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Ich frage mich, was Norma damit mitteilen möchte. :zwinker:
 

NormaJean

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ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen, wie brav und geduldig ich hier sitze und auf die nächsten Bilder warte ... ich bin ja so stolz auf mich, wie brav und geduldig ich sein kann ... und ganz ohne zu nörgeln ... noch ... :norma:
 

agentP

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Tag 5:

Diese beiden Tage fasse ich einfach zusammen und zwar aus dem Grund, dass wir den grössten Teil dieser beiden Tage ohnehin im Auto verbracht haben. Daher wird es auch wenig Fotos geben.

edit : Wurde doch länger, daher doch nur ein Tag, dafür wird dann Tag 6 kurz, aber ehrlich jetzt mal.


Wir verließen West Stockbridge am Morgen und nahmen erstmal ein Sandwichfrühstück bei einer Tankstelle mit. Dabei handelt es sich hier auf dem Land (wie gesagt ich kann nur von New York und Massachusetts sprechen) keineswegs um fertig abgepackte Tramezzini oder ähnliches, denn viele Tankstellen haben einen kleinen Deli integriert. Die Bestellung funktioniert so ähnlich wie bei der mittlerweile auch hierzulande boomenden Kette Subway. Der wesentliche Unterschied ist nur, die Auswahl an Zutaten, Broten, etc. ist deutlich grösser als bei Subway und die Beläge wurden zumindest an den Tankstellen an denen wir Sandwiches aßen, frisch aufgeschnitten. Man bekommt ein kleines Zettelchen mit allen verfügbaren Brot-, Fleisch, Käse und Wurstsorten, sowie den verfügbaren Pickles, Gemüsen und Soßen. Man kreuzt an oder unterstreicht was man gerne hätte und dann wird eifrig aufgeschnitten, geschmiert und belegt.
Selbstredend sind die Dinger, die man übergeben bekommt riesig, wobei riesig relativ ist, wie ich feststellen musste, denn das des Admin war an der übernächsten Ausfahrt verschwunden, während mich meines über den halben Tag verteilt nährte.
Auf dem Interstate 90, dem längsten in den USA (Seattle - Boston) führen wir westwärts mit Ziel Niagara Falls. Die Fahrt dauert ca. 6h und viel gibt es nicht zu berichten. Was mich immer fasziniert an solchen längeren Überlandfahrten in den USA, dann kommt man zwangsläufig immer an irgendwelchen Landmarken vorbei, die einem irgendwie bekannt vorkommen und man überlegt wo man den Ortsnamen schon mal gehört hat, bis einem das Buch oder der Film einfallen (Sleepy Hollow hatten wir schon, Ithaca und die Cornell University -> Matt Ruffs "Fool on the Hill", Toledo/OH -> Corporal Klinger, M*A*S*H, usw. usw.).
An einem Rastplatz überlegten wir kurz, ob wir bei der nahe gelegenen Gedenkstätte in Oneida County vorbeifahren sollten, wo die Amerikaner des deutschen (naja, eigentlich preußischen) Generals Friedrich Wilhelm von Steuben gedenken. Wobei richtig gedenken sie seiner ja eigentlich jedes Jahr mit großen Paraden vor allem in NYC. Wir verwarfen den Gedanken dann aber wieder und fuhren lieber weiter Richtung Kanada.
Kurz vor Buffalo schwenkt man nach Norden, was mich zwingt auch dort nochmal hinzufahren, denn auch da gibt es eine Gedenkstelle, die irgendwann besucht sein will, nämlich das "John Maynard"-Memorial. Allein die Fama von den deutschen Touristen, die in Buffalo verzweifelt den Grabstein einer Figur aus einem Fontane-Gedicht suchen und der höflichen wie pragmatischen Amerikaner, die den fortwährenden Enttäuschungen ein Ende bereiten, indem sie tatsächlich eine Tafel aufhängen, würde den Besuch rechtfertigen.

Da die Gestalt des John Maynard sehr bekannt ist, suchen viele deutsche Besucher in Buffalo nach dem im Gedicht beschriebenen Grabstein und sind enttäuscht, dass sie ihn nicht finden können. Um den Besuchern Enttäuschungen zu ersparen, wurde 1997 eine Tafel in Buffalo errichtet, die an die Legende von John Maynard und an das Gedicht erinnert.
http://de.wikipedia.org/wiki/John_Maynard#Rezeption

Der andere Grund wäre natürlich, dass es sich um mein all-time Lieblingsgedicht handelt.

Sehr eindrucksvoll fand ich wieder die sehr steil gebaute Brücke über den Niagara River kurz vor Niagara Falls.



Spannend wurde noch der Grenzübertritt nach Kanada, denn wir hatten eigentlich keine Ahnung, was mit unserem Touristenvisum passiert, wenn wir ausreisen. Gottlob befragte uns der kanadische Officer zwar sehr viel genauer und misstrauischer, als ich das jemals bei einem amerikanischen Grenzer erlebt hätte, winkte uns dann aber durch.

Da ich mich ja dem sanften Tourismus verschrieben habe und versuche mich möglichst an die Gepflogenheiten des Landes anzupassen, versuche ich natürlich brav alles was Uniform trägt auch mit "Officer" anzusprechen. Dumm nur, dass mir Frau Agentin mal einen ihr aus ihrer High-School Zeit bekannten Spruch auftischte, der seitdem dafür sorgt, dass ich jedesmal panisch werde, wenn ich mich darauf vorbereite einen nordamerikanischen Uniformträger anzusprechen. Der Spruch geht nämlich so "Hello Ossifer, I am not as think as you drunk I am!"

Mein treuer Handy-TomTom führte uns dann auch zügig zu unserem Hotel, dem Falls View Marriot, wo für unseren Admin irgendwie die Junior Presidential Suite vom Laster gefallen war, aus Gründen die ich lieber nicht wiedergebe. Für alle die, die sich Gedanken darüber machen wollen, hier ein paar Anhaltspunkte: reiche Witwe, Gummihandschuhe, Koboldmaki.

Das Zimmer war in der Tat äußerst geräumig, der Whirlpool groß (aber das Geblubber eher lahm) und der Ausblick aus dem Fenster wirklich eindrucksvoll:













Die Fälle liefern übrigens auch ein Beispiel für das, was ich unter der Hand gerne "Yankee Pragmatismus" nenne: Tagsüber machen beide Städte (Niagara Falls, NY und Niagara Falls, Ontario) natürlich ihr Geld mit den Touristen. In der Zeit in der weniger Touristen da sind und nachts braucht man ja auch nicht so große Wasserfälle, also wird ein gut Teil des Wassers in dieser Zeit in ein Wasserkraftwerk umgeleitet. Morgens und zu Saisonbeginn werden die Fälle dann wieder angeknipst, genau wie der elektrische Kamin, der sich in unserem Zimmer direkt neben dem Fenster befand.

Unser Abendessen nahmen wir in einem brasilianischen Restaurant ein, das zwar eine rechte Touristenfalle zu sein schien. Was man eigentlich nicht extra erwähnen muss, denn Niagara Falls, Ontario ist eine einzige Touristenfalle, nämlich eine reine Vergnügungsstadt a la Las Vegas, mit Casinos und pipapo.
Das Restaurant zog uns wegen des Konzepts an: Man zahlt einen recht fairen Pauschalbetrag und dann laufen den ganzen Abend Kellner mit Spiessen voller gegrillten Fleisch durch die Gegend und säbeln einem Stückchen auf den Teller, quasi nach der Kölsch-Methode, also bis man abwinkt.
Wenn man abwinkt kommen sie noch mit einer gegrillten Ananas am Spieß, was sehr lecker ist. Allerdings kannte und praktiziere ich die Nummer schon aus dem "Meine Familie & Ich Sonderheft: Grillen" vom letzten Jahr.

Von hier aus gingen wir ins Casino und ich da zuerst aufs Klo, äh den Waschraum. Der Admin ist ja ein alter Hase an den Spieltischen der Welt und wedelte, als ich vom äh Händewaschen kam bereits mit Chips. Wedeln könnte er deswegen damit, weil die Chips heutzutage ein Zettelchen mit einem Strichcode sind.
Leider wurde ich gleich am ersten einarmigen Banditen von einer schrulligen Alten verscheucht, weil die wohl die ganze Reihe bespielte, was ich nicht wissen konnte, was aber natürlich für Erheiterung bei Freund Admin sorgte. Also musste ich ihm zurückgeben und holte erstmal mit meinen ihm geliehenen 20Can$ 20 weitere aus dem nächsten Automaten, liess mich auszahlen und gab ihm seine 20 zurück und beschloss mit dem Spruch "Sieger wissen wann sie aufhören müssen" das Casino zu verlassen.
Leider folgten nun ein paar Ereignisse, die meine Laune für diesen Abend stark eintrübten
Zunächst machten wir uns auf die Suche nach der hiesigen Hooters-Filiale, fanden sie aber nicht, weshalb wir beschlossen, die "Concierge Lounge" im Hotel aufzusuchen, wo wir angeblich umsonst trinken konnten. In der Lounge sassen 2 Leute und kuckten Eishockey und der "Concierge" füllte warmes Bier in den Kühlschrank zum warmen Bier.
Also schlug ich vor das zu tun, was ich schon in Deutschland vorgeschlagen hatte, nämlich sich an das Fenster mit der Aussicht im Zimmer zu setzen und den Zimmerservice Long Island Iceteas anschleppen zu lassen, bis man das Gefühl hat, die 2 Meter zum Bett könnten eine Herausforderung werden.
Die Idee war gut, allein die Leitung des Room Service war ca. eine Stunde lang dauerbelegt. Kai war so freundlich das ganze Elend prägnant in einem Foto festzuhalten:




Jetzt war ich endgültig müde, angepisst und nüchtern, so dass ich beschloss mich in´s Bett zu hauen, wohingegen der so schmählich allein gelassene Kai sich nochmal aufmachte.

Was für tolle Abenteuer er erlebt hatte und welche Rolle die Hooters-Mädels dabei noch gespielt haben, gibt´s dann mit dem morgigen Tagesbericht.

 

agentP

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Tag 6:
Wirklich sehr kurz gefasst, denn viel gibt es von diesem Tag nicht zu berichten. Und Bilder gibt´s gar nicht, ätsch!

Morgens begegnete ich zunächst einem gut aufgelegten Boardadmin, der mir gleich unter die Nase reiben musste, dass er am Abend alleine noch die Bank gesprengt und die halbe Hooters-Belegschaft flach gelegt hatte.

O.K. Übertreibung beiseite: Er hatte wohl ein paar Dollar gewonnen, genug jedenfalls, um mich zu einem Frühstück einzuladen welches ich aber nie sehen sollte, weil wir dann auf meinen Wunsch jenseits der Grenze frühstückten, wo die kanadischen Dollar nix Wert waren.
Auch hatte er wohl noch Hooters gefunden und da ein Bier getrunken, was aber nach eigenen Aussagen eher fade war, weil dem feinen Herrn die "Outfits zu 70er waren". Wer hätte gedacht, dass Freund Kai in diesen Dingen so etepetete ist.

Wir checkten jedenfalls zügig aus, schrieben noch schnell ein paar Postkarten (extra aus Kanada, um die Antiamerikaner im eigenen Bekanntenkreis nicht in ein moralisches Dilemma zu stürzen) und machten uns auf die Socken durch diese kanadische Disneyland-Version einer Stadt zurück über die Grenze. Die Rück-Einreise lief unproblematisch und zügiger als die Ausreise tags zuvor (zumindest die Bearbeitung selbst, der Stau war in Richtung USA länger als der in Richtung Kanada).

Im amerikanischen Niagara Falls machten wir einen Frühstücksstop in einem Bob Evans-Restaurant. Neben den zahlreichen Fast-Food Ketten, gibt es in den USA auch noch eine Menge Ketten von Restaurants in verschiedenen Güteklassen. Dies sind Restaurants, die oft irgendwelche Themen annehmen z.B. Ribs (Tony Roma´s) oder Meeresfrüchte (Red Lobster).
Eine dieser Ketten ist eben wie gesagt Bob Evans, wo man sich der deftigen Hausmannskost verschrieben hat, wie sie die Farmersfrau seit eh und je auf den Tisch bringt.

Entsprechend kräftig fällt ein Frühstück hier aus. Ich hatte diesmal ein "Border Scramble Burrito" was im Klartext ein komplettes Frühstück mit Würstchen, Speck, Tomaten, Bratkartoffeln, Zwiebeln und Sosse ist, das dann zusammen mit Käse in ein Weizenmehltortilla gerollt wird.
Der Admin hatte ein eher klassisches Frühstück, allerdings mit einer Schweinerei, die sich Sausage Gravy nennt als Beilage, einer Frühstücksspezialität aus dem Süden der USA.
Hier das Rezept zum ausprobieren:

Eine grobe Bratwurst wird gepellt und zerkrümelt, die Krümel (oder kurz: Das Bratwurstgehäck, für die Franken unter uns) werden gebraten und dann aus der Pfanne genommen, mit dem verbleibenden Fett wird eine Mehlschwitze angelegt und dann unter Zugabe von Milch eine dicke Soße gekocht, mit Salz, Pfeffer und anderen Zutaten nach Geschmack gewürzt und dann die Wurststückchen wieder hinzugefügt. Das Ganze dann mit Toastbrot oder "English Muffins" (ich liebe English Muffins, hatte ich das schon erwähnt?) gestippt oder gleich einfach gelöffelt.

Man hat also dann im Prinzip Würstchen in Bechamelsoße. Bei solchen kalorienreichen Frühstücksleckereien ist es eigentlich kein Wunder, dass der Westen so zügig erschlossen werden konnte und der Testosteronspiegel stets hoch genug war dass auch kleine Streitereien gleich endgültig und gewaltvoll gelöst werden mussten.
Ich will aber nicht ungerecht sein, denn wenn man seine Vorbehalte mal beiseite legt, dann sind manche dieser (für europäische Geschmäcker eher ungewöhnlichen) Delikatessen durchaus irgendwo zwischen lecker und Suchterzeugend. Nur an die Figur sollte man bei empfindlichem Gewissen lieber keinen Gedanken verschwenden.

Nach diesem frugalen Mahl rollte ich unseren Datenaktivisten wieder zum Auto und quetschte ihn mit Hilfe eines zufällig vorbeikommenden Uni-Footballteams wieder auf den Beifahrersitz und wir traten die lange wie ereignislose Reise zurück nach West Stockbridge an.

Für den Abend hatten wir mit unseren Gastgebern eigentlich abgesprochen, in eine Restaurant zu gehen, wo man ordentliche Porterhouse Steaks serviert, die hierzulande eher schwer zu bekommen sind.
Da unser Fleischbedarf bereits durch den Besuch beim Brasilianer am Abend vorher gedeckt war, entschieden wir uns allerdings etwas anderes zu versuchen.
Wir entschieden uns für das "Rouge" am Ort, ein kleines, beliebtes Restaurant mit französischem Einschlag.

Das Essen war ausgesprochen lecker, auch wenn ich mich auch nicht mehr an alle Einzelheiten erinnere. Ich hatte jedenfalls Miesmuscheln in Weissweinsud, an deren Verzehr sich überraschenderweise der Admin, der einen Tag zuvor noch Meeresfrüchtetotalverweigerer war, fleißig beteiligte. Wie man halt sagt: Reisen erweitert den Horizont.
Irgendwann vor dem Hauptgang machte ich die unvorsichtige Bemerkung, man hätte ja, wenn man schon in Neu England ist, auch die Austern probieren können. Dies führte prompt dazu, dass mein Bekannter den Kellner heranwinkte und eine Portion Austern bestellte.
Jetzt wurde mir auch ein wenig mulmig, denn wiewohl großer Meeresfrüchtefreund, habe ich mich an frische Austern bisher auch nicht herangewagt, weil ich irgendwie im Hinterkopf hatte, dass "frisch" bei Austern eigentlich lebend bedeutet.
Jedenfalls kamen die neuenglischen Austern im französischen Restaurant und wir schlürften mit Todesverachtung Muschel und Vinaigrette und waren dann sehr stolz und glücklich.

Das Hauptgericht, die Biere, die Tischgespräche, das alles ist in meiner Erinnerung als hellrote Wolke von Wohligkeit gespeichert, allein die Details kann ich nicht mehr ganz rekonstruieren.
Erinnern kann ich mich allerdings an die stolze Rechnung und an das Gesicht des Admins, als ich ihm hinterher meine Theorie in Bezug auf Austern und Frische mitteilte. Unbezahlbahr!

Nach ein paar weiteren lokalen Bieren auf der Terasse ging dann auch dieser Tag zuende.
 

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