Welche Koalition wird Deutschland regieren?

Welche Koalition wird Deutschland regieren?

  • CDU, FDP & Grüne (Jamaika-Koalition)

    Stimmen: 0 0,0%
  • SPD, FDP & Grüne (Ampel-Koalition)

    Stimmen: 0 0,0%
  • CDU & SPD (Große Koalition)

    Stimmen: 0 0,0%
  • SPD, Linkspartei & Grüne (Rot-Rot-Grün)

    Stimmen: 0 0,0%
  • Angela Merkel wird mit Hilfe einer Minderheitsregierung Kanzlerin.

    Stimmen: 0 0,0%
  • Gerhard Schröder wird mit Hilfe einer Minderheitsregierung Kanzler.

    Stimmen: 0 0,0%

  • Umfrageteilnehmer
    0

agentP

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Zu Wünschen ist doch eine klare Trennung von Wirtschaft und Staat nur insofern, dass die Wirtschaft einen ausschliesslich ausführenden und der Staat einen gesetzgebenden Platz einnimmt. Im Moment scheint dies aber nicht gegeben zusein, da die Wirtschaft durch ihre Einflussnahme die Gesetzgebung beinflusst.

Also verstehe ich das richtig: Wenn der Staat ganze Bauernhöfe, Werften, Bergwerke mit Steuergeldern künstlich am Leben erhält, dann ist das nicht Einmischung des Staates in die Wirtschaft, sondern Einflussnahme der Wirtschaft auf den Staat ?

Eine freiere Wirtschaft? Sorry, aber eine gesetzlich ungezügelte Geldproduktionsmaschine, die keinerlei gesellschaftliche Rücksichtnahme mehr nimmt, weil sie keine Konsequenzen zu fürchten hätte, wäre ja ein mögliches "Endziel" des Lobbyismus.

Ich darf erinnern: Lobbyismus wird nicht nur von Unternehmen, sondern auch von z.B. Sozial-, Autofahrer, Kaninchenzüchter- und Arbeitnehmerverbänden betrieben.
 

Franziskaner

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agentP schrieb:
Ich darf erinnern: Lobbyismus wird nicht nur von Unternehmen, sondern auch von z.B. Sozial-, Autofahrer, Kaninchenzüchter- und Arbeitnehmerverbänden betrieben.

Unbestritten. Können wir uns darauf einigen, dass der Verband deutscher Kaninchenzüchter weniger Einfluss auf uns alle betreffende Entscheidungen hat als die Arbeitgeberverbände?
 

morgenroth

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agentP schrieb:
Also verstehe ich das richtig: Wenn der Staat ganze Bauernhöfe, Werften, Bergwerke mit Steuergeldern künstlich am Leben erhält, dann ist das nicht Einmischung des Staates in die Wirtschaft, sondern Einflussnahme der Wirtschaft auf den Staat ?

Man könnte das so sehen, da diese Teile der Wirtschaft natürlich auch um Subventionen buhlen. Aber das meinte ich nicht. Ich meine den Lobbyismus der die entsprechenden Regierungen (und Medien) mit seinen Interessen durchtränkt und später das ganze Land an seine Kette legt.

Grundsätzlich verstehe ich aber nicht, warum Subventionen derartig pauschal verteufelt werden.

Funktionsprobleme der Marktwirtschaft

Ein Problem liegt in der systemimmanenten Konzentrationstendenz begründet. Vollkommener Wettbewerb führt konsequenterweise dazu, daß ständig Anbieter aus dem Markt ausscheiden. Der Marktzutritt für neue Anbieter wird durch die entstehende Vermögenskonzentration und die damit verbundene Marktmacht erheblich erschwert. Daraus folgt, daß viele Märkte sich von polypolistischen zu oligopolistischen oder gar monopolistischen Märkten hin entwickeln. [...]
Die Annahme, die Konsumenten entschieden durch ihr Konsumverhalten auf einem funktionierenden Markt über Art und Menge der Produktion („Konsumentensouveränität"), trifft in der Realität nicht zu. Durch intensive Werbung werden Bedürfnisseneu geschaffen und die Konsumenten massiv beeinflusst. Quelle: Telekolleg II - VWL


Wenn man Subventionen als Werkzeug sieht, um dem entgegenzuwirken machen sie doch Sinn, oder nicht?
 

agentP

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Franziskaner schrieb:
agentP schrieb:
Ich darf erinnern: Lobbyismus wird nicht nur von Unternehmen, sondern auch von z.B. Sozial-, Autofahrer, Kaninchenzüchter- und Arbeitnehmerverbänden betrieben.

Unbestritten. Können wir uns darauf einigen, dass der Verband deutscher Kaninchenzüchter weniger Einfluss auf uns alle betreffende Entscheidungen hat als die Arbeitgeberverbände?

Der Kaninchenzüchterverband ganz sicher. Bei der Autofahrerlobby käme ich schon in´s Grübeln, bei den Arbeiternehmerverbänden dürfte es sich schon nichts mehr geben.

Was ich aber auch noch mal betonen möchte: Ich habe vorher von verschiedenen Parametern gesprochen und nicht davon, daß die Marktfreiheit der einzige Parameter ist, der Einfluß hat.
Quelle: Telekolleg II - VWL
Nur aus echtem Interesse und ohne Hintergedanken: Von wann stammt dieses Buch ?
 

agentP

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Nicht nur die Problematik, auch diese These und ihre Gegenthese sind zeitlos. :wink:

Der Telekommunikationsmarkt wurde in den letzten 2 Jahrzehnten geöffnet. Davor hatte der Staat als Monopolist die Hosen an, dann wurde privatisiert und die Telekommunikation dem (halbwegs) freien Markt überlassen. Ist eine Konzentrationstendenz zu bemerken oder ist der Markt dadurch eher zersplittert ?
 

hives

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Dein Vorschlag die Demokratie direkter zu gestalten ist letztendlich auch nichts anderes.
Das war kein Vorschlag, sondern eine Bemerkung über die Voraussetzungen für Korruption. Die Einführung einer wirklichen Direktdemokratie würde ich unter den gegebenen medialen Umständen für sehr gefährlich halten.

Deine Ausführungen lesen sich jedenfalls für meine Augen nicht so, als wolltest du Politiker zugunsten einer Direktdemokratie entmachten, denn auch eine Direktdemokratie kommt bspw. nur schwer ohne Beamte aus. Der von dir beschworene (Staats-) "Leviathan" ist wohl kaum dem repräsentativen Aspekt unserer Demokratie allein "anzulasten", oder?
 

morgenroth

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@agentP:
Bei Privatisierungen geht die Marktmacht doch von einem öffentlichen, der Sache dienenden "Unternehmen" in ein privates, auf Profit gerichtetes Unternehmen über.
Das ein Wirtschaftszweig, der aus einem "staatlichen Monopol" entlassen wird, danach erstmal kein Monopol mehr hat liegt doch in der Natur der Sache.

Trotzdem lässt sich doch nicht leugnen, dass die im letzten Jahrzehnt durchgeführten Fusionen und die damit einhergehende Marktmacht der entsprechenden Unternehmen zugenommen haben.
Das gilt übrigens auch für Telekommunikations-Unternehmen.

Ich bin mir nicht sicher ob die ganzen Privatisierungen, insbesondere die der Krankenkassen, richtig waren.
 

agentP

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Deine Ausführungen lesen sich jedenfalls für meine Augen nicht so, als wolltest du Politiker zugunsten einer Direktdemokratie entmachten, denn auch eine Direktdemokratie kommt bspw. nur schwer ohne Beamte aus. Der von dir beschworene (Staats-) "Leviathan" ist wohl kaum dem repräsentativen Aspekt unserer Demokratie allein "anzulasten", oder?
Ich habe weiter oben mehrere Faktoren genannt, die ich verantwortlich mache für die Korruption und den Lobbyismus. Natürlich kommt eine Direktdemokratie nicht ohne Beamte aus, aber wir waren auch bei korrupten Politikern und da kommt die Direktdemokratie mit einer deutlich niedrigeren Zahl aus, oder ?
Das ein Wirtschaftszweig, der aus einem "staatlichen Monopol" entlassen wird, danach erstmal kein Monopol mehr hat liegt doch in der Natur der Sache.
Warum ? Man möchte meinen, wenn ein freierer Markt laut Telekolleg zu einer stärkeren Konzentration führt, dann läge nahe, daß ein bestehendes Monopol sich auf einem freien Markt erst recht behaupten kann.
 

hives

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agentP schrieb:
Natürlich kommt eine Direktdemokratie nicht ohne Beamte aus, aber wir waren auch bei korrupten Politikern und da kommt die Direktdemokratie mit einer deutlich niedrigeren Zahl aus, oder ?

Theoretisch schon - doch muss u.a. entschieden werden, welche Entscheidungen plebiszitär entschieden werden, dann müssen derartige Entscheidungen auch noch (bspw.) in Gesetzesform gebracht und schließlich umgesetzt werden. Je nach Gestaltung und Ausprägung der Direktdemokratie könnte es natürlich durchaus weniger Politiker geben - doch auch in solchen Fällen würden höchstwahrscheinlich zahlreiche Beamte benötigt werden.

Wie bereits erwähnt würde ich jedoch die Mediensituation für das größte Problem einer einzuführenden Direktdemokratie halten.

Von einer Direktdemokratie, in der Konzerne allen Bürger unter konstanter LSD-Zufuhr ein permanentes Brainwashing verpassen, würde ich persönlich auch wenig halten - selbst wenn es einigen Bürgern gefallen sollte ; )

Mir ging es übrigens vor allem um folgende Aussagen von dir:

agentP schrieb:
[...] aber das ist ein Problem, das wir sicher nicht lösen, in dem wir uns wieder neue Möglichkeiten überlegen den Leviathan zu zähmen, sondern indem wir ihn endlich auf Diät setzen: Da wo kein Beamter ist, kann keiner bestochen werden [...]

An Stelle einer vermeintlichen Patentlösung nach dem Motto "Setzt den staatlichen Leviathan auf Diät!" würde ich eher auf eine Veränderung der konkreten Umstände verweisen: etwa Transparenz der Vorgänge, Veröffentlichung der Entscheidungsfaktoren, pluralistischere Berichterstattung und Kommentierung zumindest in öffentlich-rechtlichen Medien, Veröffentlichungen von Einflussnahmen auf Medien, Politik und Wissenschaft, offenere Strukturen in Parteien und Politik etc.
Alles nicht unproblematisch, aber m.E. wesentlich sinnvoller als die bekannten vermeintlichen Patentlösungen.
 

r2-d2

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Wohin die Pirvatisierungsarie führen kann zeigt das Beispiel Wasser. In vielen - vor allem Drittweltländern - bezahlen die Leute teilweise für verdrecktes Wasser aus dem Hahn horrende Preise. Es ist unglaublich, zu welchen Bedingungen da mit dem Wasser umgegangen wird. Und dieser Negativ-Erfolg der Privatisierung ist kein Einzelfall sondern fast überall dort zu finden, wo man die Wasserversorgung irgendwelchen Unternehmen anvertraut hat.

Dagegen muten die argentinischen Verhältnisse fast moderat an:
http://de.indymedia.org/2005/09/127691.shtml

http://www.attac.de/privatisierung/?id=Wasser
http://www.unser-wasser.de/

Ein Thema, das auch für uns noch sehr relevant werden kann. Noch haben Nestlé, Vittell und Ensinger gute Absatzmargen, will nicht wissen, auf welche Ideen die kommen, wenn der mal drastisch zurückgeht weil immer mehr Leute auf Leitungswasser o.ä. umsteigen.

Bei sowas darf sich der Staat nicht übern Tisch ziehen lassen, aber im allgemeinen rennen "Privatisierungsanbieter" ja offene Türen ein seit die Kassen immer leerer sind.
 

morgenroth

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agentP schrieb:
Warum ? Man möchte meinen, wenn ein freierer Markt laut Telekolleg zu einer stärkeren Konzentration führt, dann läge nahe, daß ein bestehendes Monopol sich auf einem freien Markt erst recht behaupten kann.

Das wäre auch sicher so gewesen, wenn der Staat dies nicht durch gewisse Auflagen/Gesetze/Institutionen verhindert hätte.
Ganz sicher ist das nicht dem freien Markt zu verdanken.
 

hives

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Netzwerk Recherche legt Forderungskatalog gegen wachsenden PR-Einfluss vor

[...]

Der Einfluss der PR auf journalistische Medien hat in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Dies belegen unter anderem die Zwischenergebnisse der Benchmarking-Studie der Universität Leipzig, die diese Tendenz im Bereich der Tageszeitungen empirisch untersucht hat. Das Netzwerk Recherche hat nun einen Forderungskatalog erarbeitet, mit dessen Hilfe der Einfluss der PR auf den Journalismus eingedämmt werden soll.

[...]

Durch Initiativen und Kooperationen mit Verlagen und Sendern will das Netzwerk Recherche zur Eindämmung des PR-Einflusses auf den Journalismus auf verschiedenen Ebenen Korrekturen durchsetzen und ein Umdenken anregen. Dazu gehören:


* eine Kennzeichnungspflicht für Tätigkeiten von Journalisten für Unternehmen oder PR-Agenturen

* eine schärfere Abgrenzung gegen PR und Schleichwerbung – im Pressekodex durch den deutschen Presserat

* die Aufklärung über den Unterschied zwischen PR und Journalismus in Ausbildung und Praxis

* der normierte Verzicht der Unternehmen auf nicht legitime, kommerzielle Beeinflussung sowie

* angemessene Vergütung und Infrastrukturen, damit wirtschaftliche Zwänge nicht als Rechtfertigung für die Verknüpfung und Verschmelzung von journalistischer und PR-Tätigkeit herhalten können.
http://www.netzwerk-recherche.de/presse/index.php?pageid=107

Das zielt bspw. m.E. schon mal in eine recht vernünftige Richtung - wobei "normierter Verzicht" schon wieder so eine Sache für sich ist...


Bin mal gespannt, welche Schwerpunkte im Sinne der bisherigen Diskussion auf folgender Tagung gelegt werden:
Fachtagung zum Thema Korruption

Journalisten beschäftigen sich mit aktuellen Trends der Korruption

Auf einer Fachtagung der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche werden sich vom 28. bis 30. Oktober 2005 Experten und Journalisten mit aktuellen Trends der Korruption beschäftigen. So wird unter anderem das Bundeskriminalamt seinen aktuellen „Lagebericht Korruption“ aus 2004 präsentieren und die Strafrechtlerin Britta Bannenberg (Universität Bielefeld) eine aktuelle wissenschaftliche Analyse zum Thema vorstellen. Themenkomplexe der mehrtägigen Tagung in der ZfP sind auch der Schleichwerbe-Skandal, die jüngsten Entwicklungen des Abrechnungsbetrugs im Gesundheitswesen sowie die Nähe von Politik und Industrie als Grundlage für korruptes Verhalten.

ZEIT-Autor Götz Hamann und Cerstin Gammelin (Financial Times) werden mit den Teilnehmern ausführlich über die Erkenntnisse ihres aktuellen Sachbuches „Die Strippenzieher“ und damit ihrer tiefgehenden Recherche in der Grauzone von Lobbyismus, „Landschaftspflege“ und Korruption sprechen. Weitere erfahrene Journalisten wie der Ressortleiter von „epd medien“, Volker Lilienthal, und „Die Story“-Autor Ingolf Gritschneder werden ihre Recherchen zu Schleichwerbung bzw. den Korruptionsfällen in Köln offen legen und diskutieren.
http://www.netzwerk-recherche.de/termine/index.php?pageid=114
 

agentP

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würde ich eher auf eine Veränderung der konkreten Umstände verweisen: etwa Transparenz der Vorgänge, Veröffentlichung der Entscheidungsfaktoren, pluralistischere Berichterstattung und Kommentierung zumindest in öffentlich-rechtlichen Medien, Veröffentlichungen von Einflussnahmen auf Medien, Politik und Wissenschaft, offenere Strukturen in Parteien und Politik etc.
Also statt den undurchschaubaren Pragraphen- und Verordnungsdschungel zu lichten würdest du ein paar neue Verordnungen einführen die das ganze dann durchschaubarer machen sollen ? Oder konkret gefragt: Wie erreicht man Transparenz ? Was meinst du mit Veröffentlichung der Entscheidungsfaktoren ? Die Abschaffung der geheimen Abstimmung in den Parlamenten ? Pluralistischere Berichterstattung erwartest du in einem Staat, in dem du selber Korruption und Lobbyismus feststellst ausgerechnet von Medien, die am Tropf des Staates hängen ? Da wären wir dann wieder bei den unterschiedlichen Vorstellungen von Logik.
 

hives

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agentP schrieb:
würde ich eher auf eine Veränderung der konkreten Umstände verweisen: etwa Transparenz der Vorgänge, Veröffentlichung der Entscheidungsfaktoren, pluralistischere Berichterstattung und Kommentierung zumindest in öffentlich-rechtlichen Medien, Veröffentlichungen von Einflussnahmen auf Medien, Politik und Wissenschaft, offenere Strukturen in Parteien und Politik etc.
Also statt den undurchschaubaren Pragraphen- und Verordnungsdschungel zu lichten würdest du ein paar neue Verordnungen einführen die das ganze dann durchschaubarer machen sollen ?

Transparenz, Pluralismus, Veröffentlichungen und offenere Strukturen machen also das Ganze deiner Meinung nach undurchschaubarer? :gruebel:

Du vermischst hier m.E. einiges miteinander: Nicht jede Strukturänderung, die den Staat nicht auf Diät setzen will, sorgt für eine zusätzliche Undurchschaubarkeit - und Korruption hängt ebenso wenig wie anderweitige Einflussnahmen auf Medien, Politik und Wissenschaft direkt am "Paragraphen- und Verordnungsdschungel".
Dass es dir in erster Linie um das Aushungern des Leviathans geht, ist inzwischen klar geworden - wie bereits beschrieben, sehe ich darin keine Patentlösung, da es auf Kosten demokratischen Einflusses gehen würde, sondern favorisiere andere Veränderungen.

Oder konkret gefragt: Wie erreicht man Transparenz ?
Es sind viele Ansätze denkbar, die wir in einem geeigneten Thread gerne ausführlicher besprechen können, von gesetzlichen Vorschriften über Selbstverpflichtungen und die Förderung von NGOs bis zur Veränderung von Parteistrukturen. Zudem wären da bspw. die Vorschläge von Netzwerk-Recherche, die sich auf die Arbeit von Journalisten beziehen:
* eine Kennzeichnungspflicht für Tätigkeiten von Journalisten für Unternehmen oder PR-Agenturen
* eine schärfere Abgrenzung gegen PR und Schleichwerbung – im Pressekodex durch den deutschen Presserat
* die Aufklärung über den Unterschied zwischen PR und Journalismus in Ausbildung und Praxis
* der normierte Verzicht der Unternehmen auf nicht legitime, kommerzielle Beeinflussung sowie
* angemessene Vergütung und Infrastrukturen, damit wirtschaftliche Zwänge nicht als Rechtfertigung für die Verknüpfung und Verschmelzung von journalistischer und PR-Tätigkeit herhalten können.

Alles eine Frage der Prioritätensetzung.

Was meinst du mit Veröffentlichung der Entscheidungsfaktoren ?
Dass die Entscheidungsfindung möglichst explizit beschrieben und publik gemacht wird.

Die Abschaffung der geheimen Abstimmung in den Parlamenten ? Pluralistischere Berichterstattung erwartest du in einem Staat, in dem du selber Korruption und Lobbyismus feststellst ausgerechnet von Medien, die am Tropf des Staates hängen ?
Ich sehe nicht den Staat als etwas schlechtes, sondern einzelne Politiker als potentiell bestechlich. Je mehr publik gemacht wird, desto eher werden korrupte Politiker abgewählt. Umfangreiche Informationen und transparente, bürgernahe entscheidungen sollten etwa bei der Besetzung von Posten dafür sorgen, dass nicht gerade der ex-Chef von Monsanto das Umweltprogramm macht.

Wir können das gerne bei Gelegenheit an anderer Stelle ausführlich diskutieren, wenn sich weitere Verständnisprobleme ergeben sollten. Eine Patentlösung besitze ich jedoch wie beschrieben nicht.

Da wären wir dann wieder bei den unterschiedlichen Vorstellungen von Logik.
Die Logik liegt für mich darin, die gefährlichsten "Patentlösungen", wie etwa Abschaffung der Demokratie, Aushungern des Leviathans etc., auszuschließen und die Probleme stattdessen direkt anzugehen.
 

agentP

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Transparenz, Pluralismus, Veröffentlichungen und offenere Strukturen machen also das Ganze deiner Meinung nach undurchschaubarer?
:roll:
Ich habe mich ganz konkret darauf bezogen, wie man da hinkommen will. Wie heisst es so schön bei Kettcar: "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint", eine Aussage, die erfahrungsgemäss besonders auf die Politik zutrifft.

Die Logik liegt für mich darin, die gefährlichsten "Patentlösungen", wie etwa Abschaffung der Demokratie, Aushungern des Leviathans etc., auszuschließen und die Probleme stattdessen direkt anzugehen.
Ist es nicht genau das, was unsere Politiker seit 50 Jahren tun ? Hier an einem Problem rumschnipseln und dann entsetzt feststellen, daß der Schnitt hier, Probleme an ganz anderer Stelle verursacht. Dieses Vertrauen, daß irgendwelche Menschen tatsächlich noch in der Lage sein sollen in einem komplexen System wie dem Staat Entscheidungen zu treffen, deren Konsequenzen sie überblicken können, halte ich wiederum für gefährlich.


edit: Nachdem ich nun nochmal zurückgeblättert habe fällt mir auch, daß ich eigentlich nur von "Dezentralisierung, eine direktere Demokratie und eine freiere Wirtschaft dürften zum Beispiel Parameter sein, die da alle einen Einfluß haben dürften. " gesprochen habe also lediglich Komparative ("direktere", "freiere" ) benutzt habe. Aber das scheint ja schon zu reichen um gewisse Beissreflexe auszulösen. Wenn man etwas für steigerbar hält, dann impliziert das eigentlich, daß man eine Abstufung darin erkennt und allein das sollte eigentlich schon deutlich machen, daß hier nicht von "Patentlösungen" die Rede war, denn bei Patentlösungen gibt es keine Abstufungen, sondern nur 1 oder 0.
 

hives

Ehrenmitglied
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agentP schrieb:
Transparenz, Pluralismus, Veröffentlichungen und offenere Strukturen machen also das Ganze deiner Meinung nach undurchschaubarer?
:roll:
Ich habe mich ganz konkret darauf bezogen, wie man da hinkommen will. Wie heisst es so schön bei Kettcar: "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint", eine Aussage, die erfahrungsgemäss besonders auf die Politik zutrifft.

Wie bereits mehrfach erwähnt habe ich kein patentrezept - wenn dich das Ganze neben den bisher genannten Punkten weitergehend interessiert, kannst du ja einen entsprechenden Thread zum Thema "Korruptionsbekämpfung trotz Demokratie möglich?" eröffnen, in den ich dann gegebenenfalls auch posten werde ;)

Die Logik liegt für mich darin, die gefährlichsten "Patentlösungen", wie etwa Abschaffung der Demokratie, Aushungern des Leviathans etc., auszuschließen und die Probleme stattdessen direkt anzugehen.
Ist es nicht genau das, was unsere Politiker seit 50 Jahren tun ?
Nein, das machen Menschen schon seit es leviathanartige Gebilde gibt - zumindest kann man annehmen, dass es in den meisten Epochen ein paar Menschen gab, die es versuchten.

Hier an einem Problem rumschnipseln und dann entsetzt feststellen, daß der Schnitt hier, Probleme an ganz anderer Stelle verursacht. Dieses Vertrauen, daß irgendwelche Menschen tatsächlich noch in der Lage sein sollen in einem komplexen System wie dem Staat Entscheidungen zu treffen, deren Konsequenzen sie überblicken können, halte ich wiederum für gefährlich.
Also hungern wir den Leviathan aus, denn dadurch entstehen ja zweifellos keine Probleme :?

Natürlich kann man nicht alle Konsequenzen absehen - das gilt jedoch für jede Veränderung.


edit: Nachdem ich nun nochmal zurückgeblättert habe fällt mir auch, daß ich eigentlich nur von "Dezentralisierung, eine direktere Demokratie und eine freiere Wirtschaft dürften zum Beispiel Parameter sein, die da alle einen Einfluß haben dürften. " gesprochen habe also lediglich Komparative ("direktere", "freiere" ) benutzt habe. Aber das scheint ja schon zu reichen um gewisse Beissreflexe auszulösen. Wenn man etwas für steigerbar hält, dann impliziert das eigentlich, daß man eine Abstufung darin erkennt und allein das sollte eigentlich schon deutlich machen, daß hier nicht von "Patentlösungen" die Rede war, denn bei Patentlösungen gibt es keine Abstufungen, sondern nur 1 oder 0.
Dass es nicht um ein komplettes Aushungern des Leviathans gehen kann, liegt denke ich auf der Hand, da ansonsten bspw. kein Platz für Beamte bleiben würde, die du ja bereits konzediert hast.

Bei der Umsetzung von vermeintlichen Patentlösungen gibt es übrigens m.E. immer Abstufungen.
 

r2-d2

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Pluralistischere Berichterstattung erwartest du in einem Staat, in dem du selber Korruption und Lobbyismus feststellst ausgerechnet von Medien, die am Tropf des Staates hängen ?

So sollte es eigentlich sein, überparteilich (außer bei offiziell symphatisierenden parteinahen Blättern) und es ist aber leider in den meisten Fällen so wie Du schreibst.

Wie konnte es so weit kommen, dass die Journalisten "am Tropf" hängen? Ist die Presse und ihre Vertreter zu schwach, als dass sie davon losgelöst arbeiten kann oder wird nicht vielmehr bei den meisten Journalisten eine ARt Besserwisserei oder Selbst-gern-Politiker-werden-will-Syndrom verarbeitet, in dem man sich emotional übermäßig stark an die Personen und die Gremein bindet? Richtg übel wurde es ja finde ich am Wahlabend - die Journalisten haben vor allem im ZDF - ebenso schonungslos ihre Schwächen gezeigt wie Frau Merkel und Herr Schröder.

Chaos und "dumme Fragen" sowie vollkommen nichtssagende Schaltungen in die ganze REpublik dominierten die überlangen Sendeformate die die Wahl begleitet haben.

So war und ist aber die Berichterstattung nicht gedacht. Die Frankfurter Rundschau ist in diesem Zirkus eine der ganz wenigen Zeitungen, die während des gesamten Wahlkampfs einigermaßen neutral mit den Kandidaten umgegangen ist.

Dies wäre denke ich schnell zu ändern, wenn die Chefs vom Dienst - allen voran der von der Welt oder Herr Markwort - nicht ebenso übersteigert wie der Kanzler glauben würden, sie würden die Politik bestimmen und müssten vor allem in Wahlkampfzeiten Stimmung für die einen oder anderen, jenseits aller journalistischer Gepflogenheiten machen. focus ganz klar ein schwarz-gelbes Blatt, das sollte man sich in Zukunft deutlich merken und glaubt man Experten den Spiegel gleich mit dazu. Eine Schande für die vierte Gewalt im Staate die sich entweder mauschelig "klar" zu einer "Seite" bekennt oder einfach nichts mehr von umfassender Berichterstattung hält und dann noch von anderen abschreibt.

Themawechsel
Was sowohl Leviathan als auch Wirtschaft sehr gut täte, wären einfach wieder kleinere Verwaltungseinheiten.

Warum Hobbes übrigens seinen Staatsentwurf Leviathan genannt hat, wurde mir beim Lesen des Gedankenkonstrukts nicht ganz klar, denn da war er ja eigentlich als recht zahmes, ideales "Ungeheuer" angestrebt. Trotzdem gebe es heute keine bessere Bezeichnung für den Apparat, in dem unsere völlig enthumanisierten Politikergedanken entstehen und umgesetzt werden. Hobbes geht ja von einem Vertrag aus, den der einzelne mit dem Staat schließt - so wie es aussieht läuft meiner demnächst völlig aus :wink:

Zum Abschluss: an Problemen rumschnipseln beseitigt meist eben nicht die Ursache sonder kann lediglich Sympotme abschwächen. Weiß man ja von der konventionellen Medizin. Selbst eine kosmetische Operation hilft uns nicht mehr weiter.
 

Ein_Liberaler

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Mit Sicherheit. Kleinere Verwaltungseinheiten wären ein Schritt in die richtige Richtung, und zwar auf jeder Ebene. Es passiert aber das Gegenteil. Brandenburg legt Gemeinden zusammen, Mecklenburg Landkreise, und Länderfusionen sind auch immer wieeder im Gespräch. Über allem schwebt die EU.
 

Ein_Liberaler

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Hier mal was zum Leviathan.

In einem unserer ersten Experimente haben mein Team und ich ganz legal versucht, eine Schneiderei in Lima zu eröffnen. Es dauerte 289 Tage. Obwohl wir nur eine Näherin beschäftigen wollten, kostete uns die Eintragung der Firma 1231 Dollar, das ist das 31fache des monatlichen Mindestlohns. Wenn Sie ein Haus bauen wollen, dauert das offizielle Genehmigungsverfahren mehr als sechs Jahre, und sie müssen dafür 52 Regierungsstellen abklappern. Um überhaupt eine Eigentumsurkunde für das Stück Land zu bekommen, auf dem Sie bauen wollen, müssen Sie 728-mal zu einer Behörde gehen. Niemand macht das.

http://www.zeit.de/2005/05/Interv__de_Soto
 

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