samhain schrieb:
ich muss dein hohelied auf den liberalismus leider unterbrechen.
"liberal" wird ja gerne mit "freiheitlich" übersetzt, nur stellt sich mir die frage, welche freiheit sie meinen?
Wer, ich? Ich meine völlige persönliche Freiheit. Alles tun und lassen können, außer Rauben, Stehlen, Erpressen, Verletzen, Ermorden, Verleumden.
die "freiheit", geld, profit als selbstzweck zu sehen, abgekoppelt von jeglichem wirklichen menschlichen bedürfnis? damit einhergehend die ständige selbsterniedrigung des "sich verkaufen müssens". selbstprostitution als freiheit?
Freiheit heißt: Wer will, soll das tun. Wer nicht will, nicht. Es steht Dir
frei, den Profit nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel zum Zweck oder meinetwegen auch als Übel zu sehen und entsprechend zu handeln. Es steht Dir
frei, aufrecht und stolz durch's Leben zu gehen, ohne Dich ein einziges Mal zu erniedrigen.
liberalismus und absolutismus sind nicht soweit voneinander entfernt.
Freiheit und schrankenlose Tyrannei sind nicht weit voneinander entfernt? Hast Du getrunken?
beiden gemeinsam ist die abstraktion des geldes und der arbeit.
Und was soll das heißen? Nein, laß mich raten, Du sprichst von der "Entfremdung", richtig?
war beim absolutismus der herrscher uneingeschränkter inhaber der gesetzgebenden und vollziehenden gewalt, so vertritt der liberalismus eine ebensolche totalität in seiner "ökonomischen" sichtweise des marktes, dem sich die menschen bedingunglos unterwerfen sollen.
Falsch. Niemand soll sich dem Markt unterwerfen. Der Markt ist nichts, dem man sich auch nur unterwerfen
könnte. Der Markt ist die Summe der Menschen, die gewillt sind, miteinander Handel oder Tauschhandel zu treiben. Was Du Unterwerfung unter den Markt nennst, ist die freiwillige Übereinkunft mit einem anderen, was Dir offenbar vorschwebt, ist die Möglichkeit, den anderen Deine Bedingungen aufzuzwingen. Oder was sonst?
in diesem perversen gesellschaftsmodell ist sich jeder einzelne der nächste.
Unsinn. Niemand hindert Dich an der Solidarität mit anderen. Insbesondere die Familie gewinnt erst wieder ihre Bedeutung in einer freien Marktwirtschaft.
der mensch ist nicht mehr ein soziales wesen, was ein miteinander, kooperation und rücksicht bedeutet, sondern er wird zu einem konkurrent unter konkurrenten.
Falsch, ganz falsch. Marktwirtschaft wird geradezu bestimmt von Kooperation. Nie haben so viele verschiedene Menschen mit ganz eigenen Interessen weltweit so fruchtbar zusammengearbeitet wie heute, wo der Markt sich weltweit durchzusetzen beginnt. Hunderte Hersteller müssen kooperieren, um die Güter herzustellen, die Du täglich benutzt. Jeder Marktteilnehmer hat unvergleichlich viel mehr Lieferanten und Kunden als Konkurrenten. Und gegen Konkurrenz ist auch gar nichts einzuwenden. Ohne Konkurrenz keine fallenden Preise, keine steigende Qualität, das kann man überall beobachten. Selbst die Sowjetunion sah sich gezwungen, Markennamen einzuführen, um einen Hauch von Konkurrenz zu schaffen.
diese "freiheit" bedeutet für die menschen, sich nicht mehr nach eigenen bedürfnissen und vereinbarungen kooperativ zu verhalten, sondern nur noch unter dem diktat der geldwirtschaft.
Nur das Geld bietet einen Maßstab für unser wirtschaftliches Handeln. Ohne Geld wüßten wir nicht, was wir anbieten sollten. Und natürlich sind es weiter die eigenen Bedürfnisse, die uns weiter zu unseren eigenen Vereinbarungen veranlassen. Ich treffe täglich welche.
dieses ewig konkurrierende, mobbende, um sich schlagende und beissende konkurrenzdingens, zu dem die marktwirtschaft den menschen degradiert, wird quasi zur "naturform" des menschen umdefiniert.
Wie schon gesagt, steht Konkurrenz gar nicht so im Vordergrund. Sie läuft auch weniger verbissen und gewalttätig ab, als Du Dir das vorstellst.
die konkurrenz, wie sie unter dem kapitalismus gefördert und gefordert wird, zwingt die meisten menschen erst in bedingungen, die es nicht mehr bzw. kaum zulassen, an der entwicklung der sozialen gesellschaft teilzunehmen. ich kenne das aus meinem freundes/bekanntenkreis. man ist zu gestresst, zu k.o. vom tagtäglichen kampf unter mitkonkurrenten, um sich noch der muße zum miteinander hinzugeben.
Die Ärmsten. Acht Stunden Arbeit an fünf Tagen die Woche! Wann war es denn mal weniger? Sollen sie doch den Bettel hinwerfen, auf den schalen, freudlosen Konsum verzichten und aussteigen, wenn es ihnen so lieber ist. Meine Güte, andere sind in zig Vereinen, tun was für ihre Gesundheit, verschönern ihre Gemeinde, helfen anderen, wirken in der Politik mit, und Du kennst nur Schluffis, die von ihrem Job völlig aufgerieben werden? Frag Dich mal, ob das nicht an denen liegt.
augenfällig auch, das von der liberalen (nach ihrem selbstverständnis "freiheitlichen") seite jede kritik an diesem system, alle bestrebungen, die vereinzelung, die ohnmacht gegenüber den gesetzen des geldes aufzuheben, mit misstrauen, abwehr und dem versuch, alternativen der lächerlichkeit preiszugeben, bedacht wird. du bist das beste beispiel.
Ich möchte hier ein einziges Mal eine Alternative vorgestellt bekommen. Eine ausgearbeitete, durchdachte Alternative. Ein einziges Mal. Ich werde dann versuchen, Schwachpunkte zu finden, und der Erfinder sollte mir dafür dankbar sein. Solange mir Marx vorgesetzt wird, bleibe ich übrigens auch mißtrauisch, ganz recht.
das profitinteresse der kapitals, das einerseits immer schnellere und immer größere produktion erfordert
Nicht erfordert, ermöglicht! Mehr Produktion ist was wunderbares.
nein, erfordert! es geht ja hier um konkurrenz, darum neue marktanteile zu gewinnen oder die bestehenden zu halten und sich gegenüber seinen mitkonkurrenten durchzusetzen. übertrumpf ist trumpf!
Nein, man kann auch durch Qualität seinen Marktanteil sichern. Das kann bis zu ganz anderen, neuen Produkten gehen.
es geht nicht um das, was menschen wirklich brauchen, es geht um den produktausstoß an sich, völlig abgekoppelt von den wirklichen bedürfnissen.
Dann würde es nicht abgesetzt. Nur was die Menschen haben wollen, bleibt in der Produktion. Willst Du mich veräppeln?
[wabernde Kräfte, aufgabenstellende Epochen, an sich selbst hängende Marionetten]
sehr treffend!
Ich kann darin keinen Sinn erkennen. Erläre es mir mal!
Nachtrag:
ich werd aus "ein liberaler" auch nicht schlau...
mehr prodution, mehr profit, mehr geld und es ist das normalste der welt, dass jeder danach strebt seinen lebenstandard zu erhöhen.
Die Menschen wollen das, jedenfalls die meisten. Sie wollen Zentralheizung, Wäsche zum Wechseln, ein Wasserklosett und Viagra. Wenn Du das nicht willst, verzichte darauf! Aber laß anderen ihre Freiheit.