Ich antworte mal mit worten des theologen und psychotherapeuten eugen drewermann:
Drewermann:
Ich bin langsam der Meinung, dass sich die Militärpolitik in einer kompletten Paranoia dreht, sie braucht immer neue schreckliche Feindbilder um ihre Höchstrüstung zu rechtfertigen, gigantische Geldmittel zu verschwenden, die woanders dringend benötigt würden. Das ist wie im Kalten Krieg, da hatte man sein klares Feinbild, man musste angeblich immer nachrüsten um in Wirklichkeit den eigenen Rüstungsvorsprung gigantisch auszudehnen. Nur setzt man heute als Feindbild die Islamisten ein - man hätte sonst irgendeinen anderen Feind erfunden. Fakt ist allerdings auch, dass in den Gebieten derer, die man als Islamisten bezeichnet, die Erdölreserven für die nächsten 30 Jahre liegen und da wollen vor allem die Amerikaner drankommen.
Ich denke, dass man mit dem 11. September des vergangenen Jahres hätte verbinden müssen, was der Dalai Lama gesagt und auch in einem offenen Brief an George W. Bush formuliert hat, dass nämlich die Geschehnisse von New York und Washington eine große Chance für die Nichtgewalttätigkeit seien. Der ganze Wahn beginnt doch damit, dass man es für unmoralisch, für absolut ungerechtfertigt hält, über die Hintergründe von Terror nachzudenken. Das wird schlechterdings verboten, es ist unpatriotisch und nicht legitim. Angesehene Wissenschaftler wie Noam Chomsky werden von der amerikanischen
Regierung als vaterlandslose Gesellen praktisch an den Pranger gestellt, das ist eben der neue Stil des amerikanischen Patriotismus. Die Gründe für den Terror liegen aber offen auf der Hand: Im ganzen 20. Jahrhundert hat es in den Ländern der heutigen Dritten Welt unter dem Imperialismus der westlichen Staaten keine Freiheitsbewegung gegeben, nur eine lange Phase dessen, was wir "Guerilla" oder "Terror" nennen. Terrorismus ist also in der Asymmetrie der Kriegsführung die Waffe der Unterlegenen. Er ist eine Ersatzsprache für Zielsetzungen und Forderungen, die allzu lange überhört wurden. Hinzu kommt im Islamistischen der Palästina-Konflikt, der nach wie vor wie eine Lunte brennt. Diese Lunte auszutreten liegt einzig und allein in der Vollmacht der Vereinigten Staaten, sie hätten die dringlichste Pflicht, auch den sechs Millionen jüdischen Mitbürgern in den USA klar zu machen, dass es für einen freien israelischen Staat gar nichts besseres gibt, als dass es endlich zum Frieden in der Region kommt. Nach dem Osloer Abkommen und nachdem Arafat, Perez und Rabin den Friedensnobelpreis bekommen haben, war es Herr Sharon, der mit seiner absurden Siedlungspolitik wieder mal für vollkommene Destabilisierung gesorgt hat. Und seit der Ermordung Rabins durch einen jüdischen Attentäter führt Sharon bis heute eine Politik, die immer wieder den Krieg und Terror auf beiden Seiten eskalieren lässt. Mit dem Frieden im Nahen Osten wäre ein Hauptgrund für den Terrorismus beseitigt.
Ein weiterer Grund für den Terror ist die sich gebärdende westliche Arroganz im Kulturgefälle, wenn man so will, die narzisstische Kränkung eines riesigen Kulturraums. Wir bräuchten sehr viel mehr Fingerspitzengefühl und mehr Verständnis für die andere Seite und wir müssten abrücken von absurden Feindbildern. Viele Bemühungen scheitern allerdings daran, dass die arabische Sprache so monströs schwer, sensibel und feinnervig ist. Man kann in ihr Schwingungen von Gefühl ausdrücken, wie in den indogermanischen Sprachen so gut wie gar nicht. Englisch dagegen ist ja eine sehr leicht zu erlernende Sprache, aber auch das Arabische sollten wir zumindest in den Entscheidungszentralen der westlichen Regierung vermitteln lassen