Freiheit

Aphorismus

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hives schrieb:
und somit zu unserer Vorstellung bzw. Illusion einer bewussten freien Entscheidung beiträgt.

Illusion? Wieso? :O_O:

Du bist dir doch bewusst, dass die Entscheidung, die du gleich treffen wirst (nämlich, wie du auf diesen Post antwortest) von "dir" getroffen wird, oder nicht? Wenn diese Entscheidung, die "du" machst nicht frei getroffen wird, worin genau besteht deine Unfreiheit?

hives schrieb:
Dem Kompatibilismus - so wie ich ihn bisher verstehe - geht es eher um die Handlungsfreiheit, und weniger um die Willensfreiheit.

Und worin besteht deiner Meinung nach der Unterschied zwischen den zwei Begriffen?

Bin gut gerutscht, danke, hoffe du auch. :wink:
 

Tarvoc

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Aphorismus schrieb:
Du bist dir doch bewusst, dass die Entscheidung, die du gleich treffen wirst (nämlich, wie du auf diesen Post antwortest) von "dir" getroffen wird, oder nicht?

Was bitte ist ein "Ich"? ;)
 

Aphorismus

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Sicher, tarvoc, Nietzsche/Buddhisten/Nihilisten und Konsorten werden das Konzept eines immergleichen "Ich" oder "Ego" ablehnen - nur schrieb hives:

In Bezug auf das bewusstseinsgenerierende Moment würde ich zustimmen; Grundlage für die Freiheit des willens ist der "loop" imho nur insofern, als er an der Entstehung des Bewusstseins beteiligt ist - und somit zu unserer Vorstellung bzw. Illusion einer bewussten freien Entscheidung beiträgt.

(Ich habe die "ichs" und "unsers" mal hervorgehoben.)

Es erschien mir so, als würde hives die Begriffe Freiheit und Unabhängigkeit miteinander gleichsetzen wollen - und dem kann ich nicht zustimmen.

Handlungsfreiheit entsteht duch das Bewusstsein, in der Zukunft auf mehrere Arten handeln zu können. Wir wählen zwischen verschiedenen Handlungsoptionen. Für die Entwicklung dieses Bewusstsein bedarf es wie gesagt einer Selbstreflexion - man muß, um zwischen Optionen wählen zu können, wissen, dass man existiert, sich in der-und-der Situation befindet und sich diese Situation in der Zukunft (ganz wichtiger Punkt - Zeitbewusstsein) auf verschiedene Arten weiter entwickeln kann. Und dieses Bewusstsein erlangt man nicht alleine. Dazu bedarf es des Kontakts mit anderen Menschen. Ganz allein gelassen würden wir wahrscheinlich zwar laufen, essen und fortpflanzen "lernen", jedoch nur eine sehr geringe Vorstellung davon haben, zwischen welchen Optionen wir tatsächlich wählen können. Das hat vor allen Dingen damit zu tun, dass Sprache - und damit verbunden verbales Denken - nur in einer Gruppe denkbar ist. Und in einer Gruppe ist die Unabhängigkeit des Einzelnen immer eingeschränkt. Ein guter Ausweg aus diesem scheinbaren Widerspruch verbirgt sich im Begriff Autonomie. Wir können indem wir autonom handeln unseren Willen in die Tat umsetzen, ohne dafür komplett unabhängig von unserer Umwelt sein zu müssen. Wir handeln dann autonom, wenn wir im Bewusstsein dessen, wer und in welcher Situation wir sind eine Entscheidung treffen und in die Tat umzusetzen versuchen. (Ob wir es tatsächlich schaffen ist für die Frage der Autonomie einer Handlung unerheblich.) Hier entscheiden wir mit einem freien Willen.

Ohne den Kontakt mit anderen Menschen würden wir wahrscheinlich stattdessen mehr auf unsere Instinkte hören.

Informationsaustausch per Kommunikation durch Sprache ist eine schwere Sache, keine Frage.
 

gloeckle

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Eine Beschäftigung mit der heisenbergschen Unschärferelation ist eigentlich immer eine interessante Sache...

Ohja!
Aber nur, weil wir nicht genau messen können, wo sich ein Teilchen befindet/wie ein Impuls zustande kam bedeutet das nicht, dass es nicht auch der allgemeinen Determination unterliegt! Zufall ist damit auch noch nicht bewiesen...
 

Tarvoc

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Aphorismus schrieb:
Nietzsche/Buddhisten/Nihilisten

Ojojojojoj...

gloeckle schrieb:
Aber nur, weil wir nicht genau messen können, wo sich ein Teilchen befindet/wie ein Impuls zustande kam bedeutet das nicht, dass es nicht auch der allgemeinen Determination unterliegt! Zufall ist damit auch noch nicht bewiesen...

Habe ich auch nicht behauptet! Ich habe nur gesagt:

Tarvoc schrieb:
Eine Beschäftigung mit der heisenbergschen Unschärferelation ist eigentlich immer eine interessante Sache...
 

gloeckle

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gloeckle wrote:
echter Zufall scheint ausgeschlossen.

Eine Beschäftigung mit der heisenbergschen Unschärferelation ist eigentlich immer eine interessante Sache...

Diese Antwort auf meine Zeile impliziert in meinen Augen, dass sich wohl in "dem Werner seiner Theorie" eine andere Aussage herauslesen lässt. Was ja von den modernen Physikern (aber auch schon den damaligen "Deutern") auch so getan wird: für Viele ist die Entschlüsselung der Quantenmechanik der Beweis für den Zufall und die nicht existierende Determiniertheit...
 

Tarvoc

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gloeckle schrieb:
Diese Antwort auf meine Zeile impliziert in meinen Augen, dass sich wohl in "dem Werner seiner Theorie" eine andere Aussage herauslesen lässt.

Ja. Nach der Quantenphysik ist der "echte Zufall" mitnichten ausgeschlossen. Er ist zwar nicht notwendig, aber auch nicht unmöglich. ;)

Ich persönlich bin meistens Determinist. Allerdings wohl anders, als sich das die "Verteidiger der Annahme der Existenz der Zeit ausserhalb des menschlichen Geistes" (ein schon seit Kant problematisch erscheinendes Postulat) wahrscheinlich vorstellen...
 

hives

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Aphorismus schrieb:
hives schrieb:
und somit zu unserer Vorstellung bzw. Illusion einer bewussten freien Entscheidung beiträgt.

Illusion? Wieso? :O_O:

Du bist dir doch bewusst, dass die Entscheidung, die du gleich treffen wirst (nämlich, wie du auf diesen Post antwortest) von "dir" getroffen wird, oder nicht? Wenn diese Entscheidung, die "du" machst nicht frei getroffen wird, worin genau besteht deine Unfreiheit?

Wir gehen wohl von unterschiedlichen Definitionen von Freiheit aus (siehe oben).
Natürlich ist die Entscheidung meine Entscheidung, allerdings ist sie bedingt und determiniert, und somit existiert keine Selbstverursachung.

Deiner Vorstellung entsprechend erscheinen die Bedingungen für eine freie Entscheidung offenbar schon erfüllt, wenn ein Mensch entscheidet. Mir geht es um die traditionelle Vorstellung von Freiheit, die etwa aus Äußerungen von Idealisten wie Fichte spricht und die Libet beweisen wollte.

Spinoza spricht zwar von einem "freien Willen", stellt ihn jedoch der "freien Ursache" gegenüber:
"Der freie Wille ist nur ein gewisser Modus des Denkens wie der Verstand; und daher kann jede einzelne Wollung nur dann existieren und zum Wirken bestimmt werden, wenn sie von einer anderen Ursache bestimmt wird, und diese wieder von eine anderen, und so weiter ins Unendliche...
Folglich kann der freie Wille nicht eine freie Ursache genannt werden, sondern eine notwendige und gezwungene."

Den freien Wille einen (bestimmten und gezwungenen) "Modus des Denkens" zu nennen, ist wohl angemessener als meine Bezeichnung desselben als "Illusion".

hives schrieb:
Dem Kompatibilismus - so wie ich ihn bisher verstehe - geht es eher um die Handlungsfreiheit, und weniger um die Willensfreiheit.

Und worin besteht deiner Meinung nach der Unterschied zwischen den zwei Begriffen?


Nach meiner hier verwendeten Begrifflichkeit entspricht die Handlunsgfreiheit der Freiheit von äußeren Zwängen, also der Freiheit, Handlungen durchzuführen, die man durchführen "will".
Die Willensfreiheit würde der Freiheit von inneren Zwängen entsprechen - zu dieser Vorstellung benötigt man ein besonderes (etwa ein idealistisches oder dualistisches) Weltbild.

Einstein berühmter Ausspruch "Der Mensch kann zwar tun was er will, aber nicht wollen, was er will" behandelt dementsprechend im ersten Teil die Handlungsfreiheit, im zweiten die Willensfreiheit.

Kant (dessen Freiheitsbegriff ich momentan jedoch nicht thematisieren will) bezeichnete die Freiheitsvorstellungen des einfachen Kompatibilismus als die Freiheit eines "Bratenwenders, der auch, wenn er einmal aufgezogen worden, von selbst seine Bewegungen verrichtet."


Aphorismus schrieb:
Es erschien mir so, als würde hives die Begriffe Freiheit und Unabhängigkeit miteinander gleichsetzen wollen - und dem kann ich nicht zustimmen.

Vielleicht solltest du mal deine Vorstellungen von Freiheit und Unabhängigkeit gegenüberstellen.

Wir handeln dann autonom, wenn wir im Bewusstsein dessen, wer und in welcher Situation wir sind eine Entscheidung treffen und in die Tat umzusetzen versuchen. (Ob wir es tatsächlich schaffen ist für die Frage der Autonomie einer Handlung unerheblich.) Hier entscheiden wir mit einem freien Willen.

Wenn du den "freien Willen" gemäß Spinoza im Sinn hättest, könnte ich dir sogar zustimmen.


mfg
 

struppo_gong

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Ist es nicht so, dass wir uns entscheiden können zumindest freier zu werden als wir sind, wenn wir den weg erkennen;
Im Grunde heisst es doch in der beeinflussungsthese halbwegs sinngemäss, dass das neurologisch Unbewusste das Bewusstsein in den Entscheidungsvorgängen ablöst, die dieses nicht bewusst wahrnehmen kann oder zu treffen fähig ist.
währendessn übet die aussenwelt einen weiteren äusseren Zwang auf diesen eben genannten Regelkreis aus.
Allerdings ist zum Beispiel in der Neurotheologie entdeckt worden, dass z.B. Buddhisten im Moment der Erleuchtung im EEG oder bei Kernspinngehirnaufnahmen oder so ähnlich eine sehr ausgewogene elektronische Reizübertragung flächendeckend im Gehirn aufweisen.
In diesem Moment ist ja schonmal mindestens der Zwang der Aussenwelt aufgehoben, da sie die Augen schliessen. Meine These wäre nun, dass erstens das bewusstsein relativ ist, wo wir ja alle übereinstimmen, wie man am Beispiel der Bewusstseinsveränderung im Laufe der Zeit erkennt. Und des weiteren, dass man diese Bewusstseinsveränderung, bei produktiver Analyse seiner eigenen Antriebe, Traumata,Ängste, Ziele, und gleichzeitiger Aufgabe dieser relativ zu den eigenen Lebensumständen und den äusseren Zwängen angemessen, diese Bewusstseinsveränderung in eine Bewusstseinserweiterung lenkt, so das ich und ichlosigkeit verschmelzen.
Auf diese Weise würde das Bewusstsein neuroligsch sowie psychologisch im Verhältniss zum Unbewussten grösser, und somit auch die Entscheidungsmöglichkeit.
Ob die Entscheidung dahin von alleine fällt, sei mal dahin gestellt, aber ich denke jeder hat das Potenzial dies zu erkennen, wenn er nicht gerade immerzu abgelenkt ist. Geht doch einfach mal allein in den Wald und fastet ein paar tage. :D

Auf jeden Fall müsste es möglich sein Ganzheitserfahrungen auf den alltag zu übertragen. Nur sollte man nicht mit man sich halt auch mit engstrinigen Hintergrundannahmen so weit wie möglich aufräumen
 

AliElShadai

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ParanOia schrieb:
wenn man es nun schaffen könnte das verhalten der Menschen zu Beeinflussen und es ihnen aber so vorkommt als wäre ihr Wille Frei
sind diese Menschen dann Frei oder nicht???

Das ist es doch, was versucht wird mit Medien zu erreichen.
Nicht anders ist es bei deiner Sprache - Die Sprache, in der du denkst bestimmt auch mit was du denkst. Ein Mensch, der "alle" Sprachen beherrscht ist in seinem Denken freier als jemand, der nur eine Sprache spricht.
Und natürich hängt es von deinen Erfahrungen ab! Wenn du an BAUM denks siehst du vielleicht einen "Laubbaum im Hunsrück" jemand, der nur von Palmen umgeben ist denkt natürlich dann an eine Palme 8)
 

Tarvoc

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struppo_gong schrieb:
Ist es nicht so, dass wir uns entscheiden können zumindest freier zu werden als wir sind, wenn wir den Weg erkennen.

Freiheit als "Einsicht in die Notwendigkeit" hat ja Marx auch schon ganz gut gefallen... insbesondere, da sie ihm erlaubte, in ein streng deterministisches Grundkonzept eine Ethik einzufügen...
 

Godot

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schon 4 Seiten und erst einmal Kant :?

kennt Ihr Kants Freiheitsantinomie? (ich glaube in der Kritik der reinen Vernunft)

kurz gesagt: reiner Determinismus/absolute Kausalität kann es nicht geben, weil logisch:
könnte man die Gründe einer Handlung/Entscheidung lückenlos zurückverfolgen, d.h. hätte man totale Einsicht in die Kausalkette...
tja, das geht ja gar nicht! denn entweder würde sie niemals aufhören, was irrational ist, ODER sie hätte einen ANFANG! ergo, es gibt mehr als nur Determinismus.
Kant nennt das Spontaneität bzw. intelligible Freiheit
 

Aphorismus

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hives schrieb:
Einstein berühmter Ausspruch "Der Mensch kann zwar tun was er will, aber nicht wollen, was er will" behandelt dementsprechend im ersten Teil die Handlungsfreiheit, im zweiten die Willensfreiheit.

Ich würde dir gerne später antworten, wenn es recht ist. Nur soviel schon jetzt: Einstein zitiert hier Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung", es handelt sich hier also um keinen originalen Gedanken Albert Einsteins. :wink:
 

Tarvoc

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Damit ist nur bewiesen, dass reiner Determinismus nicht beweisbar ist, nicht, dass er unmöglich ist. Und das gilt auch nur für den "herkömmlichen" temporalen Determinismus!
 

struppo_gong

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Tarvoc schrieb:
struppo_gong schrieb:
Ist es nicht so, dass wir uns entscheiden können zumindest freier zu werden als wir sind, wenn wir den Weg erkennen.

Freiheit als "Einsicht in die Notwendigkeit" hat ja Marx auch schon ganz gut gefallen... insbesondere, da sie ihm erlaubte, in ein streng deterministisches Grundkonzept eine Ethik einzufügen...

Könntest du mir da den Zusammenhang mal erläutern.
Im Übrigen ist meine These ja kein Gegenkonzept zu einem kausal theoretisch vorhersehbaren Universum, da das bewusstsein und damit das Ichkonzept auch nur Teil davon ist.
Ich sage nur das man sich frei machen kann von Zwängen und so mehr empfundene Freiheit erlangen.
Nartürlich kann man die Welt nicht aus den Angeln heben, indem das ich eine unvorhersehbare Handlung macht. Aber dann denke ich ist die Idee der "kein freier Wille these" beruhend auf einem Konzept von freier Wille, wiederum beruhend auf einem Konzept von ich, dem ich sowiso nicht hätte zustimmen können.
Wenn allderdings das ich bereits deterministisch ist und somit eingebettet in ein kausales universum als teil davon, dann kann es auch freien Willen Empfinden.
Das bewusste empfundene Ich hat nämlich die möglichkeit auf ein hochkomplexes System des Gesamtichs einzuwirken und so auch dem ich betreffende Kausalketten auszulösen.
 

gloeckle

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reiner Determinismus/absolute Kausalität kann es nicht geben, weil logisch:
könnte man die Gründe einer Handlung/Entscheidung lückenlos zurückverfolgen, d.h. hätte man totale Einsicht in die Kausalkette...
tja, das geht ja gar nicht! denn entweder würde sie niemals aufhören, was irrational ist, ODER sie hätte einen ANFANG! ergo, es gibt mehr als nur Determinismus.


Hmmm.

Der "Anschubser" damals muss nicht determiniert gewesen sein, (so etwas zeichnet im Allgemeinen einen Gott ja auch aus) aber wieso können WIR dann nicht in einem absoluten Determinismus leben und KEINEN freien Willen haben?

Ich verstehen deine Begründung nicht...
 

hives

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Aphorismus schrieb:
Ich würde dir gerne später antworten, wenn es recht ist.

solange das Thema noch aktuell ist :lol:


Nur soviel schon jetzt: Einstein zitiert hier Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung", es handelt sich hier also um keinen originalen Gedanken Albert Einsteins. :wink:

Da zahlt es sich aus, einen Aphorismus im Haus zu haben :D
Danke jedenfalls für den Hinweis. Mit Schopenhauer wollte ich mich eigentlich schon seit längerem mal beschäftigen - jetzt kenne ich immerhin schon ein Zitat ;)


Aber "Gott würfelt nicht" ist doch wenigstens ein Einstein-Original, oder...? ; )





@ Godot: Also doch Kant :roll: :wink:


Godot schrieb:
kurz gesagt: reiner Determinismus/absolute Kausalität kann es nicht geben, weil logisch:
könnte man die Gründe einer Handlung/Entscheidung lückenlos zurückverfolgen, d.h. hätte man totale Einsicht in die Kausalkette...
tja, das geht ja gar nicht! denn entweder würde sie niemals aufhören, was irrational ist, ODER sie hätte einen ANFANG! ergo, es gibt mehr als nur Determinismus.
Kant nennt das Spontaneität bzw. intelligible Freiheit


Bei Kant ist die Sache nicht ganz so einfach: er postuliert eine intelligible Entscheidung bei gleichzeitiger Wahrung von Determination und Kausalität innerhalb der materiellen Welt.
Ein Zitat aus der Kritik der reinen Vernunft (B 477, bzw. S. 495 der Reclam-Ausgabe):

"Allein, in der Welt selbst, den Substanzen ein solches Vermögen beizumessen, kann nimmermehr erlaubt sein, weil alsdenn der Zusammenhang nach allgemeinen Gesetzen sich einander notwendig bestimmender Erscheinungen, den man Natur nennt, und mit ihm das Merkmal empirischer Wahrheit, welches Erfahrung vom Traum unterscheidet, größtenteils verschwinden würde. Denn es läßt sich neben einem solchen gesetzlosen Vermögen der Freiheit, kaum mehr Natur denken; weil die Gesetze der letzteren durch die Einflüsse der ersteren unaufhörlich abgeändert, und das Spiel der Erscheinungen, welches nach der bloßen Natur regelmäßig und gleichförmig sein würde, dadurch verwirret und unzusammenhängend germacht wird."


Und an anderer Stelle (B 580, bzw. S. 591 der Reclam-Ausgabe):
"Die Vernunft ist also die beharrliche Bedingung aller willkürlichen Handlungen, unter denen der Mensch erscheint. Jede derselben ist im empirischen Charakter des Menschen vorher bestimmt, ehe noch als sie geschieht."


B 585:
"Ferner haben wir auch gar nicht einmal die M ö g l i c h k e i t der Freiheit beweisen wollen; denn dieses wäre auch nicht gelungen, weil wir überhaupt von keinem Realgrunde und keiner Kausalität, aus bloßen Begriffen a priori, die Möglichkeit erkennen können. Die Freiheit wird hier nur als transzendentale Idee behandelt, wodurch die Vernunft die Reihe der Bedingungen in der Erscheinung durch das Sinnlichunbedingte schlechthin anzuheben denkt, dabei sich aber in eine Antinomie mit ihren eigenen Gesetzen, welche sie dem empirischen gebrauch des Verstandes vorschreibt, entwickelt. Daß nun diese Antinomie auf einem bloßen Scheine beruhe, und, daß Natur der Kausalität aus Freiheit wenigstens
n i c h t w i d e r s t r e i t e, das war das einzige, was wir leisten konnten, und woran es uns auch einzig gelegen war."


Was Kant wirklich von der Willensfreiheit hielt, ist mir nicht wirklich klar - um das zu beurteilen kenne ich auch sein Werk und seine privatschriftlichen Aufzeichnungen nicht gut genug. Und natürlich gibt es sehr unterschiedliche Interpretationen.

Meinem Verständnis der "Kritik der reinen Vernunft" zufolge erscheinen jedoch beide Sätze der Antinomie wahr, und eine einzige "freie" Entscheidung/Handlung würde Kant zufolge gleichzeitig frei (im Hinblick auf den intelligiblen Charakter) und kausal notwendig (im Hinblick auf die Welt der Erscheinungen) sein.


mfg
 

Alien

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jegliche "freiheit" basiert auf dem fundament der "bedürfniss-befriedigung",
alle menschen haben die selben "primär-bedürfnisse",wobei die "gerechte" natur uns auch hinsichtlich dessen ,den "freien" rahmen der kreativität gegeben hat um des überleben willens
also kann man sagen das es einen "freien willen" gibt,der vielleicht irgendwo begrenzt wird durch "neurologische" vorgänge,aber das ist meiner meinung nach haarspalterei von klugscheissenden wissenschaftlern,die gerade mal die "keule" entdeckt haben,und schon über gewehre schwafeln.
der mensch muss essen/trinken,brauch sozialität,erotik,will sich fortpflanzen,usw,-und hat nur eine relative zeit sich zu entwickeln,das ist jedoch ein gigantisches ausmass
an möglichkeit (abgesehen davon,sollen ja manche nicht einmal 15% ihres geistigen hirnvermögens nutzen -kommts da noch auf "freien willen" an?
freiwillig hohl
desshalb nicht das vergessen was am kopf unten dran hängt;)

regards

Alien
 

Gestreift

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Ich verfolge diesen Thread mit großem Interesse und möchte mich auch kurz einmischen.

Ich finde es schade, dass ihr euch nicht von Anfang an auf eine gemeinsame Definition von Freiheit geeinigt habt, oder zumindest mal deutlich gemacht habt, was ihr darunter versteht. Deshalb kann ich hives nur zustimmen, wenn er darum bittet, die eigenen Vorstellungen von Freiheit kundzutun, damit man weiß, worüber der andere eigentlich spricht.

Deshalb zunächst mein Verständnis des Begriffs: Wenn ich von Freiheit rede meine ich: Kann ich wollen was ich will?

Mir geht es also nicht um die Handlungsfreiheit (Ich tue das, was ich will.), sondern um die Willensfreiheit.

Völlig unerklärlich war mir der letzte Post von Alien, der den eigentlich wesentlichen Punkt der Fragestellung beiseite wischt und ihn als Haarspalterei abtut. Wie war das noch mit der Nutzung des Gehirnvermögens? Begrüßt habe ich hingegen die Äußerung von Tarvoc hinsichtlich der Unschärferelation. Keine Ahnung, was er sich dabei gedacht hat. Vermutlich hat er sie wirklich nur als direkte Replik auf gloeckles Feststellung gesehen, der, obwohl er die Unschärferelation kennt, leider immer noch von einer determinierten Welt ausgeht. Physikalisch betrachtet gibt es dafür aber keinen Anhaltspunkt.

Allerdings hat Tarvoc mit seiner Bemerkung ganz wesentlich zu der Gesamtdiskussion beigetragen, denn er hat uns aufgezeigt, dass diese letzlich ins Leere laufen muss. Die Erwähnung der Unschärferelation sollte uns bedenken lassen, dass wir an einen Erkenntnishorizont gelangt sind, an dem wir nicht mehr wissen, warum etwas passiert. Das Ursache-Wirkungs-Prinzip ist nicht mehr vorhanden.

Was hat Quantenphysik denn mit Freiem Willen zu tun?

Lasst mich kurz erläutern, warum ich diesen Punkt für so wichtig erachte. Insbesondere auch deshalb, weil mir die ganze Sache zu sehr von der philosophischen Seite angegangen wird.

Ich behaupte einfach mal, dass unser Bewusstsein im Gehirn entsteht. Ich kann zwar nicht in Gänze ausschließen, dass es ein Bewusstsein gibt, dass unabhängig vom Gehirn besteht; ich möchte aber nicht weiter darauf eingehen, weil ich dann den Pfad der althergebrachten Wissenschaft wohl in Gänze verlassen würde. Die Sache mit dem Bewusstsein ist deshalb wichtig, weil der Willen quasi Teil des Bewusstseins ist. Wäre er das nicht, wüsste ich gar nicht, dass es so etwas wie einen Willen gibt.

Wenn ich mir vor Augen führe, dass sowohl das Gehirn und die dort stattfindenden Prozesse den Regel der Quantenphysik unterliegen, dann kann und darf man diesen Gesichtspunkt nicht außer Acht lassen.
Könnt ihr euch damit einverstanden erklären, wenn ich sage, dass das Gehirn im wesentlichen mit elektrischen Impulsen arbeitet, die durch biochemische Prozesse hervorgerufen werden?

Wenn nein, dann könnt ihr aufhören weiterzulesen.

Wenn ja, dann könnt mir auf diesem finsteren Pfad der Erkenntnis folgen.

Wie ich bereits sagte, gibt es im Gehirn elektrische Impulse. mit anderen Worten ausgedrückt: Da fließt wohl ein elektrischer Strom.

Da fängt das Elend schon an. Ich würde meinen Hintern drauf verwetten, dass niemand wirklich weiß, was elektrischer Strom eigentlich ist. Aber das sei nur nebenbei bemerkt.

Nehmen wir uns mal die biochemischen Prozesse vor. Hier sind so allerhand Substanzen am wirken, die allsamt aus Atomen und noch viel kleineren Teilchen bestehen, für die sämtlich die Annahmen der Quantenphysik gelten.

Allein schon dieser Umstand führt dazu, dass wir derzeit keine gesicherten Aussagen treffen können, warum irgendetwas auf einer ganz grundlegenden Ebene passiert. Insofern sind auch gesicherte Aussage hinsichtlich eines freien Willens nicht möglich.

Erst die Gewissheit darüber, warum etwas passiert, u. a. wie ein Willen entsteht, würde es uns ermöglichen der Sache auf den Grund zu gehen.

Damit wir uns nicht missverstehen, sei noch folgendes bemerkt. Ich möchte meinen Beitrag als Hypothese sehen und lasse mich gerne eines besseren belehren. Obwohl mein Beitrag sehr destruktiv ist, möchte ich niemanden davon abhalten weiterzudiskutieren. Ich werde weiterhin gespannt mitlesen.
 

gloeckle

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Aber "Gott würfelt nicht" ist doch wenigstens ein Einstein-Original, oder...? ; )

Ich zitiere aus "Einstein sagt - zitate/einfälle/gedanken. Piper 1997":

Einstein schrieb:
Die Quantentheorie ist sehr achtungs-gebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, dass das doch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns doch nicht näher. Jedenfalls bin ich überzeugt davon, dass der nicht würfelt.

Brief an Max Born, 4. Dezember 1926


Einstein schrieb:
Es scheint hart, dem Herrgott in die Karten zu gucken. Aber dass er würfelt und sich telepathischer Mittel bedient (wie es ihm von der gegenwärtigen Quantentheorie zugemutet wird), kann ich keinen Augenblick glauben.


Brief an Cornelius Lanczos, 21. März 1942, in dem er seine Reaktion auf die Quantentheorie schildert, die der Relativitätstheorie widerspricht, wenn sie behauptet, dass ein Beobachter die Wirklichkeit beeinflussen kann, und dass Ereignisse zufällig eintreten.



Er sagte aber noch viel mehr interessante Dinge, die einem seine Sicht der Dinge verständlich machen:

Einstein schrieb:
Ich [bewundere] doch aufs höchste die Leistungen der jüngeren Physikergeneration, welche unter dem Namen Quantenmechanik zusammengefasst sind, und ich glaube an den tiefen Wahrheitsgehalt dieser Theorie. Nur glaube ich, dass die Beschränkung auf statistische Gesetze nur eine vorübergehende sein wird.

Aus der Rede anlässlich der Verleihung der Planck-Medaille, 28. Januar 1929


Einstein schrieb:
Ich habe hundertmal so viel über Quantenprobleme nachgedacht wie über die allgemeine Relativitätstheorie.

Zu Otto Stern, zitiert in Pais, "Einstein, Newton und der Erfolg"; in French, Einstein, S. 104


Einstein schrieb:
Schlimmstenfalls kann ich mir noch vorstellen, dass Gott eine Welt hätte schaffen können, in der es keine natürlichen Gesetze - kurz gesagt: ein Chaos - gibt. Aber dass es statistische Gesetze mit endgültigen Lösungen geben soll, d. h. Gesetze, die Gott in jedem Fall zwingen zu würfeln, das finde ich im höchsten Maße unangenehm.

Zu James Franck, zitiert von C.P. Snow in French, Einstein, S. 67


Einstein schrieb:
Unser Handeln sei getragen von dem stets lebendigen Bewußtsein, dass die Menschen in ihrem Denken, Fühlen und Tun nicht frei sind, sondern ebenso kausal gebunden wie die Gestirne in ihren Bewegungen.

Für die Spinoza-Gesellschaft der USA, 22. September 1932


Einstein schrieb:
Schopenhauers Spruch "Ein Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will", hat mich seit meiner Jugend lebendig erfüllt und ist mir beim Anblick und beim Erleiden der Härten des Lebens immer ein Trost gewesen und eine unerschöpfliche Quelle der Toleranz. Dieses Bewußtsein mildert in wohltuender Weise das leicht lähmend wirkende Verantwortungsgefühl und macht, dass wir uns selbst und die anderen nicht gar zu ernst nehmen; es führt zu einer Lebensauffassung, die auch besonders dem Humor sein Recht lässt.

Aus "Wie ich die Welt sehe"; in Mein Weltbild, S. 10

Einstein schrieb:
Wer von der kausalen Gesetzmäßigkeit allen Geschehens durchdrungen ist, für den ist die Idee eines Wesens, welches in den Gang des Weltgeschehens eingreift, ganz unmöglich... Die Furcht-Religion hat bei ihm keinen Platz, aber ebensowenig die soziale bzw. moralische Religion. Ein Gott, der belohnt und bestraft, ist für ihn schon darum undenkbar, weil der Mensch nach äußerer und innerer gesetzlicher Notwendigkeit handelt, vom Standpunkt Gottes aus also nicht verantwortlich wäre, sowenig wie ein lebloser Gegenstand für die von ihm ausgeführten Bewegungen... Das ethische Verhalten des Menschen ist wirksam auf Mitgefühl, Erziehung und soziale Bindung zu gründen und bedarf keiner religiösen Grundlage. Es stünde traurig um die Menschen, wenn sie durch Furcht vor Strafe und Hoffnung auf Belohnung nach dem Tode gebändigt werden müßten.

Aus "Religion und Wissenschaft", Berliner Tageblatt, 11. November 1930
 

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