Finanzkrise - und was lernen wir daraus? (Teil 2)

Ein_Liberaler

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Ohne weiteres, aber ich habe das in all den Jahren schon oft genug kommentiert, oder? Irgendwo habe ich mal Irrationalität definiert gelesen als die Angewohnheit, immer wieder dasselbe zu versuchen und zu hoffen, daß es diesmal gelingt, und das beste Beispiel dafür ist diese primitive Kapitalismuskritik. Man wiederhole einfach 150 Jahre lang immer denselben Schmonzes vom Kapitalismus, der jetzt endlich sein wahres Gesicht zeigt und von den Arbeitern, die jetzt endlich verarmen - solange, bis es stimmt. Das wird man aber von heute an gerechnet noch weitere 150 Jahre, oder 300, oder 600 wiederholen können, und es wird nie stimmen. Das wird aber niemand abhalten.
 

Helika

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We'll see...

Kapitalismus und Marktwirtschaft werden dann zum Problem, wenn der Staat zuviel/bevorzugend eingreift. Und da sehe ich im Moment schon eine Schieflage...
 

dkR

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Dann ist es weder Kapitslismus, noch Marktwirtschaft.
Deswegen sind staatseigene Betriebe auch so toll effektiv, der Staat ist ein miserabler Wirtschafter. Den Amis fleigt gerade ihre Post um die Ohren, uns seit Jahren unser planwirtschaftliches Gesundheitssystem.
Der Energiesektor wird folgen und mit ihm die Industrie..
 

DrJones

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Gegenteilige Effekte sieht man dagegen an der Deutschen Bahn, die aus Profitgier kaputt gespart wird...
liegt aber sicher auch an der Monopolstellung die sie inne hat...
 

Helika

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dkR schrieb:
Dann ist es weder Kapitslismus, noch Marktwirtschaft.

Wird aber dennoch unter diesem Namen verkauft.

@Gesundheitssystem:

Hier zeigt sich, dass Entscheidungsträger auch immer selbst "Nutznießer" der von ihnen verbrochenen Entscheidungen sein sollten.



@Deutsche Bahn:

...ach egal, da kann man nichts zu sagen...
 

Telepathetic

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Eigentlich müßte jede Ideologie zwangsläufig einseitig sein, da sich jede Partei auf die Bedürfnisse eines Teiles der Bevölkerung bezieht. Z.B. ist die CDU früher als Arbeitgeberpartei angesehen worden, die SPD als Arbeitnehmerpartei. Wenn für einen Bevölkerungsteil eine Schieflage entsteht, dann dürfte das nicht an einer Ideologie liegen, sondern an der fehlenden politischen Repräsentation. Die Linke ist imo nicht aufgrund ihrer antikapitalistischen Tendenzen erfolgreich, sondern weil die Linke sich dem Thema Hartz IV zugewandt hat und damit einem sehr großen und unterrepräsentierten Teil der Bevölkerung. Auf der anderen Seite finden sich in der Wählerschaft der Linken bestimmt genug Menschen, die ihren eigenen finanziellen Schwächezustand dem Kapitalismus, bzw. irgendeiner Ideologie in die Schuhe schieben wollen.

Aber auch in einer Demokratie bleibt die Natur Natur. Und Natur bedeutet auch Kampf um den eigenen Lebenserhalt. Egoismus vs. Altruismus. Und wenn sich Politiker die eigenen Taschen auf Kosten der Regierten vollstopfen, dann müssen eben andere Politiker her, die dem einen Riegel vorschieben. Ich sehe da einen natürlichen Lebenskreislauf. Und der muß nicht zwangsläufig für alle gut ausgehen. Denn das Leben geht nicht unbedingt mit individuellen Träumen konform.
 

DrJones

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Die Bahn ist ja eben kein Staatsbetrieb mehr sondern ein Aktiengesellschaft.
Die ständigen Verspätungen sowie das Ausgliedern nicht rentabler Strecken
sind Anzeichen dafür das es nicht darum geht eine funktionierende und günstige Grundversorgung für Jedermann zu gewährleisten, sondern um
maximalen Gewinn zu machen.
 

Ein_Liberaler

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Und Du meinst, daß der Staat es ganz toll hinkriegt, seine Bahn auf Profit zu trimmen? Ich sehe das skeptisch. Es ist ja nicht einmal gelungen, dieses subventionierte Monopolunternehmen an die Börse zu bringen.

Manche betrachten auch die ganze Bilanz der bahn als Mogelpackung:

http://www.jungewelt.de/2011/06-21/004.php
 

Simple Man

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agentP schrieb:

WeltOnline: "Die linken Rezepte sind falsch"
Ist der freie Markt dabei, sich für immer zu diskreditieren? Nein, sagt der britische Kommentator Charles Moore und erklärt, warum er in Deutschland falsch zitiert wird

Anmerkung:
Auch wenn das im Welt-Artikel ein eher seltsamer Interviewstil ist, wie ich finde ... :O_O:
 

DrJones

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Wäre es ein rein staatlicher Konzern, so wäre er von dem Zwang befreit jedes Jahr noch höhere Gewinne auszuweisen und immer noch profitabler zu werden. Man müsste nicht kurzfristig zu Sparmaßnahmen greifen, wo zum Beispiel Ersatzteillager und Werkstätten geschlossen werden. Dies schadet langfristig der Qualität des Unternehmens.

Man könnte sich auf die Kernkompetenz als zuverlässiges Rückgrat der Infrastruktur besinnen anstatt fragwürde Großprojekte oder
oder Gewinnmaximierung zu verfolgen nur um die Anleger gewogen zu stimmen.

Mit diesem Plakat hat die Bundesbahn mal Werbung gemacht.
Das klingt heute wie der reinste Hohn
alle-reden-vom-wetter-wir-nicht.jpg


Aber wie gesagt, die Bahn ist hier vielleicht nicht das beste Beispiel, da es keine vergleichbaren Ausweichmöglichkeiten gibt.
 

Giacomo_S

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M.E. machen viele Unternehmer, ob groß oder klein, derzeit alle denselben Fehler: Sie fummeln zuviel mit dem Internet herum (dessen Konsequenzen sie oft nicht wirklich begriffen zu haben scheinen) und vernachlässigen dabei ihre Kernaufgaben. Möglicherweise ist das eine Zeiterscheinung, die auch wieder vorübergehen mag.

Seit ca. 1 Jahr habe ich meinen Boss durch meine Tätigkeit als Küchenchef in einem Restaurantbetrieb deutlich entlastet. Die gewonnene Zeit nutzt er zum daddeln in Facebook, welches er "ein für Unternehmen äußerst mächtiges Werkzeug" hält.
Nur: Weder haben wir seitdem mehr Gäste (eher weniger), wir kaufen auch nicht günstiger ein (stattdessen sind die Lebensmittelpreise bis zu 30% gestiegen), noch wurden die Preise im geforderten Umfang angepasst (tatsächlich war ich es, der herausfand - durch korrekte Kalkulation - wo die Kohle rausläuft: Es werden Gerichte deutlich zu billig verkauft).

Wenn er als Unternehmer wirklich ökonomisch, sprich rational handeln würde, er müsste sich eingestehen: Es kam nach einem Jahr "Facebook-Arbeit" nichts dabei heraus, also wird da auch in Zukunft nichts dabei herauskommen. Und mal wieder anfangen, sich auf seine Kernaufgaben zu besinnen: Preise vergleichen, selbst und billiger einkaufen, kalkulieren, Klinken putzen und neue Gäste gewinnen usw, usf.
 

Helika

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Ein_Liberaler schrieb:
Und Du meinst, daß der Staat es ganz toll hinkriegt, seine Bahn auf Profit zu trimmen? Ich sehe das skeptisch. Es ist ja nicht einmal gelungen, dieses subventionierte Monopolunternehmen an die Börse zu bringen.

Muss die Bahn ein auf Profit getrimmtes Unternehmen sein? Bei einem staatlichen Betrieb reichte Kostendeckung.
Und öffentlicher Nahverkehr (Bus & Bahn) erfüllt in meinen Augen einen Zweck, der über die reine Kosten-/Nutzenoptimierung hinausgeht.
 
G

Guest

Guest
Facebook wird völlig überschätzt, vor allem für Unternehmen.

Was die Bahn betrifft, sehe ich es wie Helika.
Daß von Beamten geleitete "Unternehmen" meistens mies laufen liegt nicht am Konzept der Staatsunternehen sondern am Konzept des Beamtentumes und der Sorte von Leuten die sich dort einfindet.
Ich habe einige Beamten in meinem Bekanntenkreis und weiß welche Einstellung die zu ihrer Arbeit haben.

Die Lösung wäre relativ einfach.
Wasser, Strom, Öffentlicher Verkehr, Sozialer Wohnungsbau, Gesundheitswesen usw. werden staatliche NonProfit Service Einrichtungen.

Geleitet und betrieben wir das ganze von staatlich Angestellten die -neben einem Grundgehalt - nach Leistung bezahlt werden.
Diese Leistung ist kein Profit sondern wird mit verschiedenen Parametern wie Erreichen von Zielen (bei der Bahn z.B. Pünktlichkeit) und Kundenzufriedenheit bemessen.
 

Goatboy

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Hast du eine Ahnung, in welchem Zustand sich die öffentlichen Verkehrsmittel in der UdSSR befanden?
 

Ein_Liberaler

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Helika schrieb:
Muss die Bahn ein auf Profit getrimmtes Unternehmen sein? Bei einem staatlichen Betrieb reichte Kostendeckung.
Und öffentlicher Nahverkehr (Bus & Bahn) erfüllt in meinen Augen einen Zweck, der über die reine Kosten-/Nutzenoptimierung hinausgeht.

Nein, sie kann es nicht und sie sollte es auch nicht. Der Staat soll die Güter bereitstellen, die der Markt nicht bereitstellen kann, weil sie nicht profitabel sind. Das habe ich schon mehrfach geschrieben, und das ist afaik weitgehend Konsens in der VWL.

Bei einem staatlichen Betrieb reichte Kostendeckung.

Gefährlich. Ganz gefährlich. Soll der Staat privaten Unternehemn Konkurrenz machen, sie unterbieten und sie vom Markt verdrängen? Außerdem ist das doch betriebswirtschaftlich Augenwischerei. Worauf soll der Staat denn verzichten? Auf die Unternehmerrendite, den Ausgleich für das unternehmerische Risiko?

DrJones schrieb:
Wäre es ein rein staatlicher Konzern, so wäre er von dem Zwang befreit jedes Jahr noch höhere Gewinne auszuweisen und immer noch profitabler zu werden.

Ich will es noch einmal deutlicher formulieren: Abgesehen davon, daß es idiotisch ist, die Bahn auf Profit zu trimmen, abgesehen davon, daß das eine Vernachlässigung des Auftrags des Staates, Verkehrsinfrastruktur bereitzustellen bedeutet, gelingt es doch nicht einmal. Die Bahn ist ein Milliardengrab. Der Börsengang ist gescheitert, niemand will sie haben, und das ist kein Wunder. Je mehr die Bahn ihr Vermögen angreift, um Gewinn zu simulieren, desto unattraktiver wird sie werden.
 

Giacomo_S

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Ein_Liberaler schrieb:
Gefährlich. Ganz gefährlich. Soll der Staat privaten Unternehemn Konkurrenz machen, sie unterbieten und sie vom Markt verdrängen? Außerdem ist das doch betriebswirtschaftlich Augenwischerei. Worauf soll der Staat denn verzichten? Auf die Unternehmerrendite, den Ausgleich für das unternehmerische Risiko?

Wir wissen doch alle, dass solche liberalen Standpunkte nur dann eine Rolle spielen können, solange es auch Mitbewerber gibt. Und davon kann bei der Bahn gar nicht die Rede sein. Per Gesetz dürfen ja nicht einmal Busse fahren ...

Kürzlich hörte ich im Radio eine Verlautbarung der Bahn, wie man in Zukunft seine Bahnfahrt auch mit dem Handy bezahlen könne. Super.
Ich meine: Sie sollen sich erst einmal darauf konzentrieren, das ich überhaupt mit der Bahn fahren kann - und nicht nur bei +5° C bis +25 °C. Und wenn es der Bahn dann gelungen ist, dass ich ganz normalen deutschen Wintern und ganz normalen deutschen Hochsommern fahren kann, dann reden wir nochmal darüber, wie ich das bezahle.
 

agentP

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Wir wissen doch alle, dass solche liberalen Standpunkte nur dann eine Rolle spielen können, solange es auch Mitbewerber gibt. Und davon kann bei der Bahn gar nicht die Rede sein. Per Gesetz dürfen ja nicht einmal Busse fahren ...

Die Mitbewerber gibt es doch vor allem deshalb nicht, weil der Staat als Besitzer alle Hebel in der Hand hält, damit das so bleibt und das ist ja wohl beim besten Willen nun nicht gerade ein gelungenes Beispiel für die Folgen der Marktwirtschaft.

Da der Bund alle Anteile beibehält und kein Handel damit stattfindet, handelt es sich aufgrund der Eigentümerstruktur um ein privatrechtlich organisiertes Staatsunternehmen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Bahn

Wird aber dennoch unter diesem Namen verkauft.
Meines Wissens wurde das früher unter "soziale Marktwirtschaft" und später unter dem Terminus "mixed economy" verkauft.
 

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