Euro-Verfassung zum zweitenmal gescheitert

Mr. Anderson

Ehrenmitglied
Registriert
24. Februar 2004
Beiträge
2.930
Huch, ich muss zugeben, dass ich vom Zusatzprotokoll Nr. 13 bisher nichts gehört habe. Damit wäre mein Kritikpunkt bezüglich der Todesstrafe natürlich hinfällig. Aber gehe ich recht in der Annahme, dass Du das Protokoll auch erst kürzlich gelesen hast? Denn es hätte sich ja angeboten, dies bereits dann zu posten, als forcemagick auf das Zusatzprotokoll Nr.6 verwiesen hat.
 

forcemagick

Forenlegende
Registriert
12. Mai 2002
Beiträge
6.038
Ein_Liberaler schrieb:
Was ist der grundlegende Unterschied zwischen dem Vertrag und einer Verfassung?

eben das ist ja meines wissens der witz an der geschichte... der vertrag unterscheidet sich nicht all zu sehr vom schon mal vorgelegten verfassungsentwurf und würde wohl mehr oder weniger als eine art ersatzverfassung oder eine verfassung unter anderer bezeichnung fungieren und eben das kann es irgendwo nicht sein.

eine verfassung sollte richtigerweise vom volk ( in diesem fall einem europäischen volk ) abgesegnet werden und nicht von vertretern, die diese "verfassung" kaum kennen und selbst kaum verstehen sofern sie diese überhaupt kennen ( man verlässt sich ja wie gesagt auf rechtsexperten ).

derzeit sind aber die voraussetzungen für eine solche abstimmung nicht gegeben.

die eu wird von der falschen seite her gesattelt.

eine verfassung ist grundlegend und müsste am anfang stehen, denn die bevölkerung sollte sich erst mal einig sein in einigen essentiellen punkten.
eine solche verfassung sollte dementsprechend auch vermittelbar und verständlich und so ausführlich wie nötig aber auch so kurz wie möglich sein ( man vergleiche da eben z.b. unser grundgesetz, dass ja auch genug hergibt um einem bundesverfassungsgericht eine ordentliche grundlage zu bieten ... übrigens.. eine grundlage, die oft genug nicht konform geht mit den plänen unserer politiker... für mich ein beweis, dass eine verfassung als fundament schon dringend nötig ist )

doch hier wird mit einer verfassung gearbeitet, die richtigerweise von teilen der bevölkerung abgelehnt wurde, die dann erneut in form eines als vertrag getarntem entwurfs neu vorgelegt wird und wieder abgelehnt wird woraufhin nun eigentlich was geschieht?

da wird überlegt ob man einfach noch mal fragt oder ob man ein europa der zwei geschwindigkeiten etabliert etc.

daran krankt der ganze apparat und ich denke das ist einer der größten widerstandspunkte innerhalb der völker.... ein mangel an transparenz und mitbestimmung in wesentlichen punkten.

hätten die euopäer eine klare verfassungsvorlage über die alle wahlberechtigten abstimmen müssten und eine direkt gewählte eu-regierung, wären die akzeptanz einfach viel grösser. die eu würde vielleicht weniger als eine aufgestülpte veranstaltung verstanden.

übrigens gerade dieses gefummel mit den zusatzprotokollen und diese verwirrung darum ist für mich ein beleg für die krankheit der eu.

genau das ist doch der punkt... was steht eigentlich in diesen verträgen.. diese oder jene version.. hab ich hier ein zusatzprotokoll überlesen und vergessen?

eine einfache verfassung die auch bequem in ne etwas grössere hosentasche passt, in der klipp und klar ohne querverweis auf seite 435 oder auf ein externes dokument ganz grundlegend steht wie der rahmen aussieht in dem sich alles weitere abspielen soll.

nicht mehr und nicht weniger sollte es meiner meinung nach sein.
 

antimagnet

Forenlegende
Registriert
10. April 2002
Beiträge
9.676
forcemagick schrieb:
eine verfassung sollte richtigerweise vom volk ( in diesem fall einem europäischen volk ) abgesegnet werden


das bringt mich ja auf eine frage: wurde denn überhaupt schon mal eine verfassung basisdemokratisch verabschiedet?
 

agentP

Forenlegende
Registriert
10. April 2002
Beiträge
10.115
Keine Ahnung, aber es wäre jedenfalls an der Zeit damit anzufangen.
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Ja, aber es gibt doch kein europäisches Volk (soweit man überhaupt klar sagen kann, ob es so etwas wie Völker gibt, bei Belgien ist das ja beispielsweise nicht mehr klar).

Wenn wir Deutschen die Euro-Verfassung mit klarer Mehrheit ablehnen, aber von den anderen Europäern überstimmt werden, kann das wohl kaum bindende Wirkung haben, schließlich sollte die Verfasung das europäische Volk erst konstituieren. Wir kämen wohl kaum umhin, in allen europäischen Ländern einzeln abzustimmen, denn die verschiedenen Völker sind die Souveräne...

(Abgesehen von formaler Kritik an der Neuauflage der Verfassung [Vor ein paar Jahren durfte das Kind noch beim Namen genannt werden, sogar mit einigem Enthusiasmus!] bin ich eigentlich überhaupt gegen einen europäischen Bundesstaat und für eine Freihandelszone. Eigentlich nicht einmal dafür, weil eine Freihandelszone Dritte ausschließt, sondern bloß für offene Grenzen, aber ohne Freihandelszone kriegen wir todsichr wieder einen unerträglichen Protektionismus. Eine Konkurrenz unabhängiger Staaten wäre für die Bürger weit sinnvoller als eine Bürokratie, die alle bedeutenden Industriestaaten Europas gleichschaltet.)
 

agentP

Forenlegende
Registriert
10. April 2002
Beiträge
10.115
Ich würde sagen, durch eine gemeinsame Verfassung würde womöglich so etwas wie ein europäisches Staatsvolk entstehen. Aber gerade deshalb sollten die Bürger in den Mitgliedsstaaten abstimmen dürfen, ob sie das überhaupt wollen.
 
G

Guest

Guest
Verfassung, GG, Vertrag, Charte, Menschenrechte blah.

Papier ist geduldig.

Artikel 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Na sicher, es sei denn sie sind Politiker/Funktionäre/Banker/Manager

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Trotzdem bekommen Frauen für den gleichen Job immer noch weniger Gehalt.

(3) Niemand darf wegen...seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.

Wie war das Nochmal mit dem Kopftuch?

Artikel 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Na klar, vor allem im Internet. :k_schuettel:

Artikel 10
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

Muahahaha!

Artikel 13
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

Oder vom Gerichtsvollzieher ohne Gefahr im Verzug und ohne Richter, nur weil du jemanden ein paar hundert Mäuse schuldest.

Artikel 19

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.

Soweit er es sich leisten kann, alle anderen haben Pech.

Artikel 146
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

Nur leider lassen sie uns nicht entscheiden.


In a nutshell: Papier ist geduldig, in der Realität haben Gesetze keine echte Bedeutung. Die persönliche Meinung eines Richters steht über jedem Gesetz, das belegen Massenfehlurteile und tägliche Rechtsbeugung.
 

agentP

Forenlegende
Registriert
10. April 2002
Beiträge
10.115
In a nutshell: Papier ist geduldig, in der Realität haben Gesetze keine echte Bedeutung. Die persönliche Meinung eines Richters steht über jedem Gesetz, das belegen Massenfehlurteile und tägliche Rechtsbeugung.

Das mag sein. Auf der anderen Seite hält sich aber auch fast jeder für einen Rechtsexperten und gibt seinen Senf dazu, wobei meiner Erfahrung nach eine ganze Menge Leute nicht mal wissen was die Begriffe im Rechtswesen eigentlich bedeuten geschweige denn einen blassen Schimmer haben, wie das Rechtssystem eigentlich funktioniert.
 

agentP

Forenlegende
Registriert
10. April 2002
Beiträge
10.115
shechinah schrieb:
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.


Trotzdem bekommen Frauen für den gleichen Job immer noch weniger Gehalt.

Ja und? Da ist auch nur die Rede, dass es die Aufgabe des Staates ist zu "fördern" und "hinzuwirken" und das tut er definitiv, da ist weder festgelegt, wie schnell er irgendeinen Zustand herzustellen hat, noch wie effektiv seine Vorgehensweise zu sein hat.

(3) Niemand darf wegen...seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.

Wie war das Nochmal mit dem Kopftuch?

Es gibt jedenfalls hunderte muslimische Lehrer und Lehrerinnen hier in Berlin und vermutlich tausende in Deutschland. Wo liegt da jetzt nochmal genau die Benachteiligung aus religiösen Gründen?

Artikel 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Na klar, vor allem im Internet. :k_schuettel:


Wieso unterschlägst du denn den zweiten Absatz des gleichen Artikels? Der ist doch genauso gültig und liefert doch schon die Einschränkung.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.


Artikel 13
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

Oder vom Gerichtsvollzieher ohne Gefahr im Verzug und ohne Richter, nur weil du jemanden ein paar hundert Mäuse schuldest.

Wäre mir jetzt neu, dass ein Gerichtsvollzieher ohne gerichtlichen Vollstreckungstitel tätig werden kann.

Artikel 146
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

Nur leider lassen sie uns nicht entscheiden.

Wer ist "sie"? Will das deutsche Volk denn mit Mehrheit eine Verfassung beschließen zu dürfen?

Das Problem ist doch nicht dass man sich nicht an die Verfassung hält, das Problem ist doch, dass unsere Verfassung an den entscheidenden Stellen "Gummiparagraphen" enthält. Was nützt denn z.B. die Rede- und Pressfreiheit in der Verfassung, wenn sie im gleichen Artikel gleich eine Einschränkung enthält, mit der man sie gleich wieder aushebeln kann.
 

Ähnliche Beiträge

Oben