EU-Beitritt der Türkei

Gilgamesh

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Hier die erste Resonanz der Türkei auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Öcalan-Prozess:

Staatspräsident Erdogan äußerte:

"Auch wenn der Prozess wieder aufgerollt werden sollte oder nicht, das Volk hat diese Akte für sich geschlossen"!

Auf die Frage, wie denn nun die Regierung auf in dieser Frage reagieren wird, äußerte Erdogan:

"Wir als Regierung sind für die Rechtsprechung nicht zuständig! Der türkische Gerichtshof wird die Sache bewerten und beantworten!"

Da wir schon die Militärs erwähnt haben, hier noch ein Kommentar eines führenden Militärvertreters:

"Ich denke nicht, dass das Urteil in Den Haag auf rein rechtliche Gedanken basiert! Es ist eine rein politische Entscheidung! Wenn sie aber einer rechtlichen Sache eine politische Bedeutung geben, dann kommt es zu einer Überschneidung! So ist die Lage"

Und weiter läßt der Militärsprecher verlauten:

"Wir (er meint die Militärs!) sind in dieser Sache neutral! Uns selbst sind doch unsere Gefühle und Gedanken in dieser Sache bekannt und ausserdem wird diese Fragestellung bereits von den judikativen Organen des Staates behandelt und von dort ist auch eine Entscheidung zu erwarten!"


Also, aufatmen Winston! Kein neuer "Militärputsch" :lol: 8)
Wieso denn auch. Es geht doch demokratisch vorwärts!

Gilgamesh
 

UltraDoc

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So auch im Falle der Türkei! Eigentlich interessiert sich kein Schwein für irgendwelche Vorfälle in der Türkei. Leider läßt sich das Thema gut politisieren und deswegen wird es immer wieder aufgesetzt!

Ist doch vollkommen normal. Schau doch mal nach Russland dieses Land wird von allen Seiten politisch attakiert.
z.b Georgien, ausgerechnet Georgien das von den Persern massakriert wurde und den Zaren anbettelte zu helfen was dieser auch tat. Dann kam der Menschenschlächter Stalin an die Macht zufällig ein Georgier.

Mittlerweile ist Georgien bei der Achse der Guten dabei und verurteilt die Sowjetunion und den Nachfolger und beschimpft dieses Land obwohl es davon total davon abhängig ist. (Gas, Strom, Handel)

Politik wandelt sich ständig heute gibts Feinde morgen sind die gleichen schon Freunde, wie im normalen Leben auch. Unsere Politiker und die Presse (vor allem im Westen) haben keine normalen moralischen Vorstellungen die kennen weder Dankbarkeit noch sonstiges.
 

MrPalmer

Großmeister
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Plan B für die Türkei ?

Angesichts der stockenden Reformen in der Türkei und der weit verbreiteten Skepsis in der EU fürchten Kommissionsbeamte, dass die Verhandlungen im Falle einer Unterbrechung nie wieder in Gang kommen würden.

"Wir brauchen einen Plan B, um den Schaden zu begrenzen und eine vollständige Aussetzung der Verhandlungen abzuwenden, weil das den Schwung töten würde", sagte ein hochrangiger Beamter. "Wir müssen einen Weg finden und uns bis nach den Wahlen in der Türkei durchwurschteln."


Lange war nicht zu lesen oder zu hören von den besagten Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Doch wie lange wird noch Verhandelt ? Bis alles weichgeklopft ist und passt ?

Im Europarlament sind die schärfsten Kritiker des EU-Beitrittskandidaten Türkei überstimmt worden. Der außenpolitische Ausschuss der Volksvertretung verabschiedete am Montagabend in Straßburg mit deutlicher Mehrheit einen abgemilderten Fortschrittsbericht....

Kritisiert wurden darin "fortbestehende Mängel und unzureichende Fortschritte" insbesondere bei der Meinungs- und Religionsfreiheit, bei der Achtung der Rechte von Frauen und Gewerkschaften und der wirksamen Umsetzung von Gerichtsurteilen.


Die ZEIT:Europarat: Folter in der Türkei noch nicht ausgerottet

Und passend zu den EU-Verhandlungen vielleicht noch dies State Regards Own Citizens as "Foreigners"

Noch ein Text der die Lage zur Religionsfreiheit in der Türkei zur Zeit gut wiederspiegelt:

Nahezu unbeachtet von den europäischen Medien hat die rechtsgerichtete türkische Organisation "Graue Wölfe" nach eigenen Angaben 2,5 Millionen Unterschriften zur Vertreibung des orthodoxen Patriarchats aus Istanbul gesammelt. Der Vorsitzende der Grauen Wölfe Kemal Kerimdij erklärte im Juli 2006 gegenüber einer zypriotischen Zeitung: "In zwei Jahren wird es uns gelingen, das Patriarchat zu schließen. Wir wollen seine Anwesenheit auf unserem Territorium nicht." Während der türkische Ministerpräsident Erdogan in einer parlamentarischen Versammlung des Europarates Mitte des Jahres noch vor einer zunehmenden Islam- und Fremdenfeindlichkeit in der Welt warnte, in der "wir Muslime uns immer stärker belagert fühlen", stellte der in Istanbul residierende Patriarch Bartholomäus I., Ehren-Oberhaupt 250 Millionen orthodoxer Christen, fest, dass sich die Situation der Christen "vom Schlechten zum Schlechteren" wende.

Nun auch in der EU wird mit zweierlei Maß gehandelt wenn man die Verhandlungen mit der Türkei sieht, wo man mit allen Mitteln über Versäumnisse und fehlenden Beitrittskritieren gerne hinwegsieht
und in Vergleich die Verhandlungen mit Bulagrien sieht.
FT:EU will Beitritt zweiter Klasse für Bulgarien
 

Themis

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So, da nun seit langer Zeit trotz massiver medialer Präsenz keine Beiträge zu diesem Thema erfolgten, möchte ich das rote Tuch erneut ausrollen :lol:

Eine Sache vorweg:
Ich habe in den letzten Monaten meine Meinung zu einem EU-Beitritt der Türkei revidiert. Ich bin im Augenblick unter den gegebenen Voraussetzungen dagegen. Wenn die Beitrittsverhandlungen an Zypern scheitern sollen, so soll es denn auch so sein.
Ich für meinen Teil sehe hier die Türkei auf der moralischen Siegerseite, und das übrigens schon seit dem scheitern des UNO-Referendums im Süden der Insel vor 2 Jahren.

Letztendlich geht es hier auch um die Aufhebung der EU-Sanktionierung Nordzyperns - dazu gehört auch die völkerrechtliche Anerkennung des türkisch besiedelten Teils der Insel, welches vor über 30 Jahren eine Republik ausgerufen hat.
Ähnlich der Palästina-Problematik kann hier keine Lösung im Rahmen einer Einigung erfolgen, solange nicht beide Bevölkerungsgruppen auf der Insel sich auf gleicher Augenhöhe begegnen.

Und wenn ich dann noch CSU-Schergen sagen höre, dass Merkel sich nicht auf einen Basar-Handel mit Ankara einlassen möge, so kriege ich bei dieser Arroganz das große Kotzen. Pfff. Anscheinend fehlt es hier einigen Leuten an Objektivität, offenbaren ihre Statements in der Regel doch nur Ressentiments, die mit der Sache wenig zu tun haben.



Ich denke jedoch nach wie vor, das langfristig die EU die Türkei mehr brauchen wird als die Türkei die EU.
Und zwar nicht unbedingt als direkten Vermittler zwischen der EU und der arabischen Welt, sondern vielmehr in Bezug auf die Erschließung neuer Energieressourcen aus dem Kaukasus und Zentralasien, denn da führt im Augenblick - denkt man an die existierenden Pipelines, dann im wahrsten Sinne des Wortes - kein Weg an der Türkei vorbei.

In diesem Zusammenhang:
http://www.zeit.de/2006/45/Tuerkei?page=1

Es könnte am Ende beides verloren gehen: die europäische Identität der Türken und ein verlässlicher Bündnispartner der Europäer im Südosten...
aber das interesiert anscheinend die Demagogen der CSU eh nicht, zumindestens würden sie es gerne sehen, wenn es so käme :evil: .
 

Winston_Smith

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Vielleicht wird man sich auf türkischer Seite nun endlich dazu durchringen, den Staat Zypern anzuerkennen... Hoffe ich...

ws
 

antimarionette

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So einfach ist das nicht. Es gibt nach wie vor die ungeklärte Frage der Wiedervereinigung Zyperns. Dies sollte eigentlich zuerst gekärt werden. Das hätte die Eu auch vor dem Beitritt Zyperns klären müssen. Haben sie damals aber verschoben und jetzt gibt es kaum noch Möglichkeiten Druck auszuüben. Eine Entscheidung der EU könnte auch locker von Zypern blockiert werden.
Ich bin nicht für einen EU-Betritt der Türkeim genau so wenig wie ich einen Beitritt von Rumänien, Bulgarien gut finde, allerdings sollte man bei den Türken nicht immer nur schwarz-weiß malen.
 

jones

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Interessant sind da dann wieder die Kommentare unter dem Artikel, in denen zum Teil zwar 1,5 Millionen Tote nicht mehr bestritten werden, sehr wohl aber daß 1,5 Millionen Tote ein Völkermord sind
 

Themis

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Vielleicht erklärt das ja einwenig, warum es zu dieser Schieflage in der genauen Definition der Ereignisse von 1915 kommt:

NZZ schrieb:
Es ist die ursprüngliche Nähe zum Völkermord an den Juden im Nationalsozialismus, der auch aufgeklärte Türken in Rage bringt, wenn die Verfolgung der Armenier im Jahr 1915 als Genozid bezeichnet wird. Türken weisen auf die Unterschiede beider Ereignisse hin. Die Judenverfolgung in Deutschland und den von der Wehrmacht besetzten Gebieten Europas war keine direkte Folge des Zweiten Weltkriegs, wiewohl dieser den Massenmord entfesselte. Die primäre Ursache lag im Rassenwahn der Nazis, die die Juden ausserdem ausnahmslos verfolgten. Anders war die Sachlage während des Ersten Weltkriegs in der Türkei. Die reformerischen Jungtürken, die das auseinanderfallende Osmanische Reich in einen modernen Nationalstaat verwandeln wollten, sahen sich von Russland und den Westmächten bedrängt. Um die Türkei zu schwächen, schürten ihre Kriegsgegner unter anderem die Sezessionsbestrebungen der Armenier. In Ostanatolien kam es zu einem beidseits brutal geführten Krieg, der im Befehl des Regimes in Istanbul eskalierte, die Armenier aus ihrem Siedlungsgebiet zu vertreiben; dabei wurden Hunderttausende von ihnen getötet. Türken machen geltend, die Pogrome seien eine direkte Folge des Krieges gewesen. Ausserdem seien armenische Binnenmigranten im Westen der Türkei unbehelligt geblieben.

Die Unterschiede der Armenier-Verfolgung zum Holocaust sind bedeutsam; sie können mit guten Gründen in der Geschichtsdebatte und auch bei der strafrechtlichen Beurteilung von Genozid-Leugnern berücksichtigt werden. Der Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Georg Kreis, schrieb vor einem Jahr in der NZZ, im Fall der Armenier sei die Genozid-Verleugnung nicht Teil einer rassistischen Ideologie wie im Fall des Holocausts. Wer allerdings historische Unterschiede anführt, um den Vorwurf des Genozids zu widerlegen, will nicht wahrhaben, was der Genozid-Begriff nach heutiger Definition umfasst. Laut Artikel 2 der Konvention von 1948 ist zur Erfüllung des Tatbestands der Vorsatz entscheidend, eine nationale, ethnische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise auszulöschen.
Link


Hier übrigens der Artikel II. der UNO-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords:

Art. II
In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:
a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe;
b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an
Mitgliedern der Gruppe;
c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen;
d) Verhängung von Massnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind;
e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.

Link
 

Themis

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vonderOder schrieb:
wissen muß man doch nur, dass es in der Türkei strafbar ist, den Völkermord an den Armeniern nicht zu leugnen. die Türken sind nun mal keine Mörder.

na ja, oder so.
Hast Du zufällig eine Quelle für Deine Behauptung parat? :doener:
 

vonderOder

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Themis schrieb:
vonderOder schrieb:
wissen muß man doch nur, dass es in der Türkei strafbar ist, den Völkermord an den Armeniern nicht zu leugnen. die Türken sind nun mal keine Mörder.
na ja, oder so.
Hast Du zufällig eine Quelle für Deine Behauptung parat? :doener:
was meinst Du, dass Türken keine Mörder sind, oder das es in der Türkei verboten ist den Völkermord an den Armeniern als Völkermord zu bezeichnen?
falls Du Letzteres meinst, dazu gibt es einige Links auch in diesem Forum.
 

vonderOder

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Simple Man schrieb:
wie nun, nachdem 48 Personen in mehreren Landesteilen auf Anordnung der Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft in Polizeihaft genommen worden sind, und diese hochrangige Militärs sein sollen? war wirklich ein Militärputsch geplant weil sich die Regierung Erdogan, zu weit von der Attatürk-Linie entfernt hat?
Nach einer Welle von Festnahmen hochrangiger Militärs in der vergangenen Woche warfen Regierungsgegner Erdogan erneut vor, er wolle die Militärs entmachten, um eine Islamisierung des Landes vorantreiben zu können.
 

vonderOder

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schreibt:
Donnerstag, 04. März 2010, 22:31 Uhr
USA: Türkei ruft Botschafter zurück

Die türkische Regierung hat scharf gegen eine Resolution eines US-Kongressausschusses protestiert, in der die Verfolgung von Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord bezeichnet wird. Aus Verärgerung wurde der türkische Botschafter in den USA, Namik Tan, zurück nach Ankara gerufen worden. Der Auswärtige Ausschuss des Repräsentantenhauses in Washington hatte kurz zuvor mit 23 zu 22 Stimmen einer umstrittenen Armenien-Resolution zugestimmt. Die Türkei - Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs und ein wichtiges NATO-Mitglied - hatte zuvor mit schweren Konsequenzen gedroht. Je nach Schätzungen kamen 1915/16 zwischen 200 000 und 1,5 Millionen Armenier im Osmanischen Reich ums Leben.
 

erdal5

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der wurde doch gar nicht zurückgerufen...
leider torpediert dieser beschluss die gerade so zögerlich begonnenen verhandlungen zur "normalisierung" beider völker.
das ist keine beurteilung meinerseits der geschehenen ereignisse damals, nur nüchtern betrachtet und auf die aktuelle situation bezogen.
schade.
 

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