Der EU-Beitritt Israels

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Debatte: EU-Beitritt Israels


Die Parteien sind:


PRO : (Beiträge erscheinen in dunkelblauer Schrift)

Jay-Ti
Ramses



CONTRA : (Beiträge erscheinen in dunkelroter Schrift)

Pfeifenkopf




Hinweise:

Wenn der Moderator eine Frage stellt, gibt es 2 Tage Zeit, eine Antwort zu verfassen.
Die Antwort sollte den Umfang von etwa einer halben bis einer ganzen A4-Seite haben.
(Richtwert: Schriftgröße 10, Arial)

Wenn beide Antworten eingegangen sind, werden sie vom Moderator zeitgleich veröffentlicht.
Daraufhin kann der Beitrag des jeweiligen Diskussionsgegners kommentiert werden. Für den Kommentar gilt ebenfalls eine Einreich-Frist von 2 Tagen.

Beiträge werden durch eine PN an den Moderator eingereicht.
 

Moderator

Geselle
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1. Frage

Inwiefern würde Israel eine wertvolle Ergänzung zur jetzigen EU darstellen?

________
Termin: 23. Februar 2005, 23:59 Uhr
 

Moderator

Geselle
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Antwort PRO : (Frage 1)


Liebe Forenleser,
vorab nur einige Worte. Dies ist mittlerweile die zweite Formaldebatte, ein Projekt, welches ich im Großen und Ganzen nur begrüßen kann. Es stellt eine wunderbare Plattform des Diskutierens und des Ideenaustausches dar. Allein das System dieser Debatten lässt es zu, dass man sich in den Threads zurechtfindet, ja, dass jeder Benutzer die gleichen Chancen hat. Die oft von arbeitslosen Schnellpostern zugesperrten Beiträge, welche in Lichtgeschwindigkeit an Antworten wachsen, was selten jedoch auf einen Informationszuwachs schließen lässt, nehmen einem förmlich jede Lust sich über ein Thema im Internet zu unterhalten. Ich möchte euch darum alle dazu ermuntern, selbst einmal bei solch einer Debatte einzusteigen oder noch viel besser, selbst eine zu beginnen. Denn nur dann können wir eben jenem Orakelspruch entgegentrotzen, dass dieses Projekt ja ohnehin an der Moral der User scheitern muss. Lasst es nicht soweit kommen. Und eins kann ich versichern: Mehraufwand ist es nun wirklich nicht.
Kommen wir nun zur eigentlichen Debatte. Die nächsten Wochen wird es also um die Frage gehen: EU Beitritt Israels… ja oder nein? Ich werde es mir nun ersparen einen allgemeinen Rundumschlag zu machen: Liegt Israel überhaupt noch auf dem Kontinent, wie sieht es mit Aufnahmebedingungen aus, und so weiter, und so weiter. Das liegt nicht daran, dass diese Dinge nicht wichtig wären, sie sind es auf jeden Fall, aber die erste Frage sah nun einmal anders aus, so dass ich euch nicht mit solchen Argumenten langweilen will, Herr Pfeifenkopf wird sicherlich zu einer ähnlichen Ansicht gekommen sein.
Also: Inwiefern würde Israel eine wertvolle Ergänzung zur jetzigen EU darstellen?
Zunächst einmal muss ich zugeben, dass ich die Frage recht einseitig formuliert finde. Kann man die Frage nicht genauso gut anders herum stellen?
Ist denn die Europäische Union ein Topf, der das nahrhafteste aufsammelt.. der Rest in die Tonne? Nein, dass ist sie nicht. Das hat sie immer wieder bewiesen und wird es auch in Zukunft tun. Die Union ist ein Zusammenschluss, bei dem sich jeder Wohlfühlen soll. Und sie beruht auf Nehmen und Geben auf allen Seiten. Eine wachsende Verbindung, welche den Frieden liebt und Gleichheit unter allen Völkern verteilen will. Sollte diese Idee der Freiheit denn aufhören zu wachsen, nur weil manche Kleingeister schreien: Hilfe, dass ist ja geografisch nicht korrekt! ? Nein. Auf gar keinen Fall.
Und hier, meine lieben Mituser, ist das zu sehen, was die Europäische Union allen Ländern, welche ihr beitreten wollen, verspricht: Die Hoffnung auf ein Leben in Freiheit und in Frieden. Sollten wir uns dagegen wehren? Aus nationalistischen Gefühlen? Niemals. Aufschwingen sollten wir uns auf das Pferd der Freiheit, mit seinem sprießenden Quell der Hoffnung. Und uns von ihm in alle Länder tragen lassen, welche sich danach sehnen.
Doch lassen wir zunächst das Pathos hinter uns, obgleich recht in seinem Sinne handelnd, und versuchen wir die Leute zu überzeugen, welche in Comics ganz gern mit Dollarzeichen statt Pupillen dargestellt werden. Inwieweit wäre Israel eine Bereicherung?
Eins ist vor allem klar: Israel würde zu den zahlenden Nationen in der EU gehören. So liegt sein Einkommen erwartungsgemäß weit über dem, wie zum Beispiel von Polen oder der Türkei. Im Gegenzug würde es nicht allzu sehr viel erhalten. Der Aspekt des Absatzmarktes, welcher sich durch die Entfernung einer Grenze immens erweitern dürfte, zählt insofern nicht, da bereits jetzt durch Sonderstatuten der EU Israel einen besonderen Status im Handel bekleidet. Mit Israel allerdings würde die Union einen weiteren Hightech Standort erhalten, der sehr um den Erhalt dieses Images bemüht ist (der israelische Staat wendet immerhin 4% des BIP für Wissenschaft und Forschung auf). Gut vorstellbar, dass es ein begehrter Anlaufpunkt für uns geplagten deutschen Studenten wird.
Bei diesen wenigen Punkten möchte ich es vorerst belassen. Ich sehe gerade, dass die DIN A4 Seite bereits erreicht ist. Und zugegeben.. eigentlich würde ich gern mit mehr wirtschaftlichem Fachwissen auftrumpfen. Aber (leider) sehe ich die Welt nicht voll Geld.. und den Sinn der EU auch nicht in einem Unternehmen.
Vielen Dank fürs Lesen.
 

Moderator

Geselle
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Antwort CONTRA : (Frage 1)


Fünfzehn Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist offenkundig, dass die Träume vom „Ende der Geschichte“ und einem friedlichen Zusammenleben der Völker vorerst gescheitert sind. Der Anfang des neuen Jahrtausends ist gekennzeichnet von der Rückkehr des ungezügelten Kapitalismus vergangener Jahrhunderte inklusive eines neuen, euphemistisch „Globalisierung“ genannten, Imperialismus. Dazu kommt bei fortschreitender Verschlechterung der Lebensverhältnisse grosser Teile der Menschheit eine Renaissance der Religion.

In den USA, der Führungsmacht des imperialistischen Blocks, dem auch Europa, Israel und Japan angehören, sind Leute an der Macht, die auch schon während des Kalten Krieges die Strategie des Rüstungswettlaufs und der Dämonisierung der UDSSR als „Reich des Bösen“ betrieben haben. In bemerkenswerter Offenheit wird von Leuten wie Zbigniew Brzezinski und Samuel Huntington (die zusammen mit Henry Kissinger in Harvard studiert haben) und Think-Tanks wie dem PNAC die Strategie vorgegeben, die nur fadenscheinig als Analyse getarnt ist:

Der grösste Alptraum, den es nach diesen Leuten zu verhindern gilt, ist ein Eurasien, das vereinigt an einem Strang zieht. Das grosse Schachbrett inklusive seines empfindlichsten und aus wirtschaftlicher Sicht begehrenswertesten Raums Nahost, muss durch das gegeneinander Auspielen der einzelnen Parteien geordnet und beherrscht werden. Der Vordenker der s.g. Neocons, der deutschstämmige Philosoph Leo Strauss, ging davon aus dass es zur Führung einer Nation eines äusseren Feindes bedarf, eines Gut-Böse-Antagonismus, wobei es die Aufgabe der intellektuellen und religiösen Authoritäten sei, das Volk in diesem Sinne zu vereinen, ohne dass sie selbst an das Feindbild glauben müssen. Das diese Leute über Leichen gehen haben sie schon oft bewiesen und ich halte es für offensichtlich, dass ein Religionskrieg in Eurasien, ein „Kampf der Kulturen“ zur Schwächung potentieller Gegner, Teil der amerikanischen Hegemonialstrategie ist.

Die europäische Union, die sich, nachdem ihr ursprünglicher Gründungsgedanke des „Nie wieder Krieg“ durch eine enge Bindung der Nationalstaaten glücklicherweise schon vor Jahrzehnten in Erfüllung gegangen ist (man denke an die Achse Paris-Berlin), immer mehr zu einem sich nach aussen abschottenden und selber Kriege führenden Wirtschaftsblock, der berühmten Fortress Europe, entwickelt, ist einerseits Verbündeter des US-Imperiums, andererseits aber auch Werkzeug und Spielball der Strategen in Washington.

Nach dem 11. September begann ein „endloser“ Krieg gegen den „Terrorismus“, der die selbst mitgeschaffenen Fanatiker des islamistischen Fundamentalismus als das ultimative Böse und allgegenwärtige Gefahr hochstilisiert. Im Zuge dieser Entwicklung sind, in Europa weniger, in den USA mehr, Muslime zunehmend unter Generalverdacht geraten. Dies und die Entwicklungen in Afghanistan und im Irak, Folterskandale und rechtlose Räume wie Guantanamo, können von moderaten Muslimen nur als Demütigung und Ausgrenzung aufgefasst werden.

Seit über 30 Jahren hält Israel die besetzten Gebiete mit roher Gewalt unter Kontrolle und hat zu einer Verzweiflung unter den Palästinensern beigetragen, die das die gesamte Menschheit beschämende Phämonen des Selbstmordattentäters hervorgebracht hat. Dies war nur möglich weil sie stets auf die nahezu bedingungslose Unterstützung der USA zählen konnten. Auch hier ist wieder bezeichnend dass keineswegs die weltlichen Juden in New York und Hollywood zu den grössten Unterstützern Israels gehören, sondern die Neocons und ihre Machtbasis, die fundamentalistischen Christen, die das kolportierte Feindbild ernstnehmen.

Die Ankündigung Bushs, sich wieder mehr im Nahost-Friedensprozess zu engagieren, kann durchaus als Drohung verstanden werden. Niemand vor Ort, inklusive der friedenswilligen israelischen Bevölkerung, kann ihm abnehmen, ein neutraler Vermittler zu sein.

Diese Aufgabe müsste meiner Meinung nach die EU in viel entschiedenerem Masse und mit grösserem (wirtschaftlichen) Druck wahrnehmen, da hier traditionell die Sichtweise auf den Konflikt wesentlich realistischer (aber von Sharon als „antisemitisch“ gebrandmarkt) ist und sowohl eine grosse muslimische als auch jüdische Minderheit in den Ländern lebt.

Ich halte die Diskussion über einen EU-Beitritt Israels zum jetzigen Zeitpunkt für absurd. Aus den oben genannten Gründen wäre es für alle Beteiligten gefährlich, das Land in die EU aufzunehmen. Niemand würde gewinnen, denn wirtschaftlich sind wir durch Verträge wie das Europäisch-Israelische Assoziationsabkommen und das Euro-Mediterraenan Partnership bereits eng verbunden, kulturell würde es zu weiteren Spannungen beitragen und die EU der Möglichkeit der neutralen Vermittlung berauben. Meiner Meinung nach würde es einzig und alleine einer Partei nützen: Den völlig durchgeknallten und mittlerweile mit dem Rücken an der Wand stehenden Geostrategen in Washington und ihren Schützlingen, den Öl- und Waffenmagnaten sowie den skrupellosen Machtpolitikern um Sharon..

Ich wünsche mir dass Europa seine Macht einsetzt um einen fairen Friedensschluss zwischen Israelis und Palästinensern zu erreichen, mit den Völkern im arabischen Raum auf Augenhöhe umgeht, den Raubtierkapitalismus transzendiert und als Kontinent, der durch Jahrhunderte furchtbarer Kriege gegangen ist, sich ernsthaft für eine friedliche Weltgemeinschaft in Vielfalt einsetzt - anstatt sich als Anhängsel des neuen Imperialismus ständig neue „Mitglieder“ einzuverleiben ohne sich um die Konsequenzen für die Ausgegrenzten zu scheren.
 

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Geselle
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Die Kontrahenten haben nun Gelegenheit, die Position ihrer Gegenpartei zu kommentieren.

(Die PRO-Partei möge sich die nächste Frage aussuchen)

_____
Termin: 26. Februar 2005, 23:59 Uhr
 

Moderator

Geselle
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Kommentar PRO : (Frage 1)


Vielleicht sollten alle Formaldebatten Teilnehmer noch einmal untereinander klären, was der Sinn der Debatte in dieser Art und Weise ist. Denn scheinbar haben die beiden Teams in diesem Punkt unterschiedliche Ansichten. Ich sah es zum Beispiel so, und bitte korrigiert mich, dass es um den Frage Antwort Prozess geht.
Tja.
Dafür ist es aber nunmal nötig auf die gestellten Fragen zu antworten !!!
Ich wiederhole die Frage nur allzu gerne:

Inwiefern würde Israel eine wertvolle Ergänzung zur jetzigen EU darstellen

Pfeifenkopf. Nichts... überhaupt nichts in Deiner Antwort deutet darauf hin, dass Du die Frage auch nur eine Sekunde vor den virtuellen Glotzaugen hattest. Ich spreche daher die Empfehlung aus, dass Getippsel zu kopieren und bei entsprechender Frage: "Was halten Sie subjektiv von den gierigen Machenschaften der Union" einzufügen... wäre schade um die Antwort.
Du hast Glück, dass wir hier nicht in der Schule sitzen. Da würde es knallhart heißen: Thema verfehlt. Sechs!

Uns vollends der Idee der Formaldebatte verpflichtend fühlend, hoffe ich, dass Du verstehst, dass wir von einer Kommentierung Deines Beitrages absehen.
Im Stillen hoffen wir auf eine Besserung in dieser Angelegenheit. Mit der Trostspendenden Erwartung: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
 

Moderator

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Kommentar CONTRA : (Frage 1)


Nun, da mein letzter Beitrag ja doch ein ziemlicher Rundumschlag war fasse ich mich diesmal kurz und nutze ebenfalls die Gelegenheit, die Mituser zur Teilnahme an den Formaldebatten anzuhalten. Es ist ein ganz anderes Diskutieren möglich als im normalen Forenalltag und da es hier um einen qualifizierten Meinungsaustausch und nicht um rhetorische Mätzchen zur eigenen Selbstbeweihräucherung geht, gibt's auch nichts zu verlieren.

Zum Thema: Dass Du nicht mit Kleinlichkeiten aufhältst, Jay-Ti, war mir auch relativ klar und ich bin mit Dir einer Meinung, dass die „historischen Grenzen Europas“ und „christlich geprägtes Abendland“ eher Scheinargumente sind. Auch dass sich Europa nicht über Wirtschaftsinteressen definiert bzw. definieren sollte sehe ich genauso.

Bei dem „definieren sollte“ beginnt dann die Meinungsverschiedenheit, denn in Bezug auf die Ehrlichkeit der Werte, die die EU als Wirtschaftsmacht vermittelt und der Form der Freiheit, die den Neumitgliedern gebracht wird, sind bei mir in letzter Zeit einige Illusionen gefallen. Ich habe die Hoffnung, anders als im Falle USA, zwar noch nicht aufgegeben, aber von einem „sprießenden Quell“ kann nun wirklich keine Rede sein.

In der Hinsicht halte ich Deine Ausführungen für nicht nur blaufarbig sondern auch ein wenig -äugig, befürchte allerdings umgekehrt dass Du mich wegen meines Eingangsbeitrags der Paranoia verdächtigen wirst. ;)
 

Moderator

Geselle
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2. Frage

Inwieweit könnte eine Aufnahme Israels den Friedensprozess voranbringen?

_____
Termin: 01. März 2005
 
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