Der Weg in die Armut

wintrow

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http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,711867,00.html
Sollten wir uns auch mal langsam Gedanken machen ob das System so weiter läuft. Ich find das ganz schön heftig das 1% der Bevölkerung 37% des Volksvermögen besitzt. Sowas kannte man nur aus der Monarchie, wo der König, Adel und Klerus die Besitzthabenden waren.

Schreibt mal eure Meinung wie ihr das seht.
 

agentP

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Mich interessiert nicht wie viel das reichste eine Prozent der Bevölkerung besitzt. Von mir aus können die auch 80% des Volksvermögens besitzen, solange die anderen 99% ein "vernünftiges" Leben führen können.
Das scheint aber nicht mehr selbstverständlich zu sein.

Was ich immer nicht verstehe und was in solchen Artikeln auch nie erwähnt wird ist, was die Datenbasis für solche Berechnungen darstellt.
Ich meine der grösste Teil meines Vermögens ist schnell bestimmt: Ein Sparkonto, eine Lebensversicherung und ein bisserl beweglicher Besitz.
Bei Herrn Gates dürfte das Meiste aber doch in Firmen investiert sein und das Sparkonto, der bewegliche und unbewegliche Privatbesitz im Verhältnis dazu eher gering sein.
Ich kann das nicht so recht greifen, aber mir kommt das komisch vor, das so vereinfacht zu vergleichen.
 

dkR

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wintrow schrieb:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,711867,00.html
Sollten wir uns auch mal langsam Gedanken machen ob das System so weiter läuft. Ich find das ganz schön heftig das 1% der Bevölkerung 37% des Volksvermögen besitzt. Sowas kannte man nur aus der Monarchie, wo der König, Adel und Klerus die Besitzthabenden waren.

Schreibt mal eure Meinung wie ihr das seht.
Wieviele Arbeitsplätze schaffen denn diese 37% des "Volksvermögens"?
 

antimagnet

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meinst du, es wären weniger, wenn die 37% des volksvermögens auf mehr als 1% der bevölkerung verteilt wären?
 

dkR

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Nein, eigentlich schließe ich mich dem Agenten an. Ich finde solche Aufrechnungen idiotisch, weil sie keinerlei verwertbare Aussagen machen sondern nur darstellen (sollen?), wie achsoböse Kapitalismus doch angeblich ist und wie schlecht es der Menschheit angeblich geht.
 

antimagnet

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geht es darum, dass eine ungerechte einkommensverteilung journalistisch reißerisch auf "einem prozent gehört mehr als ein drittel" verkürzt wird, oder dass eine (ungleiche) einkommensverteilung als ungerecht bezeichnet wird?
 

Ein_Liberaler

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Also hier ist ja erst einmal von Vermögensverteilung die Rede, nicht von Einkommensverteilung. Daß der SPON das munter mit der Arbeitslosigkeit infolge der Finanzkrise durcheinanderwirft, ist dem Journalismus geschuldet, das ist ja kein wissenschaftliches Magazin.

Okay... der Agent sieht die Prozeßgerechtigkeit gewahrt und fragt nach der Berechnungsgrundlage, dkR meint, daß die Kapitalisten ja auch Arbeitsplätze schaffen, arbeitet aber eigentlich seine Ressentiments gegen den linken Kampagnenjournalismus ab, und anti sucht logische und methodische Schwächen. Ich schließe mich allen drei Vorpostern an.
 

antimagnet

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naja, hmm, nicht ganz. zunächst muss ich zugeben, dass ich nicht aufgepasst hab in sachen vermögens- und einkommensverteilung. wobei's eigentlich wurscht ist, denn ich finde, dass beides problematisch und besorgniserregend ungleich und ungerecht verteilt ist.
 

agentP

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Müsste man nicht erst wissen, wie der Verteilungsmechanismus funktioniert, um zu beurteilen ob er ungerecht ist?
Vermutlich ist er es sogar, aber ich fände es sinnvoller und weniger reisserisch das aufzuzeigen, als vom Ergebnis der Verteilung auszugehen.

Im Ergebnis verdiene ich z.B. doppelt so viel wie die restlichen Bewohner meines Haushalts, aber die anderen dürfen entweder noch nicht verdienen oder haben sich freiwillig für eine Teilzeitstelle an der Hochschule entschieden, anstatt Vollzeit woanders zu arbeiten. Ohne die Info könnte man auch hier auf die Idee kommen, dass es bei mir ungerecht zugeht.
(Ich bringe diese Beispiele btw. nicht wegen der Übertragbarkeit, sondern eher gleichnishaft, weil ich das Gefühl habe sonst nicht ausreichend ausrücken zu können, was ich meine.)
 

Helika

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@dkR und Gleichgesinnte:

Das Problem der "Working Poor" ist doch nicht erst seit den Auswirkungen dieser Wirtschaftskrise bekannt, ebenso wie bekannt ist, dass sich die soziale Schere gerade in Amerika (aber auch bei uns) immer weiter öffnet.

Dazu findet man genug fundierte Berichte im Internet - nein ich suche nicht, ich weiß nicht, was du als akzeptable Quelle betrachtest.

Aber ich denke doch, dass man von einem Missstand sprechen kann, wenn Personen z.T. schon zwei Jobs haben und dennoch nicht in der Lage sind, sich grundlegende Dinge wie Krankenkassenbeiträge oder Sozialversicherungen zu leisten.


Die Frage, wieviele Arbeitsplätze dieses 1% schafft, ist also unerheblich. Die Frage ist doch vielmehr: Kann man sich die Arbeitnehmer von diesen Arbeitsplätzen überhaupt noch ernähren?


In Deutschland dürfte es einer Mitarbeiterin von KiK doch schwer fallen, bei einer (angenommenen) Vollzeitstellte mit knapp 780,- Nettoverdienst über die Runden zu kommen. Und in manchen Betrieben liegen die Stundenlöhne noch unter den bei KiK veranschlagten 5,70 €/h. Jetzt übertrag das auf die USA und die dortige Wirtschafts- und Rechtslage.
 

Malakim

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@Helika
was Du ansprichst ist sicherlich ein Problem und daran muß etwas getan werden.

Ich frage mich jedoch desöfteren ob dieses Problem nur durch andere Wirtschaftssysteme lösbar ist.
Diese Gedanken kommen mir, wenn ich in einer schlechten Gegend die Läden anschaue und dort einige Fingernagelstudios neben 5xRudisresterampe zu finden sind. Es gibt offensichtlich Menschen die Ihr Geld (das wenige) auch noch willenlos aus dem Fenster werfen. Hier in Potsdam ist ein Einkaufszentrum, darin würde ich NICHTS kaufen, das ist alles Müll.

Billig ist mir zu teuer, weil das Geld dann zügig einfach weg ist. Nur wer nachhaltig sein Geld verwendet wird nach und nach wohlhabend ... und diese Einstellung fehlt in unserer Gesellschaft (nicht die Möglichkeit dazu, nur die Einstellung). Geiz und Billig ist eben NICHT geil sondern beschleunigt den Weg in die Armut. IOch verweise da mal auf einen Blogeintrag von mir wo EIN Beispiel gegeben ist:
Billiger Leben

Meiner Meinung nach wird uns ein Wohlstand vorgegaukelt und einige Anschaffungen lässt man lieber bleiben bevor man Müll kauft.
 

dkR

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Helika schrieb:
Aber ich denke doch, dass man von einem Missstand sprechen kann, wenn Personen z.T. schon zwei Jobs haben und dennoch nicht in der Lage sind, sich grundlegende Dinge wie Krankenkassenbeiträge oder Sozialversicherungen zu leisten.
Da gehen wir völlig d'accord.
Ich bin nur außerdem der Ansicht, es ist völlig egal, wie reich ein Reicher ist, bzw. wieviel Prozent des "Volksvermögens" (welch ein schwachsinniger Ausdruck) welcher Prozentsatz der Bevölkerung besitzt.
Ausschlaggebend für die Beurteilung eines Landes ist doch der durchschnittliche (oder mediane) Lebensstandard, nicht der der einzelner Leute. Ich betrachte Reichtum als erstrebenswert, nicht als Verbrechen.
Die Frage ist doch vielmehr: Kann man sich die Arbeitnehmer von diesen Arbeitsplätzen überhaupt noch ernähren?
Diese Frage hat nichts das geringste mit dem Privatvermögen 1% der Bevölkerung zu tun.
Die Frage, wieviele Arbeitsplätze dieses 1% schafft, ist also unerheblich.
Jein, wieviele Existenzen diese 1% sichern ist nicht ganz unerheblich, wenn man eine "wir Armen hier unten, die Reichen dort oben" Debatte vom Zaun brechen will.
 

agentP

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Aber ich denke doch, dass man von einem Missstand sprechen kann, wenn Personen z.T. schon zwei Jobs haben und dennoch nicht in der Lage sind, sich grundlegende Dinge wie Krankenkassenbeiträge oder Sozialversicherungen zu leisten.

Zweifelsohne. Aber wer hat den hier konkret bestritten, dass das ein Mißstand ist und inwiefern hilft irgendeine Information in dem SPON-Artikel dabei zu verstehn, woher der Mißstand kommt und wie er zu beheben ist?

Ich hätte z.B. in so einem Artikel gerne wenigstens Erklärungsansätze über den kausalen Zusammenhang.
Stattdessen wird der Mißstand angedeutet und es wird eine verkürzte nicht weiter spezifizierte Statistik zur Einkommensverteilung geliefert. Das finde ich auch verdächtig, denn das verleitet zu dem ganz einfachen Schluß, dass man nur die Reichen enteignen müsste , und die Kohle umverteilen und alles wäre gut (Statistik verbessert).
In einem komplexen System wie einer grossen Volkswirtschaft ist das aber vielleicht nicht ganz so einfach.
 

Helika

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Malakim schrieb:
Es gibt offensichtlich Menschen die Ihr Geld (das wenige) auch noch willenlos aus dem Fenster werfen.

Ein Klassiker ist die Maslowsche Bedürfnispyramide. Nun haben aber Wissenschaftler schon vor einigen Jahren herausgefunden, dass gerade bei den sozial extrem schwachen Schichten eine "Übersprungshandlung" eintritt. Anstelle sich um die Absicherung der Grundbedürfnisse zu kümmern, fangen sie massiv an, sich Luxusgüter (großer Fernseher, teures Handy, fettes Auto) anzuschaffen. Wieso? Als Ersatz für etwas, das sie nacht haben: Geltung und Anerkennung. "Wenn ich schon nichts bin und habe, dann muss ich doch wenigstens etwas nach außen repräsentieren können."

Eigentlich total irrsinnig, aber leider offenbar ein "normaler" psychologischer Mechanismus um auszugleichen, dass man schon rettungslos an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurde.
Und dabei sollte man bitte auch beachten, dass es viele dieser Personen nie anders gelernt haben, wenn ihre Eltern selbst auch schon nicht anders gelebt haben.

Oder um es einmal anders zu sagen:
Wir dürfen uns glücklich und priviligiert schätzen, überhaupt über diese Problematik auf einem so hohen Niveau diskutieren zu dürfen. Den betroffenen Personengruppen würde in den aller meisten Fällen sowohl der nötige Wortschatz (allein das schon!) als auch die nötige Einsicht fehlen. Und das finde ich die wirklich bedenkliche Tatsache. Diese Diskussionen werden immer ohne die betroffenen geführt, da diese sich nicht artikulieren können.


Und gefährlich wird es in den USA wohl auch nur deshalb, da dort jetzt mittlerweile die bürgerliche Bildungselite - die eben durchaus Einblick und Stimme genug hat - bedroht ist.



Von daher:
Nein, die Lösung ist nicht unbedingt eine andere Wirtschaftsform. Vielleicht eher eine andere Beteiligung der Betroffenen an den formgebenden Entscheidungen in DIESER Wirtschaftsform.
 

Helika

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Das brachte mich zum Schmunzeln (auch wenn's dramatisch ist):

Indische Callcenter wollen Jobs in den USA schaffen

Die indischen Unternehmer verkaufen ihre Job-Offensive in den USA nun wie eine Entwicklungshilfe: Man müsse angesichts der wirtschaftlichen Not der Amerikaner Mitgefühl zeigen, sagte Genpact-Chef Bhasin der "FT". Nicht zuletzt weil die USA den indischen Outsourcing-Firmen erst zu ihrem Erfolg verholfen hätten.
 

Hans_Maulwurf

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Ich kenne die Situation in den USA nicht vermute aber es wird ähnlich wie in Deutschland gelaufen sein:

Spitzensteuersätze werden gesenkt, Arbeitnehmerrechte beschnitten und Sozialleistungen zurückgefahren.
Dazu werden der Industrie zuträgliche Großaufträge mit Staatsschulden finanziert. Durch die verringerten Spitzensteuersätze werden die Kosten hierfür der ( schmaler werdenden ) Mittelschicht aufgedrückt.

Und jetzt kommt's:
Man jammert rum das die Leistungsträger immer mehr gebeutelt werden und praktisch gezwungen sind Firmen im eigenen Land zu schließen und in Wasweißichnichtstan neu zu errichten.

Vielleicht möchte der Spiegelautor nur dezent darauf hinweisen das obwohl die "Oberschicht" so in Bedrängnis geraten ist es ihr gelungen ist ihren Anteil am Volksvermögen weiter auszubauen.
 

wintrow

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Auch ich denke das es nicht um eine veränderte Staatsform oder Wirtschaftsform geht. Es müssen halt einfach die Schwächen in unserem derzeitigen System angesprochen und beseitigt werden. Wenn sich die Elite darüber ärgert das man über deren Vermögen spricht und man sich wundert warum 1% über ein drittel des gesamten Vermögens besitzt dann ist das gut so. Es ist ein Trugschluss zu glauben dieser 1% schafft alle Arbeitsplätze und ohne den gehts nicht. Der Mittelstand war schon immer bekanntlich das Herz unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Schwächelt die Mittelschicht, geht es dem Staat schlecht. Darüber hinaus muss immer ein Konsens zwichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gefunden werden. Beide brauchen den jeweiligen anderen um auf Dauer zu existieren.

Ich habe gestern gelesen das man darüber nachdenkt den Arbeitnehmern zwei Wochen Urlaub wegzunehmen. Mein Gedanke...bitte entfernt jemand diese inkompetente Frau, denn sie weiss nicht was sie tut.

Reich zu sein ist nicht erstrebenswert, glücklich zu sein schon!
 

Giacomo_S

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wintrow schrieb:
Ich habe gestern gelesen das man darüber nachdenkt den Arbeitnehmern zwei Wochen Urlaub wegzunehmen. Mein Gedanke...bitte entfernt jemand diese inkompetente Frau, denn sie weiss nicht was sie tut.

Was will man denn den Arbeitnehmern eigentlich noch alles wegnehmen ?
Hat es denn nicht gereicht, dass man uns seit Jahrzehnten die Butter vom Brot nimmt - Errungenschaften, die von den Arbeitnehmern so mühsam erkämpft wurden ? Mal ganz zu schweigen von den entscheidenden Reallohneinbußen, die wir seitdem so brav geschluckt haben.

Vor allem: Wozu soll das alles gut sein ?
Die Gesellschaft diskutiert über die "Rente mit 67", es sind auch schon die üblichen Wichtigtuer mit der Rente mit 70 aus dem Hütchen gesprungen ... lachhaft. Als Arbeitnehmer bekommst Du schon mit Ü40 derzeit keine Stelle - wo sollen dann erst die Ü60 arbeiten ?
Und warum soll dann auch noch die Arbeitszeit derer verlängert werden, die Arbeit haben ?

Damit wir wie Musterland USA werden - die sich selbst die Scheiße gewirtschaftet haben, und ihr ach so tolles neoliberales System nun mit hoher Arbeitslosigkeit, extremer Verschuldung und Wohnungslosigkeit auskosten ?
 

Simple Man

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Ach, das mit der Urlaubsverkürzung ist doch eh nur so eine Sommerlochmeldung ... da wird darüber fabuliert, man wolle die Urlaubszeit auf 4 Wochen herunterkürzen - und weiß scheinbar nichtmal, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch in Deutschland eh nur 24 Werktage beträgt ... :egal: ... noch absurder wird es ja, wenn man sich die Äußerungen des Präsidents des Bundesverband mittelständische Wirtschaft anschaut: er begründet die Forderung mit dem starken Wirtschaftsaufschwung und dem Fachkräftmangel, es werden halt alle Kräfte gebraucht (ob man Fachkräfte wirklich damit anlockt, dass sie faktisch eine Lohnkürzung hinnehmen sollen?) ... und was hat er vor nem guten Jahr noch gefordert? Genau das gleiche, die Leute müssen länger und mehr arbeiten, wegen der Wirtschaftskrise ... ergo: wenn es der Wirtschaft gut geht, sollen die Leute mehr arbeiten, wenn es der Wirtschaft schlecht geht, auch - heißt also, egal wie es der Wirtschaft geht, die Leute sollen mehr arbeiten. Aber dann soll er es auch so sagen, wenn er das denkt und sich nicht solch bescheuerte Begründungen aus den Fingern saugen ... :roll:
 

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