Grobi schrieb:
Warum Lovecraft in seinen Briefen behauptet, das Necronomicon sei eine Erfindung von ihm, kann sicher auch nicht restlos geklärt werden. Vielleicht, weil es genauso war, theoretisch gibt es aber auch andere Möglichkeiten.
Und was für Gründe sollten das Deiner Meinung nach sein ?
Um einer Profanisierung durch Uneingeweihte vorzubeugen, wie es das erklärte Ziel der Alchemisten seit Jahrhunderten gewesen ist ? Wäre dem so, dann hätte er es erst gar nicht veröffentlichen müssen, es wäre die viel einfachere Möglichkeit gewesen.
Verschiedenerlei "Zauberbücher" waren übrigens Ende des 18. Jh. derart in Mode, dass ein Kommentator anlässlich der Leipziger Buchmesse meinte (sinngemäß, das wörtliche Zitat liegt mir leider gerade nicht vor), "man könne mit ihnen die Straße von Leipzig nach Frankfurt gar wunderbar eben machen."
Tatsächlich folgen die Zauberbücher der Alchemisten dieser Zeit ihrer Tradition: Alles in oft widersprüchlichen Allegorien zu verpacken, damit bloß kein "Uneingeweihter" hinter den Sinn kommt. Den der aufgeklärte Leser im übrigen vergeblich suchen wird, denn die meisten dieser Bücher dürften bereits damals von den Dänikens, Butlars und Berlitzens ihrer Zeit verfasst worden sein. Erschrökliche Parawissenschaften gab's eben auch schon damals.
Verständliche Bücher über die Magie sind eine verhältnismäßig junge Erscheinung des 20. Jh. Persönlich habe ich nur eines darüber gelesen, Franz Bardons "Die Praxis der magischen Evokation" (1956). Als Naturwissenschaftler lehne ich die Existenz der dort beschriebenen Inhalte ab, aber nun ja ... Bardon strahlt in diesem Buch eine deutliche Selbstsicherheit aus.
Eine Bekannte bat mich um einen Talisman. Ich sagte ihr, nur sie selbst könne ihn für sich anfertigen und gab ihr das Buch. Das nächste Mal traf ich sie völlig erschrocken: "Ich verkaufe doch nicht meine Seele !", rief sie aus. Im großen und ganzen hat sie Recht, auch wenn die Seele dabei vielleicht anders auf der Strecke geblieben wäre, als Bardon es meinte. In diesem Zusammenhang verschwand das Buch, darüber war ich ganz froh; hoffentlich ist es in die richtigen Hände geraten.
Oder anders gesagt:
Nehmen wir einmal an, das Necronomicon sei "echt" (für was immer hier der Begriff "echt" stehen soll): Meinst Du, etwas aus ihm etwas entnehmen zu können, was in irgendeiner Form für den heutigen Menschen eine Relevanz hätte ? Psychiatrische Kliniken sind voll von Menschen, die sich mit mangelnder Vorbereitung auf Bewusstseinsexperimente eingelassen haben. Persönlich bezweifle ich stark, dass man sich überhaupt darauf richtig vorbereiten kann.
Ganz abgesehen davon war z.B. Bardon der Meinung, dass magische Praktiken aus anderen Kulturen, also auch der arabischen, für den westlichen Magier ohne Wert sind. Denn auch der Magier steht im Zusammenhang mit seiner Kultur und kann nur die magischen Praktiken ausführen, die aus seiner Kultur stammen.