China und der Dalai Lama

Malkav

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Ich persönlich finde es nicht gut, dass China so plötzlich ein wichtiger wirtschaftlicher Partner des ach so zivilisierten demokratischen Westens geworden ist. Seit dem Platz des Himmlischen Friedes hat sich an der innenpolitischen Lage in China doch nicht viel geändert oder bin ich da jetzt komplett desinformiert? Ganz plötzlich über Nacht (nach der Übernahme von Hong Kong...) waren alle gut Freund mit China und machten Geschäfte als wär nie was gewesen...

Und mittlerweile muß man sich entschuldigen, wenn man eine religiöse Persönlichkeit einlädt oder wenn man vergiftete Spielzeuge zurückruft. :don:
 

Ein_Liberaler

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Der Lamabesuch wird übelgenommen, ja, aber das mit dem Spielzeug hat die Chinesen direkt in Panik versetzt. Die scheinen erkannt zu haben, daß ohne den Kunden nichts läuft.
 

TheFreeman

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Vor China sollte man sich meiner Meinung nach ohnehin mal in Acht nehmen, sonst belaufen sich unsere wirtschaftlichen Interessen bald nur noch darauf, die europäischen Firmen vor der Pleite zu retten... :-/
Sobald die mal den Dreh raus haben, Waren in besserer Qualität zu fertigen, müssen wir hier die Zölle hochschrauben damit andere Hersteller nicht das Nachsehen haben. Jedenfalls habe ich Ähnliches vor einiger Zeit in einem namhaften Magazin gelesen. In dem Artikel gings unter Andrem um Baufirmen in Afrika, Industriespionage etc...

Davon mal abgesehen kann ich chinesische Politik aus unterschiedlichen Gründen nicht gutheissen, wenn ich auch keine wahre Abneigung gegen den Durchschnittschinesen empfinde. Die lassen halt so ziemlich alles mit sich machen was die Regierung will.

Gruß,
Freeman
 

Ein_Liberaler

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Dann sollten die sich aber beeilen, den Dreh rauszubekommen. Im Augenblick steuert China auf gewaltige Probleme zu: Überalterung, Umweltverschmutzung, steigende Energiekosten. Der Hauptwettbewerbsvorteil ist die billige Arbeitskraft, und der geht nach und nach verloren.

Wenn sie den Dreh aber einmal raushaben, können wir uns warm anziehen. Es gab schon einmal Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende, in denen Europa einfach nichts hergestellt hat, was China haben wollte und das Reich der Mitte unser Edelmetall aufgesaugt hat, und damit fertig.
 

Simple Man

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Naja, momentan haben wir meiner Meinung nach ja mindestens zwei Dinge, die sie haben wollen:

  • - Unser Geld

    - Know-How

:wink:
 

Ein_Liberaler

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Unser Geld? Das wollen sie nur, solange sie dafür unsere Waren kaufen können.

Was ich meinte: Unser Geld ist nur solange interessant, wie unsere Waren interessant sind, die es dafür zu kaufen gibt. Wenn die Chinesen einmal den Bogen raus haben (= wir keinen Know-how-Vorsprung mehr haben), wird das nicht mehr der Fall sein.

Was gibt es eigentlich für Theorien, warum China keine industrielle Revolution losgetreten hat? Die Chinesen waren uns doch jahrhundertelang voraus. Lag es wirklich nur an der zentralistischen Verwaltung?
 

Simple Man

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Nun ja, du meinst, dass sie dann nur noch innerhalb Chinas produzieren, kaufen, verkaufen usw.?

:gruebel:

Warum die keine industrielle Revolution losgetreten haben, darüber gibt es imo zahlreiche Meinungen ... ich denke ja, dass es vorallem an ihrer Abschottung und dem Protektionismus lag ... betrachtet man die industrielle Revolution, erkennt man, dass sie mit einer immer stärkeren Vernetzung der Weltwirtschaft einherging ... ich meine, man führe sich vor Augen, dass einer der wesentlichen Sektoren der industriellen Revolution die Baumwollindustrie war, ein ausgesprochen weltmarktorientierter Sektor ... als die Chinesen dann schließlich mehr oder weniger gezwungen waren sich zu öffnen, haben die Briten sie ja über den Tisch gezogen, möchte man fast sagen ...
 

Ein_Liberaler

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Simple Man schrieb:
Nun ja, du meinst, dass sie dann nur noch innerhalb Chinas produzieren, kaufen, verkaufen usw.?

Die Rohstoffe werden sie uns schon noch wegschnappen.

Das einzig weltmarktorientierte an der Baumwolle war meines Erachtens, daß der Rohstoff importiert werden mußte. Alles weitere ergab sich daraus, daß sie sich im Gegensatz zur Wolle zum Maschinenspinnen eignete, oder?
 

Simple Man

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Ein_Liberaler schrieb:
Das einzig weltmarktorientierte an der Baumwolle war meines Erachtens, daß der Rohstoff importiert werden mußte. Alles weitere ergab sich daraus, daß sie sich im Gegensatz zur Wolle zum Maschinenspinnen eignete, oder?
Mal abgesehen davon, dass das Wörtchen "nur" bei der %-Menge die importiert werden musste (nämlich so gut wie vollständig) imo etwas seltsam wirkt, war das Maschinenspinnen ja auch eine Folge offener Märkte ... man musste ja der qualitativ und quantitativ höherwertigen Stoffproduktion Indiens etwas entgegensetzen

Vielleicht war es eine Art Monopoleffekt, der China behinderte ... die haben sich abgeschottet und alles selber produziert, so dass keine außerchinesische Konkurrenz auf ihren Binnenmarkt kam ... und Monopolisten sind oftmals ja recht behäbig, was neue Technologien angeht ... wobei ich natürlich weiß, dass man solche Verhaltensweisen eigentlich nicht auf ganze Volkswirtschaften und Länder übertragen sollte ...
 

Ein_Liberaler

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Wir Europäer haben doch immer nach einer Möglichkeit gesucht, menschliche Arbeit durch Mühlen zu ersetzen - Getreidemühlen, Sägemühlen, Papiermühlen, Pulvermühlen, Mühlen, die erzhaltiges Gestein zerstampften, Mühlen, die Schmiedehämmer betrieben, mühlenbetriebene Pumpwerke, sogar experimentelle mühlengetriebene Fahrzeuge, wenn ich mich nicht irre. Die Engländer nennen Textilfabriken heute noch mill.

Ich schätze, die Baumwollindustrie wäre auch entstanden, wenn wir heimische Baumwolle gehabt hätten.

Und sie wäre womöglich nicht entstanden, wenn nicht das Wollhandwerk Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hätte, den freien Welthandel (hier: mit indischen Baumwollstoffen) zu verhindern. Könnte ich mir jedenfalls denken. Ich meine, meines Wissens wurde zuerst der Import von Kleidung, dann von Stoffen, dann womöglich auch der von Garnen verboten, aber bevor auch noch Rohbaumwolle unters Interdikt fallen konnte, waren die Wolle und ihre Lobby pleite.

Wie erklärt sich so eine erstarrte Gesellschaft wie die altchinesische? Gehört dazu die Herrschaft einer schmalen Oberschicht, die sich auch vom Überschuß eines weitgehend armen Volkes ein feines Leben machen kann? Ich komme nicht davon los, daß auch die Wohlgeordnetheit des riesigen Landes dazu beigetragen haben muß, die jeden Konkurrenzkampf im System stattfinden ließ, ganz anders als im wirren Europa, das immer eine Kultur, aber nie eine Ordnung geteilt hat.
 

dkR

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Aphorismus

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dkR schrieb:
Der Dalai Lama ist ein bischen mehr, als nur der Chef der tibetanischen Staatsreligion.

Stimmt, er ist wirklich ein bisschen mehr. Zum Beispiel Friedensnobelpreisträger. Und eine wichtige Figur für viele am Buddhismus interessierten Leute weltweit.
 

dkR

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Außerdem Alleinherrscher, Gottkaiser und ausgesprochen fähiger Machtpolitiker. Sich als Friedenspolitiker und religiöser Obermotz zu profilieren, wenn man sonst König ohne Land ist und das die erfolgsversprechenste Strategie ist finde ich jetzt nicht so wirklich toll.
Ihn nur auf die Rolle des verfolgten Buddhisten zu reduzieren wird der Sache nicht gerecht.
 
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