Verrückte Welt - Struck unternimmt nichts gegen Drogen

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Der Mohn darf weiter blühen


Verteidigungsminister Struck im afghanischen Kundus. Kein Kampf gegen Drogen (junge Welt)

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Die neuen Rekordmeldungen aus Afghanistan sorgen kaum für Jubel: Seit dem Sturz der Taliban infolge der US-Operation »Enduring Freedom« vor gut zwei Jahren ist das Armenhaus am Hindukusch wieder der weltweit größte Produzent von Rohopium, dem Grundstoff für Heroin, geworden. Unter den Augen mehrerer zehntausend Besatzungssoldaten – unter anderem aus den Drogenkonsumländern USA, Großbritannien und Deutschland – wurden im vergangenen Jahr in Afghanistan insgesamt 3600 Tonnen Opium produziert, das sind 77 Prozent der Weltproduktion. Für 2004 wird eine neuerliche Rekordernte erwartet.

Eines der größten Drogenanbaugebiete liegt ausgerechnet im Einsatzbereich der Bundeswehr im nordafghanischen Kundus. Wenn Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) heute die dort stationierten deutschen Soldaten besucht, weilt er für kurze Zeit in wahrlich blühenden Landschaften. Und geht es nach dem Minister, dann soll das auch so bleiben. Allen Bitten afghanischer Provinzpolitiker um Unterstützung im Kampf gegen die Drogen zum Trotz erklärte Struck am Freitag noch einmal, seine Soldaten würden auf keinen Fall gegen die Opiumbarone und -kuriere vorgehen. »Unsere Aufgabe ist es, den zivilen Aufbau in der Provinz Kundus und in den drei Nachbarprovinzen mitzubetreiben.«


Die Lage an den Einsatzorten der Bundeswehr, Kabul und Kundus, ist nach Strucks Einschätzung »nicht ruhig und nicht stabil«. Es müsse immer noch mit »Vorfällen« gerechnet werden, »die auch unsere Soldaten gefährden«. Zumindest für die Hauptstadt Kabul trifft dies zu: Erst am Mittwoch wurde ein Doppelanschlag auf deutsche und britische Militärstützpunkte verübt. Dabei wurden ein britischer Soldat getötet und mindestens neun weitere Menschen verletzt. Am Donnerstag wurden sieben US-Soldaten nahe der Stadt Gasni im Osten Afghanistans getötet. Der Vorfall, über dessen Ursache zunächst nichts bekannt wurde, fiel in die Vorbereitungen für eine Frühjahrsoffensive gegen den Terrorpaten Osama bin Laden und den entmachteten Taliban-Chef Mullah Mohammed Omar. Die großangelegte Militäroperation soll laut CNN mit Beginn der Schneeschmelze beginnen und sich auch in das Nachbarland Pakistan erstrecken.


Bei seinem Kurzaufenthalt im afghanischen Kundus plant Struck offensichtlich auch einen Besuch bei den örtlichen Größen des Drogengeschäfts. Seine Reise diene vor allem dazu, einen »persönlichen Eindruck« zu gewinnen und die »afghanischen Machthaber kennenzulernen«, erklärte der Verteidigungsminister vor seinem Abflug. Immerhin: Strucks Drogentoleranz sorgt für Ruhe am Bundeswehrstandort Kundus. Ein Vorgehen gegen das örtliche Drogenkartell dürfte selbiges nämlich nicht ohne Widerstand hinnehmen.


Mittlerweile bestätigte Minister Struck auch, daß der Bundeswehreinsatz weitaus länger dauern wird, als es Bundestag und Öffentlichkeit vermittelt wurde. »Meine persönliche Einschätzung ist, daß wir dieses Mandat im Oktober um ein Jahr verlängern werden, um die politische und zivile Entwicklung in Afghanistan zu bewerten«, sagte er. Die Drogenbosse wird es freuen, bleiben ihre Geschäfte damit doch weiter unberührt.


Dabei hatte der afghanische Kommandeur von Kundus die Bundeswehr eindringlich aufgefordert, sich in ihrem neuen Einsatzgebiet auch im Kampf gegen den Mohnanbau und Opiumhandel zu engagieren. Die Drogen seien in der Region »das größte Problem«, sagte Kommandeur Daud Chan der Financial Times Deutschland. Er warf der Bundeswehr vor, »nichts dagegen getan« zu haben. Dabei seien die Drogen Haupteinnahmequelle der Terrororganisation Al Qaida – gegen die sich offiziell die ganze Operation »Enduring Freedom« richtet.
 

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