antimagnet schrieb:
der gefängispsychologe wäre gut beraten, irgendwo einzubrechen. da liegt die aufklärungquote knapp unter 20%. (
klick)
ein rationaler mensch multipliziert die wahrscheinlichkeit des eintretens mit dem nutzen. sagen wir, es gibt 10.000€ zu erbeuten, dann wären das also 10.000*0,8=8.000€, die man innerhalb weniger stunden verdient. wer da nicht einbricht, handelt strenggenommen irrational (außer er hat nen noch besseren job). rationale verbrecher müssten sich ihr verbrechen nach der aufklärungsquote aussuchen...
Wie du jetzt auf diese Multiplikation kommst hab ich nicht verstanden.
Anyway...
Erbeutet man denn bei Einbrüchen wirklich so viel Geld? Wieviel Arbeit steckt eigentlich wirklich hinter so einem Einbruch? Ein normale Wohnungstür aufzubrechen dauert für einen Profi wohl nur einige Minuten... die Frage ist wieviel es zu holen gibt und ob der Einbrecher das vorher weiss und wie einschätzbar das Risiko für ihn ist. Das Zeug,das er klaut muss er zudem auch noch irgendwo loswerden. Er wird bestimmt nicht den vollen Wert der Ware dafür erhalten.
Zudem gilt: Auch Einbrechen will gelernt sein. Es spielt auch eine Rolle ob der potentielle Deviant überhaupt über die entsprechenden Werkzeuge und Kenntnisse verfügt einen Einbruch einigermaßen professionell übre die Bühne zu kriegen. Es ist vielleicht keine ehrliche Arbeit aber eben auch Arbeit...
Man kann sich also entscheiden: Entweder ein unbeständiges Leben als Einbrecher und manchmal mit ein wenig Glück und viel Geschick eine große Geldmenge abstauben verbunden mit dem Risiko im Knast zu landen. Ich schätze über kurz oder lang wird jeder irgendwann mal erwischt, der das längere Zeit betreibt.
oder: Man macht eine Ausbildung, mit halbwegs guten Berufsausichten, findet eine feste Anstellung und führt ein geregeltes Leben mit stabilen Finanzen und schwedischen Möbeln statt schwedischen Gardinen. Vorrausgesetzt man verfügt über die notwendigen Mittel und Möglichkeiten dies zu verwirklichen.
Verhalten sich "anständige Bürger" jetzt immer noch so irrational?
Jetzt wäre es interessant Zahlen zu haben, die etwas darüber aussagen welche Verbrechen am häufigsten begangen werden und in welchem Verhältnis sie zu der jeweiligen Aufklärungsquote stehen. Ich würde mal vermuten, daß die Anzahl der begangenen Einbrüche entsprechend der niedrigen Quote recht hoch ist.
Aber man muss eben neben dem erwarteten Gewinn und der Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden auch noch die nötige Arbeit berücksichtigen. Außerdem spielt es eine Rolle welche anderen Möglichkeiten es noch gibt an dieselbe Summe zu kommen, die vielleicht einfacher sind. Und ob der Einbrecher überhaupt so viel Geld haben will und wie hoch die zu erwartende Strafe im Falle des Erwischtwerdens sein wird.
]Zudem möchte ich behaupten, daß es ohne Strafen weitaus mehr Verbrechen aus rationalen Motiven geben würde,
dem würd ich sogar zustimmen. ich meinte aber vielmehr, dass die meisten menschen sich benehmen, nicht weil sie die strafen fürchten, sondern weil sie wissen, dass es sich nicht gehört. der eigene ehrenkodex, sozusagen. sieht man ja bei ellinaelea, der alten schwarzfahrerin. schwarzfahren gehörte nicht zum ehrenkodex, also hat sie's gemacht. einem blinden bettler die münzen aus dem becher zu klauen schon. deswegen hat sie das gelassen. stimmt's?
Also bei mir besteht eines der Hemmnisse am Schwarzfahren darin, daß es mir furchtbar peinlich wäre ohne Fahrkarte vor dem Kontrolleur zu stehen und mich mit blöden Ausflüchten wohlmöglich auch noch wegen der 2 Euro oder so zu erniedrigen. Ich würde mich schlicht schämen. Zudem wäre ich die ganze Zeit nervös, wenn ich kein Ticket hätte. Da ist mir mein gutes Gewissen und eine entspannte Fahrt die zwei Euro schon wert. Ist das jetzt eine rationale Entscheidung oder eine internalisierte Norm?
oder, etwas gehobener ausgedrückt: es sind internalisierte normen, die menschen von deviantem verhalten abhalten. ob diese normen vom staat so gesetzt wurden, ist da relativ unabhängig von.
Das stellt die Existenzberechtigung von Gesetzen erheblich in Frage. Wenn sich sowieso alle dran halten weil sie es internalisiert haben braucht man keine externen Sanktionen mehr. Bei den Menschen die nicht kriminell sind ist das auch so. Bei kriminellen offensichtlich nicht, sonst würden sie sich ja nicht deviant verhalten.
das verbot zu kiffen, ist bei den meisten (kiffern) nicht internalisiert. sich die unterhose über den kopf zu ziehen, ist nicht staatlich verboten, aber trotzdem eine internalisierte norm. und deswegen kiffen mehr als sich leute unterbuxen über den kopf ziehen.
Ich geh mal davon aus du meintest: sich die Unterhose nicht über den Kopf zu ziehen ist eine internalisierte Norm. Aus meiner rationalen Argumentationsweise heraus muss ich dich jetzt aber darauf hinweisen, daß es einem keinen Nutzen bringt sich die Unterhose über den Kopf zu ziehen eher Nachteile. Deswegen ziehen sich auch mehr Leute Joints rein als Hosen über den Kopf. Ich seh da keinen Widerspruch zu meiner Position. Ich stimme Dir aber zu, daß es neben rationalen Erwägungen auch andere Dinge gibt, die das Verhalten steuern. Und internalisierte Normen gehören da durchaus zu. Unter bestimmten Bedingungen wird man aber gezwungen diese zu überwinden, bzw. gegen sie zu verstossen. Wenn man zum Beispiel keine Perspektive im Leben hat, einem hier und da das Geld fehlt, man kurz vorm Rausschmiss aus der Wohnung steht, sprich: wenn es um existenzielle Bedrohungen (oder auch Nutzen) geht nimmt die Bedeutung solcher internalisierten Normen sehr schnell wesentlich ab. So zumindest meine These. Und da kann es durchaus auch mal rational sein sich abweichend zu verhalten.
und deswegen ist mord auch selten. mag aber sein, dass es einige wenige gibt, die tatsächlich nur die staatliche sanktion davon abhält, und es im falle eines wegfalls der staatlichen sanktionen einen dammbrucheffekt gibt.
Also ich glaub ja eher das Mord selten ist, weil der Mord an sich nicht viel Nutzen hat.
Aber im Grunde ergänzen sich unsere Sichtweisen ganz gut finde ich.
gruß
the midget
ach ja zu der Geschichte mit den blinden Bettlern und den Münzen (wobei ich da eigentlich noch anmerken wollte, dass die Münzen eines Bettlers auch eine sehr kleine Beute sind - nicht groß genug um mich zu so etwas gemeinem hinreissen zu lassen) hab ich noch ein schönes Songzitat:
Chris Cornell von Soundgarden schrieb:
The day I tried to live
I stole a thousand beggar's change
And gave it to the rich