Den ärgerlichen Unterton habe ich auch festgestellt, der stellt sich aber zwangsläufig irgendwann ein, wenn man permanent mit Verschwörungen konfrontiert wird und wenn einfach jedes Argument, das man vorbringt mit "das hat die CIA gefälscht" widerlegt wird, wenn Beweise vom Tisch gefegt werden, weil sie schlicht "zu perfekt" sind, um wahr zu sein gleichwohl die Nichtexistenz eines Beweises aber schon Beweis genug ist, daß die CIA oder die Freimaurer oder Gladius oder sonstwer dahintersteckt. Das ist doch das Bittere: Verschwörungstheorien sind in sich geschlossene, vollkommen logische Systeme, ohne Platz für Irrationalität oder für Gegenbeweise, weil jeder Gegenbeweis sofort assimiliert und damit Teil des Systems selbst wird ("Ha, da siehst du mal, wie raffiniert DIE sind!"). Irgendwann verliert man dann - auch als ruhiger, besonnener Mensch - die Lust und fängt wegen soviel Borniertheit an, seine Statements in Puncto Schärfe ein wenig aufzubohren.
Zum Artikel: ja, der Artikel hat sich vornehmlich der einfach zu widerlegenden Dinge angenommen. Aber wenn man sich hier mal so umschaut, kursiert ein Großteil davon hier noch immer und hat sich hartnäckig festgesetzt, wie der Dreckrand in einer Badewanne. Wollte man sich der richtig komplexen Verschwörungstheorien annehmen, bedürfte es schon sehr viel mehr Arbeit und Mühe, die man zweifelsohne aufbringen könnte, die aber sehr viel Zeit und teuren Zeitschriftenplatz kostet. Und an dieser Stelle wird's schlicht unökonomisch: nur um eine kleine Splittergruppe zu bekehren, macht sich niemand eine solche Mühe. Auch wenn's mancher nicht gern hört: sooo wichtig und interessant sind die meisten hier (und insbesondere das, was sie so von sich geben) dann auch wieder nicht.
Daß sich der SPIEGEL der Verschwörungstheorien jetzt endlich mal einigermaßen umfassend angenommen hat, hat wohl eher damit zu tun, daß irgendwelche wüsten Geschichten nicht nur in Internetforen kursieren, sondern inzwischen auch den Weg an die Stammtische verrauchter Schankwirtschaften gefunden haben: ein passabler Nährboden, nach 45 Jahren wurde das Kleinreden der deutschen Kriegssschuld und artverwandter Themen (angefangen beim angeblichen Präventivkrieg gegen Rußland bis zur Diskussion über die Nichtexistenz von Auschwitz, bzw. des dort ansässigen Vernichtungslagers) irgendwann langweilig, da kamen die hanebüchen Geschichtchen um den 11. Sebtember gerade recht und der SPIEGEL sieht sich (endlich) genötigt, für ein wenig Klarheit zu sorgen.