RFID

Ask1 Redaktion

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Radio Frequency Identification (RFID) stellt eine Markierungstechnologie dar, welche gravierende gesellschaftliche Folgen in sich birgt, da diese "Schnüffelchips" relativ unempfindlich gegen Wasser und Hitze sind - jedenfalls im Vergleich zu den Produkten in welchen sie genutzt werden. Durch ihre simple Bauart können sie sogar problemlos in Kleidung implementiert werden. Ob Ausweise, Geldscheine, Chipkarten, Kleidung, Konsumartikel - überall soll RFID zum Einsatz kommen und unter anderem auch den veralteten Strichcode ablösen. Hier verbirgt sich ein großes Potential zur Gefährdung der Privatsphäre bis hin zum Verlust der Käuferanonymität und zur Bedrohung bürgerlicher Freiheiten.

Es gibt verschiedene Arten von RFID-"Schnüffelchips":

Den 1-Bit-Transponder, welcher nur einen von zwei Zuständen, also aktiv oder nicht aktiv, annehmen kann. Er lässt keine eindeutige Identifizierung zu und soll z.B. als Diebstahlsicherung in Kaufhäusern zum Einsatz kommen.

Den multi-Bit-Transponder: Er kann relativ viele Daten speichern, z.B auch eindeutige ID-Nummern, welche vom Hersteller vergeben werden und nicht mehr zu entfernen sind. Diese Chip-Version gibt es auch wahlweise in einer aktiven oder passiven Variante. Aktiv bedeutet, dass der Chip an einer Stromquelle angeschlossen ist und so eine Reichweite von mehreren hundert Metern besitzen kann. Passiv bedeutet, dass er seine Informationen durch die Energie des Lesegerätes freigibt. Die Reichweite wird auf ca. 10 Meter geschätzt und ist vom Lesegerät und der Umgebung abhängig. Diese Chipvariante ist es auch, die von Nutzern favorisiert wird.

Bereits ohne RFID ist das Thema Data Mining für Industrie und Wirtschaft ein Schwerpunkt. Data Mining steht für eine Abfragetechnik, mit der zum Beispiel aus Bestelldaten Kundenprofile gewonnen werden können. Data Mining ermöglicht es, das Marketing auf die Bedürfnisse des einzelnen Kunden zuzuschneiden und Rückschlüsse auf die Leistungserbringung zu ziehen. Anwendbar ist Data Mining in vielen Bereichen - vom Handel über die Industrie bis hin zu Banken und Versicherungen. Die Einführung von RFID wäre ein riesiger Schritt vorwärts für die Anwender von Data Mining. Werden RFID-Informationen gezielt mit Datenbanken verschiedener Informationsinhaber wie Schufa, Versicherungen, Banken, Krankenkassen, usw. abgeglichen, wird ein Szenario sichtbar, welches Befürchtungen von Datenschützern in der Vergangenheit bei weitem übertrifft: Passiert eine Person ein Lesegerät, wäre es in naher Zukunft möglich, nicht nur den mitgeführten Betrag an Bargeld zu erfassen, sondern auch, ob diese Person Bank/Creditkarten mit sich führt, wer welche Kleidung trägt, wie alt diese ist und in welchem Geschäft sie gekauft wurde. Weiterhin könnte durch die ID des Personalausweises/Führerscheins oder der Geldkarte die Identität festgestellt werden, ermittelt wie kreditwürdig der Kunde ist, welche Artikel er für gewöhnlich kauft usw..... Das Ausmaß der Kontrolle hängt weitgehend auch davon ab, wann und in wie weit verschiedene Firmen und Institutionen ihre Datenbanken miteinander verknüpfen. Bleibt also die Frage, ob und in welchem Ausmaß hier Einigkeit entstehen wird und dies wohl nicht unbedingt zum Nutzen der Kunden.

Begonnen hat dieses Kontroll-Szenario bereits und meist wird der Kunde selber gar nicht informiert: so war das RFID-Prinzip z.B in der Future-Store-Payback-Kundenkarte der Metro Group bereits im Einsatz (http://www.foebud.org/texte/aktion/rfid/) . Nachdem Datenschutzaktivisten des Bielefelder Vereins Foebud die Chips entdeckt hatten, zog der Konzern diese zurück. Es wurden auch mit der RFID-Technologie ausgezeichnete Artikel im Verkauf bei der Metro AG getestet. Zwar gab es dort einen so genannten "Deaktivator", der die "Schnüffelchips" in den Preisetiketten nach Zahlung außer Kraft setzen soll, doch wird hierbei nur ein Teil der Informationen gelöscht - die eigentlich "gefährliche", individuell vergebene Nummer, kann nicht gelöscht werden, da sie vom Hersteller fest in den Chip eingebaut wird.

Auch Wal-Mart hat einige Versuchsreihen mit RFID zur eigenen Zufriedenheit abgeschlossen. Es scheint also lediglich eine Frage der Zeit, wann andere Discounter und Hersteller nachziehen. Anfänglich zwar nur im Lager zur logistischen Abwicklung verwendet, ist es - sind die Produkte erst einmal mit RFID ausgezeichnet - noch ein kleiner Schritt in den Verkauf. Und dass dann statt den für die Lagerverwaltung ungeeigneten 1-Bit RFIDs die multi-Bit-Versionen eingesetzt werden, scheint kaufmännisch logisch - schließlich möchte wohl kein Händler die Produkte mehrmals auszeichnen müssen. RFID ist für die Industrie sehr wohl ein wichtiger Technologie-Träger um die Unkosten weiter zu minimieren, effektiv also auch weitere Arbeitsplätze abzubauen.

Infineon, Hersteller und Spezialist für Computerchips jeglicher Anwendungsgebiete hält die von Verbraucherschützern geforderte Kennzeichnung der Ware, welche mit RFID-Technologie ausgezeichnet ist, für sinnvoll. Zwar spielt der Chiphersteller die Gefahr in seiner FAQ herunter: "RFID-Chips selbst sind zwar mit etwa einem Quadratmillimeter Chipfläche so klein wie Sandkörner, aber ihre Antennen müssen groß sein, sonst sind die Chips für Lesegeräte nicht wahrnehmbar. [....] man könne RFID-Chips in der Schuhsohle verstecken und sie durch einen Scanner im Teppich auslesen. Nur - woher soll die Schuhsohle wissen, wer ihr Träger ist?"
Doch ist es wohl nur eine Frage der Zeit und der Nachfrage, wann dieses technische Problem gelöst ist. Wir erleben jeden Tag die Miniaturisierung technologischer Bausteine, bestes Beispiel sind Handys - und mögen Schuhsohlen vielleicht nicht eindeutig zuzuweisen sein, so sind es Ausweise sicherlich. Auch der Weg einiger anderer, mit RFID ausgestatteter Gegenstände, birgt durchaus Interesse für eine Profilerstellung verschiedenster Interessengruppen. Wohlwissend dessen rät auch Infineon: "Der Verbraucher soll die Möglichkeit haben, das Etikett abzunehmen oder beim Kauf zu zerstören."

"Zeig mir deinen Müll und ich sage dir wer du bist." Selbst die Gelbe Tonne oder die Restmüll-Tonne bergen dann noch sehr persönliche Informationen über die Interessen und Angewohnheiten einer Anwohnerpartei. Geht man dann noch davon aus, dass bislang außer Privatdetektiven kaum einer die Mülltonnen anderer Menschen durchwühlt, so ist es - sollte RFID wirklich den Barcode verdrängt haben - für Marktforscher und andere am Konsumenten interessierten Gruppen sehr aufschlussreich, mit einem Scanner durch die Straßen zu laufen - oder einen solchen an der Schüttung eines Müllwagens zu platzieren.

Kann man Etiketten noch entfernen, sieht es auf einem anderen Gebiet schon anders aus: Die Firma Applied Digital Solutions (ADS)entwickelte eine Version des RFID- Chips, den so genannten VeriChip, welchen man mit einer Spritze unter die Haut spritzen kann. Als erste Zielgruppe für den Chip gelten z.B Gefängnisinsassen, welche man mittels eines implantierten Chip besser überwachen oder im Falle eines Ausbruchs leichter aufspüren könnte. Aber nicht nur dort ist der Chip anwendbar: Im "Baja Beach Club" in Barcelona kann man sich diesen Chip als Kreditkartenersatz implantieren lassen. Gedanken über die Möglichkeiten des Missbrauchs machen sich offenbar weder die Kunden, noch ein großer deutscher privater Fernsehsender, welcher dieses "verinnerlichte" Zahlungsmittel in seinem "Infotainment Magazin" als "neuen Trend" darstellte.

Bleibt dem Bürger in naher Zukunft also nichts weiter übrig, als mit einem geeigneten Störsender in der Tasche einkaufen oder spazieren zu gehen, will er nicht unwissentlich und unfreiwillig alle Daten über sich preisgeben? Der Datensicherheits-Spezialist RSA hat auf einer Messe in San Francisco schon eine Methode vorgestellt, welche Datenspionage mittels RFID-Chips zwar in Grenzen aber doch einigermaßen unterbinden lässt: Lesegeräte können die Seriennummern aller erreichbaren Chips nicht gleichzeitig auslesen.
Zur Koordination wird ein so genanntes Singulation Protocol genutzt, mit dem die Lesegeräte einzelne Chips der Reihe nach adressieren, dem jeweiligen Chip dann die eine Sendeerlaubnis erteilen und anschließend die enthaltenen Daten ausliest. Der Blocker-Chip der Firma RSA simuliert gegenüber dem Lesegerät eine schier unendliche Zahl adressierbarer RFID-Labels, welche unmöglich alle nacheinander abgefragt werden können. Das Lesegerät wird also lahm gelegt und kann keine Daten auslesen. Solange ein solcher Störsender im Bereich des Lesegeräts aktiv ist, wäre jegliches Auslesen der Chips unmöglich. Dieses funktioniert bis jetzt allerdings erstmal nur mit amerikanischen RFID´s, da europäische Versionen mit einem anderen Singulation Protocol arbeiten. Doch birgt dieser Blocker auch Gefahren: In falschen Händen könnten damit auch nützliche und sinnvolle RFID Anwendungen gestört werden. Produktionsbetriebe, Lager oder Gepäckbeförderungen an Flughäfen könnten lahm gelegt werden. Der wirtschaftliche Schaden dadurch wäre enorm. Auch aus diesem Grund ist es fraglich ob der Gesetzgeber dieses nicht unterbinden und die Nutzung oder den Besitz solcher Geräte verbieten würde. Andere Methoden scheiden hier zu Lande ja schon durch das Fernmeldegesetz aus. Für die Anwendungen der RFID Technologie jedoch gibt es bis jetzt keine Gesetzes-Entwürfe, welche Grenzen aufzeigen.....


http://www.foebud.org/
http://www.vibe.at/begriffe/rfid.html
http://www.stoprfid.com/
http://www.infineon.com/cmc_upload/FAQs_RFID_d_0304.pdf
http://futurezone.orf.at/futurezone.orf?read=detail&id=230631&tmp=54154
http://www.4managers.de/01-Themen/..\10-Inhalte\asp\DataMining.asp?hm=1&um=D
 
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