BUSH MACHT ERNST [!]
Pausenlose Jagd auf bin Laden | 07.03.04 |
Nach dem Motto "jetzt oder nie" verstärken die USA die Suche nach dem El-Kaida-Chef.
Das bisher in Irak eingesetzte Sonderkommando 121, ein Team aus Spezialtrupps und Geheimdienstbeamten, ist auf Anweisung des Weißen Hauses in das afghanisch-pakistanische Grenzgebiet verlegt worden, wo der El-Kaida-Terroristenchef und einige seiner Topgefolgsleute vermutet werden.
Spionageflugzeuge und raketenbestückte "Predator"-Drohnen suchen die gebirgige Region mit Radar und superscharfen Kamera-Augen ab. Schon in Kürze, so verlautet aus Militärkreisen, soll diese Spähaktion lückenlos sein: nonstop 24 Stunden, bei Tag und bei Nacht.
Der Zeitpunkt ist günstig. In den Bergen beginnt der Schnee zu schmelzen. Das erleichtert den Zugang zu unwegsamen Pässen und Pfaden. Der irakische Exdiktator Saddam Hussein ist in US-Gewahrsam. Das setzt Kräfte frei, die im Frühling vergangenen Jahres in Irak gebunden waren.
Verwiesen wird auch darauf, dass sich der pakistanische Präsident Pervez Musharraf hilfsbereiter zeigt als je zuvor. Er fühle sich jetzt "bei weitem ernsthafter der Suche nach El-Kaida-Mitgliedern und Taliban an der Grenze verpflichtet", zitierte die "New York Times" US Regierungskreise: "Zwei Attentatsversuche kurz hintereinander vermitteln eine neue Lebenseinstellung."
Über einen weiteren Grund für die verstärkte Suchaktion gerade zu diesem Zeitpunkt spricht man im Weißen Haus nicht öffentlich. Aber er liegt auf der Hand: Die Präsidentenwahl rückt näher, und für George W. Bush wäre eine Gefangennahme bin Ladens in den kommenden Wochen oder Monaten eine traumhafte Wahlhilfe.
Bushs demokratischer Herausforderer John Kerry bereitet sich offensichtlich schon jetzt auf das Dilemma vor, in das ihn ein im Wahljahr gefangener oder getöteter bin Laden stürzen würde. Da er natürlich eine Ausschaltung des Top-Terroristen zu jeder Zeit begrüßen und als Bush-Erfolg anerkennen müsste, hat der Senator in jüngsten Wahlkampfreden schon vorsorglich einen anderen Kritikpunkt präsentiert. Bin Laden, so Kerry, sei schon vor zwei Jahren in den Tunneln von Tora Bora in greifbarer Nähe gewesen und dann auf Grund von Fehlern in Bushs Strategie entwischt.
Berater des Präsidenten bestätigen, dass dieser kürzlich ein neues Konzept für die Suche nach bin Laden gebilligt habe. Wie es heißt, soll der El-Kaida-Chef durch pausenlose High-Tech-Luftaufklärung und die zunehmende Gefahr, von pakistanischen und US-Kräften in die Zange genommen zu werden, zum Verlassen seines Verstecks gezwungen werden. "Wenn er sich bewegt, werfen wir das Netz über ihn", sagt ein Regierungsbeamter.
Aber bis jetzt, so Zentralkommando-Chef John Abizaid, tappt man weiterhin im Dunkeln. "Wir wissen nicht, wo er steckt", versicherte der General angesichts immer häufiger werdender Spekulationen, nach denen man bin Laden im Grenzgebiet eingekreist habe. Pentagon-Chef Donald Rumsfeld reagierte unlängst sogar mit Verärgerung, als er von Journalisten nach den Chancen für eine Gefangennahme gefragt wurde. "Es passiert, wenn es passiert, und ich glaube nicht, dass wir näher dran oder weiter davon entfernt sind als zuvor."
In der US-Presse wurde Rumsfelds Empfindlichkeit als Zeichen von Nervosität gewertet. Der Minister fürchte anscheinend, dass die Öffentlichkeit ihre Erwartungen zu hoch schraube und eine Enttäuschung dann Wählerstimmen kosten könne. Tatsächlich war man im Weißen Haus alles andere als begeistert, als kürzlich ein Sprecher der US-Truppen in Afghanistan verkündete, es gebe viel versprechende Geheimdienstinformationen, "und wir sind sicher, dass wir Osama bin Laden dieses Jahr fassen".
Pentagon-Beamte spielten das als eine "im Überschwang gefallene" Äußerung einer Einzelperson herunter. Trotzdem registrieren US-Medien in diesen Tagen "eine Art hoffnungsvoller Stimmung, positiver Erwartung" auch in Regierungskreisen.
Quelle: FocusOnline