Die Insel Utøya ist kein einfacher Ferienort. Sie ist, seit vielen Jahrzehnten, Eigentum der "Arbeiterjugendkampfgruppe", der Nachwuchsorganisation der norwegischen Sozialdemokratie. Es dürfte, in Norwegen ohnehin, aber auch in den Nachbarländern, fast keinen führenden Sozialdemokraten geben, der nicht schon dort gewesen wäre. Die Arbeiterpartei wiederum ist nicht nur eine von mehreren norwegischen Parteien. Vielmehr wirkt sie, seitdem sie in den zwanziger Jahren zum ersten Mal den Ministerpräsidenten stellte, als Staatspartei Norwegens - was auch für den Fall gilt, dass sie einmal nicht an der Macht ist.
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Das sommerliche Ferien- und Ausbildungslager auf Utøya war - mehr als jede Demonstration zum 1. Mai, mehr als jeder Parteitag - der Ort, an dem ein Attentäter diese Partei zu fassen bekommen konnte. Und wenn, wie auf den Bildern der geretteten Jugendlichen zu erkennen ist, auffallend viele Immigrantenkinder (oder deren Kinder) unter Teilnehmern des Sommerlagers gewesen sein müssen, dann spiegelt sich in diesem Umstand nicht nur die relativ liberale Einwanderungspolitik Norwegens, sondern auch die besondere Rolle, die darin der inoffiziellen Staatspartei als integrierender Instanz zukommt.