Ganz grundsätzlich würde ich behaupten: die Frage ist falsch gestellt.
Die Begriffe "Monotheismus" und "Polytheismus" sind afaik erst relativ spät entwickelt worden, verwendet wurden sie etwa im 17. Jahrhundert in rationalistisch angehauchten Schriften der teilweise explizit "monotheistischen" Aufklärer gegen den "Polytheismus" bzw. die Vielgötterei....
Sogar einer der Väter des Positivismus, Auguste Comte, führt innerhalb des theologischen Zustandes der Erkenntnis (der als unterste Stufe noch vor dem metaphysischem und dem positiven liegt) der Reihe nach erst den Animismus, dann den Polytheismus und schließlich den Monotheismus auf...
Nach Schelling geht es - soweit ich mich erinnere - vom relativen Monotheismus über den Polytheismus zum absoluten Monotheismus...
Zu den ältesten einigermaßen belegten Kulturstätten der Menschheit gehören Göbekli Tepe und Catal Höyük. Aufgrund der unterschiedlichen Symbole, Tiere etc., die etwa in Catal Höyük mit der Muttergottheit zusammen auftauchen, kann man imho vermuten, dass zumindest verschiedene Aspekte unterschieden wurden, verschiedene kultisch bedeutsam wirkende Räume deuten imho auch auf eine gewisse Differenzierung - einiges lässt auch, gerade im vorderen Orient, die frühe Verehrung zweier Prinzipien vermuten: Stiergott und Muttergottheit, wobei von manchen Forschern Hörner allgemein wiederum als Symbol für den weiblichen Uterus betrachtet werden...
Auch die von Marija Gimbutas und anderen postulierte Religion der Muttergöttin besaß zumindest viele verschiedene Aspekte und Symbole...
Prinzipiell würde ich somit die Unterscheidung "Monotheismus" - "Polytheismus" in Bezug auf die Ur- und Frühgeschichte als problematisch einstufen...
forcemagick schrieb:
ich halte den polytheismus allerdings für psychologisch sinnvoller als den monotheismus, der veruscht die komplexität der welt mit einem allmächtigen omnipräsenten und einheitlichem gott zu erklären...
Ja, der pluralistisch anmutende Polytheismus ist auch mir prinzipiell sympathisch
Jay-Ti schrieb:
Stehgreifantwort:
In "unserer" Geschichte (ausgehend von den Kulturen Vorderasiens, sprich Maya Kulte etc. lasse ich wegen Wissenslücken weg) würde ich spontan Monotheismus oder Monolatrie nennen, da ,soweit ich das mal gehört habe, das polytheistische Pantheon der Staaten immer aus der Tatsache resultierte, dass die einzelnen Götter (bzw. Hauptgötter, sollte es sich um Monolatrien gehandelt haben) der bisher bestehenden einzelnen Städte nun Zusammengefasst wurden und jeder der diesen eine spezifische Aufgabe erhielt.
Das ist sicher bei vielen Veränderungen der polytheistischen Religionen der Fall. Einige Staaten haben sich alle Götter der eroberten Gebiete einverleibt. Das Respektieren und Annehmen anderer Götter war teilweise auch Mittel von Politik. Jedoch gab es ebenso entgegengesetzte Tendenzen, etwa das Zusammenfassen von verschiedenen Göttern zu einer Gottheit, von dem mitunter zahlreiche Beinamen und Epitheta noch erzählen. Beides kann man vielleicht als frühe religiöse "Globalisierungen" verstehen, und beides deutet imho darauf hin, dass man mit den beiden erwähnten und gebräuchlichen Begriffen den damaligen Glaubensformen wenig gerecht wird.
An den Anfang würde ich jedenfalls weder Mono- noch Polytheismus setzen, sondern eher ein Art wenig differenzierten Spiritualismus.
Verschiedene Aspekte werden nicht explizit als "unterschiedliche Götter" wahrgenommen, aber auch nicht zu "einem einzigen Gott" verdichtet.
mfg