ja ja, ich weiß, daß du dir das als berliner nicht vorstellen kannst (du glücklicher), aber bei uns ist das so. 130.000 einwohner und eine einzige currywurst-bude, aber ca. 25 dönerbuden ?!!
Naja, ich denke mal da wird ja wohl auf die Nachfrage reagiert. Immerhin wird ja Döner nicht stark beworben in den Medien. Man kann also wohl davon ausgehen, daß sich hier der Volksgeschmack irgendwie geändert hat, ohne, daß dafür eine grosse Marketingmaschinerie angeworfen wurde.
In Berlin, wo ja die Currywurst ein Nationalgericht darstelt, ist es eher so, daß sehr viele türkische (und sogar asiatische) Imbißläden neben Döner auch die gute alte Currywurst im Programm haben.
sind das nibelungenlied und die germanischen göttersagen etwa kein gesamtdeutsches kulturgut ?
Also ganz so einfach ist es nicht: Die "germanischen" Heldensagen sind im Sagenfundus von Island bis Italien und von Österreich bis Spanien zu finden. In den skandinavischen Ländern haben sie zum Teil sogar noch einen höheren Stellenwert als bei uns.
Der berühmte Dietrich von Bern ist in Deutschland eine Heldengestalt, in der deutschsprachigen, südtiroler Sagenwelt eher ein böser Eroberer (Laurinssage, Rosengarten, etc.)
Die sog. deutsche Heldenssage wurde ausserdem erst im letzten Jahrhundert ausgegraben und zwar aus vorwiegend politischen Gründen.
So wurde ja z.B. auch die Kyffhäusersage einfach umgemünzt: War ursprünglich Friedrich II. von Hohenstaufen ("Der Mann aus Apulien") die zentrale Gestalt des guten Kaisers, der únter dem Berg über sein Volk wacht, wurde die Sage auf Kaiser Barbarossa umgeschrieben, weil der von Arabern erzogene, in Süditalien regierende "italienische" Kaiser Friedrich II., nicht mehr ins (nationalistische) Konzept passte, obwohl er die wohl eindrucksvollste deutsche Kaisergestalt des Mittelalters war.
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit hatten die "germanischen" Heldensagen kaum Stellenwert, sondern die meisten Sagen und Romane waren dem Kreis der Artussage entlehnt. (siehe auch Walter v. d. Vogelweide, Wolfram v. Eschenbach, etc.)
wie erklärst du dir dann das sensationell schnelle entwickeln unseres zusammengehörigkeitsgefühls, wenn wir uns vorher so furchtbar fremd waren ?
Also zum Thema Zusammengehörigkeitsgefühl kann ich nur eines sagen: Lauf mal einen Tag als Bayer mit Dialekt durch Berlin, gehe in Geschäfte, bestell beim Bäcker, den Du aus Versehen mit "Grüss Gott" begrüsst hast "Semmeln" statt "Schrippen" und Du wirst eine interessante Lektion in Sachen Zusammengehörigkeitsgefühl erteilt bekommen.
Andersrum kannst Du natürlich auch gerne als Norddeutscher ein Haus in der bayerischen Provinz kaufen (Dorf < 1000 Einwohner). Auch hier dürftest Du interessante Erfahrungen machen, wieviel deine Landsleute auf Deinen deutschen Pass geben.
Als Wessi in manche Gegenden im Osten dürfte auch funktionieren.
land der dichter und denker ?
natürlich haben sich in europa die künstler gegenseitig immer wieder befruchtet, allerdings wage ich zu behaupten, daß es doch regionale, länderspezifische eigenheiten gab.
Bei Kunst allgemein habe ich jetzt eher an die bildenden Künste gedacht, da Literatur ja nochmal extra genannt wurde. Und in der bildenden Kunst waren die grossen Strömungen von der Rennaissance bis zum Expressionismus immer eher gesamteuropäische als nationale Strömungen.
wie ich bereits sagte, es gab in ganz europa deutsche sprachinseln, die heute nicht mehr zum deutschen hoheitsgebiet gehören.
außerdem: wenn du die verschiedenen örtlichen dialekte ansprichst, mußt du allerdings auch bedenken, daß es diese dialekte in anderen ländern ebenso gibt, und die sind schon viel länger unter einer regierung geeint, als deutschland.
auf alle fälle ist es so, daß gemeinsame sprache eint und ein zusammengehörigkeitsgefühl fördert. also denke ich schon, daß sie zum kulturgut dazugehört.
Naja, Österreich, die Schweiz und Südtirol als Sprach
inseln zu bezeichnen ist ein wenig untertrieben, oder ?
Gut, ich habe mich da ein wenig ungeschickt ausgedrückt. Natürlcih eint eine gemeinsame Sprache in gewisser Weise, aber die Dialekte sind doch das eigentliche Erbe, die gesprochene, lebendige Sprache und die einen nur regional.
Die deutsche Hochsprache eint uns nur indirekt über die Literatur und die Medien und sie eint uns auch mit unseren Nachbarn.
Wenn ich ein Jahr im Ausland wäre und kein Wort Deutsch gesprochen hätte, wäre es mir jedenfalls ziemlich egal, ob meine erste Gelegenheit wieder in meiner Muttersprache zu sprechen ein Österreicher oder ein Elsässer oder ein Deutscher ist.
dennoch sehe ich vom grundprinzip des rechts und der moralvorstellungen eine fortlaufende konstante.
Also wenn ich mir die allein die Entwicklung von 1918 bis heute, also kanpp über 80 Jahre ansehe, dann kann ich Dir hier null zustimmen. Vom Kaiserreich über die Nürnberberger Gesetze, die Nachkriegsverfassung , die 68er und die freie Liebe, Asylgesetz, bis hin zur Homo-Ehe und einen schwulen ("Und das ist gut so !") regierenden Bürgermeister in der Bundeshauptstadt, haben sich Recht und Moral in Deutschland ständig bewegt und verändert und das in schon fast revolutionärer Geschwindigkeit.
Zu den typische Eigenschaften:
Egal, jedenfalls verstehe ich unter typisch etwas, das uns alleine verbindet, Fußball Weltschmerz und die meisten anderen Punkte, die Du anführst, sind doch für zig andere Länder genauso typisch,
wenn man mal von Schrebergärten, Vereinsmeierei und Autowaschen absieht (Und darauf verzichte ich persönlich gerne
)
Was Du hier angibst sind doch gerade Dinge, die nicht nur uns Deutsche verbinden, sondern die uns gerade auch mit anderen Kulturen verbinden.
Ein sehr guter Freund von mir ist Italiener, da ist Fußball natürlich immer Thema No 1. Meinen Weltschmerz salbe ich am liebsten mit der Musik, die nordenglische Jugendliche mit schlechten Zähnen machen, weil die meinen persönlichen Schmerz am besten zum Ausdruck bringen.
Das sind natürlich meine persönlichen Beispiele, aber ich denke es ist einigermassen klar was ich meine.
Was mir zum Beispiel oft passiert ist, daß ich mit meinem Sohn auf dem Spielplatz bin und mit ausländischen Eltern ins Gespräch komme und das hiess bisher immer, mich mit jemandem zu unterhalten, der die gleichen Erfahrungen hat wie ich, der seine Kinder genauso liebt wie ich, der die gleichen Sorgen und Nöte hat wie ich. Und jetzt soll ich sagen, Du bist anders als ich, weil Du nicht akzentfrei deutsch sprichst, keinen Schrebergarten hast und bei der WM "Türkiye" geschrien hast ?
Am nächsten Tag sitz ich in einer Bahnhofskneipe mit lauter abgerissenen, kugelschreiber-tätowierten, fetthaarigen Typen, die das Wechselgeld vom Schnapskauf in einen Spielautomaten stopfen und ich soll mir denken "Ah, Deutsche ! Ich bin so wie ihr !" ?
Ich glaube nicht, daß die "kulturellen" Grenzen allein über Sprache und Pass gezogen werden.