@Lazarus
Ok, ich gebs zu, ich habe gar kein Doktortitel in Teilchenphysik.
Funktion:
Bei der Kernfusion „verschmelzen“ zwei leichtere Atomkerne zu einem schwereren. Je leichter die Ausgangskerne sind, desto weniger Energie ist nötig, um sie zur Fusion zu bringen und desto höher ist die Energieausbeute. Die Einfachste Art der Kernfusion ist die Verschmelzung von Deuterium und Tritium Kernen. Beides sind Isotope des Wasserstoffs. Deuterium ist in ausreichender Menge (0,016%) im Wasser enthalten und kann relativ leicht daraus gewonnen werden. Tritium gewinnt man am einfachsten aus Lithium, welches in der Erdkruste fast so häufig vorkommt wie Deuterium im Wasser. Wenn diese beiden Kerne in die Fusion gehen, entsteht ein Heliumkern und ein Neutron. Dabei wird eine Energie von 17,58 MeV (Megaelektronen Volt) frei. Da jedoch alle Kerne positiv geladen sind, stoßen sie sich gegenseitig ab. Eine Fusion kann aber erst beginnen, wenn die Kerne sich schon fast berühren. Erst bei einem Abstand von Zentimetern und weniger macht sich die starke Bindungskraft von Kernen bemerkbar. Und nur diese Kraft ist stark genug, die Kerne zur Fusion zu bringen. Damit die Kerne genügend Stoßenergie erhalten, heizt man das Reaktionsgas auf eine Temperatur von 70 – 100 Millionen °C auf. Bei solch enorm hohen Temperaturen wurden jedoch bereits alle Atome ionisiert. Diese bilden jetzt ein Gemisch aus positiv geladenen Kernen und freien Elektronen. Dieses Gemisch wird „Plasma“ genannt. Dieses Plasma ist sehr reaktionsfreudig und ein sehr guter elektrischer Leiter.
Schwierigkeiten:
Bereits bei kleinen unregelmäßigen im Magnetfeld „leckt“ die magnetische Flasche und die Fusion bricht zusammen. Außerdem muss das Plasma extrem rein gehalten werden, denn schon bei kleinsten Verunreinigungen durch Fremd-Ionen wird die Energieabgabe drastisch herabgesetzt.
Solche Ionen entstehen durch Teilchenbeschuss des Torusmaterials.
Tokamak- und Stellaratorprinzip:
Das Tokamak Prinzip wurde Anfang der 50er Jahre von den sowjetischen Physikern Andrej D. Sacharow und Igor Timm erdacht. Die Grundlage eines Tokamak Reaktors ist ein großer Hochstromtransformator. Dieser besteht aus einem großen, geschlossenen Eisenkern, der auf seiner Primärseite eine riesige Spule mit sehr vielen Windungen trägt. Diese durchfließt ein starker Stromstoß oder Wechselstrom, welcher im Eisenkern ein extrem starkes und veränderliches Magnetfeld erzeugt. Auf der Sekundärseite des Tokamak – Reaktors ist nur eine einzige Windung angebracht: ein kreisförmig gebogenes Rohr, das Torus genannt wird. Dieser Torus besitzt einen Innendurchmesser von 2-3 Metern und einen Außendurchmesser von 6-8 Metern. In diesem Rohr befindet sich das Plasmagas. Die Konzentration des Plasmas ist Millionen Mal dünner als Luft. Das starke Magnetfeld erzeugt im Plasma einen Stromstoß oder Wechselstrom von enormer Stärke, wodurch das Plasma auf extreme Temperaturen aufgeheizt wird. Dieser Strom kann bis zu 5 Millionen Ampere betragen (Ein Blitz erreicht im Durchschnitt „nur“ 100 000 Ampere). Die damit verbundene Kompression („Zusammendrücken“) des Plasmas bewirkt eine erste Aufheizung auf etwa 10 Millionen °C (Ohm’sche Heizung). Das Magnetfeld erreicht dabei eine Stärke, die die des Erdmagnetfeldes um mehr als das 100 000fache übersteigt. Da diese Temperatur noch nicht ausreicht, wird das Plasma zusätzlich durch Mikrowellen (wie in einem Mikrowellenherd) und seitlich eingeschossene hochbeschleunigte, und damit energiereiche, neutrale (Deuterium-) Atome aufgeheizt. Im ersten Experiment dieser Art wurden von 100 000 Ampere für 5 bis 10 Millisekunden 8 Millionen °C erreicht. Es wurde eine schwache Neutronenstrahlung festgestellt, die darauf hinweist, dass bereits eine sehr geringe Anzahl von Fusionen stattfand.
Trotz der hohen Temperaturen wurde die Torus Innenwand nicht beschädigt. Dies hat folgenden Grund: Der starke Strom im Plasma erzeugt ein weiteres starkes Magnetfeld, welches das Plasma gleichmäßig ringförmig umwickelt. Dadurch wird das Plasma gewaltsam zu einem dünnen Faden zusammengeschnürt (pinch-Effekt). Durch diesen Effekt wird die Toruswand wirksam vom Plasma abgeschirmt. Man spricht dabei auch davon, dass das Plasma in einer „magnetischen Flasche“ gefangen wird. Um diese Flasche möglichst lange zu erhalten, wird parallel zum Plasmastrom ein weiteres Steuer-Magnetfeld erzeugt, dass sich dem Einschnürfeld überlagert. Dieses Feld wird von außen angebrachten großen Spulen erzeugt.
Das Stellarator-Prinzip unterscheidet sich vom Tokamak-Prinzip durch das das plasmaeinschließende Magnetfeld. Beim Tokamak trägt das Magnetfeld zur Formung des Plasmas bei, das durch den in das Plasma induzierten Strom erzeugt wird. Es überlagert sich mit den anderen Magnetfeldern so, dass das Plasma schraubenförmig umfasst wird. Beim Stellarator wird das gesamte Magnetfeld außerhalb des Plasmas erzeugt und erzielt die nötige Schraubenform durch eine spezielle Formgebung der Ringmagnete. Vorteile: Der Fusionsbetrieb kann stabiler aufrechterhalten werden. Der Plasmastrom kann nicht durch Störungen zusammenbrechen und damit die Fusion unterbrechen. Plasma Verunreinigungen wirken sich nicht so stark aus und die Steuerung der Magnetfelder wird einfacher, da eine Komponente weniger vorhanden ist. Der größte Vorteil ist, dass ein Stellarator im Dauerbetrieb gefahren werden kann und nicht durch einen Transformator abhängigen Pulsbetrieb beschränkt ist wie ein Tokamak.
Forschungs-Reaktoren:
Fast alle führenden Nationen betreiben heute Forschungs-Fusionsreaktoren nach dem Tokamak-Prinzip:
- Der TFTR (Tokamak-Fusions-Test-Reaktor) in Princeton (USA)
- Der DIII-D-Tokamak in San Diego (Kalifornien, USA)
- Der JT 60 in Japan
- Und der JET (Joint European Torus)
Aktuelle Fusionsreaktoren brauchen meistens mehr Energie zur Aufrechterhaltung der Fusion als sie durch die Fusion erzeugen. Dies soll sich etwa 2004 ändern. Denn dann soll der neue Forschungsreaktor ITER (Internationaler Thermonuklearer Experimental Reaktor), ein Projekt, welches von der USA, der GUS und der EG beschlossen wurde, fertiggestellt sein. Dieser soll im Dauerbetrieb eine rund 1000mal höhere Energieausbeute besitzen. Was etwa einer Ausbeute von 1000 Megawatt entspricht. Dies ist vergleichbar mit der Leistung eines großen Kernspaltungsreaktors.
Allgemeine Vorteile von Fusionsreaktoren:
Fusionsreaktoren können nicht außer Kontrolle geraten, da in ihnen kein Überdruck herrscht, sondern ein Fast-Vakuum, so dass bei der kleinsten Undichtigkeit kalte Luft einströmen kann, wodurch die Fusion schlagartig zusammenbricht und keine unkontrollierte Kettenreaktion entstehen kann. Außerdem erzeugt ein Fusionsreaktor so gut wie gar keine radioaktiven Abfälle, höchstens einen geringen Rest des kurzlebigen Tritiums, welches eine Halbwertszeit von „nur“ 12,3 Jahren (sehr viel weniger als die Abfälle von Kernspaltungsreaktoren). Es könnte aber, da es gasförmig ist, leicht in Wiederaufbereitungsanlagen aus der Torusfüllung zurückgewonnen und erneut zum Fusionsprozess genutzt werden. Nur die Verseuchung des Torusinnenraums kann Sorgen bereiten. Jedoch reicht die Menge an verstrahltem Material bei weitem nicht an die von Spaltreaktoren heran. Außerdem kann das bei der Fusion entstehende Edelgas Helium industriell weiterverarbeitet werden.
Kalte Kernfusion:
Bei der kalten Fusion passiert ein Myon zwei leichte Atomkerne, durch seine gegenüber einem Elektron 200mal größere Masse verdrängt dieses negativ geladene Lepton die Elektronen der beiden Atome. Die positiven Atomkerne werden vom negativen Myon angezogen und prallen schließlich durch den Tunneleffekt zusammen. Dabei verschmelzen die Kerne und es kommt zu einer Fusion und der dazugehörigen, frei werdenden Energie. Bei diesem Vorgang werden ein Neutron und ein Myon freigesetzt. Das neue Myon kann den Effekt nun wiederholen, womit die kalte Fusion aufrecht erhalten wird. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, das weder ein enormer Druck für das Plasma, noch extreme Temperaturen in Höhe von mehreren Millionen Grad Celsius benötigt werden, sondern nur eine geringe Anfangstemperatur von 900 °C. Außerdem kann ein Myon über 150 solcher Fusionen einleiten.
www.gymun.de/daten/atom/kernfusion.doc