So wie ich das sehe ist die Debatte längst entschieden - und die Evolutionstheorie hat gewonnen. Es gibt ja nur drei Fraktionen:
- Die, die glauben, dass Gott die Erde vor etwa 10.000 Jahren wortwörtlich in sechs Tagen, also 144 Stunden, geschaffen hat.
- Die, die glauben, dass die Erde zwar seeeeehr viel älter ist, aber trotzdem von Gott geschaffen wurde.
- Die, die glauben, dass die Erde auf Grund natürlicher, durch Naturgesetze darstellbarer Abläufe entstanden ist.
Gegen die Richtigkeit der These der ersten Gruppe spricht vieles. Abgesehen davon, dass nahezu alle Religionen solch dogmatische Aussagen über die Entstehung der Welt treffen und sich diese Aussagen untereinander widersprechen, gibt es viele physikalische Hinweise darauf, dass die Erde sehr viel älter als 10.000 Jahre ist. Um diese These vertreten zu können, muss man jegliches rationale Denken über Bord werfen, unzählig viele Fakten ignorieren und darauf bestehen, dass das woran man glaubt auch ohne irgendwie in der Realität auf Fakten zu basieren, richtig ist. Es ist offensichtlich, dass man mit so jemandem nicht vernünftig diskutieren können wird.
Die zweite Gruppe ist da schon sehr viel interessanter. So vertritt sie die These, dass es schlichtweg zu unwahrscheinlich - wenn auch möglich - wäre, dass die Erde durch Zufall entstanden sei. Mathematisch lässt sich jedoch mit der Chaostheorie nachweisen, dass es gar nicht so unwahrscheinlich ist, wie diese Leute annehmen. Gleiches gilt für ihre biologischen Argumente. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass diese Gruppe irgendwelche Argumente hat, die es prinzipiell unmöglich machen, dass Leben auf Grund bestimmter Gesetze entsteht. Tatsächlich ist es so, dass Molekular-Biologen durchaus in der Lage sind extensiv zu erklären, wie es zur Entstehung von Aminosäuren kommen konnte und sich daraus Schritt für Schrit Leben entwickeln konnte.
Aber diese zweite Gruppe macht auch einen ganz grundsätzlichen Denk-Fehler, und der ist wirklich interessant. Nehmen wir mal an, dass die Biologen keine passenden Antworten auf ein Kern-Argument der Kreationisten aus der zweiten Gruppe hätten, die sagen: "Da es biologisch keine Erklärung dafür gibt, wie sich aus der Ur-Suppe Aminosäuren entwickeln konnten, muss es Gott gewesen sein, der in seiner Allmächtigkeit dies möglich gemacht und so die Grundlage für Leben geschaffen hat!"
Das klingt ja erst einmal recht logisch: "Wenn sich Leben nicht au dem entwickeln konnte, was am Anfang da war, es jetzt aber ganz offensichtlich Leben - nämlich zum Beispiel uns - gibt, dann muss eine übernatürliche Kraft dafür gesorgt haben."
Aber wie sich zeigt ist hier bereits ein Fehler im Denken vorhanden. Denn selbst wenn man akzeptiert, dass Gott allmächtig ist und daher unmögliches zu vollbringen vermag, muss er es ja irgendwie geschafft haben, aus der Ur-Suppe Aminosäuren hervorzubringen.
Hier liegt bereits die Krux des Denkfehlers, denn entweder es
gibt eine Möglichkeit, aus der Ur-Suppe Aminosäuren zu erzeugen, oder es gibt sie
nicht. Keine Möglichkeit kann es nicht gegeben haben, denn sonst gäbe es uns nicht. Wenn also Gott aus der Ur-Suppe Aminosäuren erschaffen haben soll, dann
muss es ja irgendeine Möglichkeit für ihn gegeben haben, dies zu tun.
Wenn es nun aber eine Möglichkeit gibt, aus der Ur-Suppe Aminosäuren hervorzubringen, dann kann es auch ebenso gut ganz ohne Gott auf diese Art passiert sein. Diesen Denkfehler machen die Kreationisten der zweiten Gruppe in einer Vielzahl unterschiedlicher Fälle. Sie erweitern die Frage nach der Möglichkeit von etwas von den zwei Antworten: "Möglich" und "Unmöglich" um die dritte, unzulässige Kategorie "Möglich für Gott".
Etwas ist aber immer nur entweder möglich oder unmöglich, niemals beides. Wenn etwas unmöglich ist, ist es auch für Gott unmöglich, und wenn etwas für Gott möglich ist, dann ist es schlichtweg möglich, und damit auch ohne ihn möglich.
Die Erweiterung um die Kategorie Gott ist daher in Bezug auf diese Fragen überflüssig und irreführend. Es ist ein rhetorischer Kunstgriff, der keinen Sinn macht, aber einen Zweck erfüllt. Denn vollkommen unzweifelhaft ist, dass es den Kreationisten nicht darum geht, Licht ins vermeintliche Dunkel der Entstehung der Welt zu bringen, sondern ihren Glauben zu verbreiten.
Dass in dieser Debatte von beiden Seiten so erbittert diskutiert und argumentiert wird, liegt daran, dass Wissenschaft auf Fakten basiert und sich daher gegen alle überflüssigen Annahmen und persönlichen Befindlichkeiten wehrt, während Glauben per se eben gerade kein Fakt, sondern eine persönliche Entscheidung ist.