Hallo Level42,
Ich finde es sehr einseitig, da ja hauptsächlich die Interessen der Firma wahrgenommen werden und nicht die Interessen der Wissenschaftler.
Du vergißt, daß eine Firma ihr Medikament nur verkaufen kann, wenn es den auch eine Wirkung hat. Das bedeutet, daß eine Firma auch daran interessiert ist, etwas wirksames gegen Krankheiten auf den Markt zu bringen. Insoweit ist das Interesse der Firma, der Wissenschaftler, der behandelnden Ärzte und der Patienten gleich. Dabei sind natürlich auch individuelle Verschiebungen der Interessen ein Thema.
Die Firma will verkaufen, also versucht sie ihr Produkt so gut wie möglich darzustellen. Spätere Skandale sind primär geschäftsschädigend, deshalb wird nicht jede Studie so gefälscht, daß sie für den Patienten auch sofort gefährlich wird.
Beispiel Vioxx (der letzte große Skandal). Das Medikament war bei der Schmerzbehandlung und Entzündungshemmung vor allem bei rheumatologischen Erkrankungen sowohl von behandelnden Ärzten, wie auch von Patienten (aufgrund der guten Wirkung) sehr gefragt (worüber sich die Firma freute). In einer großen Studie bestätigte sich der Verdacht, daß die Einnahme des Medikamentes ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle bedingt (5 von 1000 Patienten, die das Medikament über 18 Monate eingenommen hatten).
Jetzt wurde es interessant und aus meiner Sicht sogar ziemlich lustig. Die Firma hatte aus früheren Studien den Verdacht, das es ein höheres Risiko geben könnte; allerdings war das einer von vielen, von denen sich die meisten als unbegründet herausstellten). Diese Studien wurden aber zurückgehalten, weil man intern glaubte/hoffte, der verdacht wäre unbegründet.
Die böse Firma hätte also „wissentlich“ und aus „Profitgier“ gehandelt. Sofort kamen Wissenschaftler, die sich unabhängig feiern und blökten in die Welt, sie hätten das früher schon geahnt/gewußt. Das ist aber nicht möglich, weil die Datenlage diesen Verdacht zwar möglich erscheinen ließ, aber möglich ist vieles, da kann man dann von Wissen nicht reden.
Noch besser, man entdeckte dann erst das eine ganze Gruppe von Medikamenten (NSAR, also Diclofenac, Ibuprofen, etc) wohl potentiell solch ein Risiko haben, doch es fehlen die Studien, die das klar belegen.
Und selbst wenn, was gibt man den Patienten? Letztlich ist alle Medikamentengabe ein Abwägen zwischen dem potentiellen nutzen und dem potentiellen Schaden. Ergebnis, Vioxx wurde vom Markt genommen, die anderen Medikamente werden nicht beforscht und ich habe dutzende von Patienten erlebt, die ohne Vioxx sehr viel schlechter versorgt sind als mit.
Kommen wir doch mal zum Nutzen und zur Homöopathie zurück:
Das könnte sie schon sagen. Jedoch hieße es: kein Husten, Fieber mehr = gesund. Ich denke dass dies nicht homöopathisch wäre.
Der Patient ist daran interessiert kein Fieber, kein Husten oder in meinem obigen Beispiel keine Schmerzen mehr zu haben.
Wenn du sagst, das die Homöopathie andere Ziele hat, nach dem Motto, es kann sein, das sie weiter Husten/Fieber/Schmerzen haben, aber daran sind wir gar nicht interessiert, wir wollen sie wirklich heilen, dann sollte man das dem Patienten doch auch so sagen, oder?
Behandlung ist letzten Endes eine Frage des Erfolges. Und jetzt kommt die Preisfrage, was bedeutet Behandlungserfolg?
Du sprichst von Heilung, doch was ist das? Karies, Loch in Zahn, der morsche Kram wird weggebort und das Loch zuzementiert. Ist das Heilung, nur weil der Patient a) keine Zahnschmerzen mehr hat und b) den Zahn nicht verliert?
Und hätte die Homöopathie was gegen Karies und wie würde die Homöopathie den Behandlungserfolg bewerten?
Andere Beispiele: Blinddarmentzündung, Lungenentzündung, Diabetes mellitus, Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs, Rheuma, etc.; immer die Frage, was bedeutet Behandlungserfolg und was bedeutet Heilung.
Ein Misserfolg ist es für mich erst dann, wenn der Patient mit dem Ergebnis unzufrieden ist. Was erreichbar ist und was nicht, spricht der Homöopath eigentlich vorher ab, zumindest seriöse Heilpraktiker machen das. Es kommt ja darauf an, was der Patient erreichen möchte, sich vorstellt und nicht der Homöopath.
Weiter oben hast du dich aber gegen das Erfolgsprinzip gewehrt. Kein Fieber und kein husten, ist doch das, was den Patienten interessiert bei einer Erkältung, oder?
Hahnemann beobachtete, dass bestimmte Menschentypen für die gleichen Krankheiten empfänglich sind.
Wunderbar, diese Beobachtung müßte sich doch auch statistisch erfassen lassen. Somit wären die Grundlagen der Homöopathie doch einer wissenschaftlichen Analyse zugänglich.
Wie oft denkst du den, muß man als Arzt ein wiederkehrendes Problem/Frage sehen, bevor man ein Muster erkennt? Eine Frage der Wahrnehmungsfähigkeit. Bei dem Beispiel von Vioxx, kein Arzt kann „beobachten“ das 5 von 1000 Patienten am Vioxx erkranken, das geht nur in einer Studie. Also kann auch Hahnemann sich unmöglich hinter großen Zahlen verstecken, den zu seiner Zeit gab es die Statistik noch nicht als medizinisches Instrument.
Bin gespannt, was da so rauskommt.
Mach mit, ich brauche für eine vernünftige Auswertung mindestens 30-40 Datensätze.
Gruß Tino