Hermes Trismegistos ist die griechische Bezeichnung für den Mondgott der alten Ägypter, dargestellt als Ibis oder mit dem Ibiskopf. Er repräsentiert die gleichmäßige Ordnung im Weltganzen und wird dadurch der Schutzgott aller irdischen Gesetze. Er gilt auch als Erfinder der Alchimie und der Magie, daher der Name hermetische Kunst für Alchimie, die in einer hermetischen Kette als Geheimlehre weitergegeben wurde. Ebenso "hermetisch abgeschlossen", als Bezeichnung besonderer Verschließung gegen die Außenwelt. Zur Zeit der Infiltrierung der Freimaurerei mit alchimistischen und magischen Bestandteilen (18. Jahrhundert) spielt daher auch der H. T. eine Rolle. Eine hermetische Maurerei bestand damals besonders in Frankreich in zahlreichen Systemen.
H. T. spielt schon im Cooke - Manuskript eine Rolle. In dessen Legende findet H. T. nach der Sinflut die eine der beiden Säulen, Pythagoras später die andere, in die vor dem großen Wasser alles Wissen von Lamechs Söhnen eingegraben worden war. Und H. T. und Pythagoras "lehrten die Wissenschaften, die sie dort geschrieben fanden". H. T. ist hier also gleichsam der erste Lehrer der Menschheit, der "Vater aller Weisheit".
Bei der Hermetischen Freimaurerei handelt es sich um eine im 18. Jahrhundert namentlich in Frankreich aufgekommene, in kleineren Zirkeln gepflegte Methode, die sich an die sogenannte hermetische Philosophie anlehnt, nach der die alchimistischen Prozesse der Metallverwandlung (Transmutation) als Symbole der Wandlung des groben, rauhen, unwissenden, noch nicht sittlich gereiften Individuums zum veredelten, geläuterten Menschen betrachtet werden. Im 18. Jahrhundert war die Zahl der alchimistischen, hermetisch gedeuteten Symbole in manchen freimaurerischen Hochgradriten sehr beträchtlich. Das Buch des Barons Techoudy, "L'Etoile flamboyante" (Der flammende Stern), enthält einen "Katechismus" für den Grad eines Adepten oder "Appreuti Philosophe sublime et inconnu", in dem die hermetische Anschauungsweise auf die Freimaurerei übertragen wird. Wilhelm Hoeh1er ("Hermetische Philosophie und Freimaurerei", 1905) und Oswald Wirth ("Le Symbolisme hermétique dans ses rapports avec l'Alchimie et la Franc-Maconnerie", 2. Aufl., 1931) behandeln in Textausgaben alter Alchimisten, bzw. selbständig die hermetische Freimaurerei. Wirth sieht in den Transmutationsprozessen, symbolisch betrachtet, eine Analogie zum symbolischen Bauen. Beide versinnbildlichen ihm das "Große Werk" am Mensehen. Die moderne Maurerei ist ihm nur eine Fortentwicklung der alten hermetischen Philosophie. Die Vorbereitungskammer z. B. setzt er dem philosophischen Ei der Alchimisten gleich, dessen Inschrift "Vitriol" rein hermetisch sei, ebenso wie die vier Elementarprüfungen (z. B. Feuerprobe = alchimistische Kalzination). Nach bestandenen Prüfungen wird der Suchende zum philosophischen Stein, zum vollkommen gereinigten Salz, das Merkur (Quecksilber = äußere Einwirkungen) koagulieren kann, um es zu einem hochaktiven Sulfur (Schwefel = innere Kraft) zu fixieren. In den auf den Lehrlingsgrad folgenden Stufen setzt sich der Umwandlungsprozeß fort, bis dann das "Große Werk" in der mittleren Kammer (Chambre du Milieu) des Meistergrades vollendet wird. (Vergl. auch J. M. Ragon, "De la Maconnerie occulte et de l'initiation hermétique.")
Unter den freimaurerisch-hermetischen Systemen des 18. Jahrhunderts spielte eine besondere Rolle jenes der Illuminés d'Avignon des Benediktiners Pernetty, der Rite hermétique (hermetischer Ritus) oder Rite de Pernetty, dessen neun Grade, namentlich die sechs Hochgrade, von hermetischen Lehren durchzogen waren (der Leib Hirams versinnbildlichte die prima materia des Großen Werkes), während ein zehnter Abschlußgrad einen vollständigen Kursus der hermetischen und gnostischen Wissenschaften enthielt.
Stark von hermetischer Symbolik war auch die Lehrart der Elus Coens durchsetzt. Ebenso trat hermetische Philosophie bei den Gold- und Rosenkreuzern in Erscheinung; in neuester Zeit beschäftigen sich mit hermetischer Maurerei u. a. die "Societas Rosicruciana in Anglia" und der "Ordo Aureae et Rosae Crucis in Dania".
Weiterhin - wie schon von erwähnt - gibt es dann noch den Hermetischen Orden der Golden Dawn, Goldene Morgenröte.