@Gilgamesh - zunächst vorweg:
Du scheinst keine
Unterscheidung zwischen Schuld und Verantwortung zu sehen, denn immer wieder mischt Du beide Begriffe. Schau Dir am besten mal die letzte Aussage von Elbee dazu an. Ich habe das Gefühl, daß Du hier viel zu wenig differenzierst. Eine Schuld ist eine rein persönliche Sache. Wenn ich niemanden töte, und niemand dabei unterstütze, zu töten, habe ich auch keine Schuld. Nur weil man ein Werkzeug herstellt, welches zum Töten genutzt wird, hat man meines Erachtens keine Teilschuld am Mord. Ob man Verantwortung trägt, ist eine andere Frage, und da war ich vermutlich zu schnell bei einer Beurteilung in meiner vorherigen Äusserung. Nun ins Detail
Aber stelle Dir mal vor, der Inhaber einer Druckerrei wäre jüdischer Mitbürger und würde Druckaufträge von Nazis annehmen, um daran zu verdienen! Wäre er da nicht mitverantwortlich?
Nicht zwangsläufig. Du versuchst gerade eine automatische Mitverantwortlichkeit zu konstruieren. Wenn jemand ein Werkzeug herstellt, ist er Mitverantwortlich für die Verwendung dieses Werkzeugs... ist dies zwangsläufig so? Wo beginnt die Mitverantwortlichkeit - wo hört sie auf?
Sind nur die leitenden Angestellten einer solchen Firma mitverantwortlich? Oder alle Mitarbeiter einer solchen Firma? Du selber scheinst dies schon beantwortet zu haben:
Mitarbeiter der Rüstungsfirmen tragen meiner Meinung nach eine große Mitschuld!
Abgesehen davon, daß Du hier plötzlich wieder zum Begriff Schuld wechselst, der meiner Ansicht nach völlig deplaziert ist, nimmst Du keine Eingrenzung vor, weshalb ich annehme, daß Du tatsächlich
alle Mitarbeiter einer solchen Firma meinst. Doch kann man wirklich diesen Automatismus zulassen?
Beispiel Boeing: Diese Firma ist ein riesiger Rüstungskonzern, produziert aber auch viele zivile Produkte, vor allem eben zivile Flugzeuge. Sind nun wirklich alle Boeing-Mitarbeiter mitverantwortlich an Krieg und Mord? Wenn ein Mitarbeiter in der Entwicklung der zivilen Flugzeuge tätig ist - ist er mitverantwortlich? Wenn ja, ist es dann auch der Koch der Boeingeigenen Kantine? Und der Mitarbeiter der EDV-Abteilung von Boeing, der die Entwickler am PC supportet? Viele große Firmen haben eine eigene IT-Abteilung. Also sind die alle mitverantwortlich? Und was ist, wenn alle IT-Mitarbeiter nun in eigene Tochterfirma ausgelagert werden (siehe Telekom - dort gibt es die 100%-Tochterfirma T-Systems)? Die Tochterfirma ist noch immer vollständig im Besitz der Boeing - der IT-Mitarbeiter macht sowieso denselben Job. Also immer noch mitverantwortlich? Und wenn diese Tochterfirma nun verkauft wird, also die IT-Mitarbeiter juristisch nichts mehr mit Boeing zu tun haben... sind die dann noch immer verantwortlich? Die IT-Mitarbeiter machen weiter dasselbe wie früher, nur in einer juristisch unabhängigen Firma. Siehst Du nun, worauf ich hinauswill?
Denn komischerweise machst Du bei Dienstleisterfirmen, die auch für Rüstungskonzerne tätig sind, einen Unterschied:
Telefonfirmen oder EDV-Unternehmen sind nur Infrastruktur und zählen nicht dazu!
Also wenn die Infrastruktur Teil der Rüstungsfirma ist, dann ist man mitverantwortlich, aber wenn sie nicht oder nicht mehr Teil der Rüstungsfirma ist, ist sie nicht mitverantwortlich?
Aber die direkte Herstellung von Tötungswaffen schon!
Stellt der Koch von Boeing Tötungswaffen her? Und der Rechnungscontroller? Was ist mit Zulieferfirmen? Tätungswaffen brauchen alle Federn, Gummi, Chemikalien, etc... sind diejenigen, die diese notwendigen Zubehörteile an den Rüstungskonzern liefern auch mitverantwortlich? Und die Mitarbeiter dieser Zulieferer? Merkst Du, worauf ich hinauswill? Und was sind überhaupt Waffen? Zyklon B war eigentlich ein Schädlingsbekämpfungsmittel, und wurde von den NAZIs ziemlich pervers zweckentfremdet. Ist nun jeder Hersteller von Schädlingsmitteln ein Mitschuldiger an Mißbrauch dieser Mittel? Was ist mit den vielen Sensen, die in Ruanda Anfang der 90er genutzt wurden, viele hunderttausende Menschen zu zerstückeln. Sind Hersteller von Sensen Mitschuldig am Mord?
Du versuchst Grenzen zu ziehen, wo kaum Grenzen zu ziehen sind. Wenn man anfängt, die Hersteller von Werkzeugen direkt mitverantwortlich (oder gar mitschuldig) für den Einsatz der Werkzeuge zu definieren, kommt man bei genauer Betrachtung sehr schnell dahin, daß nahezu jeder Mensch mitverantwortlich ist. Wieviel Produkte von Rüstungkonzernen hast Du bereits als Kunde gekauft/genutzt? Ich fahr jeden morgen in einem Thyssen-Aufzug. Ich bin schon mehrfach in Boeing-Flugzeugen mitgeflogen. Ist dies nicht auch eine Mitverantwortlichkeit, da ich durch Nutzung von Produkten, die Rüstungskonzerne herstellen, diese Konzerne ja unterstütze.
Diese ganze Thematik der Mitverantwortlichkeit ist Hochkomplex, und wenn Du versuchst, einige jüdische Großkapitalisten hier dazu zu mißbrauchen, um den nun wirklich direkten Tätern des Holocaust eine Teilschuld zu erlassen, machst Du es Dir verdammt zu leicht.
Entweder erklärt man diese jüdischen Großkapitalisten für politische Idioten, die nicht wussten, was vor sich geht, oder vielleicht für geldgierige Geier, die auch dem Satan persönlich etwas verkaufen würden, nur um ihrem Dasein (Geld anhäufen ) einen Sinn zu geben
Tja - ist der Brötchenverkäufer, der Satan Brötchen verkauft auch ein Satan? Unmoralisch ist er definitiv, aber ist er wirklich mitverantwortlich für die Taten Satans? Wo beginnt die Mitverantwortlichkeit - wo hört sie auf? Was ich nur zum Kotzen finde, ist daß durch die unlautere Reduzierung dieser komplexen Thematik auf simple Grenzen der Anschein erweckt wird, Du würdest Satan weniger Schuld zuweisen. Denn es war nunmal Hitler und seine Schergen, der den Holocaust ganz bewusst und gewollt geplant, organisiert und durchgeführt hat. Niemand anderes.
oder sie wussten bescheid und waren Teil dieser Zeit und Aktionen, womit Sie in meinen Augen eine Mitschuld tragen!
Wieder das Wort von Mit
schuld. Wie können sie mitschuldig sein, wenn sie niemandem etwas getan haben? Hinzu kommt, daß Zyklon B eben kein Rüstungsgut war, sondern Schädlingsbekämpfungsmittel. Und schließlich hatte in der Zeit, wo dieses Zeug pervertiert eingesetzt wurde, niemand mehr in Deutschland die Chance, den Nazis etwas zu verweigern. Die IG Farben hatte keine andere Wahl - es hätte den Nazis nichts ausgemacht, die bestehende Führung ratzfatz gegen andere Schergen zu ersetzen.
Aber richtig ist, daß das Geldverdienen damit höchst unmoralisch und widerwärtig war, sobald man die Kenntnis hatte. Und eine geringe Mitverantwortung würde ich genauso bereitwillig diskutieren, wie die Verantwortung jedes einzelnen Menschen. Aber Schuld ist meines Erachtens hier ein deplaziertes Wort.
Du brauchst die Waffenlobby nicht zu verteidigen! jeder, der eine Waffe direkt herstellt, der mordet !
Aha - also auch Sensenhersteller, Messerhersteller. Und da damals Zyklon B ein Schädlingsbekämpungsmittel war, und somit überhaupt nicht als Rüstungsgut angedacht war, muss man nun alle potentiellen Tötungswerkzeuge ebenfalls sehen. Nur... dummerweise lässt sich bei genügend Fantasie fast alles zu Mordinstrumenten umfunktionieren. Alle Stromhersteller sind Mörder, denn mit Strom kann man echt super töten. Autohersteller ebenfalls - es sterben ja schließlich jedes Jahr (allein in Deutschland) mehrere Tausend Menschen im Strassenverkehr.
Oder soll ich die armen Menschen bemitleiden, die bei der Produktion von Landminen nur ihr täglich brot verdienen, wobei gleichzeitig spielende Kinder in Afrika ihre Beine und Arme verlieren...?
Zwischen Mitleid und Schuldzuweisung klafft eine riesige Lücke. Wieso nicht einfach kritisieren, und den Herstellern von eindeutigen Tötungsmitteln die moralische Unterstützung aberkennen - sie sozusagen moralisch ächten? Aber... können wir das wirklich, da leider vielmals Rüstungshersteller eben auch (zum Teil wichtige und hochwertige) zivile Produkte herstellen? Aus meiner Sicht ja. Wir können und sollten dies, müssen uns aber dabei auch selber hinterfragen. Aber eine Mitschuld ist aus meiner Sicht deplaziert. Und wenn es um den Holocaust geht, sogar überdies völlig daneben.
Richtig wäre es für die FED und anderen Mitverdienern gewesen, wenn sie die Nazis wirtschaftlich und politisch bekämpft und blokiert hätten, anstelle an dem Blutvergießen mitzuverdienen!
Richtig - aber eine Mitschuld am Holocaust hatten sie nicht. Eine Teilverantwortung vermutlich ebenso wie die meisten anderen Deutschen (und viele andere Europäer). Aber aus dieser Teilverantwortung den Nachkömmlingen der Opfer nun verbieten zu wollen, gegen die eindeutigen Täter mahnen zu wollen, ist aus meiner Sicht absolut unverständlich.
Und deswegen sollte der Zentralrat den Mund nicht so voll nehmen und immer nur die Deutschen alleine Verteufeln!
Sie verteufeln nicht die Deutschen, sondern die damaligen Nazis. Und damit haben sie aus meiner Sicht recht.
Warum verteufelt der Zentralrat oder Israel nicht den heutigen Busch, dessen Großvater ein Naziunterstützer war und somit ein Mitverantwortlicher für die Folgen!
Weil er keinen Massenmord geplant, organisiert und industriell durchgeführt hat.
Diese doppelte Moral und die Aufdrängung und Weitergabe der Schuld von Generation zu Generation hat nichts mehr mit Mahnung zu tun!
Da dies erstens keine doppelte Moral, sondern differenzierte Betrachtung ist, und zweitens keinerlei Schuld, sondern nur Verantwortung angesprochen wird, ist Deine Aussage völlig bar der Realität. Wer spricht schon von schuld? Es geht darum, daß wir als Nachkommen dieser Verbrecher eine Verantwortung übernehmen sollten. Ich finde dies richtig. Aber ich sehe in der Welt in der Tat viele, die nicht bereit sind, diese Verantwortung für ihre soziale Zugehörigkeit zu übernehmen. Aber nur weil andere zu feige sind, die Verantwortung für die historischen Vergehen der Vorfahren zu übernehmen, muss ich ja nicht denselben arroganten Fehler begehen, oder?
Es ist vielmehr Politik um daraus einen Nutzen zu erzielen und nicht etwa um Frieden zu sichern!
Fehlt nur noch der Nachsatz, daß den eigentlich Frieden ja die Nazis damals wollten, und Du bist in der aktuellen Neo-Nazipropaganda direkt drin.
Nur weil es einige Menschen (darunter auch Juden, genauso wie Christen, Moslems, Amerikaner, Türken, Deutsche, etc etc etc) gibt, die immer wieder keinerlei Skrupel dabei haben, Geschichte zu instrumentalisieren, lasse ich mir doch nicht vorwerfen, daß das Gedenken an den Holocaust etwas falsches wäre.
Ein Mahnmal zum II.Weltkrieg ja! Jedoch dürfte sich dieses Mahnmahl nicht politisch mißbrauchen lassen.
Falls Du es noch nicht mitbekommen hast - es gibt reichlich Mahnmale und Ausstellungen und sonstigen Kram zum zweiten Weltkrieg. Haufenweise. Es wurde absolut Zeit, daß der Holocaust ebenfalls mit einem solchen Mahnmal bedacht wurde. Über die Ausführung kann und soll man streiten. Aber daß Du ein solches Mahnmal per se in Frage stellst, gibt mir doch wirklich Anlass, an Deine Lauterkeit zu zweifeln.
Mißbrauch in dem Sinne wie, dass z.B. Israel meint (aufgrund der Folgen des II.Weltkrieges) sich von Deutschland KOSTENLOS KRIEGSMITTEL WIE U-BOTE liefern zu lassen!
Aha - willst Du jetzt ernsthaft einen Zusammenhang zwischen Rüstungslieferungen an Israel und dem Holocaust-Mahnmal herstellen? Ist das wirklich die verquere Rhetorik, mit der Du hier diskutieren willst?
Natürlich gehören Rüstungslieferungen an Israel hinterfragt und kritisiert. Doch wurde meines Wissens diese Lieferung ganz ohne Mahnmal durchgeführt... das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.
Das Mahnmal direkt vor dem Bundestag soll die Deutschen wohl, neben den Kriegsverbrechen, auch an weitere zukünftige Geschenke in Form von Kriegsmaschinerie erinnern...!!!
Super Rhetorik. Was für eine Angst und Feigheit muss in einem stecken, um sich der Verbrechen der Vorväter nicht stellen zu wollen, bzw andere dazu bewegen zu wollen, an die Verbrechen derer Vorväter nicht in Verantwortung Gedenken zu wollen.
Das Mahnmal vor dem Deutschen Bundestag soll vor allem zum mahnen und nachdenken bringen. Die damaligen Nazis in Deutschland haben es geschafft, ein ganzes Volk zu einem kontinentalen Krieg zu bringen, in welchem dann ein industriell organisierter und durchgeführter Massenmord an eine ganz bestimmte Volksgruppe durchgeführt wurde. Wer dies nicht anmahnen will, der muss sich fragen lassen, was er von Menschlichkeit hält.
Wenn die Welt die Wahlmündigen Deutschen und deren Nachfahren eine Mitschuld an dem Holocaust zuschreibt
Wie gesagt - es geht nicht um Mitschuld, sondern um Verantwortung gegenüber den Taten seiner Vorväter.
Und definitiv sollten alle anderen auch über ihre Mitverantwortlichkeit nachdenken - aber das hat wenig mit dem Holocaust-Denkmal zu tun. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden darüber, daß es viele Deutsche gibt, die dieser Verantwortung nachkommen, und dafür sorgten, daß ein Mahnmal für dieses Verbrechen entstanden ist.
Wenn nun der Zentralrat der Juden ein Unternehmen kritisiert und im selben Atemzug das Unternehmen als "Deutsch" betitelt (juristisch deutsch???), aber gleichzeitig verschweigt, dass die Kapitalisten und Inhaber hinter dieser Firma zu Hitlers zeiten auch Juden waren, dann stimmt da doch was nicht!
Yup - wenn dem wirklich so ist, kann man versuchen dies nachzuweisen, und eine entsprechende Diskussion anstrengen. Aber daraus ableiten zu wollen, daß ein Mahnmal für den Holocaust nicht aufgestellt werden sollte, ist meiner Meinung nach ziemlich abenteuerliche Rhetorik.
Dann kann und darf man das Unternehmen nicht als deutsch betiteln!
Die damaligen Juden in Deutschland waren übrigens Deutsche. Aber selbst wenn die IG Farben teilweise anderen Ivestoren gehörte - glaubst Du im Ernst, daß sie aufgehört hätten zu produzieren, wenn die Anteilseigner in Übersee auf einer Versammlung gesagt hätten "Öööhhh - können wir nicht lieber Lego produzieren?". Hitler hatte seit Mitte der 30er immer stärkeren Einfluss auf die Industrie, und spätestens mit Kriegsbeginn war da ein Abschalten nicht mehr drin.
Aber ich gebe Dir insofern Recht, daß es höchst unmoralisch und verwerflich war, weiter Geld mit diesen Anlagen zu verdienen... falls dies wirklich so gewesen sein soll. Wie gesagt - ist eine völlig andere Diskussion. Mach doch einen weiteren Thread hierzu auf.
Und seit wann kann man einer Firma eine Staatsbürgerschaft oder eine Volkszugehörigkeit zuweisen!
Wenn die Firma in einem faschistischen Staat steht, und die faschistische Regierung alles unter Kontrolle hat - auch die Industrie - dann kann man das.
Wenn der Zentralrat der Juden hier aber meint, dass hinter der IG-Farben Deutsche Personen die Fäden gezogen haben, dann bitte ich um eine Liste, wer damals die Inhaber der IG-Farben waren!
Da reicht eigentlich ein einziger Name: Hitler. Die Industriebosse waren seit Mitte der 30er nach und nach nur noch Mitläufer, die versuchten, irgendwie heil und reich da rauszukommen. Widerwärtig - definitiv. Aber nicht automatisch schuldig im Sinne des Holocaustverbrechens.
Und wenn nun andere hier im Forum meinen, dass der Hersteller einer Waffe dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden, warum meint dann der Zentralrat der Juden, dass sie genau dass mit IG-Farben und seinen Folgeunternehmen können???
Halte ich auch für Unsinn - und ich kritisiere auch diese ganzen Entschädungsprozesse. Aber sollte ich deshalb nun ein Holocaust-Mahnmal ablehnen? Ganz im Gegenteil.
Verstehe ich hier etwas nicht, andere Forennutzer nicht oder versteht der Zentralrat der Juden hier etwas nicht?
Du verstehst anscheinend die differenzierte Meinung zumindest von mir nicht.
@Elbee
Deinen Versuch des Schubladenfindens kann ich ebensowenig nachvollziehen.
Naja - wenn mir eine Schublade hingehalten wird, dann versuche ich nicht immer krampfhaft drumherum zu navigieren. Ich habe Deine Äusserungen halt sehr eindeutig wahrgenommen - vermutlich eine Fehlinterpretation meinerseits.
gruß
Booth