Rhy schrieb:Was mich mal interessieren würde, sicher sind manche Äußerungen des Herrn Orban geschmacklos bis grenzwertig - nur wie sollte Ungarn sich denn tatsächlich verhalten um in der Flüchtlingsproblematik EU konform zu agieren?
Genau. Der Weg wird ständig gesucht. Jedoch dürfen die Staaten nicht einfach nur ihre eigene individuellen Lösungen schaffen, sondern müssen gemeinsame Strategien finden. Das ist sicherlich wirksamer, besser für den Zusammenhalt der EU, und wohl auch menschlicher.Rhy schrieb:Den Königsweg dürfte niemand kennen, deswegen scheint mir die mediale Ungarnschelte ein wenig billig.
Die ÖVP gibt sich mit strengen Minen bei gehaltener Tafel und das Netz reagiert prompt... :lach1:Als Sofortmaßnahme für ihren Rechtsschwenk beim Thema Asyl haben die konservativen Kommunikationsstrategen auf Schilder gesetzt, genauer: Schilder die hochgehalten werden. So soll demonstrativer Tatendrang suggeriert werden.
Was es mit den Tafeln als Polit-Instrument auf sich hat, muss man Nichtösterreichern erklären. Zu den inzwischen festen Eigenheiten des österreichischen Parlaments gehört es, dass Abgeordnete bedruckte Schilder hochhalten. Darauf: Zahlen und Grafiken, manchmal Slogans für oder gegen eine Sache. Im nichtaustriakischen Ausland mag das verblüffen (im Deutschen Bundestag wird man für solche Aktionen des Saales verwiesen).Taferlgate und eine Ministerin bei Youporn
Modell wofür ist da die Frage.streicher schrieb:Wird es zu erwarten sein, dass die Wahl in Oberösterreich nun Modell steht?
Das ist eine schwierige Frage. Auf EU-Ebene hat sich die FPÖ ja letztens mit so ähnlich "sympathischen" Leuten zusammengeschlossen wie Le Pen (Frankreich) und Wilders (Niederlande). Meiner ganz unerheblichen Meinung nach, ist so etwas wie die FPÖ vielleicht das, was eine Demokratie am extremen Rand gerade noch ertragen kann, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Die FPÖ ist keine NPD (und keine NSDAP historisch gesehen), dafür ist sie in sich auch zu inhomogen und dadurch bereits als Ganzes weniger extrem. Aber sie ist auch nicht mehr ganz so weit weg. Es gab in den letzten Jahrzehnten immer wieder Abspaltungen von der FPÖ - das BZÖ zuletzt - die extremere Richtungen vertreten haben; und die kurz nach der Abspaltung dann politisch auch keine Rolle mehr spielten (da zu klein. - Das Schicksal "extremer" Parteien...). Eine FPÖ-Regierung derzeit, gäbe es so etwas, stellt man sich gemeinhin als eine Mischung vor aus extremer Sicherheitspolitik (eingschlossene Grenzen, Abschottung), Nationaltümelei und Unfähigkeit (zumindest, ist das so die Lehre aus den letzten Jahrzehnten: die einfachen Antworten kollidieren mit dem Tagesgeschäft und verpuffen daran) - so ein bissl wie Orbàn (dessen Politik die FPÖ ja auch explizit ganz toll findet) stellt man es sich auch vor. Man geht eigentlich nicht davon aus, dass eine solche FPÖ-Bundesregierung aus der EU austreten würde, zB., aber von einer starken Betonung der nationalstaatlichen Eigenständigkeit.streicher schrieb:Bestehen Bedenken bezüglich der FPÖ, dass sie der Demokratie an sich nicht so wohlgesonnen ist?
Die FPÖ zeigt sich mehrheitsfähig. Sie hat Regierungserfahrung, kann koalieren. Andere Parteien koalieren mir ihr. Insofern hat sie einen ganz anderen Stand als die rechten Parteien hierzulande.Semiramis schrieb:Auf EU-Ebene hat sich die FPÖ ja letztens mit so ähnlich "sympathischen" Leuten zusammengeschlossen wie Le Pen (Frankreich) und Wilders (Niederlande). Meiner ganz unerheblichen Meinung nach, ist so etwas wie die FPÖ vielleicht das, was eine Demokratie am extremen Rand gerade noch ertragen kann, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Die FPÖ ist keine NPD (und keine NSDAP historisch gesehen), dafür ist sie in sich auch zu inhomogen und dadurch bereits als Ganzes weniger extrem. Aber sie ist auch nicht mehr ganz so weit weg. Es gab in den letzten Jahrzehnten immer wieder Abspaltungen von der FPÖ - das BZÖ zuletzt - die extremere Richtungen vertreten haben; und die kurz nach der Abspaltung dann politisch auch keine Rolle mehr spielten (da zu klein. - Das Schicksal "extremer" Parteien...).
Es ist auch ein Unterschied in den Inhalten: Rechtsnationale Flügel gibt es in der FPÖ auch (vielleicht ein bissl vergleichbar: die kommunistische Plattform in der deutschen "Die Linke"), allerdings ordnet sich die FPÖ als Gesamtheit nach deutschen Maßstäben irgendwo zwischen CDU und NPD (und ähnliche ultrarechte Parteien) ein. - Beispiel: Auch die deutsche NPD ist thatsächlich im EU-Parlament vertreten, aber dem Bündnis u.a. aus LePen, Wilders und FPÖ ist diese nicht beigetreten; Grund: Dieses Bündnis war der NPD nicht rechts genug...streicher schrieb:Die FPÖ zeigt sich mehrheitsfähig. Sie hat Regierungserfahrung, kann koalieren. Andere Parteien koalieren mir ihr. Insofern hat sie einen ganz anderen Stand als die rechten Parteien hierzulande.
Ich denke, dass ist in Ö eigentlich ähnlich. Zwei Punkte: Warum gibt es in Ö eigentlich keine Partei rechts von der FPÖ (jedenfalls keine, die irgendwie im politischen Geschehen auftaucht) - und selbst die FPÖ wird "kritisch beäugt".streicher schrieb:Hier schrillen die Alarmglocken, wenn eine rechte Partei die 5-Prozenthürde knackt. In Baden-Württemberg und in Schleswig-Holstein wurden zweistellige Zahlen erreicht. Schon ging, und auch heute geht die Angst vor den Geist Weimars um. Aus historischer Erfahrung werden die rechten Parteien in Deutschland ganz anders beobachtet. Außerdem wird die BRD als wehrhafte Demokratie verstanden
http://orf.at/stories/2301687/2301681/ (Ein nur kurzfristig verfügbarer ORF-News-Artikel, deswegen hier reinkopiert: )
ÖVP-Chef fordert Bewegung
ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner droht der SPÖ nach dem Wahldesaster in Oberösterreich mit dem Ende der Koalition. Er forderte in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ (Donnerstag-Ausgabe) „in den nächsten Monaten“ ein Regierungsprogramm zur Profilschärfung, das vom Bürokratieabbau bis zur Asyllinie reicht. Sonst „macht es keinen Sinn, weiterzuwurschteln“.
„Ich sage ganz offen: Ich bin nicht bereit, nach der Oberösterreich-Wahl ein untätiger Passagier auf einem schicksalhaften Weg zu sein“, so Mitterlehner. Er wolle, dass in Österreich „vor dem Verteilen wieder die Leistung kommt“. „Wer etwas kann, dem soll auch etwas davon bleiben.“
Zweitens solle sich der Staat, der in allen Lebensbereichen überbordend sei, zurücknehmen. Und drittens soll in der Flüchtlingspolitik nachgeschärft werden. „Die Souveränität des Staates, zu entscheiden, wer zuwandert, muss bleiben“, sagte Mitterlehner. Er glaubt, mit der Schärfung dieser Punkte werde die ÖVP „wieder Attraktivität beim Wähler gewinnen“. Der ÖVP-Chef sprach sich zudem für eine Strukturreform des Staates aus und verwies auf die „Agenda 2010“ unter dem damaligen deutschen Kanzler Gerhard Schröder.
„Beweisen, dass wir regieren wollen“
„Wenn wir nicht in nächster Zeit - damit meine ich die nächsten Monate - deutlich beweisen, dass wir regieren wollen und können, dann macht es keinen Sinn, auf Dauer weiterzuwurschteln. Dafür stehe ich nicht zur Verfügung.“ Auf die Frage, ob er damit der SPÖ und Werner Faymann die Rute ins Fenster stellt, antwortete Mitterlehner: „Ja, auch wenn mir die Rute als Begriff nicht gefällt. Ich nehme aber an, dass auch der Koalitionspartner zu diesem Schluss kommt.“
SPÖ erinnert an anstehende Vorhaben
Die SPÖ erinnerte den Vizekanzler in Reaktion auf die Drohung an anstehende Vorhaben. „Vizekanzler Mitterlehner ist zuzustimmen, dass die Bundesregierung in nächster Zeit eine Reihe von Maßnahmen umzusetzen hat“, sagte Regierungskoordinator Josef Ostermayer in einer Aussendung.
„Beschäftigungsprogramm, Wohnbauoffensive, Bildungsreform und Budget sind nur eine Reihe von Maßnahmen, die wir gemeinsam umzusetzen haben. Dazu muss die Bundesregierung inhaltlich gemeinsam vorgehen, um diese Aufgaben im vereinbarten Zeitplan gemeinsam zu verwirklichen“, so der Kulturminister.
Kaum Spannungen merkbar
Das Verhältnis von Mitterlehner und Faymann gilt eigentlich als solide, große Reibepunkte oder gar Streitereien waren in den vergangenen Monaten kaum zu bemerken. Mitterlehner hatte im Sommer des Vorjahres Michael Spindelegger als ÖVP-Chef und Vizekanzler abgelöst. SPÖ und ÖVP versprachen damals, das ständige Hickhack, das zuvor die Regierungsarbeitet beeinträchtig hatte, einzustellen und mit „frischem Wind“ Reformen und konkrete Ergebnisse auf den Weg zu bringen.
Konsequenzen aus Landtagswahlen erwartet
Dass nach der Oberösterreich-Wahl mit herben Verlusten von SPÖ und ÖVP in der Regierung Nervosität ausbrechen würde, wurde von Experten schon vermutet: Die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP würden nun nicht zur Ruhe kommen. Peter Hajek von Public Opinions Strategies prognostizierte am Tag der Wahl etwa innerparteiliche Vorwürfe, dass die Themen anders bearbeitet werden müssten. Er rechnete mit Konsequenzen in der Regierung, diese würden aber noch vom Wahlergebnis in Wien abhängig sein.
„Ungeschaut“ zur Tagesordnung überzugehen und weiterzumachen wie bisher, das sei nicht zu erwarten und passiere „nur dann, wenn einem das Wahlergebnis 2018 egal ist“, so Hajek. Für die SPÖ ist das Ergebnis jedenfalls „eine Katastrophe“, denn sie sei „mit Abstand drittstärkste Partei“ geworden, so Hajek.
„Joker“ Steuerreform sticht nicht
SPÖ und ÖVP auf Bundesebene müssen sich laut Politberater Thomas Hofer (H & P Public Affairs) die Frage gefallen lassen, warum sie beim Thema Nummer eins - Asyl - nicht agieren oder so agieren, wie sie es tun. Die SPÖ sei in Oberösterreich „pulverisiert“ worden, das müsse die Bundespartei ernst nehmen: „Da muss man sich wirklich was überlegen, sonst schafft man keine Nummer eins mehr auf bundespolitischer Ebene“, wer auch immer künftiger Kanzlerkandidat bei der SPÖ wird.
Noch vor einem halben Jahr habe es geheißen, dass die Steuerreform großartige Zustimmung erreiche. Davon sei bei der Oberösterreich-Wahl absolut nichts zu sehen gewesen, meinte OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Wichtige Multiplikatoren im Land wie etwa Wirte, viele Ärzte oder Bürgermeister seien mittlerweile sehr kritisch gegenüber der Bundesregierung eingestellt. Am Ergebnis sehe man, was das ausmacht, so Bachmayer.