Agarthe schrieb:
Hey, coole Idee! Und das Ganze am besten Samstag abends nach der Tagesschau live übertragen! Ob vor oder nach der Ziehung der Lottozahlen bleibt abzuwägen...
Kann man nicht auf dem Mars so eine Strafkolonie errichten? Hat doch mit Australien auch geklappt und heute wollen alle hin.
Bravo. Hab mir den Thread stirnrunzelnd durchgelesen und musste hier herzhaft lachen und hab spontan Beifall geklatscht (Die pennenden Hunde neben mir sind empört erwacht)
Na dann werd ich mal als Exknacki meinen Kommentar abgeben.
@Vril-Eulenspiegel: Sehr interessant, die Frage, die du aufwirfst. Ich würde sagen, es kommt auf die Art des Verbrechens an. Handelt es sich zB um einen kaltblütigen Mord aus Berechnung wegen Habgier würd ich die Strafe auch nach zwanzig oder dreissig Jahren trotzdem noch bringen.
Handelt es sich aber um so was, wie einen einfachen Einbruch in ein Bürogebäude, Autodiebstahl oder sowas, würd ich vorschlagen, dass der Täter nicht bestraft wird (wenn er wirklich seither "brav" war), sondern dass von ihm eine Genugtuung gefordert wird. Wenn nicht mehr für den Geschädigten, dann zu Gunsten des Staates, der ja immerhin mit Meldung und allenfalls Aufklärungszeit auch seine Kosten hatte.
Das hier find ich eher lustig:
Woppadaq schrieb:
Todesstrafe und Resozialisierung haben beide eins gemeinsam: sie sind keine Strafen.
zusammengekürzt heisst das dann: "Todesstrafe ist keine Strafe." Sehr sehr eigenartig. Inwiefern bitte ist eine Strafe keine Strafe?
Woppadaq schrieb:
Da die Leute im Gefängnis nicht immer unbedingt gerade zu den hellsten und eigenständigsten Köpfen zählen, ist die Gefahr, daß der Ex-Knacki mit der Situation überfordert ist, sehr hoch.
Klingt mir nun irgendwie massiv nach Vorurteil. Genau wegen solcher Vorurteile hab ich nach dem Knast erstmal fleissig gelogen und nichts davon erzählt. Und nachdem ich mehrere Jahre als Nachrichtenredaktorin gearbeitet hatte und dies dann schliesslich mit einem Grinsen meinen Chefs mitgeteilt hatte, waren die nahezu tödlich entsetzt. So im Stil: "Das gibts doch nicht, dass wir so Eine eingestellt und das nicht bemerkt haben. Das kann doch nicht sein, dass die nun schon seit über vier Jahren erstklassige Arbeit abliefert. Unmöglich."
Zudem kann ich dir versichern, dass ich im Knast sehr viele hochinteressante Gespräche mit durchaus gebildetenen Leuten hatte. Und sogar Menschen ohne Bildung können intelligent sein.
Die Rechtschreibung meiner Mitgefangenen war übrigens höher als die durchschnittliche Selbige dieses Threads *fg*
Woppadaq schrieb:
Ohne Resozialisierungsmaßnahmen ist die Gefahr, wieder kriminell zu werden - schließlich kennt er ja nichts anderes - sehr hoch.
Bei einem Vorlauf von 10 Jahren Gefängnis gebe ich dir in diesem Punkt allerdings Recht. Nicht umsonst bezeichnet man ein Gefängnis als Uni für Kriminelle.
Woppadaq schrieb:
Die Todesstrafe wäre wahrscheinlich eine ganz passable Strafe, würde sie nicht leider unwiderruflich zum Tode führen.
Aha - nun ist die Todesstrafe also doch wieder eine Strafe?
Ismael sieht es richtig. Auch wenn wir alle Kriminellen töten, wachsen eh ständig neue nach. Die einzige Alternative mit Permantwirkung wäre das komplette Löschen unserer Aggressionen - zB in Form von Genetik. Dann aber auch gute Nacht Überlebenstrieb und Spezies Ade.
Vril-Eulenspiegel schrieb:
man sollte sich vorher überhaupt mal klar machen das die entscheidung ob eine tat ein verbechen ist oder nicht ja nix universell gültiges ist.
Danke Vril. Ich sag das gern mit Herman Hesse. Ein kluger Mann wie dieser wird eher gehört: "Verbrecher, das sagt man so, und meint damit, dass einer etwas tut, was andere ihm verboten haben."
Aber einem Dieb die Hand zu amputieren? ui ui ui... Du bist nicht zufällig Moslem und Anhänger der Scharia? Ich würd dem Dieb eher eine Zwangstherapie verpassen oder ihn so sehr mit Bussen eindecken, dass er nicht mehr aus dem Arbeiten raus kommt. Naja, natürlich nur, sofern er in einem Land lebt, in dem es auch Arbeit gibt. Einer Mutter, die ich mehrfach erwischt habe, wie sie Lebensmittel für ihre Kinder klaut, der würd ich eher anderweitig Hilfe suchen und besorgen.
Vril-Eulenspiegel schrieb:
andere alternativen wären sklavenarbeiten. wenn mann bedenkt das ein knacki teurer ist als ein subventionierter bergmann erscheint das ökonomisch.
Ach gibts das in Deutschland etwa nicht? Es nennt sich zwar nicht Sklavenarbeit, läuft aber auf das gleiche hinaus. Ich hab in meinem ersten halben Jahr im Vollzug zB für ungefähr zwei Stangen Zigaretten im Monat in der Gefängniswaschküche acht Stunden täglich Polizeiuniformen gereinigt. Frag mich nicht, was das in einer Nicht-Gefängnis-Reinigung gekostet hätte. In der Schweiz sind allen Gefängnissen Arbeits- und Ausbildungsstätten angeschlossen. Man kann eine Lehre machen und wird auch gefördert, wenn man zB über Fernstudium die Matura (Abitur in D) nachholen will. DAS nenn ich Resozialisierung. Die Basis für eine Chance geben.
forcemagick schrieb:
ach oh weh wieder dieses thema ...
Ach lass nur forcemagick. Ich find es besser, wenn sich die Leute Gedanken über das Thema machen anstatt weiter auf ihren Vorurteilen rumreiten.
Die tollste Resozialisierungsprogramme nützen allerdings nichts, wenn man nach dem Knast auf diese ganzen Vorurteile trifft. Wie es meinem Charakter eigentlich entspricht (solang ich grad keine Banken überfalle), war ich auf der Stellensuche nach dem Gefängnisaustritt zumeist ehrlich. Nein, ich will ehrlich sein. Ich hab ganz böse experimentiert. Ich hatte wöchentlich etwa zehn Bewerbungen geschrieben. In jeder zweiten hab ich gesagt, dass ich ein Ex-Knacki bin. Lustigerweise bekam ich dann ausgerechnet nur bei denen persönliche Vorstellungstermine. Zuerst war ich angenehm überrascht über die soziale Hilfsbereitschaft. Schnell aber wurde mir klar, dass die mich nur haben aufmarschieren lassen, damit sie sowas wie mich mal in real sehen. Schliesslich kennen sie das sonst nur aus dem Fernseher. Ich kann mir plastisch vorstellen, wie diverse Personalchefs dann später beim Kaffee mit Kollegen oder beim familiären Abendessen im trauten Heim mit Gänsehautkribbeln stolz ihre Begegnung mit einer echten Kriminellen erzählerisch ausgeschmückt haben.
Natürlich hab ich keine einzige Stelle bekommen. Das einzige ehrliche Angebot, das ich auf meine Knast-Ehrlichkeit bekam, war von einer grossen Tageszeitung. Dort aber mit der Auflage regelmässig den Betriebspsychologen konsultieren zu müssen. Was ich natürlich abgelehnt habe, weil ich gerade genug kontrollierte Jahre hinter mich gebracht hatte.
Also hab ich halt gelogen und bin dann schlussendlich tatsächlich beim Fernsehen gelandet. Wie ich schon erwähnte hab ich dort nach etwas über vier Jahren fehlerloser Dienstzeit meine knastologische Vergangenheit erwähnt. Wieder aus purer Neugier auf die Reaktionen der Leute. (Ja, so bin ich halt.) Und ganz ehrlich, ich fand die Reaktionen jämmerlich. Man hatte nun entweder Angst vor mir, nahm mich als Fachkraft nicht mehr ernst, schnitt mich beim Pausencafe oder fragte mich kollegial über meine Bösigkeiten aus. Nachdem ich gerade über vier Jahre bewiesen hatte, dass ich meine Arbeit beherrsche, war ich nun plötzlich nicht mehr gut genug.
Glücklicherweise bin ich heutzutage selbständig und nicht mehr auf Bescheuklappte mit verkürztem Denkvermögen angewiesen.
Zusammenfassend:
- Man kann keine allgemeingültigen Strafen erlassen. Man MUSS individuell strafen. Und wo Strafen keine gesellschaftskonforme Änderung mehr herbeiführen können, sollte man auf Therapie ausweichen. Wiederholungstäter, die anderen Menschen schaden, gehören sicherheitsverwahrt solange es keine Behandlungsmöglichkeit gibt.
- Und ja... Ich würde die Todesstrafe wieder einführen. Aber nur auf EINER EINZIGEN Basis: Freiwilligkeit. Ich bin mir ziemlich sicher, dass manch Langjähriger lieber das wählen würde als die Enge eines Gefängnisses.
- Die beste Resozialisierung nützt nichts, wenn man draussen gegen Wände läuft.
So und jetzt dürft ihr mich alle steinigen, weil ich 1982 kriminell war
Ach ja...
Ich hätte noch eine Bitte an die Threaderstellerin Zora.
Wärst du bitte so freundlich und würdest auch deine eigene Meinung kundtun? Ich lese von dir nur "stelle mir die Frage", "will Meinungen sammeln", "habe mir Gedanken gemacht" und nochmal "stelle mir die Frage".
Das mutet mich etwas seltsam an. Ich komme dabei auf den Gedanken, dass du persönlich die Todesstrafe befürwortest, dich aber nicht traust, offiziell dazu zu stehen. Stattdessen versuchst du hier vorzufühlen, ob andere eventuell deiner Meinung wären, denen du dich dann anschliessen könntest. Lieg ich falsch? Dann lass ich mich gern korrigieren

Also... Ich wäre dankbar für eine Stellungnahme deinerseits.
greetings