@shechinah
ich bin freilich kein fachmann in alt-hebräisch oder griechisch, und vielleicht verstehe ich deswegen nicht, warum die gründe die du angibst bedeuten, daß Jesus den trinitätsgedanken für absurd gehalten hat, nur weil es damals kein fachwort dafür gab?! der vergleich hinkt vielleicht, aber die meisten menschen atmen doch auch luft ein, ohne gleich die genaue zusammensetzung zu kennen. bisher wurden in diesem thread doch schon einige gute gründe dafür angeführt, daß der trinitätsgedanke schon von altersher ein biblisches grundkonzept ist, ohne daß es so genannt wurde. ist es denn nicht so, daß beim lesen der Bibel vielmehr der zusammenhang entscheidet, als philologische Polemik?
übersetzungen haben doch ganz allgemein ein inhärentes problem, und ich will mal versuchen, dies anhand eines beispieles aus meiner muttersprache, serbisch, zu demonstrieren: in der volkstümlichen serbischen lyrik gibt es eine besondere versform, die als "zehner" bezeichnet wird. hierunter versteht man kleine dichtverse, die aus genau zehn silben bestehen. nun hat seinerzeit j.w.goethe, der aus mir unbekannten gründen eine tiefe sympathie für die serbische sprache hegte und diese auch fliessend beherrschte, versucht, diese "zehner" silbengetreu ins deutsche zu übersetzen. das resultat war aus poetischer sicht recht tragisch, obwohl goethe es geschafft hat, sich an die zehn silben zu halten. der inhalt und das literarische gerüst - die zehn silben - waren da. aber die kunst war weg.
es gibt theologen und bibelforscher, die behaupten, dass einige bücher des biblischen kanons wahre meisterwerke zeitgenössischer poesie und literatur sind (psalmen, sprüche, einige kapitel aus den briefen von paulus, etc.). obwohl sich die verschiedenen übersetzer redliche mühe gemacht haben, so ist, den experten zufolge, doch ein grossteil der literarischen kunst dieser bücher aufgrund der übersetzung in andere sprachen verloren gegangen. so und hier ist nun entscheidend, mit welchem grundkonzept man an die sache herantritt:
- einige menschen glauben an einen allmächtigen, liebenden Gott. und sie glauben, daß eben dieser Gott in Seinem Wort, durch die Jahrhunderte hinweg, sämtliche Heilsgeheimnisse zugrundegelegt hat. man wird nun eingestehen, daß die Bibel ein vielseitiges buch ist, und nicht alles darin ist für die errettung und das bestehen in der welt zwingend notwendig. insofern ist es zwar schade, aber nicht verderblich wenn teile der Bibel verändert oder an Schönheit verloren haben. jedoch sind diese menschen der festen überzeugung, daß Gott es niemals zulassen wird, daß durch übersetzungen oder veränderungen die heilsbringenden tiefen wahrheiten Seines Wortes untergehen. dadurch soll gewährleistet werden, daß diejenigen, die tatsächlich suchen, immer noch ihren Gott in der Bibel finden können.
- andere menschen, nunmehr, haben eine rein intellektuelle haltung diesen dingen gegenüber, analysieren bis ins kleinste detail die einzelnen schriftstellen, und diskutieren anschliessend übersetzungsfehler oder interpretationsvarianten. wie ein teilnehmer dieses forums andernorts schon festgestellt hat: jedem das seine.
dennoch soll hier noch etwas zum thema `Glauben` im allgemeinen bemerkt werden.
ich bin der meinung, die uralte kontroverse "wissenschaft kontra glauben" ist, bei näherer betrachtung, so kontrovers gar nicht. die wissenschaft basiert auf beweisen, wird gesagt. beweisen? von hause aus hab ich fast die gesamte schul- und unizeit mit dem studium von elektronen, protonen, atomen und molekülen verbracht. ich würde nie auf die idee kommen, die grundmodelle von materie, wie sie heute allgemein gelehrt wird, anzuzweifeln (obwohl ich in diesem forum für solch eine haltung sicherlich von vielen als traurigen deppen hingestellt würde

).
nun verhält es sich doch aber so, daß die heutige wissenschaft ihre ergebnisse gemeinhin auf dem prinzip der empirie erreicht. wir gehen von einer annahme aus, und solange diese annahme sich nicht als falsch erweist, bauen wir unser konstrukt weiter auf dieser annahme auf. in all diesen jahren habe ich allerdings noch nie ein elektron gesehen. und die kleineren jungs, die da herumschwirren, schon gar nicht.
es gibt menschen, die haben die existenz Gottes so greifbar in ihrem leben erfahren, so wie ich die anwesenheit von elektronen in meinem reagenzglas erfahren habe. Gott ist im leben solcher menschen eine vollkommen reale, sich in den alltag involvierende entität. nun kann es sein, daß solche leute ihren glauben eben ganz einfach mit einem "ich glaube an Gott" ausdrücken, ohne sich in abstrakten gedanklichen konstukten zu nirvanisieren. da ist eben Gott, der allmächtige Schöpfer von allem, was es gibt.
und der wissenschaftler? ja, auch er braucht eben, um es mit soktrates zu halten, eine "Ursache ALLER Ursachen, OHNE Ursache".
... aber das kann man natürlich alles auch ganz anders sehen
schönen sonntag noch...