Das Spiel, das einige Stellen und Funktionäre in der EU treiben, wird immer bunter.
1. Oktober 2013: EU-Parlament stimmt einigermaßen vernünftigem Passus zur E-Zigarette zu.
Im Rahmen der Überarbeitung der Tabakproduktrichtlinie (TPR) wurden in den letzten 2 Jahren einige Grabenkämpfe zwischen den Nutzern der E-Zigarette (Unterstützt durch eigens gegründete Verbände sowie die führenden Mediziner auf diesem Gebiet) und den entsprechenden Stellen in der EU-Bürokratie ausgefochten. Hunderttausende Dampfer überall in Europa haben ihre Abgeordneten kontaktiert und auf die moralische und rechtliche Fragwürdigkeit der geplanten Regelung der E-Zigarette in der neuen TPR aufmerksam gemacht. Denn dort war ursprünglich (siehe Beitrag hier vom 22.12.12) eine ziemlich restriktive Handhabung geplant, mit mickrigen Verpackungsgrößen und niedrigen Nikotinmengen.
Am 08.10.12 hat das EU-Parlament mit großer Mehrheit einen völlig anderen Text bezüglich der E-Zigarette angenommen: Keine Beschränkungen der Größe der Verkaufseinheit, Nikotinlimit 30mg/ml (mehr als ausreichend), keine Vorschriften zur Beimischung von Aromen, Keine technischen Vorschriften, abgesehen von sinnvollen Sicherheitsvorschriften (die aber ohnehin bereits überall umgesetzt sind) usw.
2. Oktober/November 2013: EU-Komission setzt sich über Parlamentsbeschluss hinweg.
Nun, das EU-Parlament als einzige demokratisch legitimierte Stelle in der kompletten EU ist aber scheinbar wenig mehr, als ein Puppentheater. Denn wie jetzt aus einem geleakten Dokument bekannt wurde, plant die zuständige EU-Komission unter Linda McAvans eine Regelung, die in allen Punkten von der vom EU-Parlament beschlossenen Regelung abweicht:
Die Zentralen Punkte sind:
1. Verbot von wiederbefüllbaren Verdampfereinheiten
2. Verbot von Nikotinkonzentrationen > 20mg/ml
3. Maximale Nikotinmenge pro Verkaufseinheit: 10mg (heißt: Größte verkaufseinheit wäre dann 0,5ml)
4. Nur Geräte, die Nikotin "gleichmäßig" abgeben, sind erlaubt.
5. Verbot von Aromen
Als wäre das nicht schon schlimm genug, folgt jetzt der absolute Hammer:
6. Verbot von "Werbung" für E-Zigaretten und Publikationen über E-Zigaretten in Radio, TV, sozialen Netzwerken, Foren.
TPR2 schrieb:
„d) jede Form eines öffentlichen oder privaten Beitrags zu Radioprogrammen mit dem Ziel oder der direkten oder indirekten Wirkung der Förderung der elektronischen Zigaretten verboten ist;
e) jede Form öffentlicher oder privater Beteiligung an jeglicher Veranstaltung, Aktivität oder individueller Unternehmung, die das Ziel oder die direkte oder indirekte Wirkung hat, Elektronische Zigaretten zu fördern und unter Einbeziehung mehrerer Mitgliedstaaten stattfindet oder anderweitige grenzüberschreitende Wirkung hat, untersagt ist.
http://www.focus.de/politik/diverse...demokratie-zur-posse-verkommt_id_3445486.html
Mit anderen Worten: Die EU will ihren Bürgern einen Maulkorb verpassen. Wir sollen - nach dem Willen der EU-Komission - nicht mehr über E-Zigaretten reden dürfen! Im Prinzip ist das nichts anderes als eine allgemeine Zensur. Das muss man sich mal vorstellen!! Der Austausch in Foren ist ein ganz zentraler Punkt in der Dampfergemeinschaft, dort findet der fachliche Austausch und die Koordination der politischen Arbeit statt. Das wäre dann strafbar. Ebenso wie dieser Blog.
Cui bono?
Die Vorgaben würden den bisher freien Markt völlig zerschlagen, insbesondere die technisch anspruchsvollen Lösungen und Geräte, die in der Regel von kleinen Unternehmen oder Privatleuten stammen, hätten keinerlei Chance mehr, da sie in keiner Weise die technischen Vorschriften der Richtlinie einhalten können (Mittlerweile benutzen etwa 99,9% der Dampfer "Tanksysteme", d.h. Verdampfereinheiten mit einem größeren Tank, der recht zuverlässig arbeitet und beliebig wiederbefüllt werden kann.)
Das einzige, was noch erlaubt wäre, wären vorgefüllte Einwegkartuschen ohne Aroma, mit einer lächerlich niedrigen Nutzungsdauer von wenigen Stunden.
Solche Wegwerfgeräte existieren zwar bereits auf dem Markt, werden aber außer als Notlösung nicht benutzt. Gründe hierfür sind vor allem die mangelhafte Leistung dieser Kleinstgeräte, die fehlende Flexibilität sowie das miserable Preis-Leistungsverhältnis.
Punkt 4 (Geräte, die Nikotin gleichmäßig abgeben) ist eine Art "Gummiparagraph", da nicht näher definiert ist, was unter "gleichmäßig" zu verstehen ist. Technisch ist das ohnehin völlig unmöglich, auch Tabakzigaretten geben Nikotin nicht "gleichmäßig" ab. Meine Vermutung ist, dass hier einfach nur eine Regelung eingebaut wird, mit der man Produkten nach Belieben die Zulassung verweigern kann, auch wenn sie ansonsten die Vorgaben erfüllen. (Etwa weil sie von einem unliebsamen Hersteller stammen...)
Aus Sicht der Nutzer also ein absoluter Albtraum! Aus Sicht der potentiellen Verkäufer allerdings ein Segen. Wer sind nun diese Verkäufer?
Im Licht dieser neuen geplanten Regelungen scheiden die bisherigen Anbieter größtenteils aus, da sowohl die bisherigen Kommunikations- als auch Vertriebswege zerschlagen werden sollen. Bleiben nur noch zwei Gruppen übrig, die auf diesem Markt ein Interesse haben: Die Tabak- und die Pharmaindustrie!
Im letzten Jahr sind praktisch alle großen Tabakkonzerne entweder durch Beteiligung oder Kauf in den E-Zigaretten-Markt eingestiegen, mit einem gesamten Investitionsvolumen von geschätzt einer halben Milliarde Dollar. (Allein die Übernahme des in den USA bekannten Herstellers "Blue Cigs" ließ sich Lorillard etwa 300 Millionen Dollar kosten!). Aber auch europäische Tabakunternehmen sind mittlerweile am E-Zigaretten-Markt beteiligt. Solche INvestitionen machen nur dann Sinn, wenn der Markt nicht in den nächsten Monaten und Jahren zerstört wird.
Aber auch die Pharmaindustrie profitiert von den neuen Regelungen, da sie im Prinzip bereits bestehende, fälschlicherweise als "Arzneimittel" klassifizierte Nikotinabgabegeräte beschreiben.
Die EU-Komission betreibt hier also offensichtlich eine Politik im Interesse der großen Industrien, nicht der Bürger.