Ich zitiere nun aus einem Aufsatz von Professor Dr. Dieter Blumenwitz,
nachzulesen in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) 1990 auf den
Seiten 3041 ff.:
„Die beiden deutschen Staaten handelten nur im eigenen Namen und nicht
als Vertreter Deutschlands [...]. Gem. Art 8 I 2 des Vertrages hat dann
jedoch die Ratifikation 'auf deutscher Seite durch das vereinte
Deutschland' zu erfolgen; der Vertrag soll 'für das vereinte
Deutschland' in Kraft treten (Art. 9 S. 1) und 'daher für das
vereinte Deutschland' auch gelten (Art. 8 I 2).[...]
Politisch soll durch die gewählte Verfahrensweise sichergestellt
werden, daß Brüche und Verwerfungen in den
zwischenstaatlichen Beziehungen, wie sie in Fällen von
Staatensukzession vorkommen können, vermieden werden. Es ist zwar
ungewöhnlich, daß ein Rechtssubjekt als 'Verhandlungsstaat'
den Vertragstext abfaßt und annimmt, ein anderes Rechtssubjekt
aber seine Zustimmung bekundet, durch den Vertragstext gebunden zu
sein; es ist jedoch grundsätzlich möglich, daß ein
Staat einer vertraglichen Regelung zustimmt und rechtlich gebunden
wird, obgleich er nicht 'Verhandlungsstaat' war. [Vgl. Wiener
Übereinkommen über das Recht der Verträge vom
23.5.1969...]“ (Blumenwitz, NJW 1990, S. 3041)
„Die Logik der Identität der (alten) Bundesrepublik Deutschland
mit dem Völkerrechtssubjekt 'Deutsches Reich' (Deutschland als
Ganzes) und das Konzept des Beitritts der DDR zum Grundgesetz
(Inkorpotation) hätten auch direkte Wege zum Ziel der Bereinigung
der Kriegs- und Nachkriegszeit aufgezeigt. Zu bedenken war aber,
daß das stringente Identitätskonzept der Bundesrepublik der
50er Jahre auch von ihren Verbündeten nie voll akzeptiert worden
war, daß das BVerfG die Identitätsaussage auf eine den
damaligen Geltungsbereich des Grundgesetzes beschränkte
„Subjektsidentität“ reduzierte und daß für den
'2+4'-Prozeß nur das Wiedervereinigungsmodell der
Teilordungslehre, aufbauend auf der rechtlichen Gleichordnung von
Bundesrepublik und DDR, in Betracht kommen konnte. [...] Dies
schließt die rechtliche Identität des vereinten Deutschlands
mit der (alten) Bundesrepublik Deutschland und mit dem Deutschen Reich
nicht aus“ (Blumenwitz, NJW 1990, S. 3041, 3042).