Die Wahrheit über Männer, Frauen und Diskotheken

SeraPhim

Lehrling
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Als ich am WE mal wieder in der örtlichen Disko fiel mir folgender Text ein, den ich dann am Sonntag zu Papier brachte. Bin mal auf eure Reaktionen gespannt. :)

Sera Phim

Saturday Night Fever

Eine empirische Betrachtung über
Samstägliche Tanzrituale

Es gibt Tage da fragt man sich wieso ein Grimzek oder Sielmann in die Weiten von Afrika oder sonst wo fährt um die Tierchen bei der Suche nach Nahrung und Fortpflanzungsmöglichkeiten zu beobachten. Denn wie es so schön heißt: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah! Hiermit sollen aber nicht die Tierchen gemeint sein, deren Verhaltensweisen man auskundschaften möchte, sondern die hochentwickeltste Lebensform auf der Erde: Der Mensch. Wer Tiere sehen möchte soll doch einfach in den Zoo gehen. Das wirklich Interessante geschieht in den weiten Gebieten deutscher Diskotheken. Hier wird man Zeuge wie sich das possierliche Menschenmännchen archaischer Verhaltensweisen bedient um das possierliche Menschenweibchen zu einem spontanen Akt der Zeugung zu überreden. Dass der coole Auftritt hierbei von Vorteil ist versteht sich von selbst. Das beginnt nämlich schon beim Erscheinen im örtlichen Tanztempel. Lauter die Motoren nie klingen als am Samstagabend scheint das Motto zu sein. Schon der gute alte Sigmund Freud stellte fest dass man mit einem großen Auspuff so manchen anatomischen Nachteil ausgleichen kann. Gut das hat er zwar so nicht gesagt, aber sicherlich so gemeint wenn er hundert Jahre später gelebt hätte. Wie nicht anders zu erwarten ist ein häufiges Auftreten des Gemeinen Wald- und Wiesenprolls (WuWP) in den Diskotheken zu verzeichnen. Dieser ist leicht zu erkennen. Als erstes schält er sich aus seinem Drei-Punkt-Gurt. Man ist schon sehr verwundert, dass er überhaupt noch geradeaus gehen kann. Denn wenn man sieht wie sich jeden Erhebung des Straßenbelags auf Fahrgastzelle und Fahrer überträgt, weil das Fahrwerk der Coolness wegen aus Vollsport eingestellt ist, so hätte doch jeder normale Mensch den Notarzt rufen müssen weil er sich eine Gehirnerschütterung zugezogen hat. Dies passiert aber nicht dem WuWP. Böse Zungen behaupten allerdings, man kann sich nichts erschüttern was nicht vorhanden ist. Dies soll aber nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Das zweite Indiz da es sich um einen WuWP handelt ist das Frauchen das er mit sich führt. Meistens handelt es sich um eine Wasserstoffperoxyd - Erblondete Friseuse. Es soll hier natürlich nicht der Berufstand der Friseurinnen in Verruf gebracht werden. Denn auch nicht jeder Autofahrer ist ein Proll. Der dritte Beweis ist dann natürlich die seitwärts verkrümmte Wirbelsäule. Die kommt zustanden weil der WuWP vornehmlich mit links lenkt, dabei aber, leger wie er ist, rechts am Lenkrad vorbeischaut. Dass so was ein Fall für den Orthopäden wird, kann sich jeder sicherlich vorstellen.
Soweit zum Verhalten außerhalb der Diskothek. Das wirklich interessante passiert drinnen. Üblicherweise ist dieses Tanzgebäude in drei Teilen aufgebaut. In dem einen Teil trifft sich hauptsächlich das Jungvolk um dem Techno, Dancefloor und der Black Music zu huldigen. In den zweiten Teil werden die etwas älteren Semester gesteckt, wo man dann discofoxend das Tanzbein schwingt. Im dritten Teil sondert sich dann die Gothic und Darkwave Klientel ab. Normalerweise ist das für diese Klientel nicht die richtige Lokalität. Aber leider wird auf Friedhöfen heutzutage keine Musik mehr gespielt.
Ein weiterer Aspekt in dieser empirischen Untersuchung ist das Kleidungsverhalten des samstäglichen Diskogängers. Hier wird dem Ideen- und Einfallsreichtum keine Grenzen gesetzt. Man findet die H&M neben der Orsay und Pimkie Fraktion. Mut zum Stilbruch ist die Devise und so findet man außerdem noch New Yorker und C&A Kundinnen, schaulaufend neben denen die besonders gern bei Benetton oder Sinn Leffers shoppen gehen. Besondere Anerkennung finden die Trägerinnen von Gucciduplikaten die man auf irgendwelchen Polenmärkten ausgegraben hat. Getragen wird alles, Hauptsache Figurbetont. Das mancher gar keine Figur hat die betont werden sollte scheint hier niemanden zu stören. Besonderer Modetrend scheint momentan das Tragen von Hosen zu sein die nur an den Hüftknochen aufgehängt sind. Dass die Hersteller von Strings diesen Trend verschlafen haben zeigt sich deutlich. Denn bei fast allen Hüfthosenträgerinnen sieht man deutlich das der String gute zehn Zentimeter über dem Hosenbund erst aufhört. In Wissenschaftskreisen wird aber vermutet, das dies mit voller Absicht geschieht und es ein Zeichen von Paarungsbereitschaft ist. Eine weitere Besonderheit der weiblichen Bekleidungsmode ist, das das Oberteil fünfzehn Zentimeter über dem String (also fünfundzwanzig Zentimeter über der Hüfthose) aufhört. Dies lässt natürlich Platz für nackte Haut, die mit den unterschiedlichsten Tätowierungen verziert ist. Da kann man keltische Symbole, Tiere, Pflanzen, Fabelwesen oder Tigeraugen sehen. Ein besonderes Highlight sind natürlich die „I Love Mama“ Tattoos. Diese sind aber eher auf den entblößten Oberarmen von durchtrainierten, jungen Herren zu finden.
Wie kommt aber nun das Männchen zu dem Weibchen seiner Wahl? Wenn es sich das Tierreich zum Vorbild nehmen würde, dann würde es jetzt sicherlich mit dem Schwanz wedeln, seinen prachtvollen roten Hintern zur Schau stellen oder einen mächtigen Brunftschrei austosen. Leider wird solches Verhalten in unserer Gesellschaft nicht mehr toleriert. Was kann also der Mann tun? Wie ich feststellen musste leider nicht viel. Da er nur auf verbale Kommunikation beschränkt ist, tun sich hier schon die ersten Probleme auf. Man kann es drehen und wenden wie man will, es gibt einfach keinen Spruch der hundertprozentig funktioniert. Dummerweise weiß das ein Großteil der männlichen Diskobesucher nicht und so wird man unfreiwilliger Zeuge von misslungenen Anbaggerungsversuchen. Die übliche Masche ist das vergessene Feuerzeug. Nach diesem fragt man dann die Frau seiner Wahl. Dieser Versuch ist aber mittlerweile so alt und dummdreist, dass er sogar fast schon wieder originell ist und funktioniert. Aber eben nur fast. Obwohl es auch da immer wieder die berühmten Ausnahmen von der Regel gibt, wie sich der Autor persönlich überzeugen durfte. Was wird noch getan um die Aufmerksamkeit einer Dame zu erregen? Manch einer versucht es mit dem guten, alten Getränkausgebetrick. Das Getränk wird vom weiblichen Gegenüber gerne angenommen, aber das war’s dann auch schon. Diese Aktion empfiehlt sich daher nur für gut betuchte Zeitgenossen. Dann gibt es noch die Herren der Schöpfung die sich sagen Angriff ist die beste Eroberung. Diese gehen dann spontan auf eine Frau los und bitten um ihre Telefonnummer. Der Wunsch nach dem Besitz kann aber die unterschiedlichsten Gründe haben. Der eine will sich nur vor seinen Kollegen rühmen, der andere ist Masochist und wartet nur darauf eine geknallt zu bekommen, der nächste hat wirklich ehrliche Absichten aber das wird von der Dame nicht mehr wahrgenommen, da er mittlerweile schon der Dritte ist und sie die Schnauze voll hat von den permanent notgeilen Kerlen und der letzte Typ will einfach bloß die Nummer von ihr haben weil er ein Zahlenfetischist ist. Wie man hier gut sehen kann, ist es fast aussichtslos durch den direkten Kontakt mit der Auserwählten ein Date zu bekommen. Was bleibt also einem anderes übrig als das ganze subtiler anzugehen. Wo könnte das besser funktionieren als auf der Tanzfläche. Denn hier wird nach Mitternacht jeder zum John Travolta. Da lässt man(n) lasziv die Hüften kreisen, auch wenn der Übergang von Hals zu Bauch zu Hüfte nicht klar erkennbar ist. Die Hände und Arme beschreiben konzentrische Kreise in der Luft und bei manchen sieht es aus als würde er das gerade gespielte Lied mit Gebärdensprache nachsingen. Wieder andere versuchen es auf die homosexuelle Tour. Nicht das man nach anderen Männern Ausschau hält, sondern man schnappt sich seinen besten Kumpel und macht mit dem einen auf Chippendales oder California Dreamboys. Denn irgendwo hat man mal das Gerücht aufgeschnappt, das Frauen auf schwule Männer stehen und diese versuchen wollen umzupolen. Dass dieses Gerücht von den Damen persönlich gestreut wurde, um sich einfach ein bisschen über die Hobby-Village-People lustig machen zu können, wissen diese natürlich nicht. Also reibt man sein Geschlechtsteil munter weiter am Hintern des Freundes, getreu dem Motto: Jeder blamiert sich so gut wie er kann.
Andere Jungs versuchen sich dann als Solointerpreten wie einst Fred Astaire ohne Ginger Rogers. Bloß das sich das heute GoGo-Boy nennt. Wenn diese Jungs das „Go“ wenigsten ernst nehmen würden, wäre das alles kein Problem. Aber nein sie bleiben stattdessen und machen sich auf der erhöhten Tanzfläche zum Obst. Ein besonderes Erlebnis ist es dann immer wenn auch beim letzten Büroangestellten oder Buchhalter die Hemmung fällt. Da kann man dann auf einmal Herren auf dem höheren Tanzpodium sehen, die eindeutig ein Kind des Don-Johnson-Miami-Vice-Zeitalters sind. Das ist deutlich zu erkennen an den schwarzen Slippern mit angezogenen weißen Tennissocken. Vati trägt dann meistens noch eine weiße oder blaue Jeans drüber, die er günstig beim Vietnamesen abgestaubt hat. Günstig war auch Muttis Outfit, mit weißer Bluse Marke „Dederon“ und einem Rock mit undefinierbarem Muster. Nicht zu vergessen die Socken in offenen Schuhen. Zu diesem Zeitpunkt sind aber auch die jungen anwesenden Damen nicht besser. Da wird keine Gelegenheit ausgelassen sich an der nächst besten Metallstange zu reiben, zu winden oder sonst welche Bewegungen zu machen die man normalerweise von osteuropäischen Tänzerinnen nachts auf dem Kabelkanal Neun Live erwarten würde. Da braucht sich die tanzende Frau nicht wundern, wenn sie plötzlich die Geldscheine in den Hosenbund gesteckt bekommt. Ich brauch natürlich nicht erwähnen dass auch dieses Verhalten nicht von Erfolg geprägt ist. So gehen die Stunden am samstäglichen Diskoabend dahin, bis nur noch ein trauriger Rest an Gästen bleibt. Jetzt könnte man annehmen, das nur noch die da sind die wirklich auf der Suche nach einem Partner sind. Dies trifft aber nur auf die anwesenden Männern zu. Die Damen warten einfach nur auf eine günstige Mitfahrgelegenheit weil der eigene Freund mit der besten Freundin abgezogen ist. Der dritten Gruppe ist die Partnerschaftssuche um diese Zeit völlig egal. Sie wollen nur wissen ob in einer Disko wirklich irgendwann das Licht angeht und man vom Personal gebeten wird das Haus zu verlassen.
So jetzt wird es aber auch für den Autoren Zeit sich fertig zu machen. Im Radio läuft schon „Staying Alive“ von den Bee Gees. Die Tanzposen wurden bereits vor dem Spiegel geprobt und das Haar ist gegeelt. Die Klamotten sind neu und gab es billig als Schlussverkaufsware. Man ist bereit für ein weiteres samstägliches Tanzritual.

In diesem Sinne
Gute Nacht
Und
Thank You For The Music










©SeraPhim 2002
 

fletcher

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ein grund warum ich mal wieder ausgehen sollte, das markwürdige paarungsverhalten geschlechtsreifer grosstätder!
gute prosa! gehört auch in lyrik in die rubrick erlebnisbericht! .)
 

Deighton

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:lol:

*sichdielachtränenausdenaugenwischend*

genau das habe ich bei meinen zwei Diskobesuchen vor Jahren beobachtet und ich habe mich köstlich darüber amüsiert!

In meiner Nähe sagte doch ein Kerl (Muttis bester mag er wohl gewesen sein) an einem dieser Abende zu einer furchtbar aufgebrezelten weiblichen Geisterbahn "Möchts'zte auch ma' auss meinemm halb volenn Glass 'Kohla' trinken"! Was mit einem rapiden ende der Anmache durch die "Geisterbahn" quittiert wurde.

Oh man, genau so ist es, genau so wird es sein.

Super! Bitte mehr solcher Texte, herrlich. :lol:
 

Terrapansen

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Jawollll!!!!!!! Genau so!!! Das sit auch der Grund warum ich seid zwei Jahren keine Disco mehr betreten habe! Es kotzt mich einfach nur von oben bis unten an wenn ich diese Lackaffen und Stelzbock Typen sehen muss!
 

Tizian

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:lol: Klasse, kann Terrapansen nur zustimmen! Das ist der Grund warum ich grundsätzlich nur auf Privatparties gehe, da macht sich wenigstens nur vor Freunden (die nehmens dann natürlich mit Humor) zum Affen!

Also packen wir das hier doch nach Lyrik und du schreibst für uns wöchentlich ein bis zwei solcher Texte! THX! :wink:
 

Trasher

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Ihr verkehrt einfach in den falschen Lokalitäten. "Großraum-Tanz-Tempel" sind halt so, aber wer geht da schon hin?
Mit kleinen Studentenclubs hab ich bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht. Die Atmosphäre ist eine ganz andere. Da kannst du ohne Angst vor einem blauen Auge mal jemanden anrempeln :wink:
Da springen auch keine 16 jährigen Pickelraver mehr rum... :wink:
 

SeraPhim

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@Trasher du kommst aus Dresden? Ich nämlich auch :D Ich gehe ja auch häufig in Studentenclubs. War aber halt seit langem mal wieder im Fun und dachte davon muß berichtet werden. :wink:
 

Trasher

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@SeraPhim: im Fun? :D Naja, dann kann ich's verstehen. :lol: DaFa, Roxy, etc.pp alles derselbe Mist. Aber über die Leute kann man sich dort allemal amüsieren ;)

Geiler Text übrigens!

PS. Auch in Studentenclubs wird "gebalzt", aber irgendwie niveauvoller *g*
 

Magna

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Jepp, das würde ich auch zutreffend nennen :lol:
Wenn man sowas liest ist man doch immer wieder dankbar, dass man keinen Freund mehr hat, der auf sowas abfährt... :D
Liebe Grüße,
Magna
 

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