Die gedopte Gesellschaft

Tino

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öch ... das erlebe ich täglich 8). Ursache und Wirkung sind manchmal sehr subjektive Wahrnehmungen. Prinzipiell ist der Patient autonom.

Ich habe im letzten Beitrag einen Absatz über Freiheit der Entscheidung geschrieben, daß nehme ich sehr ernst. Da Patienten oft eben nicht wirklich frei sind (ihr entsprechendes Leiden zwingt ihnen den Lösungsvorschlag des Arztes auf), sollte man den Rest an Freiheit akzeptieren.

Wie bei allem gibt es da Grenzen und darüber diskutieren wir ja hier. Nur weil jemand seine Medikamente nicht nehmen will ist Zwang nicht zulässig (mal abgesehen davon will ich hier keine Beratungsgespräche führen). Das Instrument der Zwangseinweisung ist extrem und sollte auch nur bei extremen Fällen angewendet werden.

Gruß Tino
 

Giacomo_S

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Tino schrieb:
Also sprechen wir hauptsächlich über das Ausmaß, nicht über psychische Erkrankungen oder die Zwangseinweisung an sich?
Genau, das Ausmaß. Oder anders formuliert: Das Entscheidungskriterium, nach dem definiert wird, was als "krank" und was als "gesund" zu gelten hat (um hier mal die Formulierung "normal" außen vor zu lassen).
Ich habe Menschen erlebt, die man vielleicht in einem anderen Zusammenhang als krank definiert hätte (cholerischer Chef). Interessant ist aber, daß solches Verhalten geduldet und entschuldigt wird, solange die Protagonisten Führungspositionen und Erfolg haben ("...ist eigentlich ganz nett", "trägt viel Verantwortung").

Tino schrieb:
An einer Zwangseinweisung ....

Wie ich bereits erwähnte, ging es mir nicht um die Psychiatrie an sich. Für mich ist dieses Thema nur die andere, negative Seite desselben Prinzips.
Einer Menschensicht, die im Wesentlichen die folgenden Axiome hat:

- Wahrnehmung, Fühlen, Denken beruhen auf Botenstoffen. Sie können daher auf pharmakologischer Ebene beeinflußt ("behandelt") werden.
- Mentale Störungen haben physiologische Ursachen. Sie werden deshalb innerhalb eines physiologischen Modells des Menschen behandelt.
- Mentale Störungen sind ein individuelles Problem, kein gesellschaftliches. Sollten gesellschaftliche Aspekte eine Rolle spielen, so wird angenommen, das gesellschaftliche Probleme sowieso nicht gelöst werden können, schon gar nicht durch den Einzelnen.
- Psychopharmaka sind Medikamente, keine Drogen. Die langfristige Einnahme ist ohne ernsthafte Konsequenzen und nicht suchterzeugend. Nebenwirkungen sind hinzunehmen.

Die o.g. Thesen beschränken sich nicht auf die Psychiatrie. Sie sind lediglich die Umsetzung der Prinzipien des schulmedizinischen Alltags auf psychische Krankheiten.
Ich möchte hier ein Beispiel nennen, um das zu illustrieren:
- Kürzlich las ich in einem rund 2.000 Seiten starken medizinschen Fachbuch (für Ärzte, Springer Verlag Heidelberg) über Ernährungsmedizin. Zu meiner Überraschung war von Lebensmitteln und Diäten dort nicht nur kaum die Rede, sondern überhaupt nicht.
Man sollte z.B. annehmen, daß bei einem (im Grunde so einfach zu beeinflussenden) Vorgang der Ernährung an den Ursachen gearbeitet werden kann und sollte. Tatsächlich ist das aber nicht der Fall, denn:

Hat der Patient Jodmangel: Jodtabletten.
Eine Portion Seefisch (200g) deckt den Jodbedarf für mehrere Wochen und wird auch besser vertragen und aufgenommen, da nicht der Körper mit mineralischen Jodsalzen überschwemmt, sondern das Jod, an Einweiße gebunden, genau da landet, wo es hin gehört: In der Schilddrüse.

Hat der Patient Vitaminmangel: Vitamintabletten.
Warum wird dem Patienten nicht eine tägliche Portion frisches Obst angeraten ? Die Komplexität der Inhaltsstoffe unserer Nahrung ist bei weitem nicht erforscht. Man nimmt an, daß allein in einer Vitaminreichen Frucht wie einer Südfrucht, viele verschiedene, in ihrer Wirkung auf den Organismus ungeklärte Vitaminderivate enthalten sind, die für den Körper wichtig sind. Es wird vermutet, das hierin der Grund zu sehen ist, warum synthetisches Vitamin C nur etwa 80% der Wirkung derselben Menge in natürlichen Lebensmittel hat.

Hat der Patient Eisenmangel: Eisentabletten ...

Die Liste ließe sich beliebig weiterführen. Man liest daraus das Schema ab:Es wird nicht an den Ursachen kuriert, sondern an den Symptomen.
Aus der Sicht des Arztes stellen sich die Vorteile des o.g. Behandlungsschemas wie folgt dar:
- Die verabreichten Medikamente gewährleisten eine genau zu verifizierende Dosis der Substanzen (= 180 Microgramm Jod), was Naturprodukte (= 200g Seefisch) nicht gewährleisten.
- Der Arzt ist aus der Haftung. Er hat dem Patienten eine wissenschaftlich anerkannte Therapie angeboten. Auch falls sie nicht funktioniert ... nun, in der Medizin ist eben alles möglich.
- Der Patient braucht sein Leben nicht ändern. Und erfahrungsgemäß wird er viel eher jeden Morgen brav seine Pille schlucken, als einmal die Woche vom Schweinsbraten auf den Seelachs zu wechseln.

Nun könnte man sagen: Was soll's ? Es funktioniert, alle sind zufrieden, was mußt Du wieder herummeckern ?
Weil die festgelegten am wichtigsten Elemt vorbeigehen: Dem Patienten selbst. Denn der wird dabei nicht gefragt und auch erst gar nicht informiert.
Um einmal bei dem Ernährungsbeispiel zu bleiben:
Eine Ex von mir bekam mineralische Jod wegen ihrer Schilddrüse. Sie hatte aber auch immer heftige Probleme mit Akne. Gegen die Akne wollte man ihr übrigens andere Medikamente geben, teils mit ganz erheblichen Nebenwirkungen. Ich recherchierte ... und fand Betroffene, die der Meinung sind, das käme von dem mineralischen Jod.

"Die Schulmedizin" lehnt diese Erkenntnis vehement ab. Sie ist sich auch nicht zu schade, Betroffene die anderes behaupten, zu diffamieren.

Ich konnte meine damalige Freundin überzeugen, auf das Jod zu verzichten, im Gegenzug habe ich 2-3x die Woche für uns frischen Seefisch gekocht. Die Jodwerte blieben im grünen Bereich (durch Tests einwandfrei ermittelt). Die Akne besserte sich erheblich und ging bis auf ein normales Maß zurück. Allerdings dauerte dieser Prozeß - wie auch von den Betroffenenforen vorausgesagt - mehrere Monate.

Soweit also das Ernährungsbeispiel. Was ich damit sagen will: Wie kann sich also immerzu "die Schulmedizin" mit stolzgeschwellter Brust hinter Dogmen stellen, die ganz im Gegensatz zu ihren Lippenbekenntnissen "wissenschaftlich belegt" sind - und noch dazu alle, die nur ein wenig anderes behaupten, diffamieren ?
Durch ihren Verbündeten, die Pharmahersteller. Denn die wollen ihre Präparate verkaufen, ob man sie nun braucht oder nicht. Man denke nur daran: Würden sich die Leute besser ernähren, dann bräuchten sie die Vitamin- und Jodtabletten nicht. (Und vielleicht auch erst gar nicht den Arzt).

Tino schrieb:
Das Beispiel deiner Freundin ist sicherlich dramatisch, aber jetzt mal andersherum gefragt, hättest du für ihre weitere Fahrtauglichkeit gebürgt? Juristisch und Finanziell?
Ehrlich gesagt würde ich das für niemandens Fahrtauglichkeit tun, weder juristisch noch finanziell. Somit geht diese Frage an ihrer Absicht vorbei.

Statistik ist immer eines der schwächsten Argumente. Aber manisch kranke Menschen neigen zur Selbstüberschätzung und das ist schon recht gefährlich. Vor allem, da sie im Gegensatz zu einem z.B. Jugendlichen nicht die Möglichkeit haben die Finger vom Treibstoff (Alkohol) zu lassen. Es geht hier auch darum, welche Möglichkeiten der Mensch hat, inwieweit er selbst wirklich auch für daß was er tut verantwortlich gemacht werden kann.

Und wer ist nun manisch und wer beurteilt das ? Kann man den Grad der Manie messen ? Sind die Menschen in Bayern manischer als in Thüringen ? Und wenn ja, wieso ?

Tino schrieb:
Dein nachfolgendes Beispiel mit Ritalin und Prozac ist ebenfalls interessant. Den beides hat mit deinem ursprünglichen Posting von der Zwangseinweisung nichts zu tun. Der Reflex nicht nur der Mediziner, sondern auch anderer Menschen zu Kontrolle ist – da sind wir uns mal einig – durchaus zu kritisieren. Aber nicht pauschal. Es gibt Kinder und Erwachsene, die durch die Anwendung Hilfe erfahren, und es gibt Mißbrauchskandidaten. Das wäre aber eine andere Diskussion, hier geht es doch wie gesagt um die Zwangseinweisung.

Und genau diese Diskussion möchte ich führen. Denn Psychiatrie und Zwangseinweisung ist nur die negativen Kehrseite der Medaille.
Sicher, es mag Menschen geben, die durch die Anwendung Hilfe erfahren.
Was aber, wenn Firmen mit ihrem Wunsch nach Wachstum und der Erschließung neuer Märkte ihre gigantischen Öffentlichkeits- und PR-etats dazu verwenden, die Skala zu ihren Gunsten zu verschieben ?
In meinen Augen passiert dies bereits und zwar auf unterschiedlichen Wegen:

- Es werden Erscheinungen zu pathologischen Fällen deklariert, die dies vorher nicht waren (AHDS, Sissy-Syndrom, prämenstruelle Depression usw.)
- Menschliche Probleme die ehedem als solche galten, werden zum Symptom von Krankheiten erklärt. Dies funktioniert übrigens selbst bei "eindeutigen", "wissenschaftlich messbaren" Ergebnissen, z.B. Cholesterinwerte. Es lässt sich leicht vorstellen, wieviele Menschen in eine Therapie mit Cholesterinsenkern hereinrutschen, wenn die Norm für Cholestrin gesenkt wird.
- Es wird - ganz offiziell - versucht, den öffentlichen und politischen Einfluss zu nutzen, um die vorhandene christlich-moralische Ethik (="Nimm keine Drogen !") dahingehend zu beeiflussen, daß sie den eigenen Absatzinteressen dient. Der Trend in Richtung Neuro-Enhancement ist da.

Aber lassen wir doch selbst einmal den Hersteller eines solchen Präpartas zu Wort kommen, der Hersteller von Provigil (Mondafinil), eines neuen Amphetamins:

Shift work sleep disorder

Na wunderbar: Nicht meine Schichtarbeit ist daran schuld, daß es mir so Kacke geht, sondern ich habe einfach SWSD - Shift work sleep disorder. Und wo das jetzt erkannt ist, da kann ich dann einfach das Amphetamin Provigil schlucken. Und genau so scheiße leben wie früher auch und durch Schichtarbeit meinen Körper ruinieren - nur merke ich's jetzt nicht mehr so.
 

agentP

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Einer Menschensicht, die im Wesentlichen die folgenden Axiome hat:

- Wahrnehmung, Fühlen, Denken beruhen auf Botenstoffen. Sie können daher auf pharmakologischer Ebene beeinflußt ("behandelt") werden.
Das wird dir wohl jeder zweifelsfrei bestätigen können, der jemals einen Rausch hatte. Wenn ich bestimmte Substanzen zu mir nehme, z.B. einen Obstler zu viel, dann werden meine Wahrnehmung, mein Fühlen und Denken zum Teil gravierend beeinflusst. Das ist manchmal von Vorteil, manchmal von Nachteil, aber as tatsache nicht von der Hand zu weisen.
- Mentale Störungen haben physiologische Ursachen. Sie werden deshalb innerhalb eines physiologischen Modells des Menschen behandelt.
Ist mir ehrlichgesagt neu, dass grundsätzlich jede mentale Störung ausschliesslich auf physiologische Ursachen zurückgeführt wird. Ich kenne genug Leute, die z.B. bei weniger schweren reaktiven Depression nie eine Tablette sehen, sondern vom schulmedzinischen Hausarzt lediglich zur Therapie geschickt werden. Das wäre wohl recht unsinnig, wenn man alleine von physiologischen Ursachen ausgeht, weil man im Therapiegespräch wohl eher nicht zu behandeln sind. Wie es mit anderen Störungen aussieht weiss ich nicht, aber ich lasse mich gerne überzeugen, daß generell immer nur von physiologischen Ursachen ausgegangen wird und das nicht lediglich deine subjektive Einschätzung ist.
- Mentale Störungen sind ein individuelles Problem, kein gesellschaftliches. Sollten gesellschaftliche Aspekte eine Rolle spielen, so wird angenommen, das gesellschaftliche Probleme sowieso nicht gelöst werden können, schon gar nicht durch den Einzelnen.
Das stimmt und ehrlichgesagt würde ich mich auch schön bedanken, wenn ich mit einem Burnout-Syndrom zum Arzt kommen würde und er sagen würde:" Das Problem ist ein gesellschaftliches Problem und meine Hilfe sieht so aus, dass ich bei der "Linken" bin und mich für die 30h Woche einsetze, damit Leute wie sie nicht mehr erst in diese Lage kommen"
- Psychopharmaka sind Medikamente, keine Drogen. Die langfristige Einnahme ist ohne ernsthafte Konsequenzen und nicht suchterzeugend. Nebenwirkungen sind hinzunehmen.
Was ist denn der Unterschied zwischen Droge und Medikament, ausser dem Verwendungszweck? Wer behauptet eigentlichausser dir wo, dass alle Psychopharmaka generell nicht Suchterzeugend sind? Ich weiss, dass man was Medikamente gegen Depressionen anbelang in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht hat, was das Suchtpotential anbelangt und auch hier kenne ich Leute, die ihre Medikamente in der Tat im Rahmen einer begleitenden Therapie völlig problemlos abgesetzt haben.

Das Problem, das ich mit deiner Argumentation habe, ist dass du extrem verallgemeinserst, als ob es nur "die psychische Störung" und "das Psychopharmakum" gäbe und nicht von beidem viele unterschiedliche.

Na wunderbar: Nicht meine Schichtarbeit ist daran schuld, daß es mir so Kacke geht, sondern ich habe einfach SWSD - Shift work sleep disorder. Und wo das jetzt erkannt ist, da kann ich dann einfach das Amphetamin Provigil schlucken. Und genau so scheiße leben wie früher auch und durch Schichtarbeit meinen Körper ruinieren - nur merke ich's jetzt nicht mehr so.
Wird das Zeug zwangsverordnet? Ich glaube nicht. Insofern steht es dir als Patient doch frei, ob du lieber die Ursachen oder die Symptome bekämpfst. Es ist aber sicher nicht explizit die Aufgabe von Arzneimittelherstellern oder Ärzten, die Schichtarbeit abzuschaffen, oder?
 

forcemagick

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agentP schrieb:
- Mentale Störungen sind ein individuelles Problem, kein gesellschaftliches. Sollten gesellschaftliche Aspekte eine Rolle spielen, so wird angenommen, das gesellschaftliche Probleme sowieso nicht gelöst werden können, schon gar nicht durch den Einzelnen.
Das stimmt und ehrlichgesagt würde ich mich auch schön bedanken, wenn ich mit einem Burnout-Syndrom zum Arzt kommen würde und er sagen würde:" Das Problem ist ein gesellschaftliches Problem und meine Hilfe sieht so aus, dass ich bei der "Linken" bin und mich für die 30h Woche einsetze, damit Leute wie sie nicht mehr erst in diese Lage kommen"

wobei es aber eben auch nicht so ist, dass die gesellschaft nicht durchaus für das ein oder andere problem verantwortlich ist, dass ein patient dann "ausbaden" darf.

es wäre durchaus wünschenswert wenn gewisse elemente in unserer gesellschaft auch mal einsehen würden, dass es so wie es ist halt nicht unbedingt gesundheitsförderlich ist.

doch eben da mangelt es dann und die probleme werden beim individuum belassen.
die arbeitsbedingungen verbessern sich nicht sondern der druck wird derzeit ja wieder zunehmend erhöht, die menschen werden kaputt gemacht und können dagegen pillen schlucken, die ihnen zwar gegen gewisse symptome helfen aber eben auch nicht ohne nebenwirkungen sind.

psychopharmaka sind ( mal mehr mal weniger ) durchaus in der lage abhängigkeiten zu verursachen und haben von fall zu fall durchaus unerwünschte nebenwirkungen ( schädigung gewisser organe wie etwa leber oder niere, gewichtszunahme, wahrnehmungseinschränkungen usw. nähere auskunft geben diverse beipackzettel ) gegen die dann wiederum spezielle medikamente gegeben werden ( die unter umständen wieder nebenwirkungen haben ).

nein ich bin nicht pauschal gegen psychopharmaka, aber der umgang damit ist meiner meinung nach zu leichtfertig... wenn leute gestresst aus der arbeit krabbeln, dort keine pausen mehr machen, einfach überfordert sind und kurz vor dem zusammenbruch befindlich vom arzt einfach nur ein paar psychopharmaka bekommen, dann ist das auch vom arzt leichtfertig und keine gute beratung, denn der patient bleibt unter umständen längerfristig auf der strecke.
sicherlich hat man als aufgeklärter patient die wahl ob man die symptome behandeln lassen will oder ob man an die ursachen will... andererseits fehlt einem als subjektiv involvierter manchmal auch der gewisse objektive blick.
vielleicht wäre ein vertrauensvoller ärztlicher rat ala "vielleicht sollten sie sich mal überlegen ob sie ihren job weiter ausüben können, denn wenn sie jetzt weitermachen dann fallen sie bald um" auch gar nicht mal so verkehrt.

und vielleicht wäre es auch gar nicht mal so verkehrt wenn sich gewisse leute, die gesellschaftliche missstände ja fördern und forcieren, auch mal die frage stellen würden ob das so weitergehen muss ( ja weiss schon ist hoffnungsvoll naiv, denn es geht ja nur ums liebe geld und der mensch kann dabei ruhig auf der strecke bleiben :D )

unterm strich bleiben natürlich die betroffenen ganz individuell auf ihren problemen sitzen und die entwicklung in den irrsinn wird weitergehen, die pharmaindustrie wird immer mehr menschen mit kleinen seeligmachern und heilerchen versorgen müssen ( natürlich tun sie es auch gern ).
etwas anderes zu erwarten wäre utopisch.
 

Tino

Meister
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Hallo Giacomo,

Genau, das Ausmaß. Oder anders formuliert: Das Entscheidungskriterium, nach dem definiert wird, was als "krank" und was als "gesund" zu gelten hat (um hier mal die Formulierung "normal" außen vor zu lassen).
Ich habe Menschen erlebt, die man vielleicht in einem anderen Zusammenhang als krank definiert hätte (cholerischer Chef). Interessant ist aber, daß solches Verhalten geduldet und entschuldigt wird, solange die Protagonisten Führungspositionen und Erfolg haben ("...ist eigentlich ganz nett", "trägt viel Verantwortung").

Obwohl du dich um eine genaue Definition von gesund-krank bzw. normal-unnormal drückst, läßt du immer wieder durchblicken, daß du hier doch bestimmte Vorstellungen hast. Entscheide dich. Meine persönliche Definition bei psychischen Erkrankungen habe ich bereits beschrieben, nämlich die Freiheit der Entscheidung.

Unabhängig von normal und nicht-normal kommt aber medizinisch noch eine weitere Fragestellung hinzu. Die Frage ob daß was nicht-normal ist überhaupt behandelt werden muß. Viele Menschen fallen definitiv nicht in die Sparte Normal, sind aber überhaupt nicht behandlungsbedürftig.
Wie ich bereits erwähnte, ging es mir nicht um die Psychiatrie an sich. Für mich ist dieses Thema nur die andere, negative Seite desselben Prinzips.
Einer Menschensicht, die im Wesentlichen die folgenden Axiome hat:

- Wahrnehmung, Fühlen, Denken beruhen auf Botenstoffen. Sie können daher auf pharmakologischer Ebene beeinflußt ("behandelt") werden.
- Mentale Störungen haben physiologische Ursachen. Sie werden deshalb innerhalb eines physiologischen Modells des Menschen behandelt.
- Mentale Störungen sind ein individuelles Problem, kein gesellschaftliches. Sollten gesellschaftliche Aspekte eine Rolle spielen, so wird angenommen, das gesellschaftliche Probleme sowieso nicht gelöst werden können, schon gar nicht durch den Einzelnen.
- Psychopharmaka sind Medikamente, keine Drogen. Die langfristige Einnahme ist ohne ernsthafte Konsequenzen und nicht suchterzeugend. Nebenwirkungen sind hinzunehmen.

Schön, daß du für die Medizin Axiome entwirfst. Nur hat daß mit der Realität leider überhaupt nichts zu tun. Der ganze Absatz ist nichts weiter, als ein an der Realität vorbeigehender Vorwurf. Ich habe bislang keinen Kollegen kennengelernt (und ich habe noch zwei gute Freunde, die als Psychiater arbeiten) die auch nur ein einziges deiner „Axiome“ für ihre Arbeit als „Axiome“ akzeptieren würden. Mal abgesehen davon, daß es in der Mathematik Axiome gibt und es dann schon wieder aufhört. Vor allem in den Biowissenschaften würde keiner den ich kenne von einem Axiom reden. Und Behandlungsaxiome kenne ich nur von der Homöopathie, aber nicht von der Schulmedizin.

- Kürzlich las ich in einem rund 2.000 Seiten starken medizinschen Fachbuch (für Ärzte, Springer Verlag Heidelberg) über Ernährungsmedizin.

Welches denn?

Zu meiner Überraschung war von Lebensmitteln und Diäten dort nicht nur kaum die Rede, sondern überhaupt nicht.

Auch weißt du, in einem Lehrbuch der Mathematik geht es auch nicht um den Brückenbau, obwohl die Formeln bei einem Brückenbau verwendet werden. Willst du einfach nur Vorwürfe konstruieren oder eine Diskussion führen?

Man sollte z.B. annehmen, daß bei einem (im Grunde so einfach zu beeinflussenden) Vorgang der Ernährung an den Ursachen gearbeitet werden kann und sollte. Tatsächlich ist das aber nicht der Fall, denn:

Hat der Patient Jodmangel: Jodtabletten.


Hat der Patient Vitaminmangel: Vitamintabletten.


Hat der Patient Eisenmangel: Eisentabletten ...

Evtl. verstehst du da was falsch. Prinzipiell lehrt jeder Student, daß man zuerst die sogenannten Allgemeinmaßnahmen (Ernährung, Sport, etc.) anwendet. Die Frage nach Jod-, Vitamin-, Eisenmangel in einem Fachbuch der Inneren Medizin hat einen anderen Ansatz. Wenn der Patient bereits schwere Symptome hat, dann macht der Einsatz von entsprechenden Präparaten Sinn. In einem Fachbuch der Inneren Medizin wird immer von einem besonders schweren Fall ausgegangen. Aber ein Fachbuch spiegelt nicht die Realität der Behandlung wieder. Medizin ist keine Mathematik. Man muß den Patienten den man individuell vor sich hat behandeln, die Fachbücher geben einem einen roten Faden in die Hand, an dem man sich orientieren kann.

Wenn du Axiome suchst, dann schau die mal die Homöopathie an.

Die Liste ließe sich beliebig weiterführen. Man liest daraus das Schema ab:Es wird nicht an den Ursachen kuriert, sondern an den Symptomen.

Klar, Ärzte sind blöd und nicht an den Ursachen interessiert.

Aus der Sicht des Arztes stellen sich die Vorteile des o.g. Behandlungsschemas wie folgt dar:
- Die verabreichten Medikamente gewährleisten eine genau zu verifizierende Dosis der Substanzen (= 180 Microgramm Jod), was Naturprodukte (= 200g Seefisch) nicht gewährleisten.
- Der Arzt ist aus der Haftung. Er hat dem Patienten eine wissenschaftlich anerkannte Therapie angeboten. Auch falls sie nicht funktioniert ... nun, in der Medizin ist eben alles möglich.
- Der Patient braucht sein Leben nicht ändern. Und erfahrungsgemäß wird er viel eher jeden Morgen brav seine Pille schlucken, als einmal die Woche vom Schweinsbraten auf den Seelachs zu wechseln.

Zum ersten Punkt, daß ist schon ein Vorteil, den man weiß wirklich nicht was im einzelenen Fisch oder der einzelenen Pflanze drin ist. Aber die Behandlung geht von den schwere des Mangels aus. Jemanden, der einen schweren Jodmangel hat, wird Fisch alleine nichts bringen. Du mußt hier schon ein bißchen diferenzieren.


Soweit also das Ernährungsbeispiel. Was ich damit sagen will: Wie kann sich also immerzu "die Schulmedizin" mit stolzgeschwellter Brust hinter Dogmen stellen, die ganz im Gegensatz zu ihren Lippenbekenntnissen "wissenschaftlich belegt" sind - und noch dazu alle, die nur ein wenig anderes behaupten, diffamieren ?

Dogmen, Axiome, vielleicht solltest du mal von deinem hohen Roß runterkommen. Ich will ja nicht sagen, daß alles super in der Schulmedizin läuft, und für konstruktive Kritik bin ich immer zu haben. Vor allem bin ich der letzte, der sagen würde, daß die Medizin alles weiß.

Viele Menschen haben überhaupt kein Interesse ihr Leben zu ändern. Da habe ich als Arzt gar keinen Einfluß drauf. Ich habe noch nie erlebt, daß bei einem Patienten, bei dem z.B. hoher Blutdruck diagnostiziert wurde und dem man sagte, weniger Alkohol trinken, nicht rauchen, mehr Sport, gesündere Ernährung, im Job kürzer treten, etc. auch nur einen Punkt langfristig umgesetzt hätte. Die meisten, die das gemacht haben, hatten bereits einen Herzinfarkt und sind dadurch „aufgewacht“. Und wenn nun jemand sein leben nicht ändert, wie soll ich ihn zwingen? Oder soll ich ihm die Tabletten, die das Risiko für ein Ereignis (Herzinfarkt) senken verweigern?

Umgekehrt wird dadurch natürlich auch deine Kritik zum tragen, daß viele Ärzte sich nicht mehr allzusehr um die Umsetzung von Allgemeinmaßnahmen bemühen. Aber hier ist nicht primär von irgendwelchen Axiomen oder Dogmen die Rede. Und die Wissenschaft (auch die Medizinische) und die Realität sind nicht immer dasselbe (gilt auch für Mathematik, Physik, Biologie, Chemie, Informatik, etc.)

Durch ihren Verbündeten, die Pharmahersteller. Denn die wollen ihre Präparate verkaufen, ob man sie nun braucht oder nicht. Man denke nur daran: Würden sich die Leute besser ernähren, dann bräuchten sie die Vitamin- und Jodtabletten nicht. (Und vielleicht auch erst gar nicht den Arzt).

Ein Arzt verdient dasselbe, egal ob er ein Medikament verschreibt, oder Allgemeinmaßnahmen empfiehlt. Aber Arzt und Pharma gegen den Patienten klingt natürlich viel, viel besser.

Ehrlich gesagt würde ich das für niemandens Fahrtauglichkeit tun, weder juristisch noch finanziell. Somit geht diese Frage an ihrer Absicht vorbei.

OK, anders herum. Warum müssen wir unser Auto dem TÜV unterziehen? Warum sollte ein Auto mit abgenutzten Bremsen nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen? Ich meine, wenn der Autofahrer ein ganz besonders guter Fahrer ist und sich an seine etwas verschlissenen bremsen gewöhnt hat, warum sollte man ihm verbieten am Straßenverkehr teilzunehmen? Auch nur, weil man statistisch weiß, daß hier ein erhöhtes Unfallrisiko besteht. Das hat aber nichts mit dem individuellen Unfallrisiko des o.g. Fahrers zu tun. Und zwischen neu und ganz kaputt gibt es jede Menge Grauzonen bei Bremsbelägen.

Die Psyche ist ungleich viel komplexer und schwieriger als Bremsbeläge, es geht mir hier vor allem um die Frage, wie man den nun innerhalb einer Grauzone Grenzen markiert und wie diese Umgesetzt werden; um mal wieder zum Thema zurück zu kommen.

Und wer ist nun manisch und wer beurteilt das ? Kann man den Grad der Manie messen ? Sind die Menschen in Bayern manischer als in Thüringen ? Und wenn ja, wieso ?

Genau, wo ist die Grenze. Die Grenze liegt meiner Meinung bei der Fähigkeit der Entscheidungsfreiheit. Das Beispiel von cholerischen Chef oben sagt nichts darüber aus, ob er sich zusammenreißen kann. Jemand der manisch oder depressiv ist (und zwar krankhaft), kann sich eben nicht zusammenreißen. Dem Chef oben kann man sagen reiß dich mal zusammen, dem Manischen nicht. Genau da würde ich die Grenze ansetzen. Jeder, der sich noch am Riemen reißen kann ist nicht krank. Sucht ist ebenfalls etwas, daß krank ist. Aber (an diesem Beispiel kann ich daß besser erklären) nicht jeder der süchtig ist braucht eine medizinische Behandlung.


Sicher, es mag Menschen geben, die durch die Anwendung Hilfe erfahren.
Was aber, wenn Firmen mit ihrem Wunsch nach Wachstum und der Erschließung neuer Märkte ihre gigantischen Öffentlichkeits- und PR-etats dazu verwenden, die Skala zu ihren Gunsten zu verschieben ?
In meinen Augen passiert dies bereits und zwar auf unterschiedlichen Wegen:

- Es werden Erscheinungen zu pathologischen Fällen deklariert, die dies vorher nicht waren (AHDS, Sissy-Syndrom, prämenstruelle Depression usw.)
- Menschliche Probleme die ehedem als solche galten, werden zum Symptom von Krankheiten erklärt. Dies funktioniert übrigens selbst bei "eindeutigen", "wissenschaftlich messbaren" Ergebnissen, z.B. Cholesterinwerte. Es lässt sich leicht vorstellen, wieviele Menschen in eine Therapie mit Cholesterinsenkern hereinrutschen, wenn die Norm für Cholestrin gesenkt wird.
- Es wird - ganz offiziell - versucht, den öffentlichen und politischen Einfluss zu nutzen, um die vorhandene christlich-moralische Ethik (="Nimm keine Drogen !") dahingehend zu beeiflussen, daß sie den eigenen Absatzinteressen dient. Der Trend in Richtung Neuro-Enhancement ist da.

Sag mal, kaufst du dir ein Auto allein nach dem Werbeprospekt in Autobild? Oder kaufst du dir deinen Computer und entscheidest über das Betriebssystem alleine nach einer PR-Aussage von IBM oder Microsoft? Oder gibt es da noch mehr Informationen, die du einholst?

PR ist leider eine Tatsache, wenn es nach mir ginge, dann sollte die Pharmawerbung wie die Zigarettenwerbung verboten werden. Aber wenn du glaubst daß ein Pharmavertreter zu mir kommt und ich sofort, hirnlos anfange seine Medikamente zu rezeptieren, dann lebst du in einer Traumwelt.

Ich will die Einflüsse gar nicht bestreiten, aber es stimmt eben auch nicht, sie nur auf die PR zu reduzieren.

Na wunderbar: Nicht meine Schichtarbeit ist daran schuld, daß es mir so Kacke geht, sondern ich habe einfach SWSD - Shift work sleep disorder. Und wo das jetzt erkannt ist, da kann ich dann einfach das Amphetamin Provigil schlucken. Und genau so scheiße leben wie früher auch und durch Schichtarbeit meinen Körper ruinieren - nur merke ich's jetzt nicht mehr so.

Ja, genau daß kannst du, mußt du aber nicht. Schichtarbeit ist Scheiße. Aber die Medizin oder Pharmafirmen dafür verantwortlich machen ist auch über daß Ziel hinausgeschossen.

Du driftest immer weiter in ganz allgemeine Vorwürfe ab. Bleib doch mal bei der Stange und wirf nicht Hunz und Kunz in einen Topf. Es geht um die Frage der Grenze der psychischen Gesundheit, den Maßnahmen die man treffen kann/muß. Also fahr mal die Kampfwerkzeuge ein und diskutiere genau darüber, ohne Nebenkriegsschauplätze aufzumachen.

Was ist psychisch gesund, was ist krank (es ist manchmal hilfreich, erst mal die Pole zu bestimmen, bevor man versucht die Grauzonen zu beschreiben).

Gruß Tino

P.S. Auch wenn dir Forcemagick hier keine rote Nachricht schreibt, der Unterschied ist, daß du global alle Ärzte ziemlich undifferenziert angreifst und damit auch mich. Sippenhaft und Verallgemeinerungen über bestimmte Gruppen sind zwar ein wesentliches Merkmal der Verschwörungstheoretiker (elegant was? Einfach dich mit allen in einen Topf werfen, da kann mir dann keiner Vorwerfen ich hätte dich persönlich angegriffen), schießt aber immer über daß eigentlich Ziel hinaus.

Deine Kritik ist an und für sich ja nicht falsch. Die Macht der Pharmafirmen auf den Alltag der Medizin ist unübersehbar und auch zwingend kritisierbar. Aber nicht indem man einfach mal so Pauschalurteile in den Ring wirft.
 

Giacomo_S

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agentP schrieb:
Wird das Zeug zwangsverordnet?

Nein - vielleicht noch nicht.
Denn wenn man z.B. die Herstellerangaben liest, wäre es sicher wünschenswert (Hervorhebungen durch Quelle):

Cephalon schrieb:
What are the consequences of shift work sleep disorder?

Consequences of shift work sleep disorder include:

Increased accidents
Increased work-related errors
Increased sick leave
Quelle: Cephalon

agentP schrieb:
Insofern steht es dir als Patient doch frei, ob du lieber die Ursachen oder die Symptome bekämpfst.

Ja genau, das ist ja das schöne am Kapitalismus, er lässt Dir die Freiheit:

- Schichtarbeit: Du mußt ja nicht Schicht arbeiten. Such Dir doch einen anderen Job !
- Psychostimulanzien: Du mußt es ja nicht schlucken. Niemand zwingt Dich.

Nur zeigt uns unsere Lebenserfahrungen, daß die o.g. Aussagen nichts anderes als Lippenbekenntnisse sind. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und hohen Fachkräfteangebot kann es sich Niemand leisten eine Arbeit abzulehnen. Und wie wird die Freiheit, leistungssteigernde Drogen zu nehmen noch aussehen, wenn alle um einen herum es tun und der Chef im Gespräch auf Dich Druck ausübt ? Natürlich wird er nicht sagen: Friss das Zeug. Sondern er wird sagen: Du bist zu unkonzentriert, Du machst zu viele Fehler, Du leistest nicht soviel wie die anderen.

agentP schrieb:
Es ist aber sicher nicht explizit die Aufgabe von Arzneimittelherstellern oder Ärzten, die Schichtarbeit abzuschaffen, oder?
Nein, ist es nicht.
Es ist aber auch nicht die Aufgabe von Arzneimittelherstellern oder Ärzten, neue Krankheiten zu erfinden, um schlechte Bedingungen schön zu reden. Oder einfach 10% der Bevölkerung als krank zu definieren:

Cephalon schrieb:
If you think you may be suffering from excessive sleepiness, you are not alone. It is estimated that as many as 1 out of every 10 Americans is affected by excessive sleepiness. [...]
For many people, excessive sleepiness can be misinterpreted as laziness or not having the capacity to learn. Excessive sleepiness can also have a negative impact on a person’s relationship with his or her family, coworkers, and friends.
Quelle: Cephalon
 

Giacomo_S

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Tino schrieb:
Klar, Ärzte sind blöd und nicht an den Ursachen interessiert.

Habe ich nicht behauptet.
Vielleicht oft nur frustriert ... :roll:
Ärzte sind eben auch ein Teil diesen großen Spiels. Letztlich können sie auch nur innerhalb des gegebenen Rahmens handeln und diejenigen, die sich trauen diesen einmal zu verlassen gehen ein großes Risiko ein.

Schauen wir doch einmal darauf, wohin die Gelder fließen ...
Im Jahr 1995 trat das Robert-Koch-Institut in Zusammenarbeit mit der Virologie der FU Berlin mit einer Untersuchung an die wissenschaftliche Öffentlichkeit, daß möglicherweise die Schizophrenie und die bipolare Störung die Folgen einer Infektion einer menschjlichen Variante eines Tiervirus sind - dem Bornavirus. Auch einer der hochkarätigsten Virologen überhaupt - der Amerikaner Ian Nipkin (u.a. Entdeckung des West-Nile-Virus) hat die Ergebnisse im Wesentlichen bestätigt.
Und das Robert-Koch-Institut päsentierte auch ein Medikament: Amantadin, ein eher selten eingesetztes Anti-Virus-Medikament, daß seit mehr als 30 Jahren auf dem Markt ist.

Eine von den Kassen anerkannte Therapie ist aber bis heute nicht daraus geworden. Es fehlen dafür die notwendigen Experimental-Studien.
Ich zweifle auch daran, daß ein Pharma-Unternehmen in diese Forschung Geld stecken würde: Die Patentrechte auf Amantadin sind lange abgelaufen. Daran können sie nichts mehr verdienen.
Und selbst wenn: Vor die Frage gestellt, ein Medikament herauszubringen, daß innerhalb von wenigen Wochen eine Heilung bewirkt (und dessen Patent abgelaufen ist) oder anderes, welches Patentgeschützt teuer ist (Zyprexa: 250,- / Monat) und mindestens jahrelang genommen wird ...
Ich überlasse es einmal dem Leser, darüber nachzudenken, in welche Richtung entschieden wird. Sonst wird man mir wieder Verschwörungen nachreden.

Tino schrieb:
Viele Menschen haben überhaupt kein Interesse ihr Leben zu ändern. Da habe ich als Arzt gar keinen Einfluß drauf. Ich habe noch nie erlebt, daß bei einem Patienten, bei dem z.B. hoher Blutdruck diagnostiziert wurde und dem man sagte, weniger Alkohol trinken, nicht rauchen, mehr Sport, gesündere Ernährung, im Job kürzer treten, etc. auch nur einen Punkt langfristig umgesetzt hätte. Die meisten, die das gemacht haben, hatten bereits einen Herzinfarkt und sind dadurch „aufgewacht“. Und wenn nun jemand sein leben nicht ändert, wie soll ich ihn zwingen? Oder soll ich ihm die Tabletten, die das Risiko für ein Ereignis (Herzinfarkt) senken verweigern?

Da sind wir einmal einer Meinung.
Das Universum kennt keine Gesetze. Nur Gewohnheiten.
Und Gewohnheiten lassen sich ändern.


Es ist ja auch schon besser geworden. Viele Menschen haben zumindest das Thema Ernährung ganz anders begriffen als noch vor wenigen Jahren. Sicher sind viele Aspekte aus dem amerikanischen Raum nicht so ohne weiteres auf deutsche oder europäische Verhältnisse übertragbar.
Deren Ernährung (und Haltung dazu) ist ja eine Katastrophe und genau so fett und aufgeschwemmt sehehn sie auch aus.
Ab er warum sind sie dennoch - in ihrer Dekadenz - ein solcher Kulturmotor ?

Tino schrieb:
PR ist leider eine Tatsache, wenn es nach mir ginge, dann sollte die Pharmawerbung wie die Zigarettenwerbung verboten werden. Aber wenn du glaubst daß ein Pharmavertreter zu mir kommt und ich sofort, hirnlos anfange seine Medikamente zu rezeptieren, dann lebst du in einer Traumwelt.

Ich will die Einflüsse gar nicht bestreiten, aber es stimmt eben auch nicht, sie nur auf die PR zu reduzieren.

Ich bin dagegen, Pharmawerbung zu verbieten.
Denn ich lebe davon.
Ich mache Pharmawerbung. Ich arbeite in einer Werbeagentur.
(Und die Werbung, die wir hier machen, ist so gut, daß ich selbst daran glaube.:twisted: )
Und, ja: Vieles, was in den USA in der Werbung einfach so behauptet wird, ist nach dem deutschen Heilmittelwerbegesetz verboten und wird daher auch so nicht publiziert.
Der ganze Thread bezieht sich von Anfang an eher auf amerikanische Verhältnisse als auf bundesdeutsche.
Wir müssen aber auch aufpassen, daß wir nicht in paar Jahren an derselben Stelle stehen.

Deine Kritik ist an und für sich ja nicht falsch. Die Macht der Pharmafirmen auf den Alltag der Medizin ist unübersehbar und auch zwingend kritisierbar. Aber nicht indem man einfach mal so Pauschalurteile in den Ring wirft.
Es geht und ging mir nicht darum, Mediziner pauschal zu verurteilen. Und schon gar nicht gehöre ich zu den Menschen, die kritiklos alles "natürliche", "homöopathische", "energetische" dem "synthetischen" vorziehen. Und meiner Meinung nach könnte die Medizin durchaus mehr naturwissenschaftliche Forschung vertragen als weniger. Und auch eine, die nicht nur ausschlißelich durch die Pharmaindustrie und ihre Gewinninteressen finanziert ist.
 

agentP

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Ja genau, das ist ja das schöne am Kapitalismus, er lässt Dir die Freiheit:
Ach herrje, jetzt muss auch noch der Kapitalismus herhalten. Wie wird / wurde denn mit psychischen Erkrankungen in explizit nicht-kapitalistischen Gesellschaften so umgegangen?
 

Ein_Liberaler

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Also, wenn ich ein kleiner Pharmafabrikant wäre, dann würde ich mich darauf stürzen, ein hochwirksames Medikament herzustellen, dessen Patentschutz abgelaufen ist. Vielleicht würde es sich für einen qualifizierten Mann sogar lohnen, extra dafür eine Firma zu gründen.

Das ist doch eher ein Argument gegen die Kassen als gegen die Marktwirtschaft.
 

Giacomo_S

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Ein_Liberaler schrieb:
Also, wenn ich ein kleiner Pharmafabrikant wäre, dann würde ich mich darauf stürzen, ein hochwirksames Medikament herzustellen, dessen Patentschutz abgelaufen ist. Vielleicht würde es sich für einen qualifizierten Mann sogar lohnen, extra dafür eine Firma zu gründen.

Das ist doch eher ein Argument gegen die Kassen als gegen die Marktwirtschaft.

Das ist im Bereich Pharma nicht so einfach. Man braucht teure und aufwändige Studien über Wirksamkeiten usw.
Und natürlich Presse- und Vertriebsorganisationen.
 

Tino

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Hallo Liberaler,

Also, wenn ich ein kleiner Pharmafabrikant wäre, dann würde ich mich darauf stürzen, ein hochwirksames Medikament herzustellen, dessen Patentschutz abgelaufen ist.

Ganz so einfach ist es leider nicht. Über allem Schwebt die Rendite. Es wurden bereits etliche Medikamente vom Markt genommen, obwohl sie wirksam waren (und weil sie älter waren, kannte man die Nebenwirkungen entsprechend gut, was auch zur Sicherheit eines Medikamentes beiträgt), nur weil sie sich nicht mehr genug Profit abgeworfen haben.

Ein Medikament wird erst produziert, wenn man dafür einen „Markt“ hat. Wenn es z.B. nicht genug Kranke gibt und die Erkrankung „unpopulär ist, wird keine Arbeit in die Erforschung der Erkrankung und der Behandlung investiert; umgekehrt wird aber auch ein Krankheitsbild populär gemacht um einen Absatzmarkt zu schaffen (J. Bloch hat das ja sehr schön beschrieben).

Das Problem ist, daß die Pharmafirma genauso wie der Computerhersteller oder eine Automobilfirma arbeitet. Hier kann man jetzt zwar Kapitalismuskritik anbringen, aber im Kommunismus hat die medizinische Wissenschaft übrigens noch schlechter funktioniert. Der Mensch wurde dort noch weit aus mehr instrumentalisiert, als das der Westen bislang je getan hat. Es ist die alte Erkenntnis, daß alles zwei Seiten hat, wir müssen uns nur entscheiden mit welchen zwei Seiten wir leben wollen.

Giacomo hat ganz richtig geschrieben:
Das ist im Bereich Pharma nicht so einfach. Man braucht teure und aufwändige Studien über Wirksamkeiten usw.
Und natürlich Presse- und Vertriebsorganisationen.

Seit das Arzneimittelgesetz eingeführt wurde und die Pharmafirmen gezwungen sind Wirksamkeitsstudien zu ihren Medikamenten durchzuführen (eine Folge des Contaganskandals) sind Medikamente unglaublich teuer geworden. Übrigens, wenn man nach den heutigen Kriterien Aspirin neu auf den Markt bringen wollte, würde es angesichts der Nebenwirkungen wahrscheinlich gar nicht erst zugelassen.

Und wieder sieht man zwei Seiten, auf der einen Seite Patientenschutz, auf der anderen Seite werden evtl. eine Menge Medikamente nie den Patienten erreichen, weil man Angst vor den Nebenwirkungen hat (habt ihr euch jemals gefragt, wie die Naturheilkunde zu ihrem Wissen gelangt ist, und wieviel Nebenwirkungen und Flaschanwendungen notwenig waren?).

Hallo Giacomo,

Letztlich können sie auch nur innerhalb des gegebenen Rahmens handeln und diejenigen, die sich trauen diesen einmal zu verlassen gehen ein großes Risiko ein.

Nein, jeder Arzt darf soviel kritisieren wie er will, er darf jeden Pharmavertreter aus seinem Zimmer/Praxis werfen ohne dafür irgendeinen Nachteil hinnehmen zu müssen. Keiner zwingt einen Arzt Medikament A oder B oder Naturheilverfahren C anzuwenden.

Schauen wir doch einmal darauf, wohin die Gelder fließen ...

Immer das beste aller Argumente. Von wem wirst du bezahlt? Ach ja …

Ich bin dagegen, Pharmawerbung zu verbieten.
Denn ich lebe davon.
Ich mache Pharmawerbung. Ich arbeite in einer Werbeagentur.

Und, welche Nachteile mußt du den so in Kauf nehmen für deine pharmakritische Haltung?

Eine von den Kassen anerkannte Therapie ist aber bis heute nicht daraus geworden. Es fehlen dafür die notwendigen Experimental-Studien.
Ich zweifle auch daran, daß ein Pharma-Unternehmen in diese Forschung Geld stecken würde: Die Patentrechte auf Amantadin sind lange abgelaufen. Daran können sie nichts mehr verdienen.

Wieviel Arbeit steckst du in eine Werbung, bei der es keine nennenswerte Zielgruppe gibt und für die du nicht bezahlt wirst? Ich weiß, daß wir uns wünschen, daß der Umgang mit kranken Menschen frei ist von so schnöden Dingen wie dem Geldverdienen.

Übrigens, abgelaufene Medikamente alleine sind kein Grund sie fallen zu lassen. Generikahersteller gibt ja auch wie Sand am Meer. Es geht darum, wieviel Umsatz mit einem Medikament gemacht werden kann. Gibt es nur wenig Kranke, ist der erwartete Umsatz gering. Diese Rechnungen hinterlassen immer einen schalen Beigeschmack.

Es geht und ging mir nicht darum, Mediziner pauschal zu verurteilen. Und schon gar nicht gehöre ich zu den Menschen, die kritiklos alles "natürliche", "homöopathische", "energetische" dem "synthetischen" vorziehen. Und meiner Meinung nach könnte die Medizin durchaus mehr naturwissenschaftliche Forschung vertragen als weniger. Und auch eine, die nicht nur ausschlißelich durch die Pharmaindustrie und ihre Gewinninteressen finanziert ist.

Hört sich anderes an, als daß was du vorher geschrieben hast. In deinen vorangegangenen Posts waren Ärzte nichts anderes als kritiklose Hampelmänner der Pharmaindustrie. In diesem Fall kann ich dir voll zustimmen.

Aber davon mal abgesehen sind wir vom Thema abgekommen. Pharmafirma hin oder her, es geht ja um die Frage der Psychiatrie und deren Einteilung in normal-unnormal und die Frage wann wie behandelt wird. Da bist du bislang immer noch nicht zum Punkt gekommen.
 

Giacomo_S

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Tino schrieb:
Seit das Arzneimittelgesetz eingeführt wurde und die Pharmafirmen gezwungen sind Wirksamkeitsstudien zu ihren Medikamenten durchzuführen (eine Folge des Contaganskandals) sind Medikamente unglaublich teuer geworden. Übrigens, wenn man nach den heutigen Kriterien Aspirin neu auf den Markt bringen wollte, würde es angesichts der Nebenwirkungen wahrscheinlich gar nicht erst zugelassen.

Eine ganze Reihe von Lebens- und Genußmitteln sicherlich auch nicht: Tabak, Alkohol, Kaffee aber auch Rohr- und Rübenzucker.

Tino schrieb:
giacomo_s schrieb:
Ich bin dagegen, Pharmawerbung zu verbieten.
Denn ich lebe davon.
Ich mache Pharmawerbung. Ich arbeite in einer Werbeagentur.

Und, welche Nachteile mußt du den so in Kauf nehmen für deine pharmakritische Haltung?
Ehrlich gesagt keine - außer den Mund zu halten. Aber ich mache ja letztlich auch nur in OTC-Rentner-Placebos.

Tino schrieb:
giacomo_s schrieb:
Eine von den Kassen anerkannte Therapie ist aber bis heute nicht daraus geworden. Es fehlen dafür die notwendigen Experimental-Studien.
Ich zweifle auch daran, daß ein Pharma-Unternehmen in diese Forschung Geld stecken würde: Die Patentrechte auf Amantadin sind lange abgelaufen. Daran können sie nichts mehr verdienen.

Wieviel Arbeit steckst du in eine Werbung, bei der es keine nennenswerte Zielgruppe gibt und für die du nicht bezahlt wirst? Ich weiß, daß wir uns wünschen, daß der Umgang mit kranken Menschen frei ist von so schnöden Dingen wie dem Geldverdienen.
Das mag für viele Krankheiten stimmen, insbesondere seltene Krankheiten. Aber man kann nicht sagen, daß Schizophrene & Bipolare mit einem geschätzten Anteil von 5% der Bevölkerung eine kleine Zielgruppe wären (für Zyprexa ist sie groß genug).
Aber nehmen wir ein anderes Beispiel: Nehmen wir an, Sanofi-Aventis, ein großer Hersteller von Humaninsulin, hätte eine Therapie im Tresor, die die Insulinproduktion des Körpers wieder anregen würde und sagen wir dies gelänge bis zur vollständigen Heilung.
Glaubt ihr daran, sie würden es vermarkten ? Ich nicht.
Meiner Meinung ist es bei den behaupteten "Transmitter-Ungleichgewichten" genauso. Es wird deshalb nicht an Ursachen geforscht, weil man mit einer symptomatischen Behandlung durch immer ausgefeiltere Psychostimulanzien viel mehr verdienen kann. Anstatt einer Heilung (was immer man auch darunter verstehen mag).


Tino schrieb:
Aber davon mal abgesehen sind wir vom Thema abgekommen. Pharmafirma hin oder her, es geht ja um die Frage der Psychiatrie und deren Einteilung in normal-unnormal und die Frage wann wie behandelt wird. Da bist du bislang immer noch nicht zum Punkt gekommen.
Du gibst nicht auf, was ? :p
Das gefällt mir.
Ich muß darüber noch nachdenklen.
 

Ein_Liberaler

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Gut, aber nehmen wir an, der Patentschutz der Diabetesheilung wäre abgelaufen - würde sich dann nicht irgendein Hersteller finden, der das Mittel produzieren würde?

Könnte die Verträglichkeitsuntersuchung für nicht mehr patentgeschützte Medikamente nicht auf Staatskosten an einer Uni durchgeführt werden?

Könnten nicht die Krankenkassen ein Interesse haben, die Unbedenklichkeit von Generika zu untersuchen?

Wenn denn im Gesundheitswesen ein wenig mehr Marktwirtschaft einzöge...
 

Wanderer

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agentP schrieb:
Ja genau, das ist ja das schöne am Kapitalismus, er lässt Dir die Freiheit:
Ach herrje, jetzt muss auch noch der Kapitalismus herhalten. Wie wird / wurde denn mit psychischen Erkrankungen in explizit nicht-kapitalistischen Gesellschaften so umgegangen?

Nun du hast keine Mittel bekommen, weil es nichts gab.
Teilweise wurden Medikamente aus dem "Westen" eingekauft.
Ausserdem gab es eine Ärztekommission, die dann entschied ob es was gab oder nicht... :twisted:
 

Hiram

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Hi,

Psychische erkrankungen können oftmals auch ganz einfache Erklärungen haben. Ich selbst litt einige Jahre unter schweren Panikattacken, woraufhin ich einige Psychopharmaka, wie zum Beispiel Trimipramin, Remergil und Opipramol von Ärtzten verordnet bekam. Diese haben ganz üble Nebenerscheinungen und es ist auch nicht so leicht sie wieder abzusetzen.
Die meisten Ärzte verordnen natürlich starke Psychopharmaka, da sie ja irgendwie mit der Pharmaindustrie unter einer Decke stecken und natürlich auch Geld damit verdienen.
Ich setzte damals meine Medikamente ab und der ganze "Spaß" ging von vorne los.
Ein Freund von meiner Mutter ist Alternativmediziner, dem erklärte ich meine Symptome der Panikattaken woraufhin dieser mich fragte ob ich öfters Wadenkrämpfe habe. Damit traf er voll ins Schwarze und erklärte mir, das solche Erkrankungen oftmals durch Mangelerscheinungen entstehen können, in meinem Fall war es starker Magnesiummangel.
Seit einem Jahr nehme ich regelmäßig Magnesium, was völlig ohne Nebenwirkungen und auch überall erhältlich ist.
Seit dem habe ich keine Probleme mehr gehabt.

Man sollte nicht in jedem Fall einem Allgemeinmediziner vertrauen, sondern auch mal auf alternative Methoden zurückgreifen.

Mit Grüßen an alle, Hiram. :D
 

Tino

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Hallo Giacomo,

Eine ganze Reihe von Lebens- und Genußmitteln sicherlich auch nicht: Tabak, Alkohol, Kaffee aber auch Rohr- und Rübenzucker.

;-) ist alles Chemie ;-)

Ehrlich gesagt keine - außer den Mund zu halten. Aber ich mache ja letztlich auch nur in OTC-Rentner-Placebos.

Also: ich darf kritisieren, ablehnen und aufmüpfig sein so viel ich will, solange ich nicht den Patienten gefährde. Ansonsten ist mir so ziemlich alles freigestellt.

Das mag für viele Krankheiten stimmen, insbesondere seltene Krankheiten. Aber man kann nicht sagen, daß Schizophrene & Bipolare mit einem geschätzten Anteil von 5% der Bevölkerung eine kleine Zielgruppe wären (für Zyprexa ist sie groß genug).

Und genau hier beginnt das, was ich mal Grauzone nennen würde. Es gibt Medikamente, die ein Selbstläufer sind (z.B. Antibiotika), hier kann immer ein neues Antibiotikum gebraucht werden und durch die Kreuzresistenzen der Bakterien fallen Scheininnovationen schneller auf als anderswo.

Das Gegenteil sind die Medikamente die keiner, bzw. nur eine verschwindend geringe Personengruppe braucht (oder gar Menschen, die einfach nicht genug Geld haben) Bestes Beispiel sind die Malariatherapien, nicht daß es keine große Zielgruppe gäbe, aber die haben kein Geld.

Kritisch zu bewerten ist alles dazwischen. Wie jedes Unternehmen muß die Pharmaindustrie nicht nur einfach den Markt bedienen, sondern auch aktiv auf den Markt einwirken. Ab wann dann grober Unfug bei rauskommt ist mitunter schwierig zu bewerten.

Aber nehmen wir ein anderes Beispiel: Nehmen wir an, Sanofi-Aventis, ein großer Hersteller von Humaninsulin, hätte eine Therapie im Tresor, die die Insulinproduktion des Körpers wieder anregen würde und sagen wir dies gelänge bis zur vollständigen Heilung.
Glaubt ihr daran, sie würden es vermarkten ? Ich nicht.

Wie jedes Unternehmen sitzen den Pharmafirmen die Aktionäre im Nacken und wenn es ein Heilmittel gegen Diabetes gäbe, wäre daß mehr als ein 6er im Lotto für die Firmen. Da denkt niemand so langfristig wie du es hier hinstellst.

Du gibst nicht auf, was ?
Das gefällt mir.
Ich muß darüber noch nachdenklen.

Was ist Aufgeben? Ich warte mal ab … ;-)


Hallo Liberaler,

Könnte die Verträglichkeitsuntersuchung für nicht mehr patentgeschützte Medikamente nicht auf Staatskosten an einer Uni durchgeführt werden?

Es gibt Förderungen, um Firmen dazu zu animieren auch bei seltenen und unlukrativen Erkrankungen zu forschen. Eine Uni kann daß alleine nicht leisten. Generell ist in Deutschland die Trennung von Uni und freier Wirtschaft zu groß.

Könnten nicht die Krankenkassen ein Interesse haben, die Unbedenklichkeit von Generika zu untersuchen?

Ganz ehrlich? Nein haben die nicht. Es ist einfach zu teuer. Die Hürden, die mittlerweile bei Forschungen am Patienten zum Schutz des Patienten existieren bremsen hier ungemein. Prinzipiell bin ich auch für strenge Regelungen, aber man muß sich dann auch bewußt machen, daß damit Forschung reduziert wird.

Wenn denn im Gesundheitswesen ein wenig mehr Marktwirtschaft einzöge...

Da sind wir wieder bei den unterschiedlichen Medaillen. Wir dürfen nicht nur nach der uns gefälligen Seite entscheiden, sondern uns auch die Kehrseite ganz genau anschauen. Mehr Markwirtschaft alleine im Gesundheitswesen hätte Vorzüge und Nachteile. Ich kann mich da als Arzt selber nicht entscheiden.

Mehr Staat, mehr Ineffizienz; mehr Marktwirtschaft, mehr Effizienz – aber zu welchem Preis?


Hallo Hiram,

Die meisten Ärzte verordnen natürlich starke Psychopharmaka, da sie ja irgendwie mit der Pharmaindustrie unter einer Decke stecken und natürlich auch Geld damit verdienen.

Bitte gib mir mal die Adresse von „diesen Ärzten“, ich will nämlich wissen wie das geht. Ich bekomme kein Geld, wenn ich Medikament A mehr verschreibe als Medikament B. Die Einflußnahme, von der du hier so plakativ schreibst gibt es zwar, aber nicht so direkt. Diese Einflußnahme der Pharmafirmen ist sehr viel subtiler als du dir denkst und lang nicht so Effektiv, wie du ihr unterstellst.

Leichte psychische Erkrankungen können tatsächlich durch einen Mangel an Spurenelementen ausgelöst, bzw. durch die Gabe derselben therapiert werden. Bei schweren Störungen ist dies nicht der Fall. Das soll keine Aussage zu deiner Freundin sein (die kenne ich nicht), deren Erkrankung und ihre Schwere kenne ich nicht.

Das mit vielen Medikamenten tatsächlich zu leichtfertig umgegangen wird stimmt, aber es gibt eben auch viele Patienten, wo man die richtige Behandlung zu lange hinausgezögert hat. Es ist sozusagen die Bandbreite der möglichen Behandlungsstrategien: nämlich „hit hard and early“ bzw. „wait and see“. Wir können nun für beide Extremhaltungen Einzelbeispiele raussuchen, daß spiegelt aber eben nicht das Behandlungsspektrum wieder; vor allem, da oft dieselben Ärzte bei unterschiedlichen Erkrankungen auch unterschiedlich „mutig, bzw. „zögerlich“ sind.

Gruß Tino
 

Giacomo_S

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Tino schrieb:
Hallo Giacomo,

Eine ganze Reihe von Lebens- und Genußmitteln sicherlich auch nicht: Tabak, Alkohol, Kaffee aber auch Rohr- und Rübenzucker.

;-) ist alles Chemie ;-)

Servus Tino,

Du hast sicher bereits bemerkt: Ich gehöre nicht zur Kategorie "natürlich=gut". Denn wie wir alle wissen: Ein Knollenblätterpilz ist auch natürlich. Und die wenigsten wissen, daß ein sehr großer Anteil aller Wirkstoffe letztlich aus Naturprodukten stammen.


Tino schrieb:
Bestes Beispiel sind die Malariatherapien, nicht daß es keine große Zielgruppe gäbe, aber die haben kein Geld.
In der Tat. Auch das Verhalten großer internationaler Pharma-Konzerne gegenüber (illegalen) Generika-Produktionen von AIDS-Medikamenten für die 3. Welt resp. die Preispolitik für die Originale ... ein bitteres Thema. Aber ich muß Dir insofern Recht geben: Das Verhalten dieses Teils der Wirtschaft ist nicht anders als sich die anderen Teile gegenüber der 3.Welt verhalten.
A propos Maleria: Da hat man wohl vor kurzem einen neuen Wirkstoff gefunden, besser als alles je dagewesene. Gefunden haben das die Chinesen aus einem Salbei ... anhand eines chinesischen Heilbuchs aus dem 1. Jh. ... Der Rest der Geschichte ist ein tragikomisches Politikum. Man mag nicht glauben, inwieweit selbst bei eine medizinischen Erkenntnis von solchem Wert noch politische Borniertheiten eine Rolle spielen.

Geo online schrieb:
"Auf schäbigem gelben Papier zwar und in etwas kuriosem Englisch, aber völlig exakt, war ein neuer Wirkstoff beschrieben, einschließlich klinischer Tests an Mäusen und Menschen" - so erinnert sich der britische Professor Nicholas White, 58, an den Artikel aus dem "Chinese Medical Journal", den er 1979 zufällig in die Hände bekommen hatte. [...] Der Professor, heute Direktor des Südostasien-Institut Wellcome Trust in Bangkok: "Auf nur fünf Seiten stand all das, wofür eine westliche Pharmafirma 300 Millionen Dollar ausgegeben hätte."

Quelle: Geo online: Ein Kraut wirkt Wunder.

Tino schrieb:
Kritisch zu bewerten ist alles dazwischen. Wie jedes Unternehmen muß die Pharmaindustrie nicht nur einfach den Markt bedienen, sondern auch aktiv auf den Markt einwirken. Ab wann dann grober Unfug bei rauskommt ist mitunter schwierig zu bewerten.

Aktiv einwirken, oh ja.
Ihr glaubt nicht, was wir uns hier alles so schönes ausdenken, um unsere Rentner-Placebos an den Mann zu bringen. Rätselhefte, Displays, Geschenkverpackungen ...

Tino schrieb:
Was ist Aufgeben? Ich warte mal ab … ;-)

Vielleicht ist meine Definition der "Normalität" nicht so weit von der Deinen entfernt. Aber noch bin ich naiv genug, an andere Lösungen zu glauben.
Bisher stand ich zweimal vor der Entscheidung, jemanden zwangseinzuweisen. Einmal habe ich mich dagegen entschieden dafür aber die Person nicht mehr aus den Augen gelassen. Ich habe mich sogar einen Tag krank gemeldet auf meiner Arbeit. Das hat funktioniert: Die Person "kam runter", ich konnte sie soweit dazu bewegen, vernünftig zu sein, ein Beruhigungsmittel zu nehmen, zu schlafen ... es pendelte sich wieder ein.
Das andere Mal konnte ich nicht mehr anders handeln: Die Person saß irgendwann auf der Brüstung. Ich konnte die Situation nicht mehr kontrollieren. Jedenfalls dachte ich das damals.
Eine solche Entscheidung hat Konsequenzen, den Aufenthalt, aber was in meinen Augen viel schlimmer ist: Es hängt immer so ein fieser Rattenschwanz von (psychischen, medizinischen, rechtlichen) Konsequenzen daran - es ist einfach schrecklich.
Bis heute weiß ich nicht, ob es die richtige Entscheidung war. Aber wenigstens war es eine. Wäre ich mit der Person nicht so gut befreundet gewesen - vielleicht wäre ich an diesem Tag schon viel eher gegangen. Es ist doch schrecklich: Gerade weil man jemanden mag, handelt man. Wäre es nicht so, der Mensch wäre einem egal.
Ab er mich lässt mein Gewissen nicht los, ob ich nicht hätte anders, besser hätte handeln können.

Also gut, Du sollst Deine Definition bekommen Tino: Die konkrete Gesundheits- und Lebensbedrohung. (Auf diese Antwort hast Du doch gewartet, oder ?)
Und ich kann mir vorstellen, was jetzt kommt: "Nichts anderes gibt der Gesetzgeber vor", wirst du jetzt sagen.
Das mag stimmen - für alle Länder außer Bayern, denn hier reicht ja "die Störung der öffentlichen Ordnung" bereits aus.

Außerdem soll hier ein persönlicher Aspekt der Erfahrung nicht fehlen: Ich habe zum einen erlebt, daß z.B. ein deutlicher Unterschied zwischen dem Land (= Landsberg am Lech) und der Stadt (= München) besteht. Auf dem ordentlichen bayerischen Land gerät man für dieselben Aktionen nämlich leichter ins Getriebe als in der Großstadt und es wird rigider und auch - in meinen Augen - moralischer mit Einweisung und Aufenthalt gehandhabt.
Zum anderen habe ich Menschen einwandern sehen, wo die konkrete Gefährdung eben nicht gegeben war und wo die Aussagen eines einzelnen Menschen - des kaputten Ehemanns in der kaputten Ehe - bei einer (8 Jahre zurückliegenden "Vorgeschichte") ausgereicht haben, um jemanden für min. drei Monate aus dem Verkehr zu ziehen und auch sonst noch bleibend Ärger zu machen.

Insbesondere in Sorgerechtsprozessen ist es blamabel, wie über menschliche Schicksale "nach Aktenlage" mittels uraltem Zeug "zum Wohle des Kindes" entschieden wird. Leider guckt sich aber niemand "das Wohl des Kindes" überhaupt nur an, überhaupt macht sich keiner wirklich von der komplexen Situation ein Bild.
Ach noch ein Tip für alle, die sich von ihrem Partner trennen wollen, ihm/ihr aber nicht die Kinder überlassen wollen: Versucht's mal mit der Psychiatrie. Ihr werdet feststellen: Wenn ihr diesen Kunstgriff hinbekommt, ist alles ganz einfach. Sind allerdings ganz harte Bandagen.
 

Hiram

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Hallo Tino,

erst einmal habe ich nicht das Problem meiner Freundin erwähnt sondern meinen Fall, ich selbst habe sehr viele verschiedene Antidepressiva verschrieben bekommen und bin mit diesen nicht klar gekommen.
Sicherlich verdienen Ärzt auch an der Pharmaindustrie, ich meinte nur, daß man erst mal wirklich nach den wirklichen Ursachen für solche Krankheiten suchen muß. Bei mir war es sehr starker Magnesiummangel, nun nehme ich Täglich 300 mg Magnesium und mir gehts damit sehr gut, hatte damals sehr starke Depressions- und Angstsymptome.
Magnesium aber ist in jeder Apotheke und Drogerie frei erhältlich und muß nich duch einen möglicherweise ahnungsosen Allgemeinmediziner, welcher einen wahrscheinlich eh auf härtere Medikamente setzen würde, verschrieben werden und somit verdient er auch kein Geld damit.

Mit den besten Grüßen, Hiram.
 

forcemagick

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Giacomo_S schrieb:
Also gut, Du sollst Deine Definition bekommen Tino: Die konkrete Gesundheits- und Lebensbedrohung. (Auf diese Antwort hast Du doch gewartet, oder ?)
Und ich kann mir vorstellen, was jetzt kommt: "Nichts anderes gibt der Gesetzgeber vor", wirst du jetzt sagen.
Das mag stimmen - für alle Länder außer Bayern, denn hier reicht ja "die Störung der öffentlichen Ordnung" bereits aus.

also ich kann bestätigen, dass in bayern sowas schon recht hurtig gehen kann. eine bekannte von mir arbeitet im bereich sozialwesen und hat auch schon so manches aus dem nähkästchen erzählt und ich habe im entfernteren umfeld auch schon ein paar dinge erlebt, die mir die fragezeichen auf die stirn trieben.

allerdings hab ich mich auch schon davon überzeugen lassen, dass in anderen bundesländern die sache schon anders gehandhabt wird... ein bekannter in köln etwa ist nicht mal in ne klinik gekommen als er es selbst für nötig hielt.... so ein porblem gäbs in bayern nicht.. in bayern ist das problem wohl eher auch wieder rauszukommen :D .

psychiatrie ( und da schließ ich die behandlungspraxis ausserhalb der kliniken durchaus ein ) scheint mitunter schon mal ne verrückte sache zu sein ( wie gesagt ich wills nicht pauschalisieren, aber mein erfahrungsstand sagt mir eben doch, dass da so manches böse schief gehen kann )

ein fall der mir noch besonders in erinnerung ist, ist der eins psychiaters, der seine frau systematisch in die klinik getrieben hat und diese dann zwangseingewiesen hat... hintergrund war, dass er ihr vermögen wollte und der mann kam damit ohne jegliche probleme durch... da waren keine wirklichen kontrollinstanzen.... der arzt sagt das ist so und die weiteren behandelnden ärzte waren der meinung dass man dem geschätzten kollegen ja nicht widersprechen könne und dem "patienten" glaubt man dann ja ohnehin nichts mehr..... die "patientin" war äußerst "uneinsichtig" und nicht sehr kooperativ bei ihrer behandlung ( irgendwie ja auch kein wunder, wenn man nicht krank ist und keiner hilfe bedarf, wenn einem aber dennoch "geholfen" werden soll gegen etwas konstruiertes ) was für die behandler ein beweis ihrer erkrankung war ( denn normale menschen lassen sich ja "helfen") und für den richter, der regelmäßig in die klinik kam um "festsetzungen" zu unterschreiben war ausschließlich das urteil der ärzte interessant.... jetzt kann man vielleicht sagen ich und andere menschen aus ihrem umfeld können das ja nicht beurteilen weil wir ja keine ärzte sind, aber ich seh das einfach anders und trau mir durchaus zu die situation richtig einzuschätzen.. diese frau war zum zeitpunkt ihrer einlieferung keinerlei gefahr für irgendjemanden und nicht mal in irgendeinem abnormen psychischen zustand.. sie war einfach für ihren mann unbequem.
 

Tino

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Hallo Giacomo,

Der Rest der Geschichte ist ein tragikomisches Politikum. Man mag nicht glauben, inwieweit selbst bei eine medizinischen Erkenntnis von solchem Wert noch politische Borniertheiten eine Rolle spielen.

Die menschliche Dummheit ist unermeßlich, warum sollte die Medizin davon ausgenommen sein?

Vielleicht ist meine Definition der "Normalität" nicht so weit von der Deinen entfernt. Aber noch bin ich naiv genug, an andere Lösungen zu glauben.

Mit Naiv hat das nur bedingt was zu tun. Wenn ein Adidas oder Nike in der dritten Welt den Raubtierkapitalismus betreiben, reden man zwar drüber; wenn hier in Deutschland das gleiche passiert ist man (solange nicht betroffen) leicht empört; aber in der Medizin darf so etwas mnicht passieren. Wir alle (auch ich) leben in der Illusion, daß in der Medizin nur das Wohl des Patienten eine Rolle spielt. Leider ist dem eben nicht so, sondern alle Antriebe menschlichen Handelns sind auch in der Medizin vertreten.

Bis heute weiß ich nicht, ob es die richtige Entscheidung war. Aber wenigstens war es eine.

Hinterher sind immer alle schlauer (vor allem die, die keine Entscheidung fällen mußten)

Ab er mich lässt mein Gewissen nicht los, ob ich nicht hätte anders, besser hätte handeln können.

Kenn ich ;-).

Also gut, Du sollst Deine Definition bekommen Tino: Die konkrete Gesundheits- und Lebensbedrohung. (Auf diese Antwort hast Du doch gewartet, oder ?)
Und ich kann mir vorstellen, was jetzt kommt: "Nichts anderes gibt der Gesetzgeber vor", wirst du jetzt sagen.

Was der Gesetzgeber gibt nur den Handlungsrahmen, nicht die Handlung selber vor. Der Begriff „konkret“ ist allerdings gerade bei psychischen Erkrankungen in der Praxis sehr schwer zu definieren. Wirklich wissen tut man es nicht, selbst wenn der Betreffende auf dem Geländer steht. Deswegen ist es ja so schwer.

Das mag stimmen - für alle Länder außer Bayern, denn hier reicht ja "die Störung der öffentlichen Ordnung" bereits aus.

Das hatte ich ja auch am Anfang schon gesagt, die Regelungen der Zwangseinweisungen sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Und da der Gesetzgeber einen Handlungsrahmen vorgibt, hängt es dann noch zusätzlich von der Interpretation der Handelnden ab, was dann wirklich passiert.

Zum anderen habe ich Menschen einwandern sehen, wo die konkrete Gefährdung eben nicht gegeben war und wo die Aussagen eines einzelnen Menschen - des kaputten Ehemanns in der kaputten Ehe - bei einer (8 Jahre zurückliegenden "Vorgeschichte") ausgereicht haben, um jemanden für min. drei Monate aus dem Verkehr zu ziehen und auch sonst noch bleibend Ärger zu machen.

Einzelbeispiele sind immer schwierig zu werten. Ich könnte jetzt ein Gegenbeispiel bringen (allerdings aus Hessen). Da war eine Zwangseinweisung in vielen Punkten gegeben, der Betreffende (ein Bekannter) war sogar bei einem Psychiater, der eine stationäre Aufnahme auch mit zwang empfohlen hat, passiert ist jedoch nicht. Die Polizei sah keinen Handlungszwang (obwohl der Betreffende auch schon Aktenkundig zur Fremdaggressivität neigt).

Insbesondere in Sorgerechtsprozessen ist es blamabel, wie über menschliche Schicksale "nach Aktenlage" mittels uraltem Zeug "zum Wohle des Kindes" entschieden wird. Leider guckt sich aber niemand "das Wohl des Kindes" überhaupt nur an, überhaupt macht sich keiner wirklich von der komplexen Situation ein Bild.

Die Frau meines Bekannten hat bis heute nicht das alleinige Sorgerecht, obwohl auch bereits Gerichtlich eine psychiatrische Behandlung festgelegt wurde. Das Sorgerecht des Vaters wurde „nur“ bis zur Behandlung auf Eis gelegt; daß er allerdings jede Behandlung verweigert und gleichzeitig seine Frau terrorisiert (mehrmals wurde er bereits von der Polizei vor der Wohnung seiner Frau verhaftet) hat ebenfalls zu keinerlei weiteren Schritten geführt.

Aber Einzelbeispiele sind immer nett, vor allem da sich für jede Meinung eines finden läßt.

Vielleicht könntest du ja noch dem Begriff „konkrete Gefährdung“ etwas ausführen. Wie stellst du dir das praktisch vor?


Hallo Hiram,

Sicherlich verdienen Ärzt auch an der Pharmaindustrie, …

Wenn du diese Vorurteil unbedingt brauchst um mit der Welt zurecht zu kommen, dann bitte.

… duch einen möglicherweise ahnungsosen Allgemeinmediziner, welcher einen wahrscheinlich eh auf härtere Medikamente setzen würde, verschrieben werden und somit verdient er auch kein Geld damit.

Noch mal, ich (und jeder andere Arzt) bekomme nicht mehr Geld, ob ich Behandlung A, Medikament B oder Naturheilverfahren C anwende.

Aber wenn du daß ja so genau weißt, dann kläre doch mal auf, wie auf welchem Weg den ein Arzt Geld bekommt, wenn er Medikament A statt B verschreibt. Und bitte laß die illegalen Methoden der Bestechung (die es überall gibt mal weg, die leugne ich auch nicht). Wo und wie rechnet der Arzt ab, daß er durch die Verschreibung eines starken Psychopharmaka mehr Geld bekommt.

Gruß Tino
 

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