Als Gott die Welt erschuf...

Damien

Neuling
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22. August 2002
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Hier ein kleiner Beitrag meinerseits aus dem Archiv meiner literarischen Geschmacklosigkeiten.
Ist selbstverständlich Geschmackssache, bleibt aber einer meiner persönlichen favoriten. Viel Spaß beim Lesen:

Von Gottes Schöpfung

Als Gott die Erde entstehen ließ, da schuf er am sechsten Tage die Menschen, am siebenten aber da ruhte er. Und als er so dalag am siebenten Tage, auf einer der weichen Wolken hoch droben im Himmelreich, bemerkte er plötzlich, dass das Fau-lenzen ihm große Freude bereitete und so beschloss er, dass er nicht mehr Gott sein wollte.
Lange Zeit lag er nun da und träumte vor sich hin, ohne sich Gedanken über die er-baute Welt zu machen, bis ein lauter Schrei ihn aufschreckte.
Mürrisch ob der unliebsamen Störung stieg Gott von seiner Wolke hinunter und stapf-te gähnend zu seiner Welt zurück. Dort angekommen bemerkte er, dass die Men-schen sich vermehrt hatten und Adam und Eva zwei Söhne geboren hatten, die hat-ten sie Kain und Abel genannt. Gott fand die Namen mehr als albern, doch er wollte seine Geschöpfe nicht kränken und so sagte er nichts zu Adam und Eva, obwohl er schon ein wenig schmunzeln musste. Und als er genauer hinsah, erkannte er, dass einer der Söhne kaputt gegangen war. Jemand hatte ihm wohl mit einem Knüppel auf den Kopf geschlagen.
Da dachte sich Gott, dass es nicht gut sei, dass der Mensch ohne einen Gott sei.
Und ohne zu Zögern packte er Kain am Kragen und klebte ihm ein Mal an die Stirn und sagte zu ihm: ?So Kain, jetzt bist du Gott. Sei gut zu den Menschen und pass gut auf, dass sie sich nicht gegenseitig mit Knüppeln auf die Köpfe hauen!?
?Aber Herr,? erhob Kain seine Stimme, ?hast du nicht gesehen? Gerade habe ich meinen Bruder erschlagen, weil ich neidisch war, dass du sein Opfer angenommen hast, nicht aber das meinige.?
?Unsinn!? zürnte Gott, ?Weder Abels noch dein Opfer habe ich überhaupt bemerkt, wie sollte ich dann ihn vorgezogen haben? Also mach was du willst, aber sei den Menschen ein Gott an meiner statt.?
Und damit ließ er Kain am Rande der Welt zurück und legte sich wieder schlafen.
Der völlig überrumpelte Junge aber wurde traurig, dass da niemand war, den er von oben herab betrachten oder terrorisieren und mit Leid heimsuchen konnte und so fing er, nachdem er wenigstens das Paradies seiner Eltern zerstört hatte, bitterlich zu weinen an und alle Menschen ersoffen.
Nur einer überlebte mit dem lustigen Namen Noah, der im übrigen ein starkes Alko-holproblem hatte. Der wagte einen Putsch, stürzte den bösen Gott Kain und rief sich selbst zum Gott aus. Doch Noah war zu oft trunken vom Wein, den er selbst erfun-den hatte, und so vermehrte sich das Volk der Menschen unkontrolliert und nach ei-niger Zeit gab es wieder Streit auf Erden.
Gott wurde also erneut von lautem Kriegslärm geweckt und voll Zorn stieg er hinab ins Universum. Als er dort Noah volltrunken in seinem eigenen Erbrochenen fand, bemerkte er seinen Fehler, schnippte Noahs Leiche vom Rand der Erde und betrach-tete von Neuem die Menschen. Verärgert stellte er fest, dass die Bewohner die Erde zwar bevölkert hatten, aber noch immer so dumm waren, wie er sie geschaffen hatte. Ein Krieg war ausgebrochen und viele Körper lagen zerschmettert auf der Erdober-fläche.
Also machte Gott sich erneut auf die Suche nach einem Nachfolger, doch nirgends fand er einen, der eine solch wichtige Aufgabe übernehmen wollte, denn alle waren noch zu sehr mit dem Krieg beschäftigt.
Schließlich entdeckte er jedoch einen jungen Soldaten, der in solch ärmlichen Ver-hältnissen aufgewachsen war, dass er mit Freuden den Job Gott übernahm. Seine Dummheit war groß und ebenso sein Hass, aber Gott dachte sich: ?Es mag ja ein Wirrkopf sein, aber sind das nicht alle Menschen??
Also erklärte er dem Mann schnell, dass von nun an die ganze Welt ihm dienen müs-se und übergab ihm die Arbeitskleidung: Einen langen weißen Bart, eine weiße Robe (mit einigen Weinflecken von Noah noch) und einen Heiligenschein. Dann verließ er ihn und legte sich wieder auf seine rosafarbene Wolke
Er war noch nicht einmal eingeschlafen, da wurde er erneut von lautem Geschrei aufgeschreckt. Voller Grimm sprang er von seiner Wolke hinunter und eilte zu dem Mann, den er erwählt hatte. Er fand ihn tief verborgen unter der Erde in einem Stahl-bunker, von wo aus er einen neuen Krieg lenkte.
?Mensch! Was tust du?? brüllte Gott und packte ihn am Kragen, um ihn kräftig zu schütteln, doch der Mann blickte ihn nur an und sagte: ?Diese Menschen wollten mir nicht dienen und so habe ich sie bekämpft. Vor allem das eine Volk, dass von sich behauptet, es wäre das deine und würde nur dir dienen, hat sich mir widersetzt. Da habe ich sie alle ausrotten wollen...?
Da seufzte Gott schwer, ob der Herrschsucht des Mannes und erkannte, dass ein Soldat die falsche Wahl gewesen war.
Doch nun, da er auch seinen neuen Vertreter weggeworfen hatte, musste er sich er-neut auf die Suche nach jemandem machen, der auf seine Welt achtgab.
?Vielleicht war es falsch die ganze Verantwortung nur einem Mann aufzubürden.? dachte sich Gott und sogleich ernannte er die neu entstandene USA zu Gott über die Welt. Diese wurden sogleich anerkannt und deshalb wollte Gott sich schon beruhigt niederlegen und faulenzen, da gab es einen lauten Knall und ein greller Blitz blende-te ihn. Gott wandte sich erschreckt um und bemerkte sogleich, dass der grelle Blitz viele Menschen getötet hatte. Er ging zu den Amerikanern zurück und stellte sie zur Rede. Die Amerikaner jedoch antworteten verlegen und sagten: ?Gott, da gibt es ein anderes Land, und die mögen uns wirklich nicht. Und außerdem ist da diese Waffe, die wir unbedingt ausprobieren mussten...? Und die Amerikaner erröteten.
Gott fand das zwar alles nicht so toll, aber die Amerikaner taten ihm leid und so tadelte er sie nur ein wenig; als diese sich höflich entschuldigten, ging Gott wieder beruhigt ins Himmelreich schlafen.
Endlich fand Gott die Ruhe auf die er so lange gewartet hatte, doch in der Stille be-gann etwas anderes ihn zu stören, das ihm zuvor nie aufgefallen war.
Viele tausend Stimmen riefen ohne Unterlass seinen Namen und obwohl es sonst sehr ruhig war, fingen diese Rufe langsam an Gott zu nerven. Dauernd brüllte ir-gendwer: ?Gott tu dies?, ?Gott tu das? und ?Rette mich!? und so was.
Da wurde es Gott zuviel mit den Menschen und so schickte er ein paar bösartige A-liens, die in wenigen Tagen die Welt zerstört hatten.
Doch kaum hatte er sich mit einem seeligen Lächeln niedergelegt, da schien es ihm, als hörte er erneut seinen Namen. Sofort richtete er sich auf und tatsächlich: Am Fu-ßende seiner Wolke standen Millionen kleiner Menschen und schrien nach Gerech-tigkeit.
?Warum seid ihr hier?? fragte Gott ?Habe ich euch nicht vernichtet??
Da trat ein brav aussehender Mann mit einem feinen Anzug vor (es war ein Baptist) und antwortete: ?Ja Jehova! Das hast du wohl, und es wird schon zu unsrem besten sein, wenn du es so willst, mein Gott, doch gabst du uns doch eine unsterbliche See-le.?
?Nein, gab ich nicht.? rief Gott in panischer Angst.
?Doch Herr.? war die Antwort eines Priesters. ?Und des weiteren steht in deinem Bu-che geschrieben, Herr, dass dein Sohn Jesus gesagt hat, am Ende der Zeit werdest du alle Menschen richten und sie teilen in gut und böse.?
?Ich habe aber kein Buch geschrieben und erst recht hatte ich keinen Sohn mit einem solch wunderlichem Namen!? rief der schwitzende Gott in wachsender Verzweiflung. . Aber er sagte, du würdest die Guten ins Himmelreich einlassen, die Bösen aber in den feurigen Schlund der Hölle verbannen.? weinte ein kleiner Missionar ?Wofür sonst habe ich denn mein ganzes Leben lang andere Religionen ins Lächerliche ge-zogen und Menschen deinen Glauben aufgedrängt.?
?Das ist mir doch egal!? brüllte Gott und seine Stimme überschlug sich, ?Ihr nervt mich jetzt schon seit Jahrtausenden und idabei will ich doch nur meine Ruhe! Ver-zieht euch endlich, ihr Kröten!?
Da erhob ein Pfarrer mit Leidensblick und emporgereckten Händen seine Stimme.
?Aber großer Herr! Habe ich nicht jahrelang dir treu gedient und deine Gebote gehal-ten? Habe ich nicht dein Gebot der Abstinenz gehalten bis auf das eine oder andere Mal? Habe ich da nicht Anspruch auf einen Heiligenschein, ein paar Flügel und eine eigene Wolke!???
Dieser Herr aber war Gott ein unerträglicher Dorn im Auge und so holte er einmal tief Luft und pustete das ganze Pack ins Fegefeuer und machte schnell einen Deckel auf die Hölle, damit er die Schreie der Seelen nicht hören musste.
Dann legte er sich friedlich zurück auf seine Wolke und war froh, dass er nur eine Erde erschaffen hatte.
Langsam kam der Schlaf über ihn und seither umhüllt die Stille Gott wie ein behagli-ches Ruhekissen...

ENDE


© September2000
by Micha Brechtel


:twisted:

Über Rückmeldungen würde ich mich freuen.
 

ParaM!nd

Meister
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Gar nicht übel, wobei die "lyrische" Seite eher vernachlässigt ist, täts eher als Funthread bei Schmal-Talg reinpacken.

ParaM!nd
 

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