Zen-Buddhismus: Hilfe bei einem Zen-Text bitte.

Meister-Lung

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Abends, vor dem Einschlafen, lese ich momentan von Robert Aitken "Zen-Meister Rabe"

Nun bin ich auf einen Auszug gestoßen, den ich überhaupt nicht verstehe. Vielleicht können ja die Zen-Interessierten helfen.

Mit bestem Dank,

Meister Lung :D




KARMA

Eines Abends erschien Grauwolf zum ersten Mal im
Blaufichten-Kreis. Nachdem sie sich vorgestellt hatte,
fragte sie: »Ist es erlaubt, eine Frage zu stellen?«
»Mehr als erlaubt«, antwortete Meister Rabe. »Ich danke Euch«, entgegnete Grauwolf, »vielleicht ist es
allen anderen klar, ich jedoch verstehe die Idee von Karma
nicht. Würdet Ihr sie mir bitte erklären?«
»Ermorde den Willen«, sagte Meister Rabe.
»Manche Verbrechen werden nie aufgedeckt«, entgegnete
Grauwolf.
»Hilf mir, nicht in der Lüge zu leben«, sagte Meister Rabe.

(S. 26)


(Robert Aitken 2003: Zen-Meister Rabe. Fabelhafte Zen-Geschichten. Berlin: Theseus-Verlag)
 

Don

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Würde Tenshin noch unter uns weilen würde er Dir helfen können. Jedoch ist er aufgrund diverser Problematiken nicht mehr in der Lage sich aktuell zu melden.
Dieser Post solte nur den Rufen nach Tenshin vorbeugen und kann leider der Fragestellung nicht dienlich sein.

mfg Don
 

Lindwurm

Großmeister
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Hmm also ich bin nicht der ehrenwerte Tenshin, doch als praktizierender Zen Buddhist will ich mal versuchen dir unter die Arme zu greifen :)

Ich denke das Verstehproblem liegt bei diesem Absatz:

»Ermorde den Willen«, sagte Meister Rabe.
»Manche Verbrechen werden nie aufgedeckt«, entgegnete
Grauwolf.
»Hilf mir, nicht in der Lüge zu leben«, sagte Meister Rabe

Erstmal muss ich sagen das es bei Zen kein richtig oder falsch gibt. Die Zen Koans sind allsamt nicht mit einer Antwort zu belegen, sondern sollen den Interessierten Schüler zum Nachdenken und meditieren anregen. Ich könnte dir jetzt sagen wie ich das Gespräch interpretiert habe und was es mir sagt. Tue dies jedoch nicht.
Hast du dich vorher schon mit der Lehre Buddhas beschäftigt, also kennst du dich mit dem Grundkonzept aus? Verlangen etc.
Versuche über diesen Absatz zu medetieren und lasse das Gespräch noch einmal auf dich wirken. Dann wirst du daraus ziehen was dir der Text zu sagen hat.

Mfg Lindwurm
 

Meister-Lung

Lehrling
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Yep, um genau den Teil geht es.

Ist schon schwer, selbst wenn ich nachdenke bis die Birne raucht :D

Trotzdem recht herzlichen Dank, Meister Lung :D
 

mazziah

Geselle
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@Meister Lung

eigentlich kann ich zu Lindwurms Äusserungen nichts hinzufügen :wink:
vielleicht noch zur Meditation-Koans

Normalerweise ist unser Geist unruhig, Gedanken kommen und gehen und es gibt kaum einen Augenblick der Stille, der Zentriertheit.

Das Koan hilft, alle Energie zu konzentrieren.

Der Zen-Meister Hakuin riet seinen Schülern folgendes für die Verwendung von Koans:
Wenn du dir ein Koan vornimmst und es ohne Unterlass erforschst, sterben deine Gedanken und die Forderungen deines Egos werden zerschmettert. Es ist, als ob sich vor dir ein riesiger Abgrund auftun würde und du dich nirgendwo mit Händen oder Füßen festhalten könntest. Du bist mit dem Tod konfrontiert und dein Herz brennt wie Feuer. Dann plötzlich bist du eins mit dem Koan, und Körper und Geist lassen los. Dies ist damit gemeint, wenn man sagt, man erlange Einsicht in seine wahre Natur. Du musst unaufhörlich nach vorne gehen, und wenn du diese gesammelte Konzentration und Aufmerksamkeit aufbringst, kannst du zweifellos bis zur unendlichen Quelle deines Seins vordringen.
 

Harakiri

Meister
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Hallo

Ich denke es geht einfach darum, dass der Mensch mit seinem Karma einfach unvollkommen ist . Daher soll er seinen Willen ermorden, weil dieses ewige "Ich will dies, ich will das", das Leben einfach kompliziert macht .
Das so ein Verbrechen nicht aufgedeckt wird ist klar, ob der Satz noch eine tiefere Bedeutung hat, weiss ich nicht .
Die Lüge steht schließlich für die Illusionen mit denen wir geboren werden und wohl auch sterben. Durch ZaZen kann man sie abschneiden, weil dann auch das Karma bzw. der Wille nicht wirkt, denn durch das Karma enstehen diese Illusionen erst. Beispiele für dafür gibt es viele, z.B das man durch dieses und jenes endlich glücklich wird ...

Eigentlich könnte man bei so einen Dialog jedes Wort raussuchen, um es irgendwie gemäß der Zen Philosophie zu deuten, aber ich denke das ist nicht notwendig, denn es läuft immer auf einen Punkt zu : Für mich ist dieser Punkt Shikantaze (einfach nur sitzen ) . Man braucht über Zen nicht lange zu diskutieren, die Erfahrung ist wichtiger und die kann bei jedem anders sein, deswegen kann ein Meister seinen Schülern auch nicht das Zen einfach durch Worte erklären, da diese keine Kraft haben und auch von jedem anders verstanden werden .
Wenn man mit sich selber ZaZen übt und die Gedanken vorbeiziehen, und wenn man dieses auch wirklich steitig weiter macht, wie ein stetiger Tropfen der den Stein höhlt, dann kommt die Einsicht von ganz allein, dann braucht man keine Bücher mehr, um darin nach Weisheit zu suchen, denn diese ist schon in uns und diesen Weg dorthin gilt es zu finden .
 

Meister-Lung

Lehrling
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Harakiri schrieb:
Wenn man mit sich selber ZaZen übt und die Gedanken vorbeiziehen, und wenn man dieses auch wirklich steitig weiter macht, wie ein stetiger Tropfen der den Stein höhlt, dann kommt die Einsicht von ganz allein, dann braucht man keine Bücher mehr, um darin nach Weisheit zu suchen, denn diese ist schon in uns und diesen Weg dorthin gilt es zu finden .

Das erinnert mich ein wenig an den Ausspruch:"Wenn du den Buddha siehst, dann töte den Buddha" (sorry, habe leider vergessen von wem der ist ).

Danke Harakiri :D

Shanti, Meister Lung :D
 

dzogchen

Neuling
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Meister-Lung schrieb:
Abends, vor dem Einschlafen, lese ich momentan von Robert Aitken "Zen-Meister Rabe"

Nun bin ich auf einen Auszug gestoßen, den ich überhaupt nicht verstehe. Vielleicht können ja die Zen-Interessierten helfen.

Mit bestem Dank,

Meister Lung :D




KARMA

Eines Abends erschien Grauwolf zum ersten Mal im
Blaufichten-Kreis. Nachdem sie sich vorgestellt hatte,
fragte sie: »Ist es erlaubt, eine Frage zu stellen?«
»Mehr als erlaubt«, antwortete Meister Rabe. »Ich danke Euch«, entgegnete Grauwolf, »vielleicht ist es
allen anderen klar, ich jedoch verstehe die Idee von Karma
nicht. Würdet Ihr sie mir bitte erklären?«
»Ermorde den Willen«, sagte Meister Rabe.
»Manche Verbrechen werden nie aufgedeckt«, entgegnete
Grauwolf.
»Hilf mir, nicht in der Lüge zu leben«, sagte Meister Rabe.

(S. 26)


(Robert Aitken 2003: Zen-Meister Rabe. Fabelhafte Zen-Geschichten. Berlin: Theseus-Verlag)


vielleicht ist damit gemeint das das karma unergründlich ist, es sammelt sich viel karma im lauf der zeit an. es lohnt sich nicht über sein karma zu spekulieren
 

forcemagick

Forenlegende
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wobei es bei koans ja eigentlich so ist, dass derjenige, der sich mit diesem koan beschäftigt auch den koan alleine lösen sollte ;)

wie will man sonst vom koan profitieren ;)

also nicht andere fragen ( ist ja wie abschreiben ;) ) sondern selber lösen ;)

;)

ansonsten ist eben das gespräch der beiden die antwort auf die frage, die der ganze koan stellt "was ist karma" und die beiden spielen die antwort sozusagen in ihrem gespräch mehr denkanstoß wil ich aber auch nicht geben
 

Benkei

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Koans

Soweit ich das (mit meiner eingeschränkten Sicht) verstanden habe kann man einen Koan gar nicht mit dem Verstand erfassen, also auch nicht einem Dritten erklären. Man kann den Koan nur jenseits des Verstandes lösen (wobei lösen hier wohl nicht das richtige Wort ist).

Der Koan (vielleicht heißt es auch das Koan, aber wer weiß das schon) soll sozusagen als Basis dienen, als Frage, zu der man immer wieder zurückkehren kann, wenn man "festsitzt". Der Übende soll versuchen, sich den Koan stets gegenwärtig zu halten, egal was er sonst, also quasi "nebenbei" macht. Letztlich soll es darauf hinauslaufen, dass mit Hilfe des Koan das Ego "gesprengt" wird wenn der Koan "erfasst" wurde. Das ist der eigentliche Sinn jedes Koans. Einen "tieferen Sinn", den man mit dem Verstand erfassen kann, wird man aber vergeblich suchen. Und DAS ist dann ja auch der Sinn der Sache :!: :wink:

Hier noch nen passender Link:
http://srv.omspace.org/pdf/daisetz t. suzuki - koan - der sprung ins grenzenlose.pdf
 

Tenshin

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Konnichiwa allerseits :D

Wenn auch verspätet, nun auch meine bescheidenen Gedanken zum Thema (falls nicht erwünscht, einfach überlesen :wink: ):

Die Frage ist auch immer schon Teil der Antwort.
Die Frage als Mittel zur Suche nach etwas steht dem Verständnis der Antwort im Wege, da beim Frager eine Erwartung bezüglich einer "absoluten/völlig richtigen" Antwort besteht.

Da aber der Dualismus zwischen Frage/Antwort nur ein mentales Konstrukt ist, dass den absoluten Seinszustand zu erklären versucht, sich dabei aber meist eher selbst im Wege steht, führt das Beharren auf einer "Antwort" nicht zur Beantwortung der Frage.

Nicht umsonst sind Koan "paradoxe Rätsel, die mit dem rationalen Verstand nicht zu lösen sind".

Ziel der Koan ist nicht eine intellektuelle Gehirnakrobatik im Stil von anspruchsvollen Kreuzworträtseln, auf deren "völlige" Lösung man sich abschließend etwas einbilden kann (aber natürlich nicht muß :wink: ), sondern im Gegenteil soll durch überraschende, rational nverständliche Aussagen, das Ego ver-rückt werden um einen Spalt für das Licht des Kensho zu öffnen...

Um Fragen vorzubeugen: ich bin kein Anhänger des Rinzai-Zen und befasse mich demzufolge auch nicht mit Koan, sondern übe nur ZaZen als shikantaza.

Hoffe, trotz meiner werten Vorredner noch Relevantes verständlich machen zu können und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

<gassho>

Hona Sainara

Tenshin
 

Tarvoc

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Koans: Es gibt nur einen. Keinen sonst.
Hast du den einen verstanden, verstehst du alle.
Verstehst du alle nicht, verstehst du keinen.
 

Benkei

Großmeister
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Von Strassen

@dasGermane
dasGermane schrieb:
Koan = asiatische Verse, Weisheiten, oder Bestandteil einer Religion?
Was Koans sind ist in diesem Tread recht gut abgehandelt.

Wenn die "torlose Schranke" das Ziel ist, dann kann jedes einzelne Koan die Straße dorthin sein.
Aber es gibt neben den unzähligen Koans noch zig andere "Straßen".
 

Mukta

Meister
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»ermorde den willen«

ist der kern der antwort und der kern der frage.

was das bedeutet erfordert eine antwort in einem prozess.

was ist wille? warum mord?

nun. eine ganze antwort kann ich dir nicht geben,
denn erkennen musst du es selbst.

der wille ist das vehikel zur glückseeligkeit.
setzt du deinen willen so ein, dass er dich glücklich macht?
führt der willensausdruck in deinem leben zu konflikten?
dient dir dein wille auf dem weg zur glückseeligkeit?
entfernt dich dein wille von der glückseeligkeit?

was bedeutet es den willen zu ermorden?
in anderen versen spricht man davon sein ego aufzulösen.
was ist ego? das persönlich gefärbte verständnis meines selbst.
mein selbst bin aber nicht ich selbst.

es geht also darum den willen in den dienst deines
eigentlichen selbst zu stellen und die willentliche
herbeigeführte entfernung von deinem selbst zu
beenden.

den willen also zu ermorden.

gib die bedingungen auf. beende die wünsche.

wir wünschen uns viele dinge, von denen wir glauben dass
sie uns glücklich machen. das sind die bedingungen, die
du aufgeben musst. dann klären sich deine wünsche, die
du dir erfüllen kannst und die dich dann auch glücklich
machen.

doch zuerst ermorde den willen.

vielleicht bringt dich meine kleine »denkschleife« ja
der antwort ein bisschen näher.

M
 
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