Walmart verbietet Liebe

Giacomo_S

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struppo_gong schrieb:
gibt es da einen paragrafen, der leuten, die den staat als arbeitsgeber haben vorschreibt demokraten zu sein?

Ja, den gibt es, den sogenannten Radikalenerlass. In den späten 70ern war das ein großes Reizthema.
Ich weiss allerdings nicht, ob und wie der heutzutage noch angewandt wird.
 

Ein_Liberaler

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Booth schrieb:
Was aber, wenn sich in einer Region ein diskriminierendes Verhalten enorm verdichtet, sodaß eine Gruppierung enorme soziale Nachteile in Kauf nehmen muss, daß sie kaum am regionalen Handel teilnehmen kann? Wäre das in Ordnung?

Nicht schön, aber in Ordnung. Wir können, meine ich, nicht die Grundlagen unserer freien Gesellschaft umstoßen, weil in irgendeiner Stadt z.B. die Mitglieder einer Sekte nicht akzeptiert werden. Wo soll das anfangen und aufhören? Bedientwerden im Supermarkt, oder auch in der Kneipe?

Hmmm - das interpretiere ich so, daß Du "dem Menschen", also allen Menschen, keine einheitlichen Gemeinsamkeiten zuordnest, die als "Würde" definiert werden kann. Später sagst Du aber selber:
Ein_Liberaler schrieb:
Das Eigentum an sich selbst kann niemand aufgeben, sonst wäre auch Sklaverei legal.
Also darf "der Mensch" nicht jemand anderes gehören - besitzt also doch eine Würde. Irgendwie widersprichst Du Dir da.

Daß jeder einzelne eine Würde hat, steht, meine ich, nicht im Widerspruch dazu, daß ich das Abstraktum "der Mensch" in seiner Existenz leugne. Wobei Würde vielleicht der falsche Ausdruck ist, schließlich gibt es ausgesprochen würdelose Subjekte. Ich bin eher der Ansicht, daß jeder Mensch sich selbst gehört und sich nicht veräußern kann, bzw., daß so ein Handel unwirksam wäre. Die sogenannte Menschenwürde wird doch heute ausgesprochen inflationär gebraucht, und geht doch nur auf den Gundgesetzartikel zurück, der eigentlich nur dem Staat verbietet, einen Menschen zu entwürdigen...

Wenn Du sagst, daß niemand das Eigentum an sich aufgeben kann, so impliziert dies, daß man jedoch den Besitz an sich aufgeben könnte. Ist dem so? Muss ja eigentlich, da jeder Arbeits-Vertrag ein Abtritt an Bestimmung über sich selber beinhaltet. Wie weit darf die Abtretung dieser Bestimmung gehen? Das ist doch der Kern der Frage.

Schwierige Frage. Gibt man Deiner Ansicht nach mit dem Arbeitsvertrag wirklich Besitz an sich selbst ab? In jedem Fall sehe ich die Implikation nicht. Wenn ich das Selbsteigentum unveräußerlich genannt habe, dann habe ich damit nicht sagen wollen, daß der Selbstbesitz aufgebbar ist.

Deine Aussagen lassen mich annehmen, daß jegliche Besitzübereignung an sich selber möglich ist, solange die Eigentumsverhältnisse nicht angetastet würden. Aber wir wissen auch, daß manche Besitzverhältnisse extrem lange dauern können. Wäre es OK, wenn ein Vertrag vorsieht, daß jemand über Jahre seinen Besitz an sich selber abtritt? Oder doch nur stundenweise? Und welche Einschränkungen muss es geben? Keine?

Oder wie wäre es, wenn man sich in Erbpacht verkaufte? Ne, das kann wohl nicht sein. Im Moment tendiere ich dazu, einen Arbeitsvertrag als Vertrag zur Erbringung einer Dienstleistung anzusehen, nicht als Vermietung seiner selbst.


Zum Beispiel könnte eine Mutter ihr Kind an eine satanssekte zur Opferung verkaufen. Dieser Vertrag wäre nichtig, weil sie nicht die Eigentümerin des Kindes, sondern nur seine Sachwalterin ist.
Aber vermieten? Wir vermieten uns in Arbeitsverträgen ja schließlich zu einem erheblichen Teil selber. Also könnte man ja auch (s)ein Kind vermieten, welches man "sach"-verwaltet (übrigens finde ich die freudsche Fehlleistung widerlich, daß Du bei einer Mutter von "Sach"verwaltung gegenüber dem eigenen Kind redest, aber dazu später nochmal mehr).

Meine etymologische Auslegung ist eine andere: Die Mutter verwaltet die Sache, d.h. die Interessen des Kindes. Das kann auch einen Arbeitsvertrag umfassen. Selbst bei uns gibt es ja Kinder als Schauspieler...

Schwache müssen sich zusammenschließen.
Was ist, wenn sie sich daran (aus welchen Gründen auch immer) nicht beteiligen - selber schuld? Freigabe zur Ausbeutung, solange nicht das "Eigentum" an sich selber berührt wird?

Was ist Ausbeutung? Freiheit zum Abschluß unvorteilhafter Verträge, ja, wenn nicht mangelnde Einsichtsfähigkeit ausgenutzt wurde.

Was ist, wenn Du nicht die Mittel dazu hast, da sich Anwälte in einer solchen Welt so gut bezahlen lassen, daß Du sie Dir nicht leisten kannst? In einer solchen Welt gäbe es ja auch keine staatlich verordneten Verrechnungssysteme für Anwälte.

Nein, aber jede Menge Anwälte, die einander Konkurrenz machen.

Einen kleinen Einblick in dieses System kannst Du in den USA begutachten. Jemand der sich gute (und damit teure) Anwälte leisten kann, hat einen erheblichen Vorteil in einem Gerichtsverfahren.

Das amerikanische Rechtssystem ist in meinen Augen eine obszöne Parodie auf das Recht. Für Klagen gegen Industrieunternehmen finden sich aber immer Anwälte, die gegen Erfolgshonorar, wenn nicht sogar Geweinnbeteiligung arbeiten.


Ein Vertrag ist ein Vertrag, egal mit wem.
Jeder Vertrag ist ja anfechtbar, wie Du selber erwähnt hast. Somit entscheiden am Ende die Juristen.

Das eine ist ein moralischer Grundsatz, das andere eine Möglichkeit, gegen Menschen vorzugehen, die sich nicht an moralische Grundsätze halten. Wo ist der Widerspruch?

Kleingedrucktes dient dazu, das allgemein Übliche zusammenzufassen, das nicht Gegenstand der Verhandlungen im Einzelfall ist, nicht dazu, den Kontrahenten zu besch... ummeln.
So allgemein von Dir formuliert klingt diese These ziemlich unglaubwürdig, findest Du nicht auch?

Aha, verstehe. Ich hatte nicht deutlich gemacht, daß ich meine Moralvorstellungen von denen der Startrekversion des Unternehmers abgrenzen wollte.

Noch eine Grundbemerkung:
Du vertrittst die Ansichten, die ich eigentlich in allen BWL-Vorlesungen bisher erlebt habe. Alle BWL-Vorlesungen sind geprägt von einem Grundgedanken: Reduktion des Menschen auf einige wenige für die situative Betrachtung relevante Funktionen. Eine Eigenschaft, die wir Menschen leider in vielen Bereichen unseres Lebens an den Tag legen - in der modernen Wirtschaft wird sie jedoch zu dem entscheidenden Grundprinzip. Wohlweislich wird sie kaum irgendwo ausgesprochen (habe ich jedenfalls in keiner Vorlesung oder irgendeinem Buch so gelesen).

Nein, diesen Standpunkt vertete ich nicht. Ein Mensch ist ein Mensch, Punkt. Er ist auch Mieter, Arbeitgeber und Kunde, und wenn man sich mit wirtschaftlichen Zusammenhängen befaßt, betrachtet man ihn notgedrungen in dieser Funktion. Er bleibt aber Mensch.

Reduktion auf die situative Funktion. Ich glaube, daß mit dieser Maxime folgendes erreicht wird:
1. Die soziale Kompetenz der Menschen wird vernachlässigt.
2. Gier, welche sich zum Teil stark unsozial auswirken kann, wird nicht selten belohnt.

Befasse Dich mal mit Mises und Rothbard. Der Abschied vom homo oeconomicus ist längst vollzogen, und was soll das überhaupt heißen, Gier wird belohnt? Gier wird befriedigt, ja. Anderen mag das abstoßend erscheinen, aber das macht ja den Gierigen aus, daß er die Befriedigung seiner Gier über alles stellt und auf einen sozialen Umgang mit denen keinen Wert legt, die anders empfinden.

Der freudsche Versprecher der Mutter, die "Sachverwalter" des Kindes ist, zeigt aus meiner Sicht eindeutig dieses sozial kalte Funktionsdenken.

Wie gesagt, hast Du mich da mißverstanden.
 

Blake

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@Ein_Liberaler,
Um mal Klarheit zu schaffen:
Soll überall Vertragsfreiheit herrschen, oder nur bei Verträgen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Ein_Liberaler schrieb:
Quatsch. Die Gewerkschaften würden Standardverträge aushandeln. Dafür sind Gewerkschaften doch da.
Nicht jeder ist in einer Gewerkschaft und sollte auch nicht dazu gezwungen werden. Für Nichtgewerkschaftsmitglieder gelten die Manteltarifverträge, die alle Jubeljahre mal ausgehandelt werden. Ist der Arbeitgeber nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes, gilt nicht mal der, sondern nur die gesetzlichen Grundlagen. Gleiche Bedingungen für Gewerkschaftmitglieder und Nichtgewerkschaftmitglieder gewährt der Arbeitgeber freiwillig aus Gründen des Betriebsfriedens (er will ja nicht, dass alle Gewerkschaftler werden). Er ist nicht dazu gezwungen.
 

Ein_Liberaler

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Franziskaner schrieb:
Ein_Liberaler schrieb:
Dazu fehlen mir die statistischen Grundlagen. Deutlich unter den 1200 Euro, die diesem Drogisten vorschweben, aber inklusive Krankenversicherung und mit Zuverdienstmöglichkeiten ohne 100 % Grenzsteuersatz.

Ich frag nochmal konkret nach: Wie hoch?

400 €.

Und jetzt mal angenommen, jeder hätte so sagen wir mal 900 Euro, was glaubst du, würde in deinem freiheitlichen Markt passieren?

Erkläre mir, was Deiner Meinung nach passieren würde. Ich kann nicht ahnen, worauf Du hinaus willst. 900 € sind eindeutig zuviel.

Und denkst du, eine wie du es nennst, Zuverdienstmöglichkeit wäre dann wirklich optional?

Ja. Wer sollte mich dazu zwingen?

Tja, ich weiss nicht. Greift der Besuch bei einem schwulen Friseur in dein Leben so grundlegend ein, dass er sogar Auswirkungen bis in dein eigenes Schlafzimmer hat? Wenn nein, nochmal die Frage: Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Oder siehst du ein eklatantes Missverhältnis beim Angebot von Friseurdienstleistungen, das sich mit dem auf dem Arbeitsmarkt vergleichen liesse?

Es hat Auswirkungen bis in das Schlafzimmer des Friseurs, also Äquivalents des Arbeitnehmers, nicht in meines, des Arbeitgeberäquivalenten. Wenn ich gezwungen werdn kann, Pärchen einzustellen, dann wäre es auch nur logisch, mich zum Besuch von miteinander schlafenden Friseuren zu zwingen, oder?

agentP schrieb:
Nein, das wäre natürlich nicht in Ordnung, aber das ist nicht die Frage, sondern die Frage ist doch die, ob es die Aufgabe des Staates ist an der Stelle zu regulieren. Solange die Diskriminierung nicht auch noch vom Staat sanktioniert wird, wie im 3.Reich, würde ich aber die berechtigte Hoffnung haben, daß sich immer ein paar Leute darüber freuen, wenn sie Kunden für sich alleine haben. Wenn also hier im muslimisch dominierten Neukölln und Kreuzberg plötzlich alle Läden o.g. Schild anbringen würden, dann würde ich zB ernsthaft in Erwägung ziehen an meinem Laden ein Schild anzubringen auf dem steht: Verkaufe gerne an Juden! Anschliessend würde ich womöglich ein paar Dankesbriefe an die ausgrenzenden Kollegen für das mir freiwillig überlassene Monopol versenden. Was sollte mich denn davon abhalten, solange sich der Staat nicht in die Vertragsgestaltung einmischt?

Schön gesagt.
 

Ein_Liberaler

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Blake schrieb:
@Ein_Liberaler,
Um mal Klarheit zu schaffen:
Soll überall Vertragsfreiheit herrschen, oder nur bei Verträgen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Überall.

Ein_Liberaler schrieb:
Quatsch. Die Gewerkschaften würden Standardverträge aushandeln. Dafür sind Gewerkschaften doch da.
Nicht jeder ist in einer Gewerkschaft und sollte auch nicht dazu gezwungen werden. Für Nichtgewerkschaftsmitglieder gelten die Manteltarifverträge, die alle Jubeljahre mal ausgehandelt werden. Ist der Arbeitgeber nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes, gilt nicht mal der, sondern nur die gesetzlichen Grundlagen. Gleiche Bedingungen für Gewerkschaftmitglieder und Nichtgewerkschaftmitglieder gewährt der Arbeitgeber freiwillig aus Gründen des Betriebsfriedens (er will ja nicht, dass alle Gewerkschaftler werden). Er ist nicht dazu gezwungen.

Es muß auch niemand in die Gewerkschaft. Ich würde einfach von meinem Arbeitgeber den gewerkschaftlichen Mustervertrag verlangen, widrigenfalls ich woanders arbeite. Einzige Verhandlungsmasse: Die Lohnhöhe. Da wäre ich flexibel. Wenn mir der Mustervertrag denn gefiele. Vielleicht würde ich aber auch anbieten, im Krankheitsfall Urlaub zu nehmen. Jedenfalls würde der Vertrag nicht für uns gelten, weil zwei Funktionäre ihn unterschrieben haben, sondern weil wir ihn unterschrieben haben. Die Funktionäre hätten uns nur Formulierungsarbeit abgenommen.
 

Franziskaner

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Ein_Liberaler schrieb:
Franziskaner schrieb:
Ich frag nochmal konkret nach: Wie hoch?
400 €.

Schön. Das kostet - hier bei mir aufm Land - schon meine 60qm Wohnung an Warmmiete. Und die ist net mal besonders luxuriös.

So, jetzt muss ich noch so Kleinigkeiten wie Auto und Benzin für die Fahrt zur Einkaufen oder zum Opa ins Altersheim rechnen, Essen und Kleidung einkaufen und so weiter. Sparsam gelebt brauch ich dann so geschätzte 800-1000 Euro jeden Monat zuzüglich.

Du meinst also, mit einem Grundbetrag von 400 Euro wäre der Zwang zur Erwerbsarbeit geringer als heute? Das glaub ich nicht, ehrlich gesagt.

Erkläre mir, was Deiner Meinung nach passieren würde. Ich kann nicht ahnen, worauf Du hinaus willst. 900 € sind eindeutig zuviel.

und 400 zu wenig. Aber egal, wenn du den Grundbetrag erhöhst, garantiere ich dir dafür, dass die Mieten innerhalb von 10 Jahren im Durchschnitt um 20-50% steigen werden.

Ja. Wer sollte mich dazu zwingen?

Niemand, wenn dir Klamotten vom Flohmarkt, Brot vom Vortag und ein 18 qm Verschlag zum Schlafen reichen. Da ich mal davon ausgehe, dass das auch nicht deinem erstrebenswerten Durchschnittsbürger entspricht, ist ein mittelbarer Zwang also eben doch vorhanden.

Es hat Auswirkungen bis in das Schlafzimmer des Friseurs, also Äquivalents des Arbeitnehmers, nicht in meines, des Arbeitgeberäquivalenten.

Nochmal nachgefragt: Hältst du das Verhältnis Angebot zu Nachfrage im Punkt Friseurdienstleistungen für ungefähr gleich dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage im Bereich Arbeitsplätze?

Wenn ich gezwungen werdn kann, Pärchen einzustellen, dann wäre es auch nur logisch, mich zum Besuch von miteinander schlafenden Friseuren zu zwingen, oder?

Sag mal, machst du das absichtlich? Kein Mensch hier will irgendeinen Arbeitgeber zwingen, Pärchen einzustellen. Es kann nur nicht angehen, wenn sich Leute auf der Arbeit kennen- und liebenlernen, dass sie dann plötzlich anders behandelt werden, als vorher. Es sei denn natürlich, die Personalabteilung von Walmart oder du stehen auf dem Standpunkt, eine Partnerschaft führt automatisch zum Verlust von Arbeitskraft. Dann wäre aber nur konsequent, jegliche Partnerschaft per Arbeitsvertrag zu verbieten. Andererseits könnte man dann ja auch gleich zum Katholizismus konvertieren und Priester werden...
 

Ein_Liberaler

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Franziskaner schrieb:
Ein_Liberaler schrieb:
Franziskaner schrieb:
Ich frag nochmal konkret nach: Wie hoch?
400 €.

Schön. Das kostet - hier bei mir aufm Land - schon meine 60qm Wohnung an Warmmiete. Und die ist net mal besonders luxuriös.

60 m² für eine Person? Kommst Du aus Schlaraffenland?

Du meinst also, mit einem Grundbetrag von 400 Euro wäre der Zwang zur Erwerbsarbeit geringer als heute? Das glaub ich nicht, ehrlich gesagt.

Natürlich wäre er geringer. Nur nicht Null, und das darf er auch nicht werden.

und 400 zu wenig. Aber egal, wenn du den Grundbetrag erhöhst, garantiere ich dir dafür, dass die Mieten innerhalb von 10 Jahren im Durchschnitt um 20-50% steigen werden.

Steigende Mieten -> mehr Wohnungsbau -> sinkende Mieten. Natürlich steigen die Mieten, wenn einem gleichbleibenden Angebot erstmal erhöhte Nachfrage dank höherer Einkommen gegenübersteht, denn schließlich dauert es seine Zeit, bis ein Haus gebaut ist.

Niemand, wenn dir Klamotten vom Flohmarkt, Brot vom Vortag und ein 18 qm Verschlag zum Schlafen reichen. Da ich mal davon ausgehe, dass das auch nicht deinem erstrebenswerten Durchschnittsbürger entspricht, ist ein mittelbarer Zwang also eben doch vorhanden.

Da bin ich aber erleichtert, daß es nur noch ein mittelbarer ist.

Nochmal nachgefragt: Hältst du das Verhältnis Angebot zu Nachfrage im Punkt Friseurdienstleistungen für ungefähr gleich dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage im Bereich Arbeitsplätze?

Nein, ich versuche das Prinzip zu diskutieren.

Sag mal, machst du das absichtlich? Kein Mensch hier will irgendeinen Arbeitgeber zwingen, Pärchen einzustellen. Es kann nur nicht angehen, wenn sich Leute auf der Arbeit kennen- und liebenlernen, dass sie dann plötzlich anders behandelt werden, als vorher.

Warum nicht? Mit katholischen Priestern geht das, wenn ich ein Ehepaar als Haushälterin/Gärtner einstelle und es sich scheiden läßt, geht das, was ist dabei?

Es sei denn natürlich, die Personalabteilung von Walmart oder du stehen auf dem Standpunkt, eine Partnerschaft führt automatisch zum Verlust von Arbeitskraft. Dann wäre aber nur konsequent, jegliche Partnerschaft per Arbeitsvertrag zu verbieten. Andererseits könnte man dann ja auch gleich zum Katholizismus konvertieren und Priester werden...

Sie nehmen wohl eher an, daß Liebschaften mit Untergebenen zu Rechtsstreitigkeiten führen können. Ich persönlich bin der Meinung, daß die Versetzung in eine andere Abteilung völlig aureichend wäre, daß es aber allein an Walmart und seinen Angestellten ist, ihre Verträge auszugestalten.
 

Giacomo_S

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Und noch mal: Es ist Grundgesetzwidrig:

www.123recht.net schrieb:
Der US-Einzelhandelsriese Wal-Mart darf seinen Mitarbeitern in Deutschland Liebschaften am Arbeitsplatz nicht verbieten. Die entsprechende Regelung in einem weltweit gültigen Verhaltenskodex für Wal-Mart-Angestellte laufe dem Grundgesetz zuwider und sei damit unwirksam, befand das Düsseldorfer Landesarbeitsgericht (LAG).

Zu jedem geschlossenen Vertrag gibt es ein höheres Recht, das im Zweifelsfall die geschlossene Vereinbarung sittenwidrig oder gar Grundgesetzwidrig macht.
Genausowenig kann ein Fernsehsender (wie in Wolfgang Menges "Millionenspiel") eine Spielshow produzieren, wo einer sich ggf. von jemand anderem umbringen lässt (auch wenn das Opfer dem vertraglich zugestimmt hat). Tatsächlich haben sich bei der damaligen Erstausstrahlung des Plotts Leute bei der ARD beworben - auch als Opfer. Dennoch ist es illegal und das ist auch in meinen Augen richtig.
Denn es gibt ein höheres Recht als das Vertragsrecht.

Außerdem würde ich zu gern mal wissen, was man als Liebesbeziehung oder ausgehen definieren möchte. Ich gehe mit einer Kollegin in der Mittagspause zusammen essen - bin ich dann mit ihr ausgegangen ?

www.123recht.net schrieb:
Zu den unerwünschten Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz heißt es in dem Wal-Mart-Kodex: "Sie dürfen nicht mit jemandem ausgehen oder in eine Liebesbeziehung mit jemandem treten, wenn Sie die Arbeitsbedingungen dieser Person beeinflussen können oder der Mitarbeiter Ihre Arbeitsbedingungen beeinflussen kann." Als unangemessenes Verhalten werden in der Richtlinie unter anderem "anzügliche Blicke oder als sexuell deutbare Kommunikation jeder Art" gewertet.

Was ich in meiner Freizeit mache, geht meinen Arbeitgeber nichts an. Sonst wird er in Zukunft unter Berufung einschlägiger Studien mir auch noch vorschreiben wollen, was ich zu essen habe, um optimal leistungsfähig zu sein.
 

Ein_Liberaler

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Das ist eine der beklagenswertesten Entwicklungen im deutschen rechtswesen überhaupt, daß die Verfassung, die eigentlich den Staat zügeln soll, jetzt dafür herhalten muß, staatliche Eingriffe zu rechtfertigen.

Beklagenswert ist auch: Wann immer man für Volksentscheide eintritt, kommt das Argument der Todesstrafe, wann immer man für Vertragsfreiheit eintritt, der Gladiatorenvertrag.

Wobei ich frage: Warum nicht? Man kann darin einwilligen, sich als Boxer vermöbeln zu lassen, man kann sich Rippen rausnehmen lassen, um in Größe 32 zu passen, warum keine Gladiatorenspiele? Naja, Ketzertum.
 

agentP

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Denn es gibt ein höheres Recht als das Vertragsrecht
Das wäre ein tragischer und paradoxer Zustand, denn ohne Vertrag gibt es kein Recht. Es sei denn natürlich man akzeptiert eine höhere Macht als Instanz des höheren Rechts.
 

Ein_Liberaler

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Demnach wäre der Mensch nicht von Natur aus frei und Eigentümer seiner selbst, sondern es wäre auch ein anderer legitimer Gesellschaftsvertrag denkbar?
 

Blake

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Ein_Liberaler schrieb:
Demnach wäre der Mensch nicht von Natur aus frei und Eigentümer seiner selbst, sondern es wäre auch ein anderer legitimer Gesellschaftsvertrag denkbar?

Stimmt genau!
Die heutige Rechtsvorstellung ist noch nicht sehr alt und auch nicht überall selbstverständlich.
 

struppo_gong

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Giacomo_S schrieb:
struppo_gong schrieb:
gibt es da einen paragrafen, der leuten, die den staat als arbeitsgeber haben vorschreibt demokraten zu sein?

Ja, den gibt es, den sogenannten Radikalenerlass. In den späten 70ern war das ein großes Reizthema.
Ich weiss allerdings nicht, ob und wie der heutzutage noch angewandt wird.
http://de.wikipedia.org/wiki/Radikalenerlass

anscheinend wurde er abgeschaft. ausserdem finde ich nicht, dass demokrat sein und verfassungsfeindlichkeit umfassende gegensätze sind. man kann ja z.B. anarchist sein ohne verfassungsfeindlich zu sein.


Der Radikalenerlass wurde vielfach als demokratiefeindlich kritisiert. Die Überprüfung der Verfassungtreue von öffentlich Bediensteten war einmalig in der Europäischen Gemeinschaft und wurde in internationalen Gremien als Verletzung der Menschenrechte gewertet.
...
Willy Brandt bezeichnete den Radikalenerlass später als schweren Fehler seiner Regierung.
 

struppo_gong

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agentP schrieb:
Denn es gibt ein höheres Recht als das Vertragsrecht
Das wäre ein tragischer und paradoxer Zustand, denn ohne Vertrag gibt es kein Recht. Es sei denn natürlich man akzeptiert eine höhere Macht als Instanz des höheren Rechts.
wie wärs mit kommunikativer interpretation ,common sense, interessenausgleich, eine ansammlung von normen oder einer einfachen abmachung?
es ist doch nur ein wort agentp. das wort "recht" kann doch noch in anderen kontexten als bei einer schriftbasierten gesellschaft bestehen.
Hab ich recht oder was? :p
 

Mr. Anderson

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Ein Liberaler schrieb:
Ja, dann frage ich mich aber, was Du dagegen hast, dass sich die Rechtsordnung in Verträge einmischt.

Sie soll sich nicht in den Inhalt der Verträge einmischen. Daß jemand übers Ohr gehauen wird, soll sie durchaus verhindern.
Es fällt mir aber ein bißchen schwer, da eine Grenze zu ziehen. Wenn man der Rechtsordnung schon zugesteht zu entscheiden dass ein Vertrag oder eine bestimmte Klausel nichtig ist, dann gesteht man ihr insoweit auch zu, Einfluss auf den Inhalt des Vertrages zu nehmen. (Und das ist bei Wal Mart auch der Fall).
 

agentP

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struppo_gong schrieb:
agentP schrieb:
Denn es gibt ein höheres Recht als das Vertragsrecht
Das wäre ein tragischer und paradoxer Zustand, denn ohne Vertrag gibt es kein Recht. Es sei denn natürlich man akzeptiert eine höhere Macht als Instanz des höheren Rechts.
wie wärs mit kommunikativer interpretation ,common sense, interessenausgleich, eine ansammlung von normen oder einer einfachen abmachung?
es ist doch nur ein wort agentp. das wort "recht" kann doch noch in anderen kontexten als bei einer schriftbasierten gesellschaft bestehen.
Hab ich recht oder was? :p
Nein, weil Vertrag ja nichts mit "schriftbasiert" zu tun hat. Immerhin sind in Deutschland meines Wissens nur für sehr wenige Vertragsarten schriftliche Verträge Pflicht.
Was ist denn der Unterschied zwischen einer "einfachen Abmachung" und einem Vertrag?
Ein Vertrag ist eine von zwei oder mehreren Personen geäußerte Übereinstimmung von Willen über die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolgs.
www.wikipedia.de
Da fallen imho deine Beispiele sehr wohl genauso darunter, auch wenn du andere Namen benutzt.
 

Giacomo_S

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agentP schrieb:
Denn es gibt ein höheres Recht als das Vertragsrecht
Das wäre ein tragischer und paradoxer Zustand, denn ohne Vertrag gibt es kein Recht. Es sei denn natürlich man akzeptiert eine höhere Macht als Instanz des höheren Rechts.

Das ist nicht ganz richtig.
Die Grundrechte des Menschen sind lt. Grundgesetz unveräußerlich.
Das bedeutet, kein Mensch kann seine Grundrechte abtreten, egal ob aus freiem Willen oder nicht und auch nicht durch einen Vertrag.
 

holo

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Verträge können genauso auf dem Rand eines Bierdeckels stehen - ist kein Problem.
 

Giacomo_S

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holo schrieb:
Verträge können genauso auf dem Rand eines Bierdeckels stehen - ist kein Problem.

Es gibt aber Verträge, die für ihre Gültigkeit einen Notar voraussetzen, z.B. im Bereich Immobilien.
 

agentP

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Die Grundrechte des Menschen sind lt. Grundgesetz unveräußerlich.
Das Grundgesetz ist auch nichts weiter, als " eine von zwei oder mehreren Personen geäußerte Übereinstimmung von Willen über die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolgs", also ein Vertrag im grundsätzlichen Sinne. Laut deiner Aussage müsste es nun aber noch ein höheres Recht geben, das sogar über diesem "Vertrag" steht. Was wäre das?
 

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