Traenenreiter schrieb:
Das sich aus der politischen Verantwortung eine Kollektivschuld ergibt, daß funktioniert schon in einer Demokratie nicht, wie soll es dann erst in einer Diktatur funktionieren?
Erkläre mir erstmal warum das in einer Demokratie nicht funktioniert. Und die Diktatur unter Hitler ist auch nicht aus dem Nichts gekommen. Und auch in einer Diktatur die solche Verbrechen begeht, ist jeder in einem gewissen Sinne mitschuldig wenn er schweigt und nichts dagegen unternimmt.
Nach deiner Aussage in ich also Schuld, daß Angela Merkel Kanzler ist, und zwar in dem gleichen Maß, wie alle anderen Deutschen auch. Was, wenn ich mir dieser Kollektivschuld bewußt würde - wie sollte ich mich von ihr reinwaschen? Heute? Morgen? Nächste Woche?
Ein einzelner kann sich nicht von einer Kollektivschuld reinwaschen. Du hast mich glaub ich nicht verstanden. Wenn jetzt aber zum Beispiel die NPD die größte Bundestagsfraktion geworden wäre, und dann als nächstes alle Türken in ein Lager sperrt und vorher noch mit gewaltsamen Mitteln die Verfassung abschafft, wären wir alle dafür selbstverständlich mitverantwortlich.
Und jetzt übertrage das mal auf eine Diktatur mit all ihren Möglichkeiten der Überwachung und Unterdrückung!
Ach bitte. Du willst doch jetzt nicht sagen die armen Deutschen konnten nichts dafür. Sie wurden von Hitler gezwungen wegzusehen. So plump waren noch nichtmal die Nazis. Die Allgemeinheit wurde nicht unterdrückt, sondern andersdenkende und Juden wurden unterdrückt.
Es gibt keine Kollektivschuld. Die Annahme ihrer Existenz ist zutiefst undemokratisch - und nicht umsonst sind Kollektivstrafen verboten!
Was an der Annahme einer kollektivschuld undemokratisch ist, musst du mir ebenfalls mal genauer erklären. Aus deinen Ausführungen ergibt sich das jedenfalls nicht.
In meinem Augen ist es eine Beleidigung für jedwedes Opfer, ihm zu sagen: Selbst Schuld, Du trägst eben die Kollektivschuld deines Volkes in Dir.
Das tue ich nicht.
Witzig ist in dem Zusammenhang, daß gerade die Verfechter des Liberalismus und die Kämpfer gegen Rechts, die auch zum Nachdenken aufrufen, gerade auf die Kollektivschuld zur Argumentation zurückgreifen.
Witzig ist das gerade die rechten Nationalen stolz auf so viele Dinge sind, an denen sie nicht beteiligt waren, mit den Dingen, die schiefgelaufen sind aber nix zu tun haben.
lacrime_mundi schrieb:
@Traenenreiter
Da kann ich dir nur voll zustimmen. Es ist eine Frechheit, hier von Kollektiivschuld zu sprechen. Viele Leute wußten lange Zeit gar nicht, was für Verbrechen stattfanden. Viele die es wußten, schwiegen aus Angst davor, selbst ermordet zu werden. Schon mal was von Psychologie der Masse gehört? Hitler und Goebbels waren Meister der Demagogie und Massenbeeinflußung.
Soviel zur Kollektivschuld.
Zunächst mal habe ich den Begriff der Kollektivschuld nur in Abgrenzung zur Einzelschuld verwendet. Zudem habe ich vorher ganz klar gesagt, daß ich niemanden der damals gelebt hat verurteile und auch nicht klar von mir behaupten kann, daß ich es besser gemacht hätte. Das ändert aber nichts an der Verantwortung. Und die Verantwortung ergibt sich nicht aus dem was jemand getan hat, sondern aus dem was jemand nicht getan hat. Du kannst mir nicht erzählen, daß eine derartig groß angelegte Verfolgung von bestimmten Bevölkerungsgruppen völlig unsichtbar von statten gegangen ist. Und für so dumm, daß die Menschen noch nicht mal geahnt haben was da vor sich geht, halte ich die Deutschen auch nicht. Ich habe ein gewisses verständnis für sie, aber das darf man nicht mit Rechtfertigung verwechseln.
Nach den Verträgen von Versailles muß man sich mal anschauen was die Polen so alles trieben an Völkerrechtsbrüchen und Verbrechen. Auch dies trug bei zum Kriegsausbruch, was aber gern verschwiegen wird.
Ach so und wenn du jemanden ermordest, der vorher auch jemanden ermordet hat, dann macht das deine Tat besser?
Jedenfalls sind es viele leid von Kollektivschuld zu hören oder gar in die Verantwortung gezogen zu werden für etwas, dass sie gar nicht beeinflüßen konnten, da sie da noch gar nicht geboren waren.
Davon habe ich nicht gesprochen.
Was sie geschafft haben ist eine Traumatisierung der Deutschen! Stellt euch doch nur mal vor, wenn Deutsche den gleichen Patriotismus ausdrücken würden, wie die US Amerikaner? Ich kann mir die Schlagzeilen schon vorstellen...
Also das ein Volk nach zwei Weltkriegen und der Verantwortung für einen Holocaust traumatisiert ist, ist jawohl kein Wunder. Da bedarf es keiner zusätzlichen Indoktrination oder Propaganda.
Man kann schon sagen, dass unser Bildungssystem und Medienlandschaft erheblich beeinflußt wurden und noch werden.
Kommt darauf an, was du unter Beeinflussen verstehst. Das sowas nachwirkt und nicht einfach mal eben weggewischt wird ist ja wohl klar.
gruß
midget