Verschiedentlich habe mich Leute, mit denen ich im Web diskutiert habe, immer mal wieder mit dieser Figur des Harry Haller verglichen, so dass ich's irgendwann auch mal mit dem Buch versucht habe. Mir sind schon ziemliche Synchronitäten mit dieser Lebensweise aufgefallen, immer einsam, wie durch eine unüberwindbare und doch nicht sichtbare Grenze von den Menschen allgemein getrennt zu sein, trotz vielfältigem Versuch, mit ihnen mitschwingen zu können, selbst diesen Eingang in ein Zugehörigkeitsgefühl nicht gebacken zu kriegen. Das kenne ich sehr gut, und auch die ganzen beobachterischen Ideen und Erklärversuche, warum die Gesellschaft wohl so funktioniert, wie sie es tut. Diese befremdliche Sicht auf das Treiben der immerfort Frohsinnigen, die ihre Lebenskerze so unbekümmert abbrennen lassen, diese Feldforschung an der Spezie Mensch aus einem gesicherten, wohlig-vertrauten Bücherzimmer hervor, selbst die Verlockungen des alten Grauwolfes, dieser Metapher für die Sehnsucht nach Auflösung. Nur die Motive sind etwas anders, auch dieses Aufsplittern der Person in viele unterschiedliche Persönchen, das hat mich nie erreicht.
Diese Beschreibungen sind offenbar teilweise Selbstbeschreibungen gewesen, Hesse soll relativ depressiv gewesen sein, ist in seiner Weltansicht recht isoliert geblieben, musste sich den Weg zum Dichter und Schriftsteller mühsam erringen, soweit ich es gehört hätte.
Durch einen seltsamen Zufall habe ich beim Lyrikseminar in Blaubeuren auch noch einen Lehrer gehabt, der als junger Mann mit Hesse mindestens brieflich befreundet war. ( Der Dichter Werner Dürrson, im April 2008 verstorben )
http://wernerduerrson.de/4.html
Das gab dann noch einen Ausschlag, so hat man über Hermann Hesse einige Details erfahren. Dass es den gefreut hätte, die preiszugeben, glaube ich allerdings weniger, und wer zwischen seinen Zeilen liest, kommt von selbst drauf, was da so alles mit reingespielt haben dürfte.
Hermine = Hermann, das sagt einiges. Er wurde in einer Welt groß, die am Aufbruch zu diesen heute bald durchweg tolerierten Freihheiten stand, jedoch noch nicht damit umzugehen wusste. Das magische Theater ist ein Ort der Verwandlung, ein magisches Tor zur Welt, von der dieser Harry Haller doch ewig so sehr getrennt erscheint. Ein Übergang, könnte man sagen, in Schriftbilder gesetzt, in Szene gebracht. Dort ist es anscheinend nicht mehr so wichtig, was Haltung, Beherrschtheit und Würde an Lebensregeln vorgeben. Der Wolf darf seine Lebensbegierden rauslassen, kommt von der Leine seiner Verborgenheit los und zieht Harry mit hinein ins bunte Treiben.
Jemand sehr Freundliches auf einem Amateur-Musiker-Portal wollte mir mit der Geschichte wohl einen Zugang in bestimmte Ebenen der Gesellschaft andeuten, oder er wollte nur sagen, ich sollte das Leben nicht so verbissen sehen, was oft sehr schwierig ist :hot: -- so verstehe ich die Buchempfehlung heute. Hat zwar nicht geklappt, weil es Grenzen gibt, die Menschen untereinander aufstellen, und die für andere, nenne man es Unterqualifizierte, ewig unüberwindbar bleiben, egal wie sehr man sich verdrehen, verbiegen, verunstalten oder auch aufspalten lassen könnte. Aber die Geschichte hat mich doch in einer Weise bewegt, allein schon die Idee, dass noch andere diese besondere Form einer Einsamkeit teilen, oder in Lebensabschnitten gelebt haben.
Schön doch zu sehen, dass manche auch heute noch diese Bücher lesen. Ist so ähnlich wie ein Abstecher nach dem Avalon der Schreibergilde. 8)