Steppenwolf

Francis

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Alae!
Ich bin gerade dabei, Hermann Hesses *Steppenwolf* zu lesen und finde dieses Buch einfach nur genial! Es ist ein so feingezeichnetes Bildnis unserer Gesellschaft und jedes einzelnen menschlichen Wesens, obwohl es schon so alt ist...
Was meint ihr zu dem Buch, der Geschichte, der Thematik?!

yours,
Franc.
 
A

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Guest
hui hui .....Steppenwolf..... dieses Posting ist definitiv zu anspruchsvoll für die kiddies hier !!! Ausser Der Steppenwolf wird verfilmt :D :D

Born to be wild

Gruss A!
 

Francis

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Zu anspruchsvoll???
Okay, an der Masse der Antworten sehe ich, dass es entweder tatsächlich so ist, oder aber dass dieses Buch zu wenig Anspruch hat...
Leute, WAS IST LOS MIT EUCH? früher konnten wir über so viele schöne Sachen diskutieren und jetzt???!!!

naja, ich zähle jedenfalls auf euch.

Franc.
 

Agarthe

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@Francis/Schattenfürst:

Es ist ein geiles Buch, definitiv. Demian ist auch recht interessant. Hesse war meiner Meinung ein spirituell weitgereifter Mensch und hatte zudem für seine Zeit einen coolen Schreibstil.

Sorry, wenn meine Antwort ein wenig spät kommt!


Lieben Gruss, Agarthe
 

Francis

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wieso spät? ist doch okay. ich war nur früher anderes von wv gewöhnt... naja, die zeiten ändern sich halt. ebenso wie die meinungen und gemüter.
im augenblick bin ich im steppenwolf allerdings an einer stelle, die mir gar nicht gefällt: als er da mit seinem jugendfreund in den krieg zieht. er, der vorher so den pazifismus gepredigt hat! ich denke aber, hesse will uns damit nur eine facette der menschlichen seele, einen anderen aspekt des lebens, einen neuen blickwinkel zeigen. trotzdem hat mich das sehr schockiert. dennoch, mit der naivität dieser situation verdeutlicht er sehr, dass es manche sachen eben geben muss, dass wir uns noch so dagegen sträuben können und sie moralisch nicht vertreten können, sie sind notwendig und sinnvoll und ihr fortbleiben würde ebenso unseren untergang bedeuten wie ihr dasein.

gute nacht, liebe freunde!

eure
Francis.
 

Nausikaa

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Ich glaube, ich sollte dieses Buch auch noch mal lesen. Ist schon ein paar Jahre her... Ich kann mich noch erinnern, dass mich das Ende sehr verwirrt hat, war aber glaube ich nicht schlecht!
Mein Lieblingsbuch von Hesse ist "Unterm Rad". Das ist zwar nicht so spirituell-esoterisch angehaucht, wie die meisten seiner anderen Bücher, es ist aber psychologisch gesehen sehr interessant und wahnsinnig traurig...

Grüße
Nausikaa
 

Agarthe

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@Francis: Ja, kann ich verstehen. Auch ich war vom Ende irritiert. Aus welchem Grund auch immer Hesse die Kriegsbegeisterung für den 1. WK auf Demian übergreifen lässt, ist mir verborgen geblieben.
Naja, andrerseits zeichnet es die Zeit, wie Hesse sie erlebt hat, vielleicht hat er gute Freunde an den Krieg verloren? :roll:
Und ich kann mir vorstellen, dass der Ausbruch eines Krieges die Menschen aus ihrer Lethargie schüttelt, und ein ungeahntes Wir-Gefühl entsteht. So gesehen hat der Krieg tatsächlich auch positive Auswirkungen... :roll:

@Nausikaa: danke für den Tip. Unterm Rad, kenne ich noch nicht. :)
 

Stone

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Es freut mich zu sehen, dass Hesse immer noch angesagt ist.

Ich habe von ihm Siddharta gelesen und war einfach nur begeistert von der Tiefe des Buches und der Art und Weise wie er schreibt.

Wenn es mir die Zeit erlaubt, werde ich demnächst Steppenwolf lesen. Wurde mir auch schon von anderer Seite empfohlen.

Shanti :p Stone
 

Agarthe

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@Stone: Stimmt, Siddharta war einfach nur grandios. Auch mein Favorit.
 
A

Anonymous

Guest
Ich habe den Steppenwolf auch gelesen, vor kurzem erst. Das Ende des Buches hat mich sehr verwirrt, sogar so stark, dass ich nicht einmal richtig beschreiben kann, worin meine Verwirrung besteht. Ich war einfach sprachlos, nachdem ich das Buch gelesen hatte.

Ich habe mir vorgenommen, dieses Buch jetzt noch ein weiteres Mal zu lesen.
 

Telepathetic

Großmeister
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Geilerweise ist der Steppenwolf bereits verfilmt worden. http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Steppenwolf_(Film)

Mich hat z.B. das Traktat vom Steppenwolf sehr berührt. Der Schachspieler mit all den vielen kleinen Harry's, die er aus seinen Taschen hervorkramt und auf das Spielbrett stellt, wie Harry sich selbst in den Schachfiguren wiedererkennt, wie er lernt, dass er einzelnen Aspekten seines Selbstes mehr und anderen Aspekten weniger Beachtung schenken kann und auch sollte.

Er weist daraufhin, dass es nicht krankhaft ist, dass der Mensch keine starre psychische Struktur zeigt, sondern dass vielmehr alle diese Figuren zum Menschen dazugehören.

Das selbe Motiv erscheint bereits in Siddhartha. Während der letzten Begegnung von Siddhartha und Govinda blickt Siddhartha in sein Gesicht und Govinda wird all der verschiedenen menschlichen Lebenssituationen gewahr, gespiegelt durch Siddhartha's Gesicht. Er lernt, was Siddhartha vom Flusse gelernt hat: alle diese vielen unterschiedlichen Stimmen sind Teil der Menschenwelt, vereinigen sich zu einer großen Stimme. Diese Stimme singt das Lied des Lebens.

Berührt hat mich auch die Einsamkeit des Steppenwolfes. Harry Haller lebte in einer Zwischenwelt. Er ist steckengeblieben und ich schätze, dass dies der Grund seiner Depression ist, die er mit nächtlicher Lektüre und Alkoholeinnahme erträglicher zu machen versucht.

Harry Haller ist steckengeblieben zwischen dem Spießbürgertum mit seinen festgesetzten Meinungen und Lebensregeln und einer intellektuell freien, wilden, emotionalen und sexuellen Welt.

Die Geschehnisse im Magischen Theater verwirren mich zum Teil auch. Vielleicht hat Hesse bewußt so geschrieben, dass Verwirrung entsteht. Harry befindet sich in einem mit Drogen unterstützen Lernprozess. Harry begeht einige, sagen wir mal Lebensführungsfehler, wird dafür von einer Art Lach- und Schießgesellschaft verurteilt und bestraft. Er spricht mit einem sehr lebenslustigen Mozart, der Harry beibringen will, dass er das Leben viel zu ernst nimmt.

Harry ist lern- und "sterbens"willig. Auch seine Verwirrung wird er irgendwann überwinden.

Mozart wartet auf ihn.
 

InsularMind

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Verschiedentlich habe mich Leute, mit denen ich im Web diskutiert habe, immer mal wieder mit dieser Figur des Harry Haller verglichen, so dass ich's irgendwann auch mal mit dem Buch versucht habe. Mir sind schon ziemliche Synchronitäten mit dieser Lebensweise aufgefallen, immer einsam, wie durch eine unüberwindbare und doch nicht sichtbare Grenze von den Menschen allgemein getrennt zu sein, trotz vielfältigem Versuch, mit ihnen mitschwingen zu können, selbst diesen Eingang in ein Zugehörigkeitsgefühl nicht gebacken zu kriegen. Das kenne ich sehr gut, und auch die ganzen beobachterischen Ideen und Erklärversuche, warum die Gesellschaft wohl so funktioniert, wie sie es tut. Diese befremdliche Sicht auf das Treiben der immerfort Frohsinnigen, die ihre Lebenskerze so unbekümmert abbrennen lassen, diese Feldforschung an der Spezie Mensch aus einem gesicherten, wohlig-vertrauten Bücherzimmer hervor, selbst die Verlockungen des alten Grauwolfes, dieser Metapher für die Sehnsucht nach Auflösung. Nur die Motive sind etwas anders, auch dieses Aufsplittern der Person in viele unterschiedliche Persönchen, das hat mich nie erreicht.
Diese Beschreibungen sind offenbar teilweise Selbstbeschreibungen gewesen, Hesse soll relativ depressiv gewesen sein, ist in seiner Weltansicht recht isoliert geblieben, musste sich den Weg zum Dichter und Schriftsteller mühsam erringen, soweit ich es gehört hätte.
Durch einen seltsamen Zufall habe ich beim Lyrikseminar in Blaubeuren auch noch einen Lehrer gehabt, der als junger Mann mit Hesse mindestens brieflich befreundet war. ( Der Dichter Werner Dürrson, im April 2008 verstorben )
http://wernerduerrson.de/4.html
Das gab dann noch einen Ausschlag, so hat man über Hermann Hesse einige Details erfahren. Dass es den gefreut hätte, die preiszugeben, glaube ich allerdings weniger, und wer zwischen seinen Zeilen liest, kommt von selbst drauf, was da so alles mit reingespielt haben dürfte.
Hermine = Hermann, das sagt einiges. Er wurde in einer Welt groß, die am Aufbruch zu diesen heute bald durchweg tolerierten Freihheiten stand, jedoch noch nicht damit umzugehen wusste. Das magische Theater ist ein Ort der Verwandlung, ein magisches Tor zur Welt, von der dieser Harry Haller doch ewig so sehr getrennt erscheint. Ein Übergang, könnte man sagen, in Schriftbilder gesetzt, in Szene gebracht. Dort ist es anscheinend nicht mehr so wichtig, was Haltung, Beherrschtheit und Würde an Lebensregeln vorgeben. Der Wolf darf seine Lebensbegierden rauslassen, kommt von der Leine seiner Verborgenheit los und zieht Harry mit hinein ins bunte Treiben.

Jemand sehr Freundliches auf einem Amateur-Musiker-Portal wollte mir mit der Geschichte wohl einen Zugang in bestimmte Ebenen der Gesellschaft andeuten, oder er wollte nur sagen, ich sollte das Leben nicht so verbissen sehen, was oft sehr schwierig ist :hot: -- so verstehe ich die Buchempfehlung heute. Hat zwar nicht geklappt, weil es Grenzen gibt, die Menschen untereinander aufstellen, und die für andere, nenne man es Unterqualifizierte, ewig unüberwindbar bleiben, egal wie sehr man sich verdrehen, verbiegen, verunstalten oder auch aufspalten lassen könnte. Aber die Geschichte hat mich doch in einer Weise bewegt, allein schon die Idee, dass noch andere diese besondere Form einer Einsamkeit teilen, oder in Lebensabschnitten gelebt haben.

Schön doch zu sehen, dass manche auch heute noch diese Bücher lesen. Ist so ähnlich wie ein Abstecher nach dem Avalon der Schreibergilde. 8)
 
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