Konnichiwa allerseits
Nach den zahlreichen Beiträgen die es bisher zu diesem Thema gab, möchte ich nun auch meine Vorstellung, was denn nun "den" westlichen Buddhisten ausmacht bzw ausmachen sollte, einbringen. Das gelingt vielleicht am einfachsten, wenn ich zunächst versuche verständlich zu machen, was "der Buddhist" für mich
nicht ist.
Jemand der das Etikett des "Buddhismus" dazu benutzt, Verantwortung für sein Leben zu delegieren, sich und andere Menschen zu täuschen, letztlich also die Ausseinandersetzung mit seinen Schattenseiten und den
persönlichen charakterlichen Mängeln scheut, begreife ich persönlich ebensowenig als Buddhisten, wie jemanden, der sich lediglich intellektuell mit der Materie befasst hat und keinerlei Konsequnzen daraus zieht.
Damit wird deutlich, das von meiner persönlichen Kritik nicht nur einem Trend folgende "New-Age-Buddhisten" betroffen sind, sondern ebenso Buddhisten die bereits Zuflucht zu Buddha (Vorbild), Dharma (Lehre) und Sangha (Gemeinschaft) genommen haben und ordiniert sind.
Ein buddhistischer "Stereotyp" der sich in traditionelle Gewänder kleidet, die kulturellen Hintergründe der jeweiligen Tradition ergründet und sich auch sonst "typisch buddhistisch" gibt (inklusive des obligatorischen milden Lächelns) spielt vielleicht eine hübsche Rolle, mehr aber auch nicht.
Den Buddhisten aus meiner Sicht macht es vor allem aus, dass er Buddhismus praktiziert und nicht nur studiert (dafür gibt es übrigens
Buddhologie-Semester

). Er ist ein aktives, selbstkritisches Individuum das auch sonst seinen gesunden Menschenverstand benutzt. Er (oder Sie, wir wollen ja nicht sexistisch sein

) weiss um seine persönlichen
charakterlichen Schwächen und Fehler oder ist zumindest bemüht diese zu erkennen und zu integrieren.
Das ist ein recht hoher Anspruch und ich möchte keinesfalls behaupten das jeder Buddhist jederzeit dazu in der Lage ist (was meine Person selbstverständlich nicht ausnimmt). Jedoch befasst sich "der Buddhist" nach meinem Verständnis nicht ausschließlich mit sich selbst, wie es beim Lesen der bisherigen Ausführungen vielleicht erscheinen mag.
Gerade weil er sich seiner Fehlerhaftigkeit bewusst ist, geht er
verantwortungsvoll mit seiner Umgebung, Mitmenschen, Tieren, Pflanzen und Gegenständen um. Die (möglichst tägliche) Meditation hilft ihm,
Gegensätze und scheinbar irrationales zu integrieren und den vielen vorübergehenden Erscheinungen mit weit gehendem Gleichmut (nicht Gleichgültigkeit!) zu begegnen - was jedoch nicht heisst, das einem Buddhisten nicht auch einmal gründlich der Kragen platzen kann - man ist ja trotz aller Meditation und Praxis auch nur ein Mensch
Auch wenn, wie bereits gesagt Buddhisten angeblich sogar wissenschtlich belegbar "glücklichere" Menschen sind, so haben auch sie Launen und Leiden. Interessanterweise werden aber meines Wissens nach auf keinen anderen religiös-spirituelllen Stereotypen soviele Anforderungen und Erwartungen bezüglich Geduld, Verständnis und Langmut gestellt, wie an den Buddhisten. Sicher ist es in gewissem Maße positiv, wenn einem selbst, als Mitglied dieser Gruppierung, bereits im Voraus so viele angenehme Attribute zugesprochen werden (dafür dass er in den Ruf kommt tolerant zu sein, müßte der Stereotyp eines gläubigen Christen oder Moslems wahrscheinlich wesentlich mehr für sein Image tun) - auf der anderen Seite ist es dann aber auch einigermaßen befremdlich zu sehen mit welcher Überraschung und auch mit welchem Unwillen seitens der Umgebung reagiert werden kann, wenn diese Gedankenschablone einmal gesprengt wird, weil man sich plötzlich so "unbuddhistisch" verhält.
Wenn "buddhistisch sein" bedeutet, Vegetarisch zu essen, aktiv am
sozialen Leben teilzunehmen, Umweltbewusstsein zu haben und neben sich auch auf andere zu achten, dann sind mir persönlich all jene so
"buddhistischen" Menschen, auch wenn sie vielleicht noch nie vom Buddhismus gehört haben, lieber, als ein schriftlich bestätigter Buddhist
dogmatischer Geisteshaltung, der zu egoistisch ist um sich eingestehen zu können, menschliche Fehler machen zu dürfen.
Ich hoffe sehr, dieser Beitrag fördert eine konstruktive Diskussion und wird nicht als "der Weisheit letzter Schluss" angesehen, ich habe lediglich versucht mein Verständnis des Buddhismus auf das Bild "des Buddhisten" anzuwenden
MfG
<gassho>
Hona Sainara
Tenshin