Eine Lovecrafthuldigung in vier Teilen von Nabelschnur/Teil1

Nabelschnur

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Die Wahrheit des Dr.Henry Sebastius


Teil 1

Goreham Ville



Ich weiss das ich sterben werde. Diese Tatsache ist unumstösslich. Höchstwahrscheinlich werde ich schon tot sein wenn dieser Brief gelesen wird. Der Wahnsinn nagt an meiner Seele, zerstört meinen Körper, frisst mich innerlich auf. Ich spüre schon den kalten Atem Gevater Tods im Nacken während ich mit meiner zitternden Hand diese Zeilen niederschreibe.

Seit Tagen versuche ich den Schlaf zu bekämpfen denn in der Dunkelheit der Nacht kehren die unmenschlichen Stimmen zurück um mich zu quälen. Bizarre Alpträume und grauenhafte Visionen lassen mich Nacht für Nacht schweissgebadet aufwachen. Meine Kollegen von der Universität sagten ich solle zum Arzt gehen, doch kein Arzt der Welt kann mir noch helfen. Der Tod wird keine Erlösung sein. Es gibt keinen Gott, keinen Himmel, nur eine einzige riesige Hölle voller Dämonen und Teufel. Pardies, ewiges Leben, alles die Hirngespinnste Unwissender. Keine Wahrheit...

Doch was ist dann die Wahrheit. Worin besteht unsere Existenz, warum leben wir, warum vergehen wir?
Früher wurde mir eingeprägt das die Wahrheit stets der richtige Weg ist. Heute weiss ich die Wahrheit. Sie ist das schlimmste Vortellbare.

Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, doch sind erst zwei Wochen vergangen seit mich meine Vorgesetzten nach Goreham Ville, einer trostlosen Kleinstadt in Nord England geschickt haben. Ich sollte dort die archäologischen Arbeiten an den Überresten eines keltischen Klosters beaufsichtigen. Frenny Latelaw,meine Kollegin würde mich dort erwarten. Sie schwärmte von einem "aufregenden Fund". Nach sechs Stunden Fahrt durch die grün-braune nordenglische Hügellandschaft erreichte ich Goreham Ville, dass genauso schrecklich-schön aussah wie es Frenny beschrieben hatte. Kleine windschiefe Häuschen aus der Kollonialzeit, ein anrüchiger Pub, eine kleine gregorianische Kirche und ein düsteres englisches Herrenhaus. Das war Goreham Ville, ein Nest in der so ziemlich alle Klischees einer englischen Kleinstadt aufeinandertrafen. Es hätte mich nicht gewundert wenn in dem Herrenhaus ein alter teeschlürfender Lord in rotem Schlafrock und einem Monokel herumgelaufen wäre. Doch das Gebaüde stand seit dem ersten Weltkrieg leer. Die Einwohner der Stadt waren grobschlächtige, unhöfliche Hinterwäldler mit einer Liebe zum Fluchen. Der einzige annähernd sympathische Einwohner war ein älterer Herr der, wie sich rausstellte der Pfarrer der Gemeinde war. Er beklagte sich bei uns das seine regelmäsigen Kirchengänger gerade mal drei Leute fassten. Einmal ein japanischer Tourist der jeden Sommer nach Goreham reiste(weiss der Teufel warum es ihm hier so gefiel), und zwei uralte Damen, halbtaub und Mitglieder der autonomen Feministen. Der Pfarrer machte einen sehr vernünftigen Eindruck, doch wie ich später erfuhr war er seit dem mysteriösen Tod seiner Frau verrückt und predigte über die Apokalypse und die Rückkehr des Himmelreiches.

Von dem keltischen Kloster war nicht mehr allzufiel übrig. Lediglich die Sakristei war soweit erhalten das man sagen konnte das es sich hierbei um ein religiöses Gebäude gehandelt haben muss. Ansonsten waren es nur spärliche Mauerreste, die sich sanft an den grünen Klosterhügel schmiegten, und fast ein idyllisches Bild in diese trostlose Landschaft zauberten. Frenny war aufgeregt wie ein kleines Kind als sie mich den Hügel hienauf führte auf dem das Kloster stand. Und ständig sprach sie von einer grossartigen Entdeckung. Am Ausgrabungsort herrschte emsiges Treiben, es wirkte wie auf einem Ameisenbau. Frenny stellte mir Dr.Raymond Gallerter aus Glasgow vor der die Idee zu dieser Ausgrabung hatte. Nach einer kühlen englisch-förmlichen Begrüssung zog er mich sofort und ohne weitere Bitten in sein olivgrünes Zelt in dem auf einem wackeligem Campingtisch mittelalterliche Handschriften lagen. Auf ihnen war in Latein ein langer Text niedergeschrieben.I ch erfuhr das es sich hierbei um die Stadtchroniken von Goreham, oder zumindest um den Ausschnitt der sich mit dem Kloster beschäftigt handelte. Gallerter liess mir nicht lange Zeit die Schriften eingehend zu betrachten. "Schon einemal von den alten Göttern gehört?" fragte er mich und machte eine grosse Geste. Ich tippte zuerst auf heidnische Gottheiten der Kelten. "Oh, nein mein Freund, da liegen Sie vollkommen falsch." Ohne auch nur noch ein einziges Wort über jene alten Götter zu verlieren wandte er sich den Schriftrollen zu." Sehen Sie, wir haben die Vermutung das sich unter dem Kloster die Überreste eines noch viel älteren", er stockte"Gebäudes befinden."
"Was für ein Gebäude?"
"Es müsste sich um einen Tempel einer uralten kultischen Religionen handeln...so jedenfalls den Chroniken zu Folge.
Neugierig beugte ich mich wieder über die Pergamente doch Gallerter stiess mich sanft zu Seite.
"Was steht dort genau niedergeschrieben?"
Dr. Gallerter lies sich auf ein Feldbett sinken.
"Es ist am Anfang ein bisschen komplieziert, bei einigen Übersetzungen sind wir uns nicht ganz sicher. Wichtig ist jedenfalls das man Anno domini 1214 an dieser Stelle ein für damalige Verhältnisse gewaltiges Kloster errichtete. Aus den Schriften geht hervor das vor dem Klosterbau genau an diesem Platz die uralten Ruinen einer Tempelanlage standen. Man fand einige Steintafeln mit seltsamen Inschriften;sie sind im Museum von Leeds zu begutachten. Die Schriftzeichen blieben uns bislang ein Rätsel. Das einzig Nennenswerte ist die Tatsache das sich eine bestimmte Buchstabenkonstelation ständig wiederholt. Korrekt ausgesprochen müsste Sie so ähnlich wie Voggolos klingen."

Voggolos!

Voggolos! Ich glaubte den Namen schon einmal gehört zu haben

Vogg´los!

"Der Pfarrer erwähnte einen schrecklichen Kobold der von den Einheimischen Vogg´los genannt wird. Ich sprach vorhin mit ihm.Er soll im Jahre 1632 für den Tod von 10 Kindern verantwortlich gewesen sein."
"Genau, vortrefflich! Sie sind ja bestens informiert." Dr.Gallerter hatte sich ruckartig aufgerichtet.
"Das ist doch Humbug,oder?"
Gallerter zuckte mit den Achseln und machte wieder eine vielsagende Geste.
"Ich denke schon...aber..."
Dieses Aber gefiel mir nicht.
"Frenny ist der Ansicht das der alte Tempel mit der Voggolos oder Vogg´los Sage zusammenhängt."
"Eine einen kindermetzelnden Kobold verehrende unbekannte Sekte...das klingt ein bisschen märchenhaft. Finden Sie nicht auch, Dr.?"
Der Spott in meiner Stimme war unüberhörbar.
"Wir sind Wissenschaftler, vergessen Sie das nicht. Wir sollten so nah wie möglich bei den klaren Fakten bleiben."
"Das denke ich auch Dr. Sebastius. Ich wäre ja auch der selben Ansicht wie sie, wenn da nicht diese eine Sache wäre..." Er zögerte leicht als er fortfuhr. "Auf dem Steinaltar in der Sakristei der eindeutig nicht zum Tempel sondern zum Kloster gehört ist ebenfalls der Name Vogg´los eingemeiselt. Und das finde ich seltsam. Frenny ist es zuerst aufgefallen. Sowieso ist der Altar mit keinem einzigen christlichen Symbol versehen. Kein Fisch,kein Kreuz, nur ein Wellenmuster und der Name. Ist das nicht seltsam?"
"Tatsache! Warum sollten die Mönche einen höchstwahrscheinlich fiktiven sowie äuserst brutalen Kobold auf ihrem Altar verewigen? Das würde ich zu gerne wissen.
Können Sie mich in die Sakristei führen?"
"Natürlich,mein Freund,es ist nur ein kleiner Fussmarsch."

Auf dem Weg zur Sakristei erzählte mir Gallerter das das Kloster direkt auf den geschliffenen Grundmauern des Tempels gebaut wurde. Die christliche Kirche wollte damit ihre Macht über die heidnischen Kulturen demonstrieren ohne auch nur genau zu wissen wer die Erbauer des Tempels waren und welche Gottheiten Sie verehrten. Im Jahre 1633 kam es dann zu einem schrecklichen Unglück dessen Ursache unbekannt ist. Das Kloster und die gesamte Stadt brannten nieder. Deshalb wird man in Goreham auch kein Haus ausser die Kirche finden das älter als als 400 Jahre ist. Obwohl diese Kathastrophe in der Geschichte Gorehams sehr bedeutend war erhielt Sie in den Chroniken einen nur kleinen Eintrag. Dies war höchst merkwürdig. Dort hies es lediglich das ein Feuer in der Stadt wütete, die Häuser und das Kloster zerstörte. Keine Kostenzahlen, Namen der Opfer oder anderweitige Einträge.

Im Gegensatz zum Rest des Klosters war die Sakristei relativ gut erhalten. Die Grundmauern standen noch, nur das Dach uns zwei Stützpfeiler waren eingestürzt. Gallerter erklärte mir das hier die Reliquien und Utensieleien für den Gottesdienst aufbewahrt wurden. Vermutlich wurden Sie bei dem Feuer von 1633 zerstört. Die Sakristei war nicht riesig und der wuchtige Steinaltar füllte beinahe den ganzen Raum aus. Ich betrachtete ihn eine Weile von allen Seiten und fasste dann alles in meinem Gedächtnis zusamen. Ein schlichter quaderförmiger Altar aus leicht zu bearbeitendem Stein. Wellenförmige Gravuren rundherum und auf die Oberfläche eingemeiselt überdimensional der Name Vogg´los. Daneben konnte man noch die Reste einer Wandmalerei erkennen. Mehr auch nicht.
"Und? Was meinen Sie?" Gallerter trommelte ungeduldig mit den Fingern auf der Altaroberfläche.
"In der Tat eine Sache zum Grübeln. Vielleicht eine Art Schutzaltar. Sie wissen doch. Aberglaube an böse Geister und so. Vielleicht dachten die Leute in Goreham Ville das Sie der Altar vor Vogg´los schütze."
"Eine nette Theorie ist ihnen da eingefallen. Aber dann müsste darüber doch was in den Chroniken vermerkt sein."
"Ist es das nicht?" Mein Blick wanderte von Gallerter zum Altar.
"Nein, kein Wort. Die Rede ist zwar von einem Altar, aber einem der mit Blattgold beschichtet und mit einem Kruzifix geschmückt war. Und das ist eindeutig nicht dieser."
"...nicht dieser. Aber wozu dann dieser seltsame zweite Altar?"
Dr.Gallerter grinste. "Finden Sie`s heraus mein Freund." Mit diesen Worten kehrte er mir den Rücken zu und verliess mit grossen Schritten die Sakristei.

Der Altar...Er war schrecklich. Eine dunkle Aura umgab ihn. Er war schrecklich hässlich. Angsteinflössend. Aber er war die Wahrheit...

to be continued

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Wer einen Rechtschreibfeheler findet darf ihn behalten.
 

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