Ein Versuch, das Leben zu überleben

InsularMind

Erleuchteter
Registriert
9. Dezember 2003
Beiträge
1.086
Okay.

Ich muss gestehen, ich habe dieses Feature grade eben erst entdeckt. Man spricht Aliens ja immer irgendwelche Superduperkräfte zu. In dem Fall ist es meine Superduperkraft, die Langsamkeit im Bemerken der Veränderungen auf diesem Board durch eine gebündelte Form von Trägheit inversivquadruspektivprofilaktisch zu maximieren. Das können außer mir nicht mal viele auf meinem Heimatplaneten, also dürfte man das als besondere Fähigkeit akzeptieren, und eventuell bei günstiger Geneigtheit auch entschuldigen können.
Oder?
...
Ich bin zwar schon ziemlich lange auf diesen Seiten unterwegs, musste jedoch irgendwann feststellen, dass die Abhängigkeit des Betrachters von Zeit und Raum auf einer Strecke, die abwechselnd ( und das auch noch unregelmäßig verteilt ) Beides ineinander verschränkt, es mir relativ schwierig macht, alle Enden und Ecken des Ask1-iversums innerhalb weniger Jahre ausreichend zu erkunden. ( und weiterhin macht das auch die Begrenzung der Online- Zugänge auf das verflixte, weil tageszeitverbundene Maß ) Außerdem durchschreitet man diverse Phasen auf der Achse der Interessen-Intensivität, und manchmal hat man einfach gerade keine leckeren Kekse dabei... :oops:

Ich bin übrigens auch schon ganz gespannt, was ich so alles schreiben werde. Man kann das im Vorher schlecht wissen, außer natürlich, man schreibt irgendwo ab. Das Transkripieren von Texten anderer war allerdings nie eine Stärke von mir, denn dafür quakt die eigene Plapperkartusche viel zu oft dazwischen, und meine Finger würden sich solch einer vorgegebenen Tippübung wohlwahrscheinlich verweigern. Also versuche ich erst gar nicht, irgendwo abzuschreiben.
In dieser Blog-Sache ist meine Erfahrung bisher ziemlich dünn. Also bitte ich darum, es mir vorsichtig mitzuteilen, falls mir gravierende Fehler passieren. Also solche, in deren Verlauf sich die gesamte molekulare Struktur des Internets komplett einmal um die eigene Achse dreht, falls es eine hat. Also eine Achse... oder auch eine Molekularstruktur, je nach Fall...

Ich vermute stark, dass ich vorhaben werde, viel aus meiner Gedankenwelt zu schreiben. Das mache ich vor allem wohl deshalb, weil ich von den Gedankenwelten der anderen nur das kenne, was die auch selbst schon kennen, und davon das, was die mir aus Versehen mal mitgeteilt haben,und wenn ich das nochmal schreiben würde, es für diese, wie ich es mir anzunehmen erlaube, relativ langweilig wäre. Meine Gedankenwelt ist manchmal ziemlich konfus, und wenn nicht, dann mindestens chaotisch geordnet. Ich bin nämlich von der Einschätzung sehr angetan, dass das Chaos die einzige existente Ordnung darstellt.
Allerdings würde ich das nicht gewaltsam vertreten wollen, denn es ist immer gut, die einzige Überzeugung zu haben, dass es ungut ist, von etwas wirklich überzeugt zu sein. Ich hoffe, man kann das halbwegs oder von mir aus auf dem Radweg hergekommen nachvollziehen.

Eigentlich habe ich keine Ahnung, und davon viel.
Das kennt ihr ja von meinen Beiträgen nun auch schon so ein bisschen. Auch das ist eine Superduper-Alien-Fähigkeit von mir.Vielleicht wird mein Getippsel aus der Spontaneität des Augenblicks entstehen, oder Folge von Überlegungen sein, die mich zur Tippzeit oder kurz davor durchstreift haben. Irgendwann wollte ich ja auch einmal niederschreiben, was ich den ganzen Tag so denke, und ich dachte unlängst, vielleicht wäre solch ein Blog ein guter Ort dafür. Soweit ich weiß, wird niemand dazu gezwungen, all dies auch wirklich zu lesen. Zumindest hoffe ich es nicht, denn es würde nicht nur die feierliche Stimmung nachhaltig beeinträchtigen, die man sich extra dafür einbilden müsste, es wäre auch noch völlig ungesetzlich. Glaube ich zumindest.

Ich hoffe, es stört nicht, wenn ich auch hier mehr Worte verbrauche, als die in einem Satz eigentlich zugelassen sind. Ich habe mich inzwischen schweren Herzens ( und ich habe so einige davon ) entschlossen, mich vom sonderschulisch-didaktisch anvisierten Ziel der Jugendjahre allmählich zu verabschieden, unter dem es anscheinend vorgesehen war, die Schreibausbrüche wenigstens in ein realquantisch zu erklärendes Verhältnis zwischen Stunde und Strecke auf digitalem* Papier zu begrenzen. Möglicherweise möchte ich hier auch Fragen an die Welt richten, oder Reflektionen aus ihren Winkeln und Gassen am Rande notieren, herausfinden, weswegen dieses unwirsche Ding, das wir Leben nennen, überhaupt auf den absonderlichen Einfall gekommen ist, so etwas wie mich zu produzieren, oder Strategien ausarbeiten, wie man damit am Lautlosesten fertig werden kann, und ohne dass man zu viele andere bei der Ausübung ihrer Lebenspraxis behindert.

Für mich ist auch so etwas immer ein Versuch, das Leben zu überleben, oder die verschiedenartigsten Steinlawinen, mit denen es so gerne um sich wirft.

Ach so. Muss ich mir jetzt ein bestimmtes Thema ausdenken, oder gibt es vorne neben dem Kleiderständer noch einen Automaten, wo man sich günstig Welche rauslassen kann? Nun gut... mir wird sicher noch das ein oder andere einfallen.

Hinweis: Diese Seiten sind für Leute geschrieben, die noch freiwillig lesen...

* damals gab es noch kein digitales Papier. Zumindest nicht an den Sonderschulen. Oder es wurde uns heimtückisch unterschlagen und arroganterweise vorenthalten. Eins von allem.
 

InsularMind

Erleuchteter
Registriert
9. Dezember 2003
Beiträge
1.086
Dann mal noch kurz zu einem Gedankengang, der mich gerade öfter mal bewegt :

So viele Leute sprechen öfter mal davon, dass gravierende Dinge in der Welt passieren würden. Ich frage mich immer wieder, was damit gemeint sein könnte, oder ob nicht jede Generation das Gefühl hat, dass gerade gravierende Dinge vor sich gehen. Also ich stelle mir vor, dass auch Menschen vor 600 Jahren gedacht haben mögen, dass gerade zu ihrer Lebenszeit gravierende Dinge vorgehen, und dass auch in 300 Jahren Menschen so etwas denken werden, falls es bis dahin noch echte Menschen gibt, und nicht bis da hin alle Menschen von einer gewissen chinesischen Plagiatsfirma von Robotplagiaten hergestellt werden.
Äh...ja, ihr wisst schon, wie das gemeint ist.
Jedenfalls geht es mir um den Sinn solcher Gedanken, und ob der Sinn einzig aus sich selbst entsteht, oder sogar die Vermutung, welche darüber grassiert, dass gerade gravierende Dinge in der Welt vor sich gehen, einzig aus dieser Idee selbst entstand.
Weitere Fragen, die sich mir stellen, sind zum Beispiel so orientiert :
Wird die verbreitete Vermutung dazu, dass sich in der Welt gerade gravierende Dinge ereignen, irgendwann dazu führen, dass sich in der Welt die Dinge gravierend verhalten oder verändern?
Oder rührt der Gedanke, dass sich in der Welt gerade gravierende Dinge ereignen, davon ab, ob schon gravierende Dinge dem vorhergegangen sind? Ich frage mich ebenso, ob gravierende Dinge, die in der Welt nicht vor sich gehen, in Menschen, welche dem Glauben anhängen, dass sich gravierende Dingte gerade jetzt in der Welt ereignen, realweltlich gravierende Geistesänderungen zu verursachen vermögen, und natürlich auch, ob gravierdende geistige Veränderungen von Menschen, die heute schon etwas älter sind, dazu geführt haben könnten, dass heute die Vermutung verbreitet ist, dass sich gerade gravierende Dinge in der Welt ereignen.

Wie ihr seht, sind das jede Menge Fragen. Ich weiß nun so einigermaßen, wie das Ding mit der sich selbst erfüllenden Prophezeiung so läuft. Sind wir in unserer Echtwelt also gefangen in einem endlosen Kreisen von sich selbst erfüllenden Prophezeiungen darüber, dass sich gerade jetzt in der Welt gravierende Dinge ereignen?
Oder sollten wir einfach öfter mal mit dem Hund spazieren gehen?
------------------------------------------------------------------
Nachtrag : Also, eine Beteiligung, möglicherweise entstehender,reger oder vereinzelt hereinfallender Diskurs oder schlicht mitgeteiltes Gedankentum, so denke ich, können doch nur bereichernd wirken, und sind selbstverlatürnich polyherzlich willkommen! :wink:
 

Semiramis

Großmeister
Registriert
21. August 2005
Beiträge
653
Hi InsularMind!
Ich mag die so schön geschriebene Gedankenwelt eigentlich gar nicht unterbrechen. Ein stummer Mitleser meldet sich hier denndoch mal zuWort, und hofft, es werden noch viele solcher Gedankenkreise folgen.

Zu den gravierenden Veränderungen fiel mir folgendes ein: ohne historisches Bewußtsein mag es einem (also vielen ...) so scheinen, dass sich gerade im Jetzt solcherart Veränderungen ereignen - würde man jedoch Ereignisse früherer Zeiten mit einbeziehen, sich erinnern, würde es einem nachgerade so vorkommen, daß eigentlich nichts gravierend ist in dem Sinne, daß nichts wirklich neu sey - so ist meine Erfahrung: Ein bißchen mehr Wissen (Vergessenes sowie nie Gewußtes) um Vergangenes relativiert die unglaubliche Überbewerthung der momentanen Situation.

Hoffe, es ist Dir recht, dass andere sich hier in Deinen Blog einklinken. Schicke mir ansonsten eine PM, und ich lösche diesen Eintrag wieder.

Gruß,
Semis
 

InsularMind

Erleuchteter
Registriert
9. Dezember 2003
Beiträge
1.086
Müssen wir uns als Menschen nicht vor anderen Tieren schäm

Ja, liebeR Semiramis, Beteiligung ist wie immer gerne hier gesehen. Ich habe zwar nicht vor, das einzige Startthema immer wieder durchzugehen oder Solches, aber freue mich natürlich immer über Parallelgedanken und natürlich andersartige Ansichten.
Im Vergleich mit dem Zeitgeschehen über Jahrtausende, oder so weit die Überlieferungen hinreichen, und als halbwegs authentisch und unverändert betrachtet werden können, glaube ich auch eher, dass sich entweder ständig oder gar nie "gravierende" Dinge abspielen. Die Betrachtung des auf eine Lebenszeit begrenzten Menschen findet ungewöhnliche Abläufe und Veränderungen an sich gravierend, ich denke, das ist einer der Auslöser für diese Sichtweise.

Ich habe mir im Nachhinein noch ein paar Gedanken zu gravierenden Dingen unter gravierenden Sichtweisen in gravierenden Situationen gemacht, die ich hier nachtragen möchte. Eigentlich hätten sie im Voraus behandelt werden müssen. Nun ja, so kommt der Grat eben übern Darm in den Fisch, oder wie das noch gleich hieß :
Um festzustellen, was gravierende Dinge beschreibt, müsste erst einmal geklärt werden, was
1 – das Maß für gravierend wäre, also in Gravierungsgrade auf der Gavierungsskala eingeteilt.
2 – der personengebundene Bezug wäre, also für wen Dinge gravierend erscheinen
3 – wann etwas gravierend erscheint ( Moment bzw. Zeitkorrelation )
4 – wie die individuelle Gewichtung der Gravierung im Verhältnis zum Geschehnis zu bewerten wäre
5 – Definitionsunterschiede / Ebene / Gruppe / Ethnie / Art von gravierenden Dingen
6 – ob sich die Gravierung summieren kann ( oder nur der Wahn )
7 – ob eine Subtraktion negativer Gravierung dazu führt, dass sich die Ströme aufheben
8 – die Unterscheidung zwischen real gravierenden Dingen und 8a – autosuggestiv gravierender Dinge, sowie 8b – exoreal gravierender Dinge, 8c – nicht existenter gravierender Dinge
9 – die Relation des gravierenden Umstands zu Dingen und weiter
10 – zur Welt ( Geschehnisraum, real / desinformiert / autosuggestiv / subreal / exoreal / inexistent )
11 – zur Ebene / Gruppe / Anzahl der Anhänger und individuell gewichtetes Verhältnis des Anhängerschaftsstatus
12 – die Relation zur Relation ( Antireversions-Unmöglichkeitssicherung ) – und damit der Frage, ob Dinge immerzu gravierend sind, und es nur zeitweise auffällt, was den Status „gravierend“ für uns greifbar macht, oder aber auch, ob Dinge niemals gravierend sind , uns das nur zeitweise auffällt, und der Bezug gravierender Dinge für die Phasen gilt, in denen es uns nicht auffällt.
13 – wäre die experimental-etymologische Aufschlüsselung des Begriffs „gravierend“ in seine möglichen Wortstämme zu bedenken, zum Beispiel :
gravierend ← Gravitation?
gravierend ← Grav ( Wikingerschreibweise für = Grau )
gravierend ← Gravy ( engl. = Sauce )
gravierend ← Grave ( engl. = Grab, bzw. grave = grob/grimm )
gravierend ← Gravötzsatzkosprrt ( schlimmes Wort auf den beiden
Siriusplaneten Grmblfjx und Wrdlbrmpft )
14 – das Verhältnis zwischen heimlicher Annahme und dem sich sichtbar Verändernden, zum Beispiel, wie gravierend die heimliche Annahme der gravierenden Vorgänge sich zu gravierenden Dingen auswirken könnte, wenn es das tun würde, und ob beide gravierenden Auswirkungen zur Neutrierung des Graviertheitsmaßes der gravierenden Dinge führen könnten, oder ob etwas genau jetzt gravierend ist, oder erst 2 Sekunden nachher, und ob es für verschiedene Betrachter auch zu verschiedenen Jetzt-Momenten gravierend erscheint, mit dem Gedankenanhang, wie groß der Prozentsatz einer Desinformation oder auch gewollten Fehlreportage daran Teil hätte.
14a – Excerpt : … worüber man sich theoretisch in einen Wahn denken könnte.

Dann wäre da noch zu erörtern gewesen, wie einflussreich das Verhältnis der Gravierung zum Gravierungsmaß wäre, unterteilt in das objektive und subjektive und zusammengeführt unter dem Allgemeinen, das Verhältnis der nebenläufigen Einnahme von aggressiven Antiaggressionsstimulanzen zum Gesamtbild der gravierenden Dinge, der Gravierung des Graviertheitsempfindens bezüglich gravierender Dinge im Vergleich zu weniger oder gar nicht gravierenden, also ungravierenden Dingen, und das Verhältnis der Gesamtlage zum Betrachter der Ausprägung gravierender Dinge in puncto Hirnschäden zum Beispiel, unter klarer Berücksichtigung der Ausprägung von gravierenden Hirnschäden im Betrachter zur Simultanzeit, und dann noch das Verhältnis zu einem erratisch ausgesuchten, anonym erwogenen Kontrastzusammenhang – zum Beispiel der des Musters der Lackierung von ausgewetterten Fensterrahmenteilen in ungarischen Jugendherbergen. ( nur ein möglicher Vorschlag )

Abfassend meiner Gedanken zu der Thematik, ob sich gerade jetzt mal wieder gravierende Dinge in der Welt ereignen, bin ich zu dem Schluss gelangt, dass der Eindruck davon vom individuellen Maß des Betrachters im Verhältnis zur Unvoreingenommenheit gegenüber der Lage abhängt.


Heute möchte ich aber etwas Neues ansprechen, deshalb auch dieser Beitragstitel. Es ist auch ein Gedankenstrang, der sich in mir über die Lebensgeschichten, die ich höre, immer wieder neu entfacht. Der Mensch schätzt sich für höherentwickelt gegenüber anderen Arten, lobt sich selbst in eine charakteristische Arroganz hinauf, und ich schätze, verschiedenste Philosophien und Religionen taten das seit jeher.
Er will sich unterscheiden, und das vor allem durch das Positive in ihm. Er will sein Negatives lieber vergessen, lieber unter die Teppiche der Zeit fallen lassen. Er projiziert seine Güte darüber, seine hohen Errungenschaften, sein Durchgeistigtsein, seine Poesie, Fantasie, Kultiviertheit, sein angebliches Vernunftdenken, sein Genie oder Verbindungen, Verwandtheiten mit dem ihm Heiligen. All das scheint höher zu wiegen, und sieht man mit offenen Augen in die Welt, erlebt man den Menschen in Raubtiergestalt.
Ich höre verschiedensten Menschen zu, wenn sie in der Stadt über ihr Leben reden.
Einer erzählt mir von seiner Kinderzeit, und wir finden Verwandtheiten über das Grausame am Erlebten, nicht über diese vorgeschobene Menschengüte, die überall hochgelobt steht.
Sein Vater kneift ihm den Zeigefinger ab, weil er bei einem Rockkonzert war. Zur Strafe, die Feldarbeit war mühsam ohne seinen Anteil. Er wird geschlagen, und seine Mutter sieht weg. Interessiert sich nicht, der Mann schlägt auch ihr die Augen dicht. Der kleine Finger wird abgeschnitten, zur Strafe für irgend ein anderes Vergehen des Jungen. Wieder vom Vater, einem gefühlskalten Sadisten. Viele Details aus solchen Lebensgeschichten machen mich mir Fragen stellen. Was ist dieses Gute am Menschen, und ist es nicht nur ein Wunschtraum derer, die das Glück hatten, relativ betrachtet harmlos aufzuwachsen?
Gewalt kenne ich selbst gut genug, aus 30 Jahren verschiedenster Art der Ausgrenzung und Niederdrückung. Ich muss es nicht breiter treten als nötig. Es gab Gewalt bei so vielen anderen.
Wo waren in ihrer Lebenswelt diese hehren und guten Dinge, die der Mensch sich als Unterschied zu anderen Tieren herbeiredet?
Und müssen wir uns ob des Unterschieds, der in ganz anderen Ebenen existiert, nicht vor den anderen Tieren schämen?
Dafür, dass wir uns durch das Maß an Grausamkeiten unterscheiden, die wir mit einem bewussten Geist begehen, und deren verursachten Schmerz wir zu genießen in der Lage sind?
Der Mensch verlängert GERNE Leiden, das ist ein Eindruck aus dem Versuch, das Leben zu überleben. All das zu überleben, was einem selbst passiert ist, und anscheinend so vielen, vielen anderen in diverser Form und Intensität.
Der Mensch tötet GERNE, und er quält mit Lust und Launen.
Man schämt sich vor der eigenen Art und vor den anderen Arten, die vermutlich unbewusst töten, oder ohne zielgerichtetes Motiv.

Ich nenne diese Spaltung der Eigenschaftlichkeit die Schizoidität des Menschen. Ich denke, er ist Beides und alles in Einem, eine grausame Bestie und ein liebendes Wesen. Vielleicht ist Liebe und Grausamkeit ein Yin und Yang im Menschen. Vielleicht ist Beides im Menschen 'normal'.
Es macht die Ideen unverständlich, weswegen sich Menschen gute Götter ausgedacht haben. Ist es ein Versuch, das eigene, innere Böse auszulagern, auf einen äußeren Einfluss zu schieben? Damit ein Teufel Schuld sein soll, der den guten Gott bekämpft? Ich sehe solche Sätze zunehmend in ihren Symbolismen. Spaltete sich der Mensch seelisch selbst, um sein Leben erträglich zu machen, um seine Gewalt und Grausamkeit akzeptieren zu können?
Meine eigene Art, auch wenn ich mich avatarsbezogen oft als Alien bezeichne, kann ich nicht respektieren. Ich kann Menschen nicht dafür respektieren, dass sie die Fähigkeit besitzen, zwischen Grausamkeit und Neutralität, Güte oder Gleichgültigkeit zu wählen, aber sich für den Sadismus und die Eklatanz entscheiden.
Einen Tiger kann ich eher respektieren. Er entscheidet sich nicht vorüberlegend für sein Verhalten, Nahrung aufzunehmen, dafür einen Sambar-Hirsch niederzureißen, oder aus Eingeengtheit und Angst vor Jägern zu beißen.

Ein Mensch beißt auch dann und oft gerne, wenn dazu keine Notwendigkeit besteht.
 

InsularMind

Erleuchteter
Registriert
9. Dezember 2003
Beiträge
1.086
Wahnsinnig lebhafte Träume

Ich weiß nicht ob ihr dieses Phänomen erlebt. Üblicherweise sind Träume diffuse Phasen oder zusammenhanglose Filmfetzen, die keinen wirklichen Sinn ergeben. Die Traumdeutung deutet sich den Sinn da hinein oder heraus, vermutet Botschaften oder Signale darin. So soll ein Traum mit viel Wasser auf Überschwemmungskatastrophen hindeuten, andere sagen, dass er dem Menschen schlicht mitteilt, jetzt aufzustehen, um die Blase zu entleeren.
In Träumen ist das Zeitgefühl weg. Man hält für Stunden, was in Augenblicken geschieht. Viele erzählen vom Träumen, als wäre es ein kunterbuntes, durcheinander geworfenes Gemenge aus Farben, Formen, Personen, Gesichtern oder Tönen, Tieren, Landschaftsszenen und Räumen oder Empfindungen.
Ich kenne Träume anders, in der Regel sehr detailliert, wie ein Film aufgebaut, der von diversen Themen handelt. Jahrelang verbrachte ich damit, Träume kontrollieren oder abblocken zu lernen, was mit der Zeit dazu führte, dass ich nur noch selten die Erinnerung daran behielt. Denn die überwiegende Anzahl meiner Träume sind fürchterliche, grauenvolle Horrorfilme, und hängen mit der Traumafolgenproblematik zusammen.Würde ich sie unkontrolliert durchleben und mich immer wieder dran erinnern, wäre mein Leben keine besonders tolle Welt. Ich habe diese Versuche hinter mir, habe versucht, eine schwelende, nächtliche Hölle im Kopf zu dulden, und weiß, dass es auch anders geht.
Aber auch ich habe manchmal Träume, die themenfremd ablaufen, also nicht direkt mit mir selbst oder meinem Leben zusammenhängen. Ich könnte den Zusammenhang mindestens nicht sehen. Positive oder neutrale Träume sind selten, und wenn sie kommen, von der selben detailreichen und filmähnlich dimensionalen Qualität wie die Alpträume auch.
Witzig daran ist es, dass es Kamerapositionen gibt, die in einem wirklichen Film gleichzeitig nie möglich wären, oder nur in geteiltem Bild gezeigt werden könnten.
Im Traum ist Beides in einem vorhanden, man kann zum Beispiel die Vorder- und Hinterseite eines Gegenstands oder einer Person gleichzeitig wahrnehmen, oder das Gesicht ist gleichzeitig in Nahaufnahme da, während man aber auch den ganzen Menschen in Bewegung sieht. Man ist wie ein Zuschauer, der sich in dem Film selbst umher bewegen kann, während dieser abläuft. Meine Kontrolle ist auch hier vorhanden, aber meist nutze ich sie nicht direkt, lasse mich treiben. Die Themen sind mir das gröbste Rätsel. Zu manchen finde ich im Nachhinein keinen Bezug, oder er findet mich nicht.
In manchen dieser Träume habe ich Fertigkeiten und Fähigkeiten, die detailreich ausdefiniert sind. In der Wirklichkeit fehlen mir diese Fähigkeiten. Zum Beispiel hatte ich nie einen Autoführerschein, habe nie die Prüfung abgelegt, mich nicht getraut, wegen Desinteresse und der Sinnlosigkeit, die ich ob meiner technischen Ungeschicklichkeit in Rücksicht auf potenziell spätere, genervte oder wegen mir verunfallte Verkehrsteilnehmer erwägte .
Andere Fertigkeiten sind ein Ingenieurstalent, was im Vergleich zur Wirklichkeit, wenn man mich kennt, vollkommen lächerlich wäre. In Träumen konstruiere ich zum Beispiel Antriebskonzepte für überlichtschnelle Raumkreuzer und ähnliche Eseleien. Oder ich bin irgendwo als forschender Mediziner tätig, und es gelingt mir, gleich 5 Methoden zur Eindämmung von malignen Wucherungen oder Metastasen auf einmal zu entdecken. Das geht hin bis zu der Thematik, welche Faktoren das Wachstum solcher Zellareale fördern, wie die chemosignalmäßige Verständigung der Zellen abläuft, oder welche Nährwege man blockieren muss, damit diese Zellen absterben oder von der Immunabwehr selektiert und vom Versorgersystem abgetrennt werden und lauter wilde Dinge. Solche Träume sind noch die Spinnigsten darunter.
Jedoch trenne ich überall klar und deutlich. Ich bin ich, Traum ist Traum. Beides hat miteinander nur in sofern zu tun, als dass mein Gehirn diese Szenarien entwirft. Während des Aufwachens wird mir klar, dies war nur Traum, die Person 'Ingenieur' oder 'Arzt' war eine Fremde, die sich mein Gehirn ausdachte. Vielleicht sind das unbewusste Wunschträume, denn als kleines Kind dachte ich durchaus an eine abenteuerliche Vorstellung davon, Forscher zu werden, wie Livingstone, Darwin, Jane Goodall oder vielleicht Louis Leakey irgendwelche hochfaszinierenden Fakten zutage zu fördern. Da wusste ich aber auch noch nicht, dass dieser kindische Lebensentwurf an der Sonderschule enden würde...

Gerade bin ich aus solch einem auffällig detailreichen Traum erwacht, der nichts mit meinem Leben oder meinen Interessen, so viele es auch gibt, zu tun hatte.
In dem Traum drehte sich alles um einen modernen Liedsänger und Komponisten aus der Deutsch-Schmuse-Soul & Hiphopszene. Er hieß James Attman, war sehr übergewichtig, etwa 23, aus Migrantenherkunft, immer in weißen, italienischen Anzügen unterwegs, hatte einen auffallenden Kropf am Hals und darüber irgend einen ganz speziell gefalteten Halstuchersatz, und er wurde in den Medien nur „Atti“ genannt. Alle liebten Atti und feierten seine begnadeten Sangeskünste hoch. Ein bisschen wirkte er wie Luciano Pavarotti gemischt mit Al Capone und einem Hautton von Cappucino Vanille mit ordentlich Milch. Seine Stimme war ein mittelhoher Ton, vulminös und weittragend. Die ganze Jugend sprang auf Atti-Accesoires an, und das Marketing schaffte es sogar, dass Atti-Bekleidung der große Moderenner wurde. Wer etwas auf sich hielt, lief in Atti-weiß herum, einem sanft getrübten Weiß, das aber auch noch nicht beige oder grau war. Es war eher solch ein weiß wie von ungeputzten Zähnen oder von frisch gemolkener Biestmilch, also der ersten Milch, die eine Kuh nach dem Abkalben gibt. Selbst knochendürre Leute trugen den ultraweiten Atti-Schnitt. Sie sahen aus wie verrückt gewordene Hiphopper, die sich plötzlich 7 Größen zu weite Anzüge und italienische Hüte kauften. Zudem wurde es modisch, immer wie Atti solche gefalteten, hellen Halstücher um zu haben. Manche zogen sie höher und trugen den Mund verdeckt, sahen aus wie in teure Atti-Uniform verbannte Western-Banditen. Kritikerstimmen in der Presse und im Fernsehen zogen laufend irgendwelche Witze über Atti's Figur, aber nie kam ihm das in die Quere. Der Atti-Hype ging mindestens 7 Monate, bis irgendwer Atti mal ohne sein Halstuch fotografiert hatte, und das Bild in der Klatschpresse veröffentlicht wurde. Das mit Atti's Kropf war nämlich eigentlich eine sehr merkwürdige Verwachsung, er hatte eine höhergesetzte Brustpartie, und der Ansatz des Brustbeins war da, wo bei gewöhnlichen Leuten der Kehlkopf sitzt. Deswegen sah er wohl immer so steif und halslos aus. Das Verrückte in dem Traum war es, dass diese Verwachsung noch nicht einmal das Schlimme war. Es gab einen rautenförmigen Flecken in der Mitte seines Hals-Brust-Teils, an dem die Haut eine andere Farbe aufwies, nämlich grau. Und genau darüber regte sich in den Medien dann jeder, der in der Fame-Society wirklich etwas zu melden hatte, in den unglaublichsten, dümmsten und hergeholtesten Formen auf. Als wäre es ein Skandal, dass Atti uns diesen kleinen Makel verheimlicht hatte! Ja, als wäre es unerhört, dass sich dieser widerliche Schleimling in die Herzen unserer unverdorbenen Hiphop- und Soul- Jugend gesungen hatte, ohne von diesem blödsinnigen Hautfleck zu erzählen, der auch noch in einer Farbe gehalten war, die gar kein Mensch als natürlich anerkennen könne, weil sie so aussehe, als hätte er die Stelle seit Wochen nicht gewaschen. Die Sache mit dem Fleckfoto hatte zur Folge, dass Atti von den Medien, sowie den Bossen der Musikbranche und der Plattenlabels regelrecht niedergebuht wurde, obwohl die Leute weiterhin zu ihm hielten. Die Teens fuhren auf seine Songs ab und fanden seine Outfits toll, einige seiner Marotten hatten Einzug im guten Ton gehalten, zum Beispiel das etwas tuntig wirkende Festhalten eines Sektglases, das gar nicht gefüllt war, und der Ausspruch „Summ Summ Darß!“ als aufmunternde Begrüßungsformel … was immer das auch bedeuten mag!
( Sagte ich bereits, dass meine Träume sehr detailliert ablaufen? )
Und dass er ganz bestimmte Zigarillos rauchte, die in der Mitte ein waldgrünes, goldgesäumtes Siegelband trugen, das ein Symbol ähnlich dem Logo von Rocawear in weiß und schwarz drin hatte. Atti wurde immer in einer schwarzen, auf Hochglanz polierten Limousine vom Typ „Eaton Harrolds“ vorgefahren. Den Autotyp gibt es zwar gar nicht, aber in dem Traum war es selbstverständlich, dass es ein „Eaton Harrolds“ war. In dem Traum war es selbstverständlich, dass sogar auf den Grünflächen entlang der Straße jeder Grashalm einen britischen Pedigree mit Stammtafel hatte, was soll man dazu sagen? Wenn Atti sich über die öffentliche Niedermache in Talkshows ausließ, sprach er stets vornehmes, fast königliches Türkisch und ließ eine hübsche Dolmetscherin übersetzen. Er empfand es als angemessen, mit dieser Reaktion seinen Plattenlabel- Fuzzis eins reinzuwürgen, denn die verstanden kein Türkisch, und mussten sich so die nervenaufreibenden Übersetzungspassagen reinziehen, die außerdem noch davon unterbrochen wurden, dass das übersetzte Türkische von einem Vertreter der internationalen Sprachinterpretationsbehörde überwacht wurde, welcher desöfteren Einspruch erhob. Er war hager, trug ein graumeliertes Jacket, quellende, anthrazitfarbene Locken und einen dichten Schnäuzer, und eine Dame im Publikum machte sich Gedanken darüber, ob sein Toupet echt war. Davon bekam Atti nichts mit, sondern nur ich als wandernder Beobachter in dem Traumfilm. Ich war ab und zu in die Gedanken einzelner Personen reingeschaltet, und konnte sie denken 'hör-spüren'. Wobei mir dieser Aspekt logisch erscheint, denn dadurch, dass das Gehirn diese Personen erst entwirft, ist man immer auch der allüberblickende Gott des eigenen Traumes. Jedenfalls wurde Atti's Gesangslaufbahn nach 7 Monaten von denen beendet, die aus ihm erst noch Millionenbeträge abgesahnt hatten. Atti wurde nicht mehr gespielt. Atti wurde aus den Regalen genommen. Atti hatte was Verbotenes getan, er hatte diesen grauen Flecken am Hals nicht erwähnt, bevor er bekannt geworden war. Atti war mediengemacht nun plötzlich der schlimme Finger, ein ausgebuffter Bösewicht, denn Atti hatte gelogen! So sah es die „Zerstört Atti- Fraktion“ und tat alles, nur um den beliebten Star von der Bühne zu fegen. Die Jugendlichen in den Straßen liefen Sturm und veranstallteten „Rettet Atti-Demos“, auf denen loveparade-vergleichbar moderne, vornehme Hiphop – Musik und Soul gespielt wurde. Eine Lobby aus luxuriös vornehmen Skateboarder-Kreisen stellte sich hinter die Atti-isten, wie sie bald genannt wurden. ( Nicht Atheisten, obwohl die Klangähnlichkeit frappierend ist ) Snoop Dog machte zusammen mit Dr. Dre und Eminem einen Kriegs-Rap gegen die Musikindustrie. Sie wurden angeklagt, weil sie ein Sample aus einem Walt-Disney-Soundtrack von Bambi darin wiederverwendet hatten. Der Krieg zwischen Musikindustrie und Kampf-Rapper-Brigaden kam in vollen Gang. Das war ein Hin- und Her- Gedisse, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen! Der Traum wurde immer verrückter. Die Zahnpaste-Hersteller verweigerten es, Atti's Werbevertrag zu verlängern. Zahnpaste in Atti- weiß mit Atti- Geschmack wurde massenhaft der Vernichtung zugeführt. Wie gesagt, man tat alles, nur um Atti niederzumachen, seine Karriere zu zerstören, sein Leben zu ruinieren, seinen Ruf in Grund und Boden zu stampfen. Warum?
Weil Atti einen grauen Hautfleck unter seinem besonders aufwändig gefalteten Halstuch hatte.

Nun seid ihr dran mit der Traumdeuterei. Ich habe längst nicht jedes winzige Detail beschrieben, aber doch eine ganze Menge. Ich habe zum Beispiel weggelassen, dass Atti von der Queen geadelt wurde, weil es mir zu lächerlich erschien. Es war schon komisch genug, dass die das bei Elton John gemacht hat, wie ich fand. Auch Atti's Beziehung mit Giselle Bündchen ließ ich mal besser weg. Ihr Mann hätte mir den Hals umgedreht! Und sie hätte mich hinterher erschossen! Was soll der Atti-Traum mir sagen? Dass es ausreicht, wenn irgend eine unbedeutende Kleinigkeit nicht passt, damit man selbst mit dem größten Werk bei den Leuten immer noch unten durch ist? Oder dass man sich bloß immerzu gut am Hals waschen sollte?
Und was hat der Traum mit mir zu tun? Ich habe weder Plan von Hiphop oder Soul, noch von vornehmen, britisch-türkisch-königlichen Umgangsformen, noch von Autotypen oder von der Musikindustrie oder von teuren Klamotten. Ich interessiere mich kaum für sowas, kann keine Affinität dazu feststellen. Ich hätte es ja noch verstanden, wenn es um Mutantenstadl, die Andy-BORG-Assimilierung der Schunkelwelt und mit Dancebeat unterlegtes, DJ-Ötzimäßig verballhorntes Trachten-Gejodel gegangen wäre, denn dann wäre es nur ein weiterer, milderer Alptraum gewesen! Oder um eine Real-Life-Begegnung mit dem Typ von den Fraggles, der immer mit dem Wischmop rumhing. Wembley! Damit hätte ich ja noch geheime Träume verbinden können, denn den fand ich irgendwie sympathisch. Ich weiß nicht, was dieser Traum ausgerechnet in mir sollte, aber das ist gerade das Rätselhafte daran.

In einem anderen solchen Traum, an den ich mich noch gut erinnere, sprach ich mit einem Pferd über die Probleme langweiliger Männermode. Ich glaube, so etwas Beknacktes träume nur ich. Das Pferd war selbstverständlich ein gebildetes Pferd, so, wie das in Träumen immer selbstverständlich ist, auch der Aspekt, dass das Pferd eine rote Baseballkappe trug, wie der coole Typ von Limp Bizkit, war völlig selbstverständlich. Weniger selbstversändlich waren die Herpes- Lippenbläschen bei dem Pferd. Mir ist nämlich gar nicht bekannt, ob Pferde daran erkranken können, oder ob es nur davon kam, dass das Pferd Zigaretten rauchte, und sie auffraß, wenn sie zu Ende geraucht waren. Dessen bin ich mir heute noch nicht absolut sicher. Bläschen von Verbrennungen vielleicht. Ich nehme an, dass Pferde mit dem Rauchen von Zigaretten nicht so gut in Übung kommen können wie rauchende Leute, und das würde die Bläschen auf der Pferdelippe erklären können. Dabei geht mir völlig ab, dass es, wenn man sich damit einmal bewusst auseinandersetzen wollte, nicht sehr üblich für Pferde ist, überhaupt zu rauchen. Oder sich etwa für langweilende Männermode zu begeistern. Ich glaube, dass Pferde da eigentlich ganz andere Sorgen haben! Das Verrückte an diesem Traum lag darin begründet, dass die Thematik der Unterhaltung durch zwei Gedankenvorgänge eigentlich völlig verloren ging. Nämlich durch den Gedankengang, in welchem ich mich fragte, wie das mit der Selbstverständlichkeit rauchender Pferde mit einer roten Baseballkappe in Träumen generell zu sehen ist, während ich in den Gedankengang des Pferdes 'reingeschaltet' war, der sich damit auseinandersetzte, wie das mit der Selbstverständlichkeit bezogen auf Menschen in Träumen so wäre, die von rauchenden Pferden mit dem Interesse an langweilender Männermode träumen. Der Inhalt dessen, was langweilende Männermode eigentlich alles beinhaltet, war offenbar beiden Traumfiguren klar, und darüber wurde gar nicht erst ausschweifend diskutiert.
Ich denke bei langweilender Männermode daran, dass sich Männerklamotten über fast 60 Jahre kaum im Schnitt verändert haben, und vor allem an Business-Klamotten, die ich unglaublich langweilig finde. Oder an Sandalen. Das liegt daran, dass ich Sandalen nicht ausstehen kann, aber das würde hier jetzt sicher zu weit führen, außerdem weiß ich nicht, was das Pferd darüber gedacht hätte.
Der Traum war weithin detailliert, sodass ich etwa die apfelschimmelmäßige Fleckung des Pferdes noch heute genau zeichnen könnte, oder die Art, wie die Baseballkappe zwischen den Ohren saß, oder der Fortschritt des Glühens in der Zigarette, wenn es sich einen Zug genehmigte. Allerdings ist mir der Vorgang völlig unbekannt, wie sich das Pferd die Zigarette erst angezündet haben soll, oder wie ein Pferd überhaupt so etwas schaffen sollte. Schließlich sind Hufe dafür nicht gerade geeignete Werkzeuge! Auch der Geruch des Pferdes ist mir in lebhafter Erinnerung. Pferde riechen ja immer so streng nach Pferd. Allerdings war weder ein Lucky Luke – mäßiger Pferdebesitzer in diesen Traum integriert, noch machte das Pferd in Aspekten der Sozialkompetenz befragt den Eindruck, einen Vormund oder Betreuer nötig zu haben. Nach der Stimme zu urteilen, war es ein männliches Pferd. Vielleicht unterhalten sich weibliche Pferde lieber mit Frauen und Mädchen, wer weiß. Oder sie überlassen den Herren das Quatschen. An sich wäre mir nicht im Traum eingefallen, mich darüber zu wundern, wieso ich mich hier mit einem Pferd unterhalte, anstatt mit einem Menschen. Wie gesagt ist das in diesen Träumen immer das Selbstverständlichste, was man sich nur vorstellen kann!
Man könnte sich etwa mit einem Heizkörper unterhalten, oder mit einem Toaster, und es wäre so gar nicht verwunderlich, dass der andere eigentlich ein Toaster ist.
Ich glaube, andere erleben so etwas nur mit sehr effizient angemischten Drogengaben, oder in psychisch anderen Umständen. Träume sind aber auch psychisch seltsame Umstände. Ich habe nie verstanden, wieso dieses Pferd keine Fliegen anzog. Alle anderen Pferde, die ich flüchtig kennengelernt hätte, oder auf irgend einer Koppel grasen sah, hatten immer Probleme mit sie belästigenden Insekten. Ich dachte, das müsse mit dem Geruch, der Wärmeabstrahlung und ihrem für Insekten attraktiven Körper zu tun haben, und kann eigentlich nicht sagen, dass Pferde einen Asylvertrag mit den Fliegen abgeschlossen hielten. Aber bei diesem Pferd schien da so etwas wie eine geheime Abmachung zu bestehen, oder es ließ die Fliegen ganz einfach zuhause. Die Unterhaltung war sehr bewegt, aber leider behielt ich darüber kaum Informationen. Das Pferd hatte zum Beispiel so einige wirklich fundierte Gründe dafür, warum Manchesterhosen extrem langweilige Klamotten seien. Ich habe nur leider vergessen, welche das noch waren, und warum ich zustimmte. Meine Gedankenwelt drehte sich um anderweitige Dinge, ich dachte zum Beispiel darüber nach, ob Mähnenhaare des Pferdes durch Spitzenschneiden mit der Zeit auf so tolle Längen wachsen könnten, wie die von den Rastafariern, und das, obwohl ich keine Ahnung davon habe, ob das bei denen nicht eher durch das zeitkorrelative Verfilzen der Schmalzoase so kommt. Merkwürdigerweise waren völlig nebensächliche Details in diesem Traum das zentrale Wahrnehmen, während der Gesprächsinhalt sich im Vergessen verflüchtigte. Der Traum endete auch abrupt an einer etwas strangen Stelle. Ich hatte zum Exponat erhoben, dass vor allem Politiker sich wesentlich interessanter anziehen könnten, und bestimmte Persönlichkeiten in einer Motorradkombi bestimmt irre viele Sympathiepunkte sammeln könnten. Das Pferd sah mich merkwürdig an und zog die Augenbrauenpartie zusammen. Da wachte ich auf, weil mir dieses Detail unwirklich vorkam. Dazu muss man wissen, dass Pferde die Muskulatur, oder die Beherrschung darüber an dieser Körperstelle gar nicht besitzen, um die Gesichtspartie so verändern zu können, dass der Ausdruck menschlich wirkt! Ab von jeglichen anderen verrückten Selbstverständlichkeiten scheinen solche Konventionsbrüche nämlich erst mal gar nicht zu gehen! Deswegen erwacht man auch. Pferde, die in Träumen Zigaretten rauchen, sich für langweilige Männermode- Themen interessieren, Baseballmützen tragen und Herpesbläschen an der Lippe ausbilden, obwohl keine Fliegen herumschwirren, das ist nämlich alles ganz normal und unbedenklich.
Der unmögliche Gesichtsausdruck machte es wohl aus!

Und was sollte dieser Traum mir sagen? Oder sind Träume doch nur völlig hirnrissiges, abscheulich sinnfernes Zeugs das bei manchen in Fetzen und bei anderen eben auch in stundenlang scheinende Filme gepackt durch die Mölle geschickt kommt? Vielleicht hat jemand ein paar Erklärungen parat. Vielleicht auch nicht. Ich hoffe, ihr fandet es halbwegs lesbar, und wenn nicht, habt ihr vielleicht in völlig sinnlosem Verplempern trotz allem mal wieder etwas Zeit herumgekriegt.
 

Arabella

Meister
Registriert
20. August 2008
Beiträge
132
Hallo Insular,

Träume sind nicht hirnrissig, es gibt nur ziemlich viele Möglichkeiten, der Traumdeutung.

Für mich wird ein Traum erst interessant wenn er sich ständig wiederholt.

Ich hatte auch schon ein paar Träume die dann wahr geworden sind. Aber wenn es dich belastet solltest du das luzide Träumen lernen.



Einleitung:

Ein luzider Traum ist ein besonderer Traumzustand, der sich vom gewöhnlichen Träumen dadurch unterscheidet, daß der Träumende
sich völlig bewußt ist, daß er träumt und eine vom Traum unterschiedene Existenz in einer anderen Realität besitzt. Er kann sogar die ungefähre "Normal"-zeit bestimmen, zu der er träumt, sowie das Datum erinnern und sich die Aufgaben und Arbeiten des noch vor ihm liegenden Tages vergegenwärtigen.

ein vollbewußtes Realitätsgefühl im Traum hat. Der Träumende kann unter Umständen sogar eine gewisse Körperambivalenz verspüren, indem er sowohl seinen schlafenden Körper, als auch seinen nun vollkommen real erscheindenden Traumkörper empfindet.

den Traum vollständig oder teilweise steuern und manipulieren kann. Auch ist es dem Wachträumenden möglich, eine beliebige Traumsituation zu zerstören oder zu erschaffen. Er kann Traumwesen nach Belieben fragen oder sie testen.

während des vollbewußten Träumens bereits mit der Traumanalyse des gerade stattfindenden Traumes beginnen kann und dabei auch die Traumwesen benutzen kann, um weitere Antworten auf seine Analysefragen zu bekommen.
All dies hört sich faszinierend an und genau das ist es auch. Es ist zu wahr, um schön zu sein! Im folgenden
http://de.wikipedia.org/wiki/Klartraum

Ara noll me tangere
 

InsularMind

Erleuchteter
Registriert
9. Dezember 2003
Beiträge
1.086
Die Beschäftigung mit der immensen Komplexität von nichts

Okay, das mit dem Klarträumen habe ich eine geraume Zeit versucht. Irgendwie hat das nicht geklappt, obwohl ich jetzt die meisten Träume in dieser Art von Fortsetzungsfilm erlebe, der einer verrückten Reise in einem viel zu kleinen Raumschiff unter widrigen Umständen am nächsten zum Vergleich gereicht... und genau so reden die Personen da drin auch! Wiederkehrende Träume scheinen nachzulassen, wenn man den Inhalt davon in der Beschäftigung mit dem Traumgeschehen vernachlässigt. Na ja, versucht habe ich's, aber bestimmen kann ich innerhalb des Traums noch weniger als in der Wirklichkeit selbst. Das mit der Existenz in anderen Realitäten war mir dann wohl doch etwas zu hart am Versuch. Ich hab die Tür dahin nie gefunden. :-/

Heute habe ich ein neues Thema aus Onkel Matt's Mausoleum :

Komplexität und Einfachheit – die emsige Beschäftigung mit
( meistens ) nichts .


Komplexität ist die Natur eines Ist-Zustands. Das Komplizierte ist, was die Menschen daran unverständlich finden.

In diesem Gedanken-Streifzug wähle ich ein Phänomen zum Thema, das mir in beinahe allen Lebensbereichen, die ich zwischen und um Menschen herum beobachte, immer wieder den Weg kreuzt. Es scheint einen Drang dazu zu geben, dass sich Menschen mit Einfachem oder simplem Sein von Vorhandenem nicht zufrieden geben können. Ganz nach dem Sinn von dem Vergleich mit dem Garten und blühenden Blumen, den man nicht genießen kann, ohne sich vorzustellen, dass darin Elfen leben müssten, fängt dieser Drang so viele Anhänger ein, dass es die wenigen Menschen, die mit Schlichtem zufrieden sein können, unausweichlich blockieren muss, was sich die anderen zur existenten Welt noch alles außerdem dazu denken.
Nehmen wir einmal an, die Welt und die Zusammenhänge in ihr wären komplex genug, um unsere Hirnkapazität vollkommen ausreichend in Beanspruchung zu ziehen. Würden wir einmal sagen, das Vorhandene könnte ausreichen, um Generationen von Ergründern und Forschern Material darzulegen, mit dessen Analyse und Erklärung sie Beschäftigung genug erführen. Wären wir in unserem Versuch, die Welt erklären zu können, nicht schon viel weiter voran gekommen, wenn wir uns mit dem Wesentlichen befassen würden? Ich schreibe über dieses Thema nicht nur mal eben aus einer Laune herrührend. Es hat den Anschein, dass die Menschen sehr selten sind, denen das Unmittelbare und Augenscheinliche genug Material bietet, mit dessen Eigenheiten und Geheimnissen sich Interessen in Hülle und Fülle versorgen lassen.
Die meisten Menschen scheinen von diesem Drang dazu gelockt zu werden, sich durch alles Fantastische, nicht Ersichtliche und potenziell Spekulative bis hin zum Wahn, zum Irrsinn und zu wirklichkeitsfernen Ideen von der unmittelbaren Ebene ablenken zu lassen, oder sich willentlich abzulenken. Als gäbe es mit dem Vorhandenen noch nicht genug Probleme zu lösen, erstellen sie sich zusätzliche Ebenen, konstruieren an fabulösen Inhalten aller Art, oder verkomplizieren sich ihr Leben über das geistige Erleben nach bestmöglicher Verworrenheit selbst. Während wirkliche Probleme verdrängt und mit Ignoranzhaltungen diverser Coleur überhängt werden, schafft man sich nichtexistente Probleme, um sich über deren alternativpotenzielle Ursachen auszutoben, für welche wiederum weiterführende Kreations-Komplexe verantwortlich geredet werden.
Irgendwie befinden sich inmitten der Menschen sehr viele Erschaffer von nichtexistenten Inhalten. Manche dieser Inhalte muntern uns auf, oder bieten tatsächlich so etwas wie Ablenkung von oft barer und schroffer Wirklichkeit. Dennoch scheinen sie oft so völlig ohne Bezug zum Eigentlichen unser Miteinander zu erschweren.
Beste Beispiele sind die Religionen oder die Vereigenständigung von emotional bedingten, resonanzgedeutet abgebildeten oder geistigen Irrtümern. Ich sage Externalisierung dazu, in gegesätzlicher Abwandlung von dem Begriff der Internalisierung. Man könnte auch Extrojektion sagen – über Introjektion, einem psychologischen Begriff abgeleitet. Eine Extrojektion wäre demnach ein innerlich ausgelöster Komplex, der von einer Person stammt, und dem sich weitere Personen anheften, indem sie den Inhalt beglaubigen, weiter tragen, etwas dazu spinnen, davon weg nehmen oder die selbige bzw. modifizierte Geschichte weiter tragen, um so das Gehör immer weiterer Menschen zu gewinnen, die sich dann außer mit ihrer Welt auch noch mit dem neuen Gedankenkonstrukt befassen. So funktioniert wohl zumindest der ausgängliche Prozess einer Verkomplizierung. Dazu können noch Wahrnehmungsprobleme kommen, die manchen Menschen vermeintliche Bestätigung für Anteile von konstruierten Gedankenszenarien bestätigen. Ich habe einmal über die Entstehung religiöser Inhalte nachgedacht, und bin dabei auf zigfach sich wiederholende Unvollständigkeitsverläufe gekommen, deren Inhalt über die bedeutendste Wahrnehmungsproblematik zur Glaubensfrucht werden kann. Wenn man weiß, wie Wahrnehmung funktioniert, und welche Fehler dabei entstehen können, wenn man sich ausschließlich auf ungeprüfte Einströmung verlässt, wird einem schnell klar, wie es dazu kommen kann, dass Gläubige oft dem Inhalt ihrer Glaubens-Ideen tiefer vertrauen, als der baren und einfachen Wirklichkeit, die hinter allem Zauberhaften liegt. Verlockend ist zum einen das im Versprochenen immer wieder hoch belebte Wunderbare von fiktiven und utopischen Idealzuständen, zum anderen wird über bekannte Mechanismen ein Zusammenhalt projiziert, dessen Selbstverständnis als Ziel vorangehalten wird. Durch die Vorformung von Menschen – in beinahe jeder glaubensrelevanten Schule wird ein Abändern des eigenen Denkens verlangt – zu glaubens-empfänglichen Rohlingen oder Gesinnungsgenossen kann der Wahrnehmungsbereich auf konstruierte Inhalte eingestimmt werden. Deutlich sind diese mehr oder weniger subtil vermittelten Mechanismen in den sektischen Bewegungen, oder im Bereich moderner, esoterisch-ethologisch-philosophisch motivierter Bewegungen, wo ab und an gar unverfroren auf ein Ändern des Denkens hingewiesen wird, das notwendig sei, um Wahrheit von Trug zu unterscheiden.
Mit dem Drehmomentum dieser Kernthemen spielen die Nutzer von Mindcontroling- Societies gerne, also von diffusen, selten an der Wurzel greifbaren Architekturen der Lebensverkomplizierung, wenn man so sagen wollte. Sie fangen mit Vorliebe Menschen auf ihren Schleimpfaden ein, die sich nicht oder noch nicht sicher darüber sind, ob ihnen die bare Existenz der Welt zur Beschäftigung ausreicht, oder ob sie zusätzliche Komplexe zur Abwechslung benötigen.
Glaubensphilosophien und Religionen entstehen, wenn eine Konstruktion innerhalb eines Verkomplizierungsprozesses genügend vermeintliche Resonanzen aus der wirklichen Welt aufgefangen hat, dass sich darauf ereignisnahe Vermutungen stützen lassen. Also man fügt über die Jahrhunderte Anteile wirklicher Verläufe so in den Fabulationsprozess ein, dass sich eine sich fortsetzende Reihe weltlicher Begebenheiten bilden kann, an welchen immer neue Assoziationen zu Auslegungen der geglaubten Einzelheiten herbei geleitet werden. Dies kann praktisch als der Wurzelstock gesehen werden, an dem ein konstruierter Komplexstrang seine Ausläufer unter die willigen Anhänger austreibt.
Wegen solcherlei Maschinerie der Täuschung und Verleitung ab vom Natürlichen über mentale Wege scheinen die Menschen andauernd und kontinuierlich damit beschäftigt zu werden, oder sich selbst damit zu beschäftigen, durch Dinge abgelenkt zu sein, die eigentlich gar nicht da sind.
Die Komplexisierungssucht darf wohl noch nicht als Krankheit gesehen werden, aber sie scheint mindestens die Kriterien für einen Wahn zu erfüllen. Der eigentlich traurige Nebeneffekt ist der, dass ein schier übermenschlicher Effort in nicht vorhandene Dinge vergeudet wird, der auf der Seite des Eigentlichen gut gebraucht werden könnte, und hier, in der Natur des Wesentlichen, beständig Verfehlung bedeutet. Für nichts und wieder nichts werden ganze Völker irregeleitet und zum Miteinander im Gegeneinander angefacht, werden Kriege herauf beschworen, die im Namen von Konstruktionskomplexen stattfinden, schlagen die Menschen einander tot wegen der Anzahl der Pigmente in ihrer Haut, oder wegen der Kopfform, und weil ihnen der Wahninhalt anderer Völker nicht gefällt. Hochgelobt wird stets die konstruktive Seite des menschlichen Tuns, das sich darin aufwindet. Die destruktive Seite menschlichen Tuns wälzt man an Teilinhalte des Konstruktes fort. Der Mensch scheint äußerst begabt darin, seine Verantwortung an seinem Tun auf die Inhalte von Konstrukten und Verkomplizierungen zu basieren. Mit einfachen Begriffen teilt er diese in zwei Seiten auf, und scheint so der Spaltung seines Selbst zu entkommen. Doch liegt die Urheberschaft des Eklatanten an den Auswirkungen ebenso in ihm selbst verborgen, als all das Wunderbare, mit dem er seinen Schatten verstecken will. Selbst ist er ein schizoides Werk, und das zeigt seine Einfachheit auf.
Dass sich der Gegenstand fabulöser Konstrukte in seinen Alltag bindet, mag der Mensch zuweilen verdienen, und doch verkomplizieren all diese Ideen und erdachten Inhalte das Leben derart, dass es heute vernachlässigt wird, was sich am Grunde des Eigentlichen abspielt.
Die unglaublich emsige Beschäftigung der meisten Menschen mit nichts hat so weit geführt, dass die Menschen die Basis aus dem Auge verloren haben, welche für ihr Aufkommen erst gesorgt hat. Und das ist eine wirklich vorhandene Sache, denn ohne sie wären keine Menschen vorhanden. Tragisch ist die Nicht-Beschäftigung, die sich gleichsam emsig zum Vorhandenen verhält, und die Menschen ob ihrer wahnhaften Verschlungenheit in tausend Unwichtigkeiten sehenden Auges in den Untergang treibt.
Es ist eine zeitgenössische Beobachtung, zunächst einmal, wenn man sich die Erde als Schiff vorstellt, als Raum-Schiff und absichtlich so geschrieben als einzige Lebenswelt mit realistischen Grundlagen. Wie eine Titanic ohne Rettungsboote beschreibt es einer.
In diesem Schiff führen sich die Menschen auf, als wären sie an einem fremden Strand, wo den Müll jeden Tag wieder die dafür zuständige Müllabfuhr abholt. Das sind vorhandene Lebensbereiche, und die Menschen spielen lieber noch einmal eine Runde Black Jack, als sich mit deren Erhalt zu beschäftigen, oder sie schwören sich darauf ein, dass dereinst ein Konstrukt dafür sorgen soll, dass sie dem Untergang glimpflich entkommen mögen.
Alles reden und Schreiben scheint umsonst, und deshalb schrieb ich auch keinen Eintrag zum Weltklima-Gipfel.
Wo sich die Menschen lieber um nichts kümmern, und dafür ihre gesamte Kraft in vielfältiger Spielart verschwenden wollen, wäre es sinnlos, sein Wort dazu zu mengen, zu all dem, was andere schon tausendfach anmahnen. In der Verkleidung, die all diese Leute dem Nichts antun, die ihr Leben selbst verkomplizieren müssen, wollen, dazu verleitet oder gezwungen werden, wird es einmal vielleicht weltlich werden, wer weiß, und ihre Todesängste so weit zu mildern imstande sein, dass sie den Abgang von der Lebensbühne fast gar nicht mehr merken müssen.
In der Flucht vor dem drögen Dasein sind Konstruktionen manchmal ein Verstärker von Lebensgefühlen, solange man die Trennlinie klar in Sicht behält. In der Fantasie können sie wie Auswüchse des Tagtraums werden, deren sinnfreies Umherschweben zur Abwechslung werden kann. Träume haben etwas Nützliches, selbst wenn man sie mit anderen teilt, und wenn die Auswirkungen keine Selbstläufer bilden können. Man sollte sich nicht dazu verleitet sehen, für seine Kinder einen Platz für die Reise zu einem anderen Planeten wie dem in AVATAR voraus zu buchen, denn bisher kennen wir keinen Solchen, und wer wüsste schon, ob wir dort erwünscht wären. Träume, Fantasien, auch sie sind verkomplizierende Konstruktion. Für und wider kann man sich dazu selbst errechnen. Heute schon setzen sich Millionen von Spielern mit den Träumen anderer auseinander, und stecken ihre ganze Freizeit in dieses Hobby. Auch sie verlieren am Wesentlichen, am Bezug zur Natur, zum Grundsätzlichen, durch das ihre Existenz erst möglich wurde. Kaum einer dieser Daddelisten kann heute noch 5 Singvogelarten aufzählen, und wenn er es kann, kennt er kaum ein Wirldkraut, das gegen Entzündungen hilft. Ich weiß nicht, was diese Abkoppelung vom Wesentlichen manchem Stamm bringen wird, und im Grunde bin ich dagegen, denen, die so wählen, ihr Leben zu gestalten, diese Möglichkeit einzudämmen. Die Beschäftigung mit nichts kann auch harmlos bleiben. Meine Frage wäre es, ob sie im Sinne der Nachwelt Bedeutendes schaffen kann, ob sie Lebensgrundlagen erneuern und erhalten kann, oder ob es neben ihr möglich ist, sich mit dem Vorhandenen mithin noch nebenbei zu beschäftigen. Bei der Wellenbewegung der Existenz, die offenbar immer von einem Extrem herab läuft, um ins andere Extrem hinauf zu laufen, und die das über die Jahrtausende hinweg tut, frage ich mich, ob die Beschäftigung mit dem, das nicht da ist, den Drang der Beschäftigung mit dem Vorhandenen bereits abgelöst hat, und ob das nicht mit in einem natürlichen Prozess eingegliedert abläuft, denn nach der Ansicht der Empiriker wäre selbst die Selbstzerstörung der Menschheit in all ihren Facetten nicht mehr oder weniger als ein natürlicher Verlauf, und nur allgemeinen Bildungsformen nach denkende Menschen untertrennen in natürlich und künstlich.
Die Gedanken darum brächten mich schließlich zum Kernkreisen um das Existente selbst, denn wenn alles natürlich ist, was sich zuträgt, dann gäbe es keinen Grund, sich noch über irgend etwas aufzuregen. Nicht einmal über diesen seltsamen Drang, der die Menschen dazu antreibt, sich das Leben, wo es noch nicht kompliziert genug ist, selbst noch komplizierter zu machen, und das in unglaublich ideenreicher Weise.
Mit dem Aufregen hat es in letzter Zeit stark nachgelassen, nicht aber wegen solcher Kerngedanken, sondern fehlt die Kraft dazu allmählich. Bisher warte ich noch auf die Veränderung, die alte Leute konservativer denken lässt, und von der ich irgendwann einmal irgendwo gelesen habe. Seltsamerweise stellt sich bloß die weiche Birne der Vergesslichkeit etwas früher ein.
Ich hoffe, dieser Eintrag hat für irgendwen Neugierde oder interessante Gedanken angestoßen. Vielleicht denkt ihr ab und an mal darüber nach, was wir als wesentlich, und was als nichtig sehen können. Letztendlich ist das der spezifischen Individualität überlassen. Freiheit zeigt sich im Schritt zur eigenen Auswahl.

Ich hoffe, das Thema konnte ein oder anderes anregen oder auch ablenken. Meines Erachtens ist die immense Beschäftigung mit meistens nichts weltlich Relevantem der Grund dafür, warum wir nur 10 % unserer geistigen Möglichkeiten jemals verwenden. Der Rest muss unbedingt und mit aller Inbrunst und Feierlichkeit mit nicht vorhandenen Dingen zugepflastert werden, sonst sind Menschen unausgeglichen und mit herkömmlicher Muse und freiwilliger Innitiative kaum zu ertragen! :hot:
Mit dem Drang, auch noch im letzten isolierten Blumentopf der Welt ganze Elfenvölker anzusiedeln, hat sich der Mensch zu einem wirklich hervorstehenden Organismus empor geschwungen. Man wünschte nur manches Mal, das Wesentliche würde er unter all diesem Zusatzkreationismus nicht aus dem Blick verlieren. Wie das Klima zum Beispiel, oder soziale Grundbedürfnisse...

Edit : Im "Wesentlichen" sehe ich zunächst mal das Leben. Und die Welt in der wir leben. Mehr eigentlich schon nicht mehr, ja vielleicht, das Miteinander, aber das wäre an vielen Stellen bereits wieder das Wichtigreden von etwas. ;-)
 

NoToM

Erleuchteter
Registriert
13. Januar 2003
Beiträge
1.533
Wenn ich das richtig verstanden habe, setzt Du vorraus, dass es so etwas wie das "Wesentliche" gibt.
Nur was soll das sein? Erhalt der Spezies? Leben wie (ein/der/die) Gott/Götter es wollen? Bescheiden und rücksichtsvoll sein im Leben und Sterben?
Worin besteht der Unterschied, wenn man Schönheit "empfindet" beim Blick auf eine Blume in Vorgarten oder beim Blick auf eine Kinoleinwand? Ist es nicht genau das selbe reale Gefühl? Ohne einen Kontext, also eine allgemein aktzeptierte Definition vom "Wesentlichen" gibt es keine unterschied. Ich persöhnlich glaube, dass die Menschheit dazu nicht in der Lange ist, ausser sie wird dazu gezwungen, z.B. durch eine gemeinsame Bedrohungslage, die jeder versteht. Diesbezüglich bin ich jedoch wiederun Optimistisch, die Menschheit macht bezüglich selbstgemachten globalen Bedrohungen immer grössere Fortschritte.. ;-)

Hingegen bin ich auch der Meinung, dass viele der globalen Probleme recht einfach glöst werden könnten, wenn man denn nur wollte. Doch die Natur hat uns mit einem Bewusstein beschenkt, dass sich seiner eigenen Sterblichkeit bewusst ist. Dies ist, neben unserer unfähigkeit, erwachsen mit diesen Thema umzugehen, in meinen Augen der Hauptgrund für das meiste irrationale Verhalten unserer Spezies.
 

benicio

Erleuchteter
Registriert
10. Oktober 2004
Beiträge
1.119
@insular
du gehst davon aus, es gäbe etwas dass "wesentlich" sei... ich halte das für einen irrglauben.
ich bezweifle dass es im univesum ein allgemeingültiges wertigkeitssystem gibt wonach man beurteilen könnte was nun besser oder schlechter ist.
das ist immer von subjektiven standpunkt abhängig.
es ist alles in gleicher weise sinnvoll oder sinnlos... und das ist das schöne oder besser, das interessante an unserer existenz... verändert man seine standpunkt, verändert sich der blickwinkel, das was einen umgibt... die realität.
alles ist relativ, alles ist gleich-gültig.
folglich... ne ruhige kugel schieben und das leben nicht so ernst nehmen ;)
 

InsularMind

Erleuchteter
Registriert
9. Dezember 2003
Beiträge
1.086
Ja, es wird Zeit, hier auch mal wieder etwas einzustellen, ich möchte aber nicht ewig über das Gewesene referieren. Aus dem Edit übernommen aber nochmal zur Idee des Wesentlichen, wobei ihr natürlich recht damit habt, dass das mehr als eine persönlich-individuelle Ansicht davon nicht sein kann :
Im "Wesentlichen" sehe ich zunächst mal das Leben. Und die Welt in der wir leben. Mehr eigentlich schon nicht mehr, ja vielleicht, das Miteinander, aber das wäre an vielen Stellen bereits wieder das Wichtigreden von etwas. Wink

Ja, wie man das Leben sieht, und wie sich das Leben zeigt, das können wirklich stark unterschiedliche Inhalte sein, wo welches hinein fällt. Ich habe dazu mal einen Text über das 'Wahrnehmungs-Unterschiedlichkeits-Problem' verfasst, den ich nachher mal hier einstellen möchte. Artverwandt mit der Thematik, wie man das Leben begreifen kann, es sich auswählen will oder im Zuge des Begreifens dazu als Bewusstseinsmensch hin wächst, beschäftigt sich das zwar aus dem eigenen Erfahrungsraum hinaus auch mit der Überschneidung von Wahrnehmungsfeldern und -ausrichtungen, denn ich habe versucht mir zu erklären, warum ein 1:1 Verständnis unter Menschen fast nie zustande kommen kann, es beschreibt aber gerade auch die Idee vom wahrnehmungsraum, dem Spektrum des einer Person Wahrnehmbaren als Teil der unabhängigen Wirklichkeit, wie auch als Teilaspekt Realität, zweier Dinge, die ich sehr voneinander unterscheide.
Die 'ruhige Kugel' schiebt sich entweder automatisch, oder aber auch es verweigert sich dem ein immerfort kritisches, hinterfragendes und ziemlich hibbeliges Bewusstes, angeleitet durch die Reize aus eben jener Realität in der Interaktion mit der Wirklichkeit. Ich kann mich selbst nicht dazu bezwingen, eine solche Ruhe als Grundtenor aller Entscheidungen und Bewegungen einzustellen. Das fällt mir immer neu auf, obschon ich das freilich versucht habe, oder wenigstens ein passives Hinnehmen alles sich Zutragenden. Solange sich aber etwas im Kopf drin regt, das eigenständig ist und nicht dominiert durch irgendwelche künstlichen Schnitte und Begrenzungen, kann ich diese ruhige Kugel auch nicht als Realität verbuchen. Die Gestaltung des realen, aber auch die Unnachbiebigkeit des Wirklichen, ermöglichen mir diesen inneren Fokus auf wesentliches ( aus meinem Empfinden ) oder Gelassenheit als Lebensdirektive bislang nicht.

Hier nun der Text über das Wahrnehmungs-Unterschiedlichkeits-Problem :

Das Wahrnehmungs-Unterschiedlichkeits-Problem


Wirklichkeit ist der Wirkungsraum des Geschehenden an sich.
Was wir von der Wirklichkeit für wahr nehmen, registrieren, bzw. was davon unsere Sinne erreicht, nennen wir also Wahrnehmung. Von der Wirklichkeit hat jeder eine mehr oder weniger ausgedehnte Wahrnehmung. Man kann davon ausgehen, dass Wahrnehmung auch davon abhängt, wie viel Wirklichkeit sich jemand gönnt oder auswählt, was er davon wahrnehmen will. Andere Eindrücke drängen ins Wahrnehmungsfeld, man könnte sie gar nicht willentlich ausblocken.( Zum Beispiel Schmerz, Gichtanfälle, Lärm, der Geschmack 'sauer', Minustemperaturen, grelles Licht ) Manche Leute nehmen auch stark verändert wahr, würden diejenigen sagen, welche so wahrnehmen, wie es als mehrheitlich und korrekt gilt. Bei denen ist lediglich die Perspektive in eine, oder aus einer anderen Position des Daseins ausgerichtet, oder sie wählen sich eine unbeliebte, oder auch selten geäußerte Perspektivsicht aus, welche von anderen dann "wirr" genannt wird. Wie wir seit der Aufdröselung des Begriffs "normal" wissen, wird alles als "wirr" verstanden, was nicht innerhalb des schmalen, engstirnig kleinen Kreises landen kann, den Menschen als gängig erachten.
Beim Menschen regulieren verschiedene Ausrichtungseigenschaften der Wahrnehmung, die der einzelne von der Wirklichkeit hat, wie viel er von anderer Menschen Wahrnehmung selbst wahrnimmt. Es gibt einen äußeren Wahrnehmungsraum und einen Inneren. Wie ich später aufzeigen werde, kann diese Unterscheidung sehr wichtig sein, sorgt sie doch manchmal für erhebliche Verständnisprobleme unter Menschen, die sich bis hinauf zum Kriegsgeschehen oder dem Mord Einzelner aufschaukeln können. Sein Wahrnehmungsraum überschneidet zwar stellenweise mit dem der anderen, woraus er dann ganz nach dem bewährten Muster Minderheit unterliegt Mehrheit seine Weisheiten begründet. Das allein aber zeigt noch nicht her, wie viel, oder besser gesagt, wie wenig er von der Wahrnehmungswelt, aber insbesondere von der inneren Wahrnehmung eines anderen wirklich aufnehmen kann. Dafür haben wir unsere Ausgabe-Schnittstellen der Sinne, also wir können es ihm dank der physikalischen Eigenschaften der Luft gewissermaßen auf einigen Wegen rüberbringen. Wir können's ihm sagen, das ist der einfachste Weg. Allerdings wird der gern ignoriert oder nicht Ernst genommen, was ein weiteres Problem aufwirft, nämlich das der ausgesuchten Nicht-Wahrnehmung, von uns oft auch lapidar "Gleichgültigkeit" genannt.
Die Wahrnehmungsperspektive anderer müsste nämlich exakt auf die des jeweiligen Gegenübers ausgerichtet sein, damit sich zwei Leute ungefähr 1:1 verstehen können. Ungefähr deshalb, weil weitere, innere Instanzen wie die kognitive Assoziation und individuelle Deutung wiederum ein Quäntchen an Veränderung liefern. Redet einer 3 mm neben der Ausrichtung des anderen vorbei, kann er sich manchmal einen Wolf sabbeln, und das Gegenüber hat davon kaum einen Schimmer, was der Onkel da eigentlich meint. Ist keine Ausrichtung getroffen, ist es mehr oder weniger so, dass alle Leute um einen herum nur Bahnhof reden. Da kommen praktisch dauernd neue Züge rein und keiner versteht auch nur ein Wort bei dem ganzen Getöse. Die Unterschiedlichkeit der individuellen Wahrnehmung ist so hoch, dass sie selbst bei Gegenüberstellungen, wo wir sagen würden, dass hier die Wellenlänge passt, oder die Chemie stimmt, zu relativ unterschiedlicher Wahrnehmung voneinander Welten, jeweils besonders der inneren Wahrnehmungswelten führt. Die Interdynamik der wahrnehmungsbeeinflussenden Faktoren sorgt dafür. Bestimmte Berufe oder auch bestimmte Wahrnehmende, die sich für besonders wahrnehmungs-elegant halten, spielen mit dieser Fähigkeit.
Nun hat die Wahrnehmung den Nachteil, dass sie sich gern alles Mögliche vorgaukeln lässt. Sie ist nicht sehr wählerisch und man kann Menschen mit der Illusionsschaffung ganz schön derbe verschaukeln. Das wissen alle hier anwesenden Kollegen, die schon einmal einem Handy-Vertragsbetrüger auf den Leim gestiegen sind, aber auch die Besucher von Zaubershows und die Anhänger bestimmter Kräuterarten. Auch nehmen wirklich Wahrnehmungsverschobene alles mögliche wahr, auch was gar nicht existiert. Man könnte da die Religiösen anführen, die Psychiater, die Schizophrenen, die Hypochonder, aber auch die Synästhetiker oder solche Genossen, die sich sozusagen intensiv mit magischen Pilzen und indianischem Schamanentum abgegeben haben.
Als Synästhetiker kann ich ein wenig mitreden, denn mein Gehirn verursacht auf eine Weise der Sinneseindrucks-Verwerfung ganz bestimmte Wahrnehmungsradien, die vermutlich gar nicht in der äußeren Wirklichkeit vorhanden sind. Synästhetiker sehen abstrakte Konzepte mehrebenenhaft vor sich, bzw. werden in der Wahrnehmung wahrscheinlich die Sinneseindrücke an den Rezeptoren und Weiterleitungen durcheinander geschmissen. So erkläre ich mir das zumindest, wenn man Klänge plastisch sehen und schmecken kann, oder die Stärke einer Speisenzugabe in einem Empfindungsprofil landschaftlich mehrdimensional wahrnimmt, obwohl zum Beispiel die Geschmacksempfindung "bitter" de facto kein Aussehen, noch irgend eine Räumlichkeit besitzt. Vielleicht werden hierbei auch nur die Erst-Assoziationen in der Entwicklung des jeweiligen Bewusstseins anders verknüpft als bei der Mehrheit. Da alle Synästhetiker verschiedene Synästhesien wahrnehmen, würde ich davon ausgehen, dass das eine Variante in der Wahrnehmungsentwicklung ist. Früher fiel mir nicht auf, dass nur eine Gruppe von Menschen synästhetische Wahrnehmungen hat, und ich hielt es für selbstverständlich, dass das wohl jeder Mensch so kennt, was mir diverse, extreme Probleme im Mensch-zu-Mensch-Kontakt leider schon in Prädisposition nicht ersparte.
( Davon erzähle ich anderswo mehr )
Wahrnehmungsverschiebung kann also in massiver Weise zum gegenseitigen Unverständnis beitragen. Wir kennen das auch aus Religionskriegen und Ansichtsunterschiedlichkeiten, welche in vielen Fällen aus wirklich nichtigen Gründen zu Streit und zum Aneinanderreiben der Wahrnehmungswelten führen.
Nichts anderes ist etwa ein Streit, als ein Versuch, verschiedene Wahrnehmungswelten gegeneinander aufzuwägen, und herauszufinden, welche die größere Bestehensmacht pro Situation hat. Wahrnehmungsunterschiedlichkeit, und besonders die zusätzliche Abweichung der Perspektive, wenn sie ins Innere der Menschen vordringt, bergen ein hohes Streitpotenzial natürlicherweise in sich. Schaut ein Mensch ins Innere eines anderen und hat er dafür nur seinen Wahrnehmungshorizont parat ( kaum einer dürfte zwischen Verschiedensten virtuos hin und hertanzen können, um nach Belieben zu verwenden, welche ihm grade sinnvoll erscheint ), kann man sich das so vorstellen, als wenn man in einen mehr oder weniger klaren Tümpel blickt. Die Wahrnehmung eines Objektes am Grund wäre verschoben, als auch je nach Trübung des Gewässers mehr oder weniger obskur, mindestens verschwommen zu sehen. Zudem ist der Lichtbrechungskegel zu beachten, welcher Objekte unter Wasser anders verortet darstellt, und so unsere Wahrnehmung täuschen kann. Eine Wahrnehmungsverschiebung könnte man damit vergleichen, dass auf dem Tümpel Wellen verursacht werden. Jetzt erscheint uns ein Objekt am Grund verzerrt und formveränderlich. Jeder, wer schon einmal Fische gespeert hat, oder versucht hat, ein Objekt unter Wasser mit einem Stock zu treffen, kennt dieses Phänomen. Vergleichbar ist das zum inneren Wahrnehmungsraum des Menschen, in den ein Außenstehender bis zu gewissem Grad hinein sieht. Wie weit einer hinein blicken kann, hängt nicht nur davon ab, wie weit ihn der Andere überhaupt hinein blicken lässt, sondern auch von diesem Verschobenheitseffekt.
Nun wollen sich also zwei Leute unterhalten und verstehen, und treffen mit dieser dann auch noch je nach Situation variabel gestalteten Verständnisminderung aufeinander. Je mehr Leute sich unterhalten wollen, desto höher sind die Mengen der Verwerfungen in der Wahrnehmungsbandbreite der einzelnen. Leute, die über eine klare Kontrolle ihrer Wahrnehmungsperspektive verfügen, haben da den entsprechenden Vorteil, ihre Wahrnehmungsantennen auf den jeweils angesprochenen Gegenüber, oder auch auf Mehrere gleichzeitig einzupendeln. Eigentlich läuft das mehr oder weniger automatisch ab, ohne, dass wir es bewusst mitkriegen. Es ist einer von so vielen Abläufen, die in unserem eigentümlich aufgebauten Geschick im Umgang mit der Umwelt naturgewachsen wirken.
Meist erachten wir als untereinander wirklich, was sich aus der Überschneidungszone unserer äußeren Wahrnehmungsräume erkennen lässt. Nun machen das Religiöse unter sich, und beispielsweise auch Schizophrene unter sich aus. Wer dann jeweils einen Affen auf einem Dach eines Autos sitzen sieht, der ein Jackett trägt und Flöte spielt, oder aber auch eine verführerisch junge Marienerscheinung wahrnimmt, obwohl Jesus als Erwachsener mit anwesend ist, wird dann innerhalb dieser Wahrnehmungsüberschnitte und innerhalb bestimmter Kreise trotzdem für wirklichkeitserkennend gehalten. Andere Kreise, die diese oder so naturierte Wahrnehmungen nicht teilen können, diskriminieren dagegen, während die Kreise, die das andere wahrnehmen, oder glauben, es wahrzunehmen, ebenfalls gegen solche diskriminieren, die das nicht tun. Gerne wirft jede Gruppe der jeweils anderen vor, an die Wirklichkeit ihrer eigenen Wahrnehmung nur zu glauben, einer Sinnestäuschung oder gar Fehlerziehung, Indoktrinierung bzw. Irreführung aufzuliegen.
Hier haben wir dann das Wahrnehmungs-Unterschiedlichkeitsproblem des scheinbar äußeren Wahrnehmungsraums vor uns, während sich dieses Problem im inneren Wahrnehmungsraum dadurch in der Zahl seiner Ebenen und Nuancen exponential erhöht, indem hier die Verschobenheit des Einblickwinkels dazu kommt.
Eine innere Einigkeit zwischen zwei Menschen zu finden ist also eigentlich etwas irre Komplexes und in der Auffächerung seiner Einzelebenen eine eigentlich kaum zu meisternde Aufgabe. Trotzdem finden sich immer wieder Leute zusammen, die einander verstehen, oder das mindestens voneinander denken würden, sogar größere Gruppen und ganze Gesellschaften.
Es gibt sogar Leute, die sich so sehr gut verstehen, dass sie zusammen Kinder zeugen und noch ganz andere Kunststücke bewerkstelligen! Das sei laut manchen Zeitgenossen eine Art Wunder, aber eigentlich ist es das gar nicht, wenn man verstanden hat, welche weiteren Prozesse und interdynamisch wirkenden Abläufe da mit hineinspielen. Es gibt auch so etwas wie eine interdynamische Wahrnehmungs-Abgleichungswirkung, und je nach Wahrnehmungsgegenstand verschiedentlich hohe Wahrnehmungsminderung, die sich bis hin zu plangerichteter Manipulationsebene verwenden lässt. Menschen, die große Gruppen indoktrinieren oder in eine bestimmte Selbstwahrnehmungsbandbreite hinein ziehen, benutzen dahin ausgelegte Fähigkeiten. Zum Beispiel Wahrsager, Okkultisten, Religionsausleger, Medien, Meinungsmacher, Trendsetter, Handy-Betrüger, Werbeveranstalter auf Kaffee-Fahrten oder auch die Seminargeber bei Motivierungstraining ect. Ein Verständnis der inneren Wahrnehmungsschichten des jeweiligen Gegenüber kann nur dort stattfinden, wo ein Mensch den anderen Ernst nimmt. Ich habe das nicht nur spaßhalber fett geschrieben, aber das müsste euch in dieser Schrift irgendwann noch klar werden, falls ihr so weit mitlesen wollt.
Verständnis ist, was passiert, wenn Menschen ihre Wahrnehmungsparameter und den Wahrnehmungsausdruck auf einander einstimmen können. In dem Wort "verstehen" steckt auch die Deutbarkeit, sich an einen anderen Ort stellen zu können, nämlich an Denjenigen, den das Gegenüber einnimmt. Das heißt auch, mit dessen Augen zu sehen, aus einer anderen Perspektive hinzusehen, oder die Blickrichtung ändern zu können. Damit ist das Einpendeln der Wahrnehmungssichten gemeint, das stattfindet, wenn ein Mensch wirklich versucht, einen anderen zu verstehen. Er muss es dazu schaffen, möglichst akkurat seine Wahrnehmungsfühler in die Richtung zu bringen, die dem Strömungssignal aus der Innenwelt des anderen entspricht. Nur so kann er 1:1 empfangen, ohne dass die Verschiebungsgrade, welche ja weiterhin existieren, für mehr Unverstehen als Verstehen sorgen. Am deutlichsten sehen wir dieses Ausrichten auf einander bei verliebten Menschen, bei Mutter und Kind, zwischen Zwillingen oder bei eng Befreundeten.
Auch zwischen Aufsuchenden und Dienenden verschiedenster sozialer Aufgaben sollte sich dieses aufeinander Ausrichten der Wahrnehmungsfühler eigentlich erst gebildet haben, bevor eine wirklich sinnvolle Beratung oder Bedienung stattfinden kann.
Hiermit sind wir nicht nur bei der thematischen Relevanz zur Schrift angekommen, sondern auch beim Knackpunkt aller Wahrnehmungsunterschiedlichkeitsprobleme, die man sich nur vorstellen kann oder schlicht live erlebt. Meistens passieren hier nämlich die gröberen Verständigungsfehlerchen. Gewöhnlich wird man nicht Ernst genommen, sei es in dem, was man äußert, oder in dem, was einer denkt. Das wird einfach übersehen, oder es wird der Wahrnehmungsrahmen des anderen auf den einen niedergesenkt, und was außerhalb liegt, wird einfach abgetrennt. Genauso, wie das Unliebsame, wo es nicht gleich verborgen bleibt, sehr gern ausgeklammert oder bei Seite dirigiert wird, bevor die Wahrnehmung Desjenigen, der sich für übergeordnet hält, in die Wahrnehmung des anderen, den Derjenige als untergebenes Subjekt sieht, hineingeschoben wird. Man könnte das als Krieg im kleinen Rahmen betrachten, oder auch als Usurpation des anderen. Menschen, die gern manipulieren, nutzen diese Methode ohne irgendwelche Skrupel. Jemand, wer sich nicht ausreichend zur Wehr setzen kann, entwickelt in der Situation, wo solch eine Ignoranz- und Überplättungsstruktur langzeitlich vorkommt, ein Hörigkeitsverhalten, oder resigniert irgendwann. Vielleicht nimmt er nicht wirklich auf, was die ihn dominierende Person alles auf ihn einschüttet, und das kann noch die mindest mögliche Art sein, sich durch Gegenignoranz passiv zu verteidigen. Oft aber werden so Sklaven aus Menschen gemacht, relativ bekannt geworden unter dem Phänomen der Hörigkeit der geschlagenen Frauen, die trotz aller Brutalität und Eklatanz ihrer Beziehungspartner zu diesen Männern halten. Eine Hörigkeitssituation kann überall dort auftreten, wo man Menschen entweder subtil unterwerfen oder von sich abhängig machen kann. In einem gehäuften Vorkommen gibt es das auch in der Homo-Szene zwischen älteren, sich spendabel zeigenden Männern und meist sehr jungen, entweder drogenabhängigen oder sozial verarmten, manchmal auch sozial ausgehungerten "Boys", die sich dann auf äußerst fragwürdige Beziehungsmuster einlassen. Wahrnehmungsunterschiedlichkeit, Begrenzung ihrer Vermögenstragweite und Verständigungsfehler wirken hier in einer tragischen Weise so zusammen, dass sich eine Annäherung der Parteien nur unter ungleichmäßigen Bedingungen ergeben kann. Einer zahlt einen hohen Preis, gibt einen großen Teil seiner Würde auf, um einem anderen als Objekt nutzbar zu werden, oder um sich in dessen Gunst aufgehoben fühlen zu können. Für seine Unterwürfigkeit erhält er Versorgung, oft finanzielle Notlinderung, Unterkunft. Im großen Stil passiert es etwas diffuser gelagert bei den Religionen und insbesondere diversen Sekten, wobei dem ein aufwändig ausgeführtes und detailliert ausgeschmücktes Übergebäude an Verlockung, Einführung und von hohlen Versprechungen bekränzte, scheinbare Seelsorge vorangeht. Wie alle Relativen mit Berührungspunkten zum Menschenleben ist auch die Wahrnehmungsintensivität oder ihre Gewichtung verschiedener Wahrnehmungsebenen und Teilbereiche individuell einzigartig vereigenschaftet. Man kann immer nur einen gruppeninternen Konsens dazu bilden, welche Stärke oder welcher Grad an Wahrnehmungstiefe der Reguläre sei. Im Grunde genommen sagt dies nichts darüber aus, wer der bessere Wahrnehmer ist als ein anderer. Man kann sich bestenfalls daran orientieren, dass sich die üblichen Verdächtigen, also Suchtzusammenhang, Substanzmissbrauch, Manipulation und Wahrnehmungsverschobenheit bzw. –invalidität oder –einschränkungen auf die Wahrnehmung qualitätsmindernd auswirken.
Probleme verursacht eine gezielte Wahrnehmungsverminderung oder auch Wahrnehmungsschulung, so positiv sich so etwas zunächst anhören kann, weil man zu vereinfachen sucht, sich durch das wahnsinnig weit gestreute Tohuwabohu der Wahrnehmungs – Einzelaspekte durchzuackern versucht.
Ein geschmälertes Wahrnehmungsfeld unter dieser hehren Regie führt oftmals zur Auswirkung, dass man die Wahrnehmungsfelder anderer, oder deren Vermittlung ihrer Wahrnehmung nicht mehr genügend berücksichtigt.
Auch dann tritt ein verhängnisvolles Ungleichgewicht in der Wahrnehmungs – Gegenseitigkeit auf, welches die gegenseitige Ausgewogenheit nicht mehr gewährleisten kann. Eine Person wird durch die andere dominiert oder ignoriert, teilweise übergangen und oft genug nicht Ernst genommen. Warum beschreibe ich gerade diese Eigenschaften im Bereich Mensch-zu-Mensch-Kontakt? Weil es gerade unter den reaktiv Depressiven oder vorherrschend melancholisch naturierten Menschen prominent vorkommt, in der Auseinandersetzung mit ihren Lebensläufen eine so große Rolle spielt, Ernst genommen, gehört und wirklichkeitsgerecht verstanden zu werden. Oft genug erleben wir das nicht einmal bei den Professionellen. Es soll die Kritik aber nicht wieder schwerpunktartig auf Psychoberufler ausgelegt sein, denn jeder Mensch, der ernsthaft versucht, einen anderen zu verstehen, ist in diesem Vorgehen auch ein wenig Psychologe.
Hier geht es mir allein darum, Verstehen und Verständnis nicht darauf aufzubauen, dass ein Mensch dazu gebracht wird, das für richtig und wahr zu halten, was der andere denkt, sondern dass jeder mit seiner Wahrnehmung und dem, was er davon dem anderen erzählt, als Versierter seiner selbst gesehen wird, und nicht als eben dann so gern verschobenes, verrücktes armes, kümmerliches, in Einbildung oder Selbstmitleid versunkenes Wesen abgeheftet wird, das möglichst noch unbedingt irgend eine Therapie nötig hätte. Oder am besten gleich 3 Verschiedene. Glücklicherweise ist das Drängen oder Hineinschwatzen in solche Maßnahmen im Lauf der Zeit auch mehr und mehr kritischen Hinterfragungen zum Opfer gefallen, und wurde wohl irgendwann auch als der falsche Gehweg erkannt. Ein Mensch, egal welcher Herkunftswege, sollte immer selbst entscheiden können, ob, wann oder in welcher Tragweite er sich so etwas auswählen will. Manchen Menschen bringt es immerhin viel. Das Problem der Wahrnehmungsunterschiedlichkeit stelle ich auch deswegen als besonders wichtig zu bedenken hervor, weil es ob der Selbstverständlichkeit, in der es Viele erkennen wollen, gern zwischen den Tischfugen durchrutschen kann, sozusagen.
Es wird zur Belanglosigkeit erklärt und darüber hinweggesehen, wenn hier Fehltritte auffällig werden, aber das Bagatellisieren in diesem Metier geht immer auch mit der Gefahr Hand in Hand, erneut die Nichtbeachtung zu fördern. Wer glaubt, die Unterschiedlichkeit der Wahrnehmungsebenen nicht berücksichtigen zu müssen, um andere Menschen verstehen zu versuchen, der kann unter Umständen schnell Verheerendes anrichten, oder aber er nähert sich keiner Verständigungsbrücke. Solche kommen nämlich dadurch zustande, indem man den Wahrnehmungsfokus in seiner Stärke mit dem der anderen Person abstimmt, ohne ein Kontrollieren, sich selbst angleichen oder gar nach Belieben zurechtschneiderndes Uminterpretieren der Aussagen und Vermittlungsgegenstände anderer durchzuführen.
Es dürfte inzwischen einleuchten, dass die Wahrnehmungsunterschiedlichkeit zwischen nicht reaktiv depressiv oder vorherrschend melancholischen Leuten und Solchen erhebliche Ausmaße erreichen kann. Die Relation zum jeweiligen Wahrnehmungsinhalt muss mit bedacht werden. Auch hier gilt meines Erachtens das individualspezifische Prozentsatzprinzip, also die je nach Situation und je nach Mensch verschieden hohe Gewichtung verschiedener Aspekte. Der Fehler, der hier am meisten gemacht wird, ist die Annahme, dass die nicht so naturierte Wahrnehmungssicht die Wahre sei, während die der reaktiv-depressiven Person die Verzerrte sein soll. Wahrnehmungsverzerrte nennen uns viele Leute, aber mit einem unterschwelligen Meinungston versehen, der uns als nicht so ganz Ernst zu nehmen weiterreichen soll, und das ist die bereits beschwichtigte Version davon, was uns meistens real gesagt wird. Im Überhang der Erfahrungen werden wir gerne als bekloppt, krank oder sonst wie erlebniswertgemindert empfunden, falls wir wirklichkeitsgemäß aus unserer Lebenserfahrung und auch Wahrnehmung berichten. Dem folgend wird uns oft noch eine Uneinsichtigkeit zum Erkennen davon angeheftet, in deren Kontingent das uns zugedachte Krankheitsbild einfließt. Wirklichkeitsgemäßes Berichten hieße in etwa, dass wir uns ohne die "Maskierung" mitteilen könnten, was die meisten von uns so aber nie machen würden, oder es auch gar nicht beherrschen, sich ihrer Innenwelt und derer Wirklichkeit zu sehr schämen, als dass sie darüber mit vielen Leuten je reden würden, welche Gefühlsregungen und Gedankenwelten dies Dasein herbeibringt. Die Scham- und Schuldkomplexe dürften da ganz ähnlich wirken, wie das aus der Innenwelt von Menschen mit anderen, in der Gesellschaft unliebsamen Erlebniswelten beschrieben wird. In unserem Fall ist die "Maskierung" aber ohnehin vielfältig zum einzigen Instrument geworden, unter dem wir uns überhaupt noch Gehör verschaffen können, ohne gänzlich ignoriert, für lächerlich oder krank befunden, oder irgendwie bedauert zu werden. Gerne werden wir in so einer bereits erheblich gestutzten Vermittlung unserer Selbstwahrnehmung zurück hinter die Ränder der Maskerade noch immer als übertreibend empfunden. Manchmal unterstellt man uns auch die Projektion eines verfälschten Bildes zum Übertriebenen hin, um so irgendwelche hintergründigen Motive durchringen zu können. Was davon dann stimmt, ist vielleicht ja diese gewisse Verfälschung der Darstellung der eigenen Wirklichkeit durch Verbergen und Drosseln ihrer wahren Ausmaße, das gebe ich gerne zu. Man verfälscht aber üblicherweise eher hin zur starken Untertreibung, anstatt zu übertreiben. Das Traurige an der Sache ist es dann, dass nicht reaktiv-Depressive oder Nicht-Melancholische solche Berichte um so übertriebener wahrnehmen. Wahrnehmungsprojektion nenne ich dann einen Versuch, der es beinhalten kann, sowohl die Wahrnehmung eines anderen zu beeinflussen, der aber auch bedeuten kann, dass man seine Wahrnehmung nur noch unter dem Umstand einigermaßen wirklichkeitsgemäß vermitteln kann, dass man Unter – oder je nach Fall auch Übertreibungen findet. Umso weniger Gehör man erhält, desto weiter hinab- oder hochgetrieben wirkt die Selbstvermittlung in so einer Situation. Es ist wie ein Versuch, immer noch lauter zu sprechen, je mehr sich das Gegenüber weigert, das Ausgesagte zu akzeptieren. Man beginnt in der Erfahrungsfortfolge negativer Kontaktsituationen erst allmählich damit, das Bild, welches man anderen von sich vermittelt, zu deren Erwartungen hin zu gestalten. Im Grunde genommen fängt so erst die Maskierung selbst an, denn sie ist nach allem Durchlebten aus dem Schorf hervorgegangen, den die Gruben und Furchen des Leids hinterlassen, durch das man im Leben in jungen Jahren gespült wurde. Das Drosseln oder Beschneiden des Selbstbilds hin zur Erwartung anderer umschreibt ein nach innen weiterreichendes Maskieren und Beschorfen, das Untertreiben wirkt gleichsam nach außen beschorfend, während das Übertreiben in den Situationen, wo man ignoriert wird, die Funktion hat, sich über die Ignoranz durch andere hinweg Aufmerksamkeit, wenn nicht nur Zeit, Gehör, Gefühlszugang oder soziale Registrierung, schlichte Duldung zu sichern.
Aus meinen Kontakten mit anderen Melancholischen und reaktiv-Depressiven, aber auch den Leuten, die aus anderen Gründen gern übertreiben ( etwa Borderliner,Wichtigtuer, Aufmerksamkeitshaschende, Geltungsbedürftige ... ) kann ich nur herleiten, dass dieses Verhalten ein Versuch ist, sich über den umgebenden Lärm mit noch lauterem Rufen Verständnis zu verschaffen, sich aus einer Menge von auf Zehenspitzen balancierenden Menschen dadurch zu erheben, indem man auf den Zehen nur eines Fußes steht, weil man dann vielleicht 1 cm größer als die unzähligen anderen Ignorierten wirken kann. Es geschieht aus innerster Verzweiflung darüber, nicht wahrgenommen oder fehlwahrgenommen zu werden, verkehrt gedeutet oder völlig missverstanden zu werden. Wahrnehmungswelten werden so auch aktiv gestaltet, und vielerorts kann es sogar notwendig sein, um überhaupt Verständnisrefugien auftun zu können. In einer sozial unter Einwirkung der Mechanismen des Kapitalismus erkühlenden, modernen Gesellschaft nenne ich es diesbezüglich kein Wunder, wenn sich mehr und mehr Menschen diese Masken zulegen und daran fast durchgehend herumfeilen, pinseln und beschönigen, und das zur Folge hat, dass sich kaum noch ein Mensch wirklichkeitsgemäß mitzuteilen wagt. Das ist eine sehr traurige, aber auch bezeichnende Wirkung dieser Epoche, die meines Erachtens mit der Leistungskraft und – bereitschaft der Menschen, aber auch ihrer vielschichtigen Ertragensfähigkeit von Lebenseinschnitten Expander spielt. Die Wahrnehmungsproblematik wird dadurch um viele Ebenen erhöht, denn um wirklichkeitsgemäß wahrnehmen zu können, muss sich auch der Verständnisbereite dem Verständnissuchenden über Lasten und Moränen aus Vorgegebenem und Verfälschtem erst hinweg arbeiten. Das bedarf Zeit und Geduld. Weil die Kapitalistenwelt durch ihre Zeitschinderei dazu hin auch noch ein Hektikgebahren entstehen lassen hat, welches sich aus der Arbeits- und Produktionsebene bis herab in die Lebensbandbreite der Menschen hinein fortsetzt, und dem Gewinn-Momentum am anderen Eingang brav die dankbare Pranke zum Gruß ausstreckt, ist dafür auch immer weniger Zeit für den Einzelnen übrig. Das Durchkämpfen durch die Moränenlast der Maskerade, und nicht zuletzt der Versuch, Menschen wirklich und ernsthaft zu verstehen, das erfordert aber gerade ausgedehnte Zeitnahme, ausführliche Gespräche und sehr viel Geduld, es kann nur in einer beträchtlichen Langsamkeit überhaupt aufgearbeitet werden. Wo aber kein Mensch mehr diese Zeit zur Verfügung hat, bzw. dies heute jedem Glauben gemacht wird, müssen wir uns nicht fragen, warum wir so sehr viele Menschen mit Problemen haben, und warum es fast unmöglich geworden scheint, sich für ein ausführliches, auch stundenlanges Gespräch einmal frei und gemütlich zusammen zu setzen, um solche Zusammenhänge mit einer würdigen Detailbetrachtung zu beleuchten, und um etwaig zu erörtern, welcher Umgang damit am meisten Sinnvolles erbringt. Gegen die immer mehr künstlich geschmälerten Zeitrahmen der modernen Epoche kämpfe nicht nur ich mit dieser Schrift als Solcher an, welche sich dem Kurzfassungsautomatismus enthebt, der für immer weniger Worte pro Buch in der Heutzeit dem weiteren Zeitschinden huldigt. Wahrnehmen ist mithin davon abhängig, ob man sich zuerst Zeit dazu nimmt, um vernünftig wahrnehmen zu können. Huscht man am Leben vorbei, um eine Dreitausendstel Sekunde eher am Ziel zu sein als der Schnellste, wird man diese Zeit zum Wahrnehmen nicht finden können. Das Geheimnis einer maximalen Wahrnehmung liegt in der Langsamkeit ihres Geschehens verborgen. Würde ich dieser Menschenwelt eine Empfehlung mit auf den Weg geben dürfen, dann wäre es jene, sich aller Uhren und Terminplaner zu entledigen, und mit einem neuen Gefühl für die Vergänglichkeit der Sekunde auf eine von Zeitdruck befreite Reise in die Erfahrungswelt des Langsamen zu begeben. Menschen, die gern meditieren, kennen eine relativ hastige Wahrnehmung davon, was Langsamkeit bedeutet. Sie haben ja nur 1 –3 Stunden dafür Zeit, und das ist sehr wenig im Vergleich zum Langsamsein. Wenigstens 3 Monate sollte man sich schon dafür frei nehmen, das ist ungefähr so viel Zeit, wie sie eine gewöhnliche Gartenschnecke benötigt, um 5 aneinanderliegende Viehweiden zu durchqueren, und schon dabei schrillen im modernen Menschen alle verfügbaren Alarmglocken, und beim up-to-date zeitgemäß funktionserfüllenden Hightech- Menschen auch noch ein paar Virtuelle davon. Schon das würde nicht gehen, weil man hier und da abhängig von etwas ist. Schon hat man die nächste Problematik entdeckt, man müsste dafür nämlich erst einmal ein freier Mensch sein. Fällt euch was auf, ihr freien Menschen? Dadurch frei, dass ihr von allen möglichen Dingen abhängig seid, die es euch nicht einmal gestatten, einen Tag lang langsam zu sein, oder 3 Monate lang dem Gras beim Wachsen zuzusehen?
Doch weiter, ich war bei der Wahrnehmung und beim Schlüssel zum Verständnis des anderen. Die Wahrnehmungsverfälschung könnte nur in einer Welt beseitigt werden, welche auch die Gleichgültigkeit oder soziale Diskriminierung von Andersempfindenden, nicht nur Andersdenkenden und Anderssehenden hinter sich gelassen hat. Um dies zu bewerkstelligen, bedarf es einer sozialen Annäherung der Menschen untereinander, die aktuell durch eine weiter fortschreitende Hektisierung, den Wertezerfall und ein soziales Ausbeutungsmuster, das zur offiziell legitimierten Demütigung der schwächsten Schichten führt verhindert wird.
Annäherung unter den einzelnen Gesellschaftsebenen wäre in einem klassenlosen Austausch zwischen den Schichten zu sehen, das heißt, ein Obdachloser müsste jederzeit verstehen lernen können, welche Wahrnehmungswelt ein Manager kennt, und der Manager müsste die Wahrnehmungswelt des Obdachlosen ebenso verstehen wollen. Dass wir uns hier auf ziemlich irrealistischem Niveau bewegen, dürfte klar sein, denn welche Not besteht beiderseits dazu? Wahrnehmungsausgleich könnte aber auch schon dadurch stattfinden, dass sich die Gesellschaftsschichten austauschen, die Erfahrungs- und Wahrnehmungswelten anderer Gruppen und Schichten veranschaulichen. Mit dem Bewusstsein darum, wie es etwa in der Welt einer Großfamilie mit 13 Kindern zugeht, oder auch in der anderen Welt einer beispielsweise querschnittsgelähmten, älteren Dame, oder vielleicht bei einer jungen, berufstätigen Single-Karrierefrau, oder auch bei einem junggeselligen Landwirt, der mehr oder weniger allein seinen Hof umtreiben muss, könnten sich die Ignoranzhaltungen gegenüber der jeweils unbekannten Wahrnehmungswelt schon lichten. Ein dahingehend orientiertes Schulfach würde ich nicht übel finden – so etwas wie Projektwochen im Fach Gemeinschaftskunde und Sozialethik wäre denkbar. Abseits davon könnte man die Wahrnehmungsverschiedenheit der Wahrnehmungsfelder der einzelnen Personen vergleichen, und die Unterschiede näher begutachten, auch um zu sehen, woher diese Unterschiede rühren. Wahrnehmungsbereicherung könnte der Schlüssel zur Aufhebung der Wahrnehmungsunterschiedlichkeit im Groben sein, dort, wo die großen Verfehlungen stattfinden, und wo Menschen unter der Dominanz der Ansichten anderer vegetieren und sich selbst unterdrücken müssen, um wahrgenommen zu werden. Wahrnehmung und Wahrnehmungsunterschied spielen in jedem Lebensinhalt eine essenzielle Rolle. Unsere Natur ist es, die eigene Wahrnehmung stets als die einzig Echte zu empfinden. Der Clue dabei ist, dass das im Selbstbezug oft stimmt, aber in der Betrachtung anderer sehr dehnbar ist. Es führt mithin dazu, dass man Menschen belächelt oder ignoriert, deren Wahrnehmungswelt anders beschaffen ist, als die Eigene. Das solltet ihr nicht vergessen, das sollte auch ich nicht vergessen, und zuletzt sollte man trotz allem Synergetischen in der Verständnisfindung die Wahrnehmung des anderen von der Eigenen getrennt halten, während man sich an der Schnittmenge gern verbinden kann. So sollte einer gegenseitig gleichauf ausgewogenen Verständigungsmöglichkeit am wenigsten Geröll im Wege liegen.

Gedanken, Überlegungen, Kritiken wie immer willkommen. Den Text gibt es auch in einem Buchprojekt, wenn das mal verlegt werden sollte, füge ich den Link hier mit ein. :lol:
 

InsularMind

Erleuchteter
Registriert
9. Dezember 2003
Beiträge
1.086
Zäsur -- oder Umstieg auf das Altersgleis?

Nun, es ist einige Kraut-Herbeste her, dass ich hier zuletzt etwas zufügte, ist es nicht? Vermutlich viel zu viel Text und dann noch Blocksatz-Format. Ich bezweifle, dass es wirklich Interesse erweckte. Doch viele Gedanken und Beschäftigungen, die in mir stattfinden, sind kaum mehrheitsfähig und ganz sicher -- das glaube ich, inzwischen festgestellt zu haben -- nicht für andere Köpfe verwendbar.

Inzwischen bin ich selten hier und über Lebens-Entschlackung und Reduzierung des Online-Daseins -- nicht immer gewollt oder geplant -- sowie ein mentales Zurückschrauben, das mir gar nicht mal so sehr gefällt, irgendwie kopfdröge geworden. Mir gelingt es nicht länger, einen 5-10 Seiten-Thread während einer Stunde konzentriert mitzulesen und dazu einen thematisch angrenzenden Beitrag zu verfassen. Ich komme mir selbst ganz schön abgebaut vor. Allerdings gab es relevante gesundheitliche Ereignisse. Rein auf das Kopfgeschehen und noch nicht mal die Emotion bezogene, burnout-ähnelnde Phasen gingen mit einem Kreativitätsschwund einher und haben mich ab Ende 2010 mehr und mehr lahmgelegt. Möglicherweise steckt da auch der Beginn eines Alterungsprozess dahinter, der zu irgend einem Ergebnis hinleiten wird. Wie es aussieht, das bleibt mir als Nicht-Hellseher verschlossen. Vielleicht ist es auch ein anderer, metabolischer Vorgang, der sich mit der Zeit in eine interessante Krankheit verwandelt. Herauszufinden bleibt es mir über, denn ein Gang zu Ärzten und alles Verwandte ist Luxus.

In der Selbstbeobachtung mag ich diese Entwicklung nicht sehr, schäme mich eher deswegen, und mache mich folglich eher dünn auf den Foren. Im Versuch, das Leben zu überleben bin ich sonst insgesamt lockerer geworden, finde ich mich auf einem Weg wieder, der die Sorgen um Zukunft der Menschheit und Entwicklungen in der Gesellschaft mit einigem Abstand begreifen lässt. Inzwischen halte ich die Entwicklung eines Sägezahn-Verlaufs in den menschheitlichen Evolutionszyklen für unabwendbar, was ich darauf begründe, wie sich gesellschaftliche, kulturelle, wirtschaftsorientierte und dystropische Entwicklungsverläufe ineinander verschachteln und zu Komplexitätserweiterung neigen. Es scheint unmöglich, diese Komplexisierung sowohl im gewollten als auch im ungeplanten Geschehensverlauf so handzuhaben, dass sich eine relative Balance in der Gesamtentwicklung auf Dauer halten lässt. Es gibt immer wieder Bewegungen, Mechanismen, die gegen diese Balance arbeiten, welche den Werdegang der Menschheit in wenig heilsame Bahnen lenken, und ich werde müde, und aus der Draufsicht des erkennbaren Unwillens-Bekennens der Menschen darüber, ihre Welt in sinnbringende Wege zu leiten lustlos daran, desinteressiert daran, dazu noch Beiträge zu leisten, sei es nur so weit als in unbedeutenden Worten.

Entweder gibt es zu viele Menschen dafür, oder die Menschen entscheiden sich gar aus dem Zwangsverlauf der Zyklen dazu, einen für die Welt unheilvollen Verlauf zu wählen. Selbst für sich scheinen sie in der Wahl der unheilvollen Verläufe ein wohligeres Gefühl zu entdecken, und diesem dystropischen Motiv bin ich noch nicht vollends auf den Zahn gekommen.

Ich verstehe nicht, warum kein weiterer, innovativer Sprung erfolgt, warum in den Schubladen verstaubende Ideen nicht ausgewertet werden, warum es so verdammt schwer sein soll, bestehende Systeme so umzuwandeln, dass sie für Modifikationen zugänglich und brauchbar werden. Ich verstehe nicht, warum statt auf alternative Innovationen auf geplante Obsoleszenz gesetzt wird, warum der letzte Tropfen Öl erst aus dem Ölschiefer gewrungen werden muss, bevor man alternativ erzeugte Energien so weit und ernsthaft fördert, und all solche Dinge, eh. Vielleicht bin ich noch immer zu sehr an einer träumerischen Weltvorstellung verhaftet, in der Magnetschwebebahn zwischen Moskau und Paris oder Solarkraft aus der Sahara samt Neuro-Netzwerktechnik und fliegenden Autos und Forschungsstationen auf dem Mars als Regelmaß vorkommen.

Ich verstehe nicht, was das mit dem 'Ehrensold' für politische Versager soll, kann nicht nachvollziehen, warum Sparzwänge oder Strafen für Hein Daddel-Bürger zur Selbstverständlichkeit gehören sollen, wenn sich andere Etagen nach Strich und Faden bereichern und große Vergeudung üben. Ich verstehe nicht, warum Ungerechtigkeiten jener Coleur vollkommen akzeptiert und protestlos hingenommen werden. So, wie ich auch die Zensurfreudigkeit des Internet und andere, polizeistaatlich frolockende Entwicklungen nicht verstehe.

Weltuntergangsfantasmen sind so normalerweise weniger mein Ding gewesen, oder nicht so grobschlächtig, wie das die ganzen Szenariengläubigen sich so vorstellen wollen. Für Weltaufstiegsstreben sehe ich heute kaum noch Untersatützer-Esprit aufblühen. Vielleicht hat das auch was mit dem Älterwerden zu tun, und junge Leute sind eingenommen von Engagement und Optimistentum, während mit dem Alter eher die Ernüchterung kommt? Ich versuche, weiter zu beobachten, doch der Elan scheint sich allmählich aufzulösen, an noch vielem Teil zu nehmen. Der Mut zur Aktivität sinkt, sei es Occupy Canada oder das Zeichnen von Petitionen gegen drakonische Vorhaben ausländischer Justizbehörden oder Briefe an Institutionen betreffs der klimatischen Zukunft und ähnliches. Ich mache davon immer weniger, nehme nicht mehr Teil, habe dieser Gesellschaft kaum noch etwas beizutragen, die ohnehin nicht zuhört und sich ihre Schlächter längst ausgesucht hat.

Selbst schwindet mir der Antrieb, mich gegen die Droge Geld aufzulehnen, wobei ich mir denke, lass die armen Ochsen doch ins Verderben gleiten. Wenn's ihnen Spaß gemacht hat... und ich bin froh, nie Kinder fabriziert zu haben, und für niemanden hohe Kosten erzeugt zu haben. Vielleicht bin ich auch nur auf eine meiner Fallen reingefallen. Ich wollte mich doch nie wichtig machen.
 

Telepathetic

Großmeister
Registriert
16. Oktober 2010
Beiträge
764
Vielleicht findest Du ja wieder den Mut, um weiterzumachen. Jede/r durchlebt doch mal Phasen der Schwäche und Ratlosigkeit.
 

Duftbaum

Großmeister
Registriert
10. April 2002
Beiträge
567
InsularMind

1) Dein Beitrag spricht für sich und zeigt dass Du in der Lage bist, kohärent zu denken und das in Worte und Schrift zu fassen.

2) Ich bin .. naja ich will nicht sagen jung. 26 Jahre alt. Dass die Welt und die Menschheit sich ständig verändern, ins Gute, ins Schlechte, ins Ungewisse, und dass es einen "Zwangsverlauf der Zyklen" gibt glaube ich dennoch zu wissen. Ich weiß auch, dass dieser "Zwangsverlauf der Zyklen" sich nicht nur auf die Welt an sich beschränkt. Auch jeder Einzelne von uns hört nie auf, wie auf einer Welle durch das Leben zu gleiten. Manche werden weit von ihr getragen, bei anderen folgen schnelle Aufs und Abs. Manche sind keine guten Surfer und verpassen die Höhen. Es ist normal, menschlich.

3) Ich kenne die Gründe nicht genau, die zu Deinem jetzigen Gemütszustand geführt haben, obwohl Du einige aufzählst. Aber das Gefühl, dass du beschreibst, kenne ich von mir selbst. Es kommt mir zumindest ein wenig biedermeierhaft vor.

4) Du schreibst, Du seist froh, keine Kinder gehabt zu haben. Zwar entscheidet das jeder für sich selbst und vielleicht bist Du wirklich glücklich damit. Ich jedenfalls hatte schon immer das Gefühl, dass man Kinder, Familie braucht um die Welt zu lieben zu können...

Gib nicht auf, lass Dich ruhig mal hängen aber gib Dich selbst nie auf.
 

NoToM

Erleuchteter
Registriert
13. Januar 2003
Beiträge
1.533
Re: Zäsur -- oder Umstieg auf das Altersgleis?

InsularMind schrieb:
Entweder gibt es zu viele Menschen dafür, oder die Menschen entscheiden sich gar aus dem Zwangsverlauf der Zyklen dazu, einen für die Welt unheilvollen Verlauf zu wählen. Selbst für sich scheinen sie in der Wahl der unheilvollen Verläufe ein wohligeres Gefühl zu entdecken, und diesem dystropischen Motiv bin ich noch nicht vollends auf den Zahn gekommen.


Ich habe über dieses Thema endlos sinniert und schliesslich resigniert, jedenfalls im Augenblick. "Die Menschen" scheint es nicht zu geben, da die wesentlichte Vorraussetzung, um den Verlauf der absehbaren Zukunft zu ändern, ein gemeinsames Bewusstsein und ein gemeinsames Ziel ist. Doch hier gehen die Ansichten diametral auseinander. Dies kann man "den Menschen" nicht einmal übel nehmen, denn die Lebenszeit ist sehr begrenzt was einen natürlichen und starken Egoismus mit sich bringt. Ausserdem ist niemand wirklich in der Lage, den weiteren Verlauf vorherzusagen. Selbst wenn man die gängisten und populärsten Sinngebenden Philisophien nebeneinander stellt, ist es mit dem Diesseits früher oder später so oder so vorbei. Nichts in unserem Universum wird so bleiben wie es ist, alles wird vergehen. Der Erhalt des Leben ist somit auf lägere Zeit sinnlos, nichts, absolut gar nichts vom hier und jetzt wird davon übrigbleiben. Was bleibt, ist die Flucht in Fantasien, in Träume und falsche Hoffnungen. Diese mache das Leben irgendwie Lebenswert und uns zu Menschen, da wir die bisher die einzige bekannte Lebensform sind, die sich überhaupt über solche Dinge Gedanken machen kann.

Trotzdem mag ich mein bisschen Leben, umso mehr, seit dem ich, egoistisch wie ich bin, Kinder in die Welt gesetzt und damit die Aufgabe bekommen habe, ihnen Sinn und Lebensfreude mitzugeben. Dies gibt meinem Leben ebenfalls einen neuen Sinn.

Ich bin bis Heute nicht dahinter gekommen, worin die Natur, Gott oder was immer man bevorzugt, den Vorteil sieht, ein Lebewesen mit dem Wissen um den eigenen Tod auszustatten. Sadismus? Konstruktionsfehler? Zufall? Der einzige Vorteil, den man in meinen Augen aus diesem Wissen ziehen könnte, wird seit jahrtausenden durch den religiösen Glauben gezielt aus unsere Gedankenwelt verbannt...naja...
 

agentP

Forenlegende
Registriert
10. April 2002
Beiträge
10.115
Ich jedenfalls hatte schon immer das Gefühl, dass man Kinder, Familie braucht um die Welt zu lieben zu können...

Braucht vielleicht nicht unbedingt, aber nicht selten öffnen sie meiner Erfahrung nach nochmal ganz andere Perspektiven.
 

Telepathetic

Großmeister
Registriert
16. Oktober 2010
Beiträge
764
Ich finde, man kann gar nicht wissen, ob Tiere nicht auch über den Tod nachdenken, bzw. was Tiere überhaupt so Philosophisches denken. Tierische Ausdrucksmöglichkeiten sind einfach zu gering. Oder menschliche Verständnismöglichkeiten sind zu gering.

Ich brauche keine Kinder, um lieben zu können, aber ich habe auch bemerkt, dass die Liebe zum eigenen Kind die stärkste, die bindendste ist. Die Liebe zum Kind bindet mehr als die Liebe zu Partner / Partnerin. Zumindest geht mir das so. Vielleicht ist die Liebe zwischen Mann und Frau genauso bindend, wenn das Dippscher sei Deckelscher findet.
 

InsularMind

Erleuchteter
Registriert
9. Dezember 2003
Beiträge
1.086
Okay, da hat mich mein Schreibstil wohl wieder etwas düster vermittelt, erst mal besten Dank für Eure Gedanken. So düster wollte ich eigentlich nicht erscheinen. Es gelingt mir wohl nur selten, alles ein wenig neutraler darzulegen, also es muss niemand darum bangen, dass ich mich durch den aktuell anhaltenden Zustand der Kopf-Trockenheit zu irgendwelchen Rückfällen in die Vergangenheit mit ihren intensiv depressiven Episoden fallen lassen würde. Das habe ich nicht vor und so desolat ist es trotz dieses flussträgen Zustands auch nicht. :roll:

@Duftbaum : Tja, daran rätsle ich noch, weil es ein schleichender Verlauf ist, sich allmählich zu verdeutlichen scheint, insgesamt in meiner sonstigen, nimmerendend wissbegierigen und kreativschaffenden Wesensart ein Knick erfolgt ist, eine Abwärtsrichtung oder Reduktion des Selbst mit all seinen Facetten, Rückzug auf das kernlich Wesentliche, wenn man so sagen kann.

Ich halte mich für einen so-la-la Surfer, aber mehr deshalb, weil ich körperlich nicht in der Lage bin, einen Frontloop oder einen Spock bzw. Flaka in der Welle hinzulegen, und mehr in der Disziplin 'Wave' unterwegs bin, um Wellen zu rippen. Nicht auf die Versinnbildlichung bezogen, bin leidenschaftlicher Windsurfer. :mrgreen:

Das mit den Kindern ist darauf bezogen, wie ich mir die stressüberladene und ungewisse Zukunft von Kindern in dieser Welt so ungefähr vorstellen müsste, und weniger an einem möglichen, egoistisch naturierten Kindersoll oder -wunsch orientiert. Dazu braucht man aber wohl die Grundinformation meiner Ungeeignetheit dafür, und Hintergrundinformationen, mit denen ich aber niemand langweilen möchte. Dass es nie Kinder aus mir geben wird, dafür hatte ich mich im Alter von ca. 12 Jahren bewusst entschieden. Da spielen diverse genetische Prädispositionen eine Rolle, als auch soziale Defizite und Überlegungen um Richtigkeit oder Nicht-Richtigkeit dazu, ob Andersorientierte / Asexuelle überhaupt mit dem Kinder-erziehen Kontakt haben sollten. Ich hätte mich mir selbst nie kindbegleitend vorstellen können, noch die je nervliche Kraft dazu erlangt. Allerdings auch kein Interesse an einer so verantwortungsschweren Aufgabe.

Wenn man ohne Kinder oder Familie die Welt nicht lieben, bzw. mögen kann, ist die Antwort einfach. Es wird nie so sein.

@NoTom: Ja, da komme ich dann von "den Menschen" über Mengen, Gruppen, Grüppchen und Individuen wieder zurück zu "den Menschen", zu deren Eigenschaften das von Dir Beschriebene gehört. Deswegen erscheint es sinnlos, einen Beitrag zur Gesellschaft, zur Menschheit zu leisten, und ich gebe Dir ganz Recht, schon in wenigen Jahrzehnten, Jahrhunderten, Jahrmillionen wird es niemanden mehr interessieren, ob ich das gemacht habe, oder auch nicht. Ich frage mich daher auch, wozu überhaupt die Mühe? Wozu sich auf Geheiß anderer beeilen, was erwirkt man damit, was hat man davon? Das ist noch nicht mal ein depremierter Gedanke, nur eine lose Feststellung. Man könnte so langsam leben, als wäre man ein Wattwurm oder eine Schnecke, oder so schnell wie ein Kolibri oder ein hyperaktives Eichhörnchen. Am Ertrag ändert das absolut nichts, und nützt der Ertrag irgendwem, den man selbst leisten könnte? In spätestens 120 Jahren sind alle tot und eingeäschert, die davon wissen, und welchen es etwas nützen können hätte, was man im Leben so verzapft.
Stimmt, den exakten Verlauf nach Punkt so und so kann niemand präzise vorhersagen, und nach sämtlichen durchgespielten Szenarien, die man anhand der Wahrscheinlichkeit in Betracht ziehen könnte, gibt es immer noch endlose Varianten mehr, die AUCH geschehen könnten. Jedoch lässt sich erahnen und aus der derzeitigen Situation schlussfolgern, welche Wahrscheinlichkeiten was für Verläufe in der eigens erlebbaren Zukunft realistisch zeichnen. Um das, was in 50 Millionen Jahren sein und nicht mehr sein wird, kümmere ich mich zunächst nicht.

Ob wir die einzige Lebenform sind, die sich über sowas Gedanken machen kann, weiß ich nicht. Ich war noch nie eine Libelle, und weiß nicht, wie Libellen denken, was sie wahrnehmen, oder welche Überlegungen eine Graspflanze sich geben mag, oder vielleicht eine Petunie. Die Annahme des Menschen, als einzige Art sowas zu können, halte ich für arrogant bis selbstbeschränkend. Mindestens anthropozentrisch bedingt. Sehe das ähnlich wie Telepathetic, wir können das aufgrund der Grenzen zwischen unserem Geist und dem anderer Tierarten gar nie feststellen. Wenn Tiere uns untersuchen würden, hätten sie wahrscheinlich ein vergleichbares Problem, oder wir würden solche Untersuchungen nicht als Solche erkennen.

Welches wäre der Vorteil, den Du im Wissen um den Tod sehen kannst?
Ich bevorzuge den Zufall, kann mir eine angeleitete Kausalität nicht mehr denken, bestenfalls zwangsläufiges Ineinander-Lagern im 'begrenzten' zufälligen Lauf, beschnitten durch die Grenzen der Dimensionen oder Naturgesetzmäßigkeiten. Was Glauben ist, denke ich als perpetuierte Folge einer Art psychisch relevanten Krankheit erkannt zu haben, die sich mit etwas Mühe auf noch unbeständige Geister übertragen lässt. Auch das Konzept Hoffnung ist für mich eine Worthülse, die mir nichts gibt.
Fantasie bzw. Phantasterei macht da eher Spaß, denn diese Dinge sind von vorn herein als inexistente Ideen markiert und haben nicht den Anflug einer Vorgabe von konstruierter Faktizitätsrelevanz.

Sehe ich ebenso@Telepathetic, was die Gedankenebene von anderen Tieren angeht ( ich zähle den Menschen selbstverständlich zu den Tieren, den einzigen harten Unterschied, den ich feststellen konnte, beschreibt die Fähigkeit von Menschen, Leid und Brutalitäten, Grausamkeit bewusst zu planen, zu verursachen, zu erweitern und sich daran zu ergötzen, es zu genießen, aus Spaß an der Freude darüber nach aller Art der Kunst auszukosten, wenn ein anderer Mensch, ein Tier leidet )

Mit der Liebe, das habe ich nie verstanden. Muss man das überhaupt empfinden? Was verpasst man, wenn nicht? Oder wenn man gar nicht befähigt dazu ist, das zu produzieren oder wahrzunehmen. Ich denke, ganz ohne das auskommen zu können, es fehlt mir nichts, was ich nicht kenne. Das betrifft die Liebe von Elternteil zu Kind ebenso wie die zwischen Mann und Frau, als auch die zwischen Mann und Mann oder Frau und Frau. Darum geht es mir aber auch nicht, das hat in meinem Leben nie eine große Rolle gespielt, und ich denke mal nicht, dass es so viele komplizierte Beschreibungen aus Liebesbeziehungen gäbe, wenn diese Liebe etwas wäre, was es sich unbedingt mitzunehmen lohnt. Das Leben kriegt man hoffentlich auch so schon rum.

Immerhin haben mich die Antworten nun wieder zum Rumgrübeln angespornt, also dafür besten Dank. Ohne meine dauerbeschäftigte Grübel-Rübe würde mir eines der Haupt-Aggregate fehlen, die dieses komische Ding namens Leben in all seiner schwelenden Lästigkeit überhaupt erträglich machen. :?
 

Ähnliche Beiträge

Oben