Die Filmindustrie und das Pentagon

hives

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Propaganda aus Hollywood kann manchmal wirklich nerven.
Wer sich überhaupt nicht vorstellen kann, wie einigermaßen intelligente Menschen sowas abdrehen und verbreiten können, sollte vielleicht mal die direkte Einflussnahme des Pentagon begutachten:

"Militäroperation Hollywood"

Peter Bürger 17.04.2005
Wie das Pentagon über Zensur und Drehbuchänderungen Einfluss auf Filmprodukte ausübt – Erkenntnisse aus einem Buch des US-Journalisten David L. Robb

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19885/1.html


Auszug:

Entsprechende Fallbeispiele, die zu einer Veränderung oder Ablehnung von Filmen geführt haben, betreffen u. a.: Rassismus oder große Strenge von Armee-Vorgesetzten; Anspielungen auf illegale US-Operationen, die zu Skandalen oder – im Fall des Schauplatzes Nicaragua – zu einer Verurteilung durch den Internationalen Gerichtshof geführt haben; Thematisierung von US-Biowaffenlabors; Kriegsbrechen US-amerikanischer Soldaten; sexuelle Belästigung, Drogenmissbrauch und Gewalttätigkeit innerhalb der U.S. Army; Darstellung von negativen bzw. unvorteilhaften Zügen historischer Persönlichkeiten des Militärs (z.B. die Beleuchtung des Hardliners General Curtis LeMay in Thirteen Days); die Wiedergabe menschenverachtender Slogans, die real im Militäralltag nachzuweisen sind; Vertuschungsmanöver im Militär; Tötungsbefehle, die sich gegen eigene Soldaten richten (z.B. Apocalypse Now, Windtalkers).

[...]

Wenn das Militär seine Wünsche bei einem Filmprojekt nicht durchsetzen kann, steht am Ende die rote Karte. Das Tor zu Magazinen, Flugplätzen und Kasernen bleibt verschlossen.


Der Buchtip zum Thema:
David L. Robb: Operation Hollywood. How the Pentagon Shapes and Censors the Movies [mit einem Vorwort von Jonathan Turley]. New York: Prometheus Books 2004.


Das alles ist wahrscheinlich für viele nichts neues - wer weitere Links zum Thema hat, bitte posten.
 

HassanISabbah

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Szenen vom US-Militär abgesegnet

"In Amerika sind wir seit fünf Jahren sehr viel imperialistischer geworden. Unter den Republikanern gibt es eine stärkere Politik des politischen Alleingangs als in jeder Zeit, an die ich mich zurückerinnern kann", sagt der Regisseur. "Mein Film ist aber keine Antwort darauf." Eine kritische Anspielung hätte das Pentagon auch nicht zugelassen. Stellte es doch für die Dreharbeiten 400 Soldaten zur Verfügung. Im Gegenzug musste es sich der weltweit erfolgreichste Regisseur gefallen lassen, dass seine Szenen vom Militär abgesegnet wurden - Spielberg ganz brav.

Quelle: http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/tips/80340/

Die Army ist käuflich
Der aktuelle Boom der Kriegsfilme aus Hollywood wird vom Pentagon unterstützt.
Auf diesen drei Gemeinsamkeiten - Glanz, Heldentum, Technologie - beruht die zunehmende Remilitarisierung des Hollywood-Kinos, die seit 20 Jahren in Gang ist, nicht erst seit dem 11. September. Die Traumfabrik hilft beim Rekrutieren ("In the Army now"), integriert Minderheiten in die Truppe ("Windtalkers", "Antwone Fisher"), schreibt die Vietnam-Niederlage um ("Wir waren Soldaten", "Flight of the Intruder"), stellt den Glauben an die eigene Unbesiegbarkeit wieder her ("Top Gun", "Iron Eagle"), unterfüttert den Krieg gegen den Terror ("True Lies", "Airforce One"), gewöhnt an Einsätze der Weltpolizei USA ("Team America: World Police", "Behind Enemy Lines") und bereitet die Welt auf den Einsatz von Mini-Atombomben vor ("Armageddon", "The Core").
Die Zahl der Drehbücher, die Captain Strub zu lesen bekommt, hat sich 2004 verdreifacht. Mit dem "Krieg der Welten" (Kinostart: 30. Juni) konnte er zufrieden sein, desgleichen mit "Stealth" (Start: 11. August), in dem tapfere Piloten einen computerfehlgesteuerten Kampfjet unter Kontrolle bringen, und mit "Die Schlacht um Falludscha", wo Harrison Ford einen General im Irak spielt.

ganzer Artikel hier: http://www.welt.de/data/2005/06/06/728091.html
 

erik

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Also man sollte es aber schon richtig herum darstellen:

Eine Einflußnahme des pentagons ist nur möglich, wenn die Filmteams auf Armeegelände oder mit Armeegerätschaften drehen wollen.
Ist ja fast eine Kooperation.

Wenn du einem Filmteam deine Wohnung überläßt, würdest du doch vorher auch ganz gerne das Drehbuch lesen, oder?
 

Er4z3r

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unterfüttert den Krieg gegen den Terror ("True Lies", "Airforce One")

Beide Filme kamen raus, bevor der Krieg gegen den Terror im Gange war.

schreibt die Vietnam-Niederlage um ("Wir waren Soldaten")

We were Soldiers trägt in der dt. Version den Namen "Wir waren Helden"

gewöhnt an Einsätze der Weltpolizei USA ("Team America: World Police"...)

Muss ich dazu noch irgendwas sagen??? :don:


Oh mann, wer verzapft so einen Mist???
 

dkR

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Oh mann, wer verzapft so einen Mist???
Jemand der keinen der genannten Filme gesehen hat?
Tja, das US-Selbstbild das in den Filmen durchschimmert ist schon ehm, interessant.
 

Ein_Liberaler

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Außerdem könnte ich schwören, daß der Artikel von einem alten Spiegelartikel abgekupfert ist.
 

JimmyBond

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unterfüttert den Krieg gegen den Terror ("True Lies", "Airforce One")

Er4z3r schrieb:
Beide Filme kamen raus, bevor der Krieg gegen den Terror im Gange war.

stimmt nicht. der krieg gegen den internationalen terror fand schon vorher statt, doch erst seit dem 11.09.01 ist die breite oeffentlichkeit soweit damit vertraut..
 

hives

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Hollywood: The Pentagon's new advisor
Die Hard screenwriter Steve de Souza has revealed he was among a group of Hollywood film makers asked to give advice to the Pentagon following the 11 September attacks.

Last October about two dozen writers and directors were commissioned to brainstorm with Pentagon advisers and officials in an anonymous building in LA.

http://news.bbc.co.uk/1/hi/programmes/panorama/1891196.stm


dkR schrieb:
Oh mann, wer verzapft so einen Mist???
Jemand der keinen der genannten Filme gesehen hat?

Die Springer-Presse verzapft so einiges ;)
Aber vielleicht hat der autor den Film einfach im Original gesehen - derartige Titel-"Übersetzungsfehler" sind ärgerlich aber gar nicht so selten...


erik schrieb:
Also man sollte es aber schon richtig herum darstellen:

Eine Einflußnahme des pentagons ist nur möglich, wenn die Filmteams auf Armeegelände oder mit Armeegerätschaften drehen wollen.
Ist ja fast eine Kooperation.

Wenn du einem Filmteam deine Wohnung überläßt, würdest du doch vorher auch ganz gerne das Drehbuch lesen, oder?


Das wurde in den zu Beginn verlinkten Artikeln auch genau so wiedergegeben. Du beziehst dich wohl auf den Springer-Artikel?

Es ist nur traurig, dass das Pentagon durch die Zensur die Realitätsnähe von Filmen zerstört ("Entsprechende Fallbeispiele, die zu einer Veränderung oder Ablehnung von Filmen geführt haben, betreffen u. a.: Rassismus oder große Strenge von Armee-Vorgesetzten; Anspielungen auf illegale US-Operationen, die zu Skandalen oder – im Fall des Schauplatzes Nicaragua – zu einer Verurteilung durch den Internationalen Gerichtshof geführt haben; Thematisierung von US-Biowaffenlabors; Kriegsbrechen US-amerikanischer Soldaten; sexuelle Belästigung, Drogenmissbrauch und Gewalttätigkeit innerhalb der U.S. Army; Darstellung von negativen bzw. unvorteilhaften Zügen historischer Persönlichkeiten des Militärs (z.B. die Beleuchtung des Hardliners General Curtis LeMay in Thirteen Days); die Wiedergabe menschenverachtender Slogans, die real im Militäralltag nachzuweisen sind; Vertuschungsmanöver im Militär; Tötungsbefehle, die sich gegen eigene Soldaten richten (z.B. Apocalypse Now, Windtalkers)"), und letztendlich Propaganda produziert wird...



Von arte gab es einmal einen diesbezüglichen Themenabend - hier ein Auszug von der iNternetseite:

KLEINES HANDBUCH FÜR KRIEGSFILM-PRODUZENTEN IN SPE


Die Produktion von Kriegsfilmen ist an sich kein Zuckerschlecken. Aber mit Unterstützung durch das Pentagon geht es schon viel einfacher: Zugang zu modernster Ausrüstung, Bereitstellung von höchst disziplinierten Statisten (echte Soldaten!) usw. (lien vers rubrique – en allemand – „les différents…“). Im Verteidigungsministerium liest man aufmerksam die einschlägige Presse und manchmal, wenn ein Projekt besondere Aufmerksamkeit auf sich zieht, kommt es sogar vor, dass ein Produzent direkt angesprochen wird. Normalerweise jedoch liegt es an Ihnen, den ersten Kontakt herzustellen, und auf dem Weg zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Pentagon gilt es einige Hindernisse zu überwinden…

Grundvoraussetzung für jegliche Zusammenarbeit ist die Bereitschaft zur Selbstzensur. Alle „heiklen“ Themen wie beispielsweise eine Meuterei (siehe „Crimson Tide – in tiefster Gefahr“) oder die Hinrichtung eines Offiziers durch ein anderes Armeemitglied (siehe „Apocalypse Now“) müssen sorgfältig vermieden werden. Dabei können die Tatsache noch so wahrheitsgetreu dargestellt und das Drehbuch noch so gut sein, es kann sich sogar um den zukünftigen Blockbuster des Jahrhunderts und zehnfachen Oscar-Kandidaten handeln: Es kommt nicht in Frage, ein Thema zu behandeln, das für die Armee tabu ist. Sollten Sie trotz allem auf Ihrem Film bestehen, wird dieser sehr schnell als „show stopper“, so der Militärjargon, eingestuft und keinerlei Unterstützung erhalten.

[...]

Auf der Homepage des Verbindungsbüros der Luftwaffe in Los Angeles sind die Bedingungen der Zusammenarbeit detailliert beschrieben: http://www.airforcehollywood.af.mil/index2.html

Arte
 

Giacomo_S

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Verstehe gar nicht, was euch daran so pikiert ?

Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing. So ist das nun mal im Leben.
Und wenn ich einen militär-kritischen Film machen will, dann muss ich den eben selbst ausstatten.
Und anders inszenieren. Wenn ich kein Geld habe, dann mache ich daraus eben ein raffiniertes Kammerspiel.
Das Special-Effekt lastige Bum-Bum eines Spielberg geht dann eben nicht mehr.

Außerdem:
Militär-Action, die die US-Armee als strahlende Helden und Vorbilder für ihren ach-so-demokratischen Apparat zeigen - das sind doch sowieso die Filme, die die Amis sehen wollen.
Und keinen Berufsbetroffenen, der an seiner Aufgabe zerbricht.
 

erik

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Absolut d'accord mit Giacomo

Wenn man einen Film über Rassismus oder Befehlsmißbrauch in der Army o.ä. machen will, geht das auch ohne günstig vom Pentagon zur Verfügung gestellte "Ausstattung". Der Film muss ja dann nicht auf einem Flugzeugträger spielen...

Oder man muß raffinierter vorgehen und die Kritik verstecken... "Black Hawk Down" finde ich in dem Zusammenhang ziemlich gelungen
 

hives

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Militär-Action, die die US-Armee als strahlende Helden und Vorbilder für ihren ach-so-demokratischen Apparat zeigen - das sind doch sowieso die Filme, die die Amis sehen wollen.

naja - nicht zuletzt eben "die Amis" in bestimmten Positionen...


Die Thematik ist m.E. ein Aspekt von vielen, aber nichtdestotrotz beachtenswert. Wie bereits geschrieben, soll der Thread in erster Linie eine diesbezügliche Materialsammlung werden.
Dank an dieser Stelle auch an HassanISabbah!
Vielleicht sollte man in zukunft jedoch nach Möglichkeit auf Publikationen aus dem hause Springer verzichten - es wurde ja deutlich, wo das unweigerlich hinführt :lol: ;)

mfg
 

caligari

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Zum Thema gibt's hier einige Hinweise. Personelle Verflechtungen zwischen TV-/Filmindustrie und Verteidigungsministerium sind bei CBS offensichtlich.
 
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