Hallo allerseits,
durch einen gar nicht so umwerfend klingenden Artikel von Spiegel-Online bzgl China + Olympia habe ich mir mal wieder ein paar grundsätzlichere Gedanken gemacht - hier aber zunächst der Artikel:
Renditehungrige Manager: China-Verstehern droht Imagedebakel
Der Tenor des Artikels: China ist eine Diktatur, und viele Manager haben noch nicht ganz begriffen, daß es einer Firma schaden kann, mit Firmen (aus) einer Diktatur Geschäfte zu machen.
Und da stellen sich mir mal wieder ein paar grundsätzliche Fragen.
Zunächst mal ist für mich wichtig, darauf hinzuweisen, daß Unternehmen grundsätzlich undemokratisch organisiert sind. Für nahezu jeden Unternehmer wäre es wohl eine Horrorvorstellung, wenn er darüber nachdenkt, seine Firma demokratisch zu führen. Wieso sollten Manager also in dieser Hinsicht überhaupt schonmal Berührungsängste mit einem nicht-demokratischen Staat haben?
Nun wurde in der Vergangenheit oft behauptet, und der Artikel weist darauf ebenfalls hin, daß man bei undemokratische Staaten nie die Sicherheit hinsichtlich der "Stabilität" hätte, wie in demokratischen Staaten. Wenn ich mir die Sowjetunion anschaue, die über 5 Dekaden stabil war, oder auch das heutige China, was seit rund 25 Jahren stabil ist... umgekehrt aber zum Beispiel Demokratien in Südamerika oder Südostasien anschaue, die teilweise eine sehr kurzfristige Haltbarkeitsdauer hatten... sehe ich kein grundlegendes Indiz, welches diese Theorie untermauert.
In dem Artikel wird auch darauf hingewiesen, daß eine "offene Wirtschaft" einen "offenen Staat" benötige. Doch - wieso? "Die Wirtschaft" gibt es doch eh nicht, sondern prinzipiell ist Wirtschaft einfach ein Angebot einer Leistung, die jemand in Anspruch nehmen möchte, und dafür bereit ist eine Gegenleistung üblicherweise in Form eines Austauschs einer akzeptierten Währung zu erbringen. Das gilt für alle Leistungen - ganz gleich, ob staatlich oder nicht.staatlich. Wiki sagt hier auch ganz richtig:
Und nun der Knackpunkt: Diese Monopole gibt es sowohl in demokratischen, als auch undemokratischen Staaten. Und in beiden Systemen gibt es eine Chance darauf, daß solche Monopole geändert werden - mal zum Vorteil, mal zum Nachteil nicht-staatlicher Unternehmen.
Interessant ist auch, wenn man den Begriff der "Diktatur" ständig liest, und endlich mal darüber nachdenkt. Ich habe oben bewusst von "demokratischen" und "undemokratischen" Staaten gesprochen, denn ein undemokratischer Staat ist mit nichten automatisch eine Diktatur, wenn man mal wieder dem Wörtbuch glauben will:
Eigentlich wollte ich auf den Punkt gar nicht sooo genau eingehen. Letztlich dient mir dieser Punkt nur zur Untermauerung meiner These.
Und die besagt schlicht, daß der Spiegel-Autor unrecht hat. Damit eine Wirtschaft florieren kann, bedarf es NICHT einer Demokratie. Es bedarf nur einer gewissen Stabilität insbesondere in den Wirtschafts-Bereichen, die das Aufblühen des Handels ausmachen. Diese Stabilität muss nichtmal eine intensive Rechtssicherheit bieten, wobei diese sicher die Stabilität erhöhen würde, aber definitiv ebenfalls nicht einer Demokratie entspringen muss. Ein Rechtsstaat ist nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit einer Demokratie.
Worauf ich eigentlich hinaus will? Auf den Punkt, der mir seit Jahren zunehmend Sorgen bereitet.
Ich halte es für durchaus möglich, daß in Russland und China echte Alternativen zu unserem demokratischen Staatsverständnis entstehen könnten, wenn es diese Länder langfristig schaffen, die nötige Stabilität, die zur Entfaltung eines erheblichen Teils der Wirtschaft nötig ist, zu realisieren. Es könnte sich sogar am Ende zeigen, daß ein undemokratischer Staat auf gewisse Anforderungen der Wirtschaft schneller reagieren kann, als ein demokratischer Staat - insbesondere, wenn es um Verletzungen der Menschenrechte geht. Denn machen wir uns nichts vor - die oberste Priorität der Wirtschaft ist es den Beteiligten Profit zu erbringen, und das auch auf Kosten von der "Konkurrenz" oder auch Unbeteiligter. Diese "Kosten" können auch weit mehr als nur finanzielle Kosten sein... letztlich interessiert das einen an der Wirtschaft beteiligten wenig, wenn es ihm selber relativ gut dabei geht.
Ich bin ziemlich gespannt, wie es in den nächsten 20-40 Jahren in der Welt weitergeht, und ich kann mir durchaus vorstellen, daß "die Demokratie" in der Welt einen spürbaren Dämpfer erhält.
Denn letztlich muss man sich schon fragen, wieviel der Demonstranten gegen Olympia mit Kleidung aus chinesischer Fertigung demonstrierte, die Kinder daheim mit Spielzeug aus chinesischer Fertigung spielen lässt, und in einen Fernseher aus chinesicher Fertigung den Bericht über die eigene heroische Tat anschaut.
gruß
Booth
durch einen gar nicht so umwerfend klingenden Artikel von Spiegel-Online bzgl China + Olympia habe ich mir mal wieder ein paar grundsätzlichere Gedanken gemacht - hier aber zunächst der Artikel:
Renditehungrige Manager: China-Verstehern droht Imagedebakel
Der Tenor des Artikels: China ist eine Diktatur, und viele Manager haben noch nicht ganz begriffen, daß es einer Firma schaden kann, mit Firmen (aus) einer Diktatur Geschäfte zu machen.
Und da stellen sich mir mal wieder ein paar grundsätzliche Fragen.
Zunächst mal ist für mich wichtig, darauf hinzuweisen, daß Unternehmen grundsätzlich undemokratisch organisiert sind. Für nahezu jeden Unternehmer wäre es wohl eine Horrorvorstellung, wenn er darüber nachdenkt, seine Firma demokratisch zu führen. Wieso sollten Manager also in dieser Hinsicht überhaupt schonmal Berührungsängste mit einem nicht-demokratischen Staat haben?
Nun wurde in der Vergangenheit oft behauptet, und der Artikel weist darauf ebenfalls hin, daß man bei undemokratische Staaten nie die Sicherheit hinsichtlich der "Stabilität" hätte, wie in demokratischen Staaten. Wenn ich mir die Sowjetunion anschaue, die über 5 Dekaden stabil war, oder auch das heutige China, was seit rund 25 Jahren stabil ist... umgekehrt aber zum Beispiel Demokratien in Südamerika oder Südostasien anschaue, die teilweise eine sehr kurzfristige Haltbarkeitsdauer hatten... sehe ich kein grundlegendes Indiz, welches diese Theorie untermauert.
In dem Artikel wird auch darauf hingewiesen, daß eine "offene Wirtschaft" einen "offenen Staat" benötige. Doch - wieso? "Die Wirtschaft" gibt es doch eh nicht, sondern prinzipiell ist Wirtschaft einfach ein Angebot einer Leistung, die jemand in Anspruch nehmen möchte, und dafür bereit ist eine Gegenleistung üblicherweise in Form eines Austauschs einer akzeptierten Währung zu erbringen. Das gilt für alle Leistungen - ganz gleich, ob staatlich oder nicht.staatlich. Wiki sagt hier auch ganz richtig:
Aus meiner Sicht heisst dies, daß im Prinzip auch staatliche Leistungen eine Wirtschaft darstellen, nur unterliegt das "Unternehmen Staat" anderen Rahmenbedingungen, als alle anderen Unternehmen - es nimmt sich das Recht heraus, bestimmte Monopole zu definieren, und darüber frei zu verfügen.Wikipedia schrieb:Als Wirtschaft oder Ökonomie wird die Gesamtheit aller Einrichtungen, wie Unternehmen, private und öffentliche Haushalte, und Handlungen verstanden, die der planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs dienen.
Und nun der Knackpunkt: Diese Monopole gibt es sowohl in demokratischen, als auch undemokratischen Staaten. Und in beiden Systemen gibt es eine Chance darauf, daß solche Monopole geändert werden - mal zum Vorteil, mal zum Nachteil nicht-staatlicher Unternehmen.
Interessant ist auch, wenn man den Begriff der "Diktatur" ständig liest, und endlich mal darüber nachdenkt. Ich habe oben bewusst von "demokratischen" und "undemokratischen" Staaten gesprochen, denn ein undemokratischer Staat ist mit nichten automatisch eine Diktatur, wenn man mal wieder dem Wörtbuch glauben will:
Das ist der erste Satz, der alleine noch keine ausreichende Definition darstellt, da auch in einer Demokratie die regierenden Personen eine kleine Gruppe darstellen. Viel wichtiger sind die anschließenden Informationen:Wikipüedia schrieb:Die Diktatur (v. lat. dictatura) ist eine Regierungsform, welche sich durch eine einzelne regierende Person, den Diktator, oder eine regierende (kleine) Gruppe von Personen auszeichnet.
Nur... letztlich beinhaltet doch jede Verfassung, daß sie geändert werden kann... zudem wird in dem Artikel klar gesagt, daß eine Demokratie auch zur Diktatur werden kann, wenn sie eben ihre "Legitimität" aushöhlt.Wikipedia schrieb:Im Gegensatz zur Demokratie gibt es in Diktaturen keine freien Wahlen. Jedoch ist nicht jede Staatsform ohne freie Wahlen eine Diktatur. [...] Zum Begriff der Diktatur gehört, dass sie illegitim ist, also eine legitime Staatsform umgestürzt hat oder in ihrem Ursprung nicht verfassungsgemäß ist. [...] Wesentlich ist dabei der Verstoß gegen die Legitimität der Regierung.
Eigentlich wollte ich auf den Punkt gar nicht sooo genau eingehen. Letztlich dient mir dieser Punkt nur zur Untermauerung meiner These.
Und die besagt schlicht, daß der Spiegel-Autor unrecht hat. Damit eine Wirtschaft florieren kann, bedarf es NICHT einer Demokratie. Es bedarf nur einer gewissen Stabilität insbesondere in den Wirtschafts-Bereichen, die das Aufblühen des Handels ausmachen. Diese Stabilität muss nichtmal eine intensive Rechtssicherheit bieten, wobei diese sicher die Stabilität erhöhen würde, aber definitiv ebenfalls nicht einer Demokratie entspringen muss. Ein Rechtsstaat ist nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit einer Demokratie.
Worauf ich eigentlich hinaus will? Auf den Punkt, der mir seit Jahren zunehmend Sorgen bereitet.
Ich halte es für durchaus möglich, daß in Russland und China echte Alternativen zu unserem demokratischen Staatsverständnis entstehen könnten, wenn es diese Länder langfristig schaffen, die nötige Stabilität, die zur Entfaltung eines erheblichen Teils der Wirtschaft nötig ist, zu realisieren. Es könnte sich sogar am Ende zeigen, daß ein undemokratischer Staat auf gewisse Anforderungen der Wirtschaft schneller reagieren kann, als ein demokratischer Staat - insbesondere, wenn es um Verletzungen der Menschenrechte geht. Denn machen wir uns nichts vor - die oberste Priorität der Wirtschaft ist es den Beteiligten Profit zu erbringen, und das auch auf Kosten von der "Konkurrenz" oder auch Unbeteiligter. Diese "Kosten" können auch weit mehr als nur finanzielle Kosten sein... letztlich interessiert das einen an der Wirtschaft beteiligten wenig, wenn es ihm selber relativ gut dabei geht.
Ich bin ziemlich gespannt, wie es in den nächsten 20-40 Jahren in der Welt weitergeht, und ich kann mir durchaus vorstellen, daß "die Demokratie" in der Welt einen spürbaren Dämpfer erhält.
Denn letztlich muss man sich schon fragen, wieviel der Demonstranten gegen Olympia mit Kleidung aus chinesischer Fertigung demonstrierte, die Kinder daheim mit Spielzeug aus chinesischer Fertigung spielen lässt, und in einen Fernseher aus chinesicher Fertigung den Bericht über die eigene heroische Tat anschaut.
gruß
Booth