Begründung des WDR vom Donnerstag, 25.8, ca. 17:30 Uhr, die Austrahlung des von der APPD eingereichten Spots zu verweigern:
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir nehmen Bezug auf unsere Sendezeitenzuteilung vom 05.08.2005 und teilen Ihnen mit, dass wir die Ausstrahlung des von Ihnen übersandten Wahlwerbespots für das Fernseh*gemeinschaftsprogramm „ERSTES DEUTSCHES FERNSEHEN“ aus inhaltlichen Gründen zu den Terminen am Freitag, 26.08.2005, 17.47 Uhr und Montag, 05.09.2005, 22.28 Uhr ablehnen.
Begründung:
Die Ausstrahlung eines Wahlwerbespots ist abzulehnen, wenn sein Inhalt offenkundig und schwerwiegend gegen allgemeine Gesetze verstößt (BVerfGE 47, 198, 69, 257; vgl. auch § 8 Abs. 4 WDR-Gesetz). Hierauf ist in den Ihnen übersandten „Grundsätzen von ARD, ZDF und DLR für die Zuteilung von Sendezeiten“ aus*drücklich hingewiesen worden (vgl. unter III. 6.).
Ihr Wahlspot beginnt mit den Worten des APPD-Kanzlerkandidaten Wolfgang Wendland „Maden der Welt: Schaut auf dieses Land!“. Inhaltlich zeigt der Spot eine mit Alkohol und Drogen sowie Sex und Gewalt durchsetzte Orgie unter Beteiligung von Jugendlichen und Kindern. Der exzessive Konsum von Alkohol durch Jugendliche wird verherrlichend dargestellt und zieht sich wie ein roter Faden durch den Wahlspot. Zum Teil entkleidete Personen nehmen sexuelle Handlungen wechselweise aneinander vor. Dabei wird durch über den Kopf gezogene Plastiktüten sowie bestimmte Gegenstände wie nagelbesetzte Gürtel oder Halsbänder die Assoziation zu sado- bzw. masochistischen Praktiken hergestellt. Des weiteren wird der Konsum von Drogen durch das Setzen einer Spritze in die Armbeuge in verherrlichender Weise dargestellt. Andere Beteiligte beschmieren sich mit Doseninhalten (mut*maßlich Tierfutter), wobei Tiere (zumindest eine Ratte und ein Hund) zwischen den Personen herumlaufen. Wiederum andere Beteiligte reißen sich gegenseitig in tierischer Manier Rohfleisch mit den Zähnen aus den Mündern. Abschließend wird in gewalt*verherrlichender Weise mit einem Messer auf einen gefüllten Müllsack eingestochen, man schlägt sich gegenseitig mit Bier*dosen auf den Kopf, mit einer Axt werden Gegenstände (Computergeräte) zerschlagen. Abschließend werden Wahlzettel beschmiert und verbrannt sowie eine mit der Aufschrift „meine Stimme / APPD“ beklebte Getränkedose mit der Hand zerquetscht. Zwischen den beteiligten Personen und Jugendlichen laufen Kinder herum und sind zum Teil an den Handlungen beteiligt. Am Ende des Spots tritt erneut Herr Wendland mit den Worten „Balka*nisierung – Rückverdummung – Nie wieder Arbeit - APPD wählen!“ auf, wobei der Untertitel „Wolfgang Wendland - APPD-Kanzler*kandidat“ eingeblendet wird. Anschließend folgt eine das gesamte Bild ausfüllende Texttafel mit der Aufschrift „ Meine Stimme für den Müll –
www.appd.de “.
Augrund des dargestellten Inhaltes verstößt Ihr Wahlspot sowohl gegen § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 als auch gegen § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV), da er gegen die Menschenwürde verstößt und offensichtlich geeignet ist, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und ihre Erziehung zu einer eigen*verantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persön*lichkeit schwer zu gefährden und somit ein unzulässiges Angebot im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) darstellt. Als offen*sichtlich schwer jugendgefährdende Träger*medien und daher als unzulässige Angebote im Sinne der genann*ten Norm hat die Rechtsprechung insbesondere solche ange*sehen, die die Dar*stellung sexueller Erniedrigungen auch unter*halb der Pornographie*grenze (vor allem sog. „Sado-Maso“ und „Bondage“-Inhalte), die Verherrlichung des sexuellen Auslebens, wahlloser Partnerwechsel oder sexueller Lust oder die Verherr*lichung oder Anpreisung des Alkohol- und Drogenkonsums sowie von Gewalt beinhalten. Zugleich wird mit der Darstellung gegen die Menschenwürde als abstraktem Grundprinzip der verfassungs*rechtlichen Werteordnung verstoßen. Die auf Exzesse und „tieri*sches“ Verhalten reduzierte Darstellung von Menschen vor und mit Kindern stellt die Leugnung des fundamentalen Wert- und Achtungsanspruchs dar, der jedem Menschen zukommt.
Aufgrund seines Inhaltes ist Ihr Wahlspot offensichtlich geeignet, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemein*schaftsfähigen Persön*lichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Wirkungsform des Verbreitungsmediums schwer zu gefährden, er stellt ein unzu*lässiges Angebot im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 sowie § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) dar.
Gemäß § 23 JMStV wird ein Verstoß gegen dies Normen beim Anbieter strafrechtlich geahndet.
Da die Rundfunkanstalten berechtigt sind, die Ausstrahlung der Werbe*spots davon abhängig zu machen, dass die Sendezeit nur zum Zwecke der Wahlwerbung und in rechtlich zulässiger Form genutzt wird, insbesondere ohne evidenten und nicht leicht wiegenden Verstoß gegen die allgemeinen Gesetze, lehnen wir die Ausstrahlung Ihres Wahlspots ab.
In die juristische Prüfung Ihres Wahlspots ist zusätzlich der Jugendschutzbeauftragte des WDR einbezogen worden und teilt die beschriebene Rechtsauffassung.
Es bleibt Ihnen jedoch unbenommen, die Ihnen zugeteilten Sende*zeiten zur Wahlwerbung unter Beachtung der Ihnen übersandten Grundsätze durch Einreichung eines anderen Wahlspots zu nutzen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides Wider*spruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Justiziariat des West*deutschen Rundfunks Köln einzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
WESTDEUTSCHER RUNDFUNK KÖLN