Wahlen in Finnland

vonderOder

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heute am 17. April 2011 sind Wahlen in Finnland.
die meißten Zuwachs an Stimmen werden laut Prognosen die Partei "Wahre Finnen" (finn.: Perussuomalaiset, kurz PS) haben.

den "Wahren Finnen", werden für die Parlamentswahl am Sonntag 16 bis 18 Prozent vorhergesagt. Vor vier Jahren errangen sie nicht einmal fünf Prozent der Stimmen.
Sein Erfolgsrezept ist harte Kritik an Brüssel, wie: "Wo die EU ist, ist das Problem." Die Debatten um die Finanzhilfen für Portugal haben seinen Wahlkampf in den vergangenen Tagen noch einmal beflügelt. "Es ist empörend, dass wir deren Schulden bezahlen sollen".

 

Telepathetic

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Wenn die EU-Bürger ein Gefühl dafür hätten, was europäisch ist, sich also als Europäer fühlen würden, dann könnten Parteien auf Nationalebene keine anti-europäische, bzw. nationalistische Stimmungen nutzen.

Ich stelle mir eine EU mit Identität vor wie die USA. Zwar existieren unter den Bundesstaaten Resentiments, aber dennoch fühlen sich die meisten als Amerikaner.

Nur habe ich auf der anderen Seite Bedenken, dass eine gemeinsame europäische Identität politisch ausgenützt würde.

Dann wiederum repräsentieren Parteien wie "Die wahren Finnen" unter Umständen einen guten Anteil des "Volkswillens", der ja rein theoretisch wenigstens Beachtung finden sollte und die Fehler der EU sichtbar macht. Denn wäre die EU so gut für alle, gäbe es wohl kaum so viel Ablehnung gegenüber der EU.
 

sercador

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Entscheidungsprozesse in Deutschland auf Bundes- oder Länderebene werden fast immer von außerparlamentarischen Diskussionen begleitet.
Talk-Shows, Leitartikel, Bürgerinitiativen, Petitionen, Demonstrationen.
Das ist gelebte politische Kultur.
Europa, bzw. die EU taucht auf, wenn ein Beschluß verkündet wird.
Das hat immer so etwas von dem Büttel, der auf dem Marktplatz eine Bulle verkündet.
Und wenn es dann doch mal eine Diskussion gibt, dann reduziert sie sich auch wieder auf das inländische Publikum.
Es ist schon Recherche-Arbeit des Einzelnen nötig, um erahnen zu können, wie die Bürger der verschiedenen EU-Staaten über ein bestimmtes Thema denken.
Es wird wohl nie zu einem Konsenz außerhalb der Politiker-Kasten kommen, wenn sich die Informationslage nicht ändert.
Logisch, daß Unwissenheit Ressentiments gebiert und in politische Münze umgesetzt wird.
 

Telepathetic

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Die EU ist doch bis zum heutigen Tage ein Projekt der Politik, dem viele EU-Bürger nicht viel abgewinnen können. Ob eine veränderte Informationslage etwas ändern würde, möchte ich bezweifeln. Klar ist, dass Timo Soini stark polemisiert, aber lügt er mit seinen Aussagen?

Selbst konservative Zeitungen wie die FAZ üben einiges an Kritik an der EU. Weniger polemisch, mehr sachlich und mit Fachwissen.

Die EU hat gewiss einige Annehmlichkeiten mit sich gebracht, aber auch seinen berüchtigten Regulierungswahn und einen riesigen Wasserkopf an Behörden.

Zu einer gelebten demokratisch-politischen Kultur müßte eigentlich auch gehören, dass die Stimme des Volkes wahrgenommen wird und entsprechend Eingang in die Gesetzgebung findet. Demokratie von Unten. Dann hört man vom irischen Referendum und wie das Ergebnis im Endeffekt ignoriert worden ist.

Ich bemerke auch nicht, dass europäische Gesetzgebungsprozesse in irgendeiner Form außerhalb der politischen Kaste diskutiert würden. In der Zeitung finden sich höchtens Auszüge aus Tagesordnungspunkten und was welcher Parteipolitiker mit Blick auf seine Wähler gesagt hat.

Ich spreche zwar jetzt von Deutschland, möglich dass die politische Kultur in Finnland anders geartet ist und dass die Anhänger Timo Soini's ignorante Nationalisten sind.
 

Telepathetic

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Ich kann mich erinnern, dass nach dem Referendum die übrigen Staats- und Regierungschefs Druck auf den irischen Ministerpräsidenten ausgeübt haben.

Was ich vergessen und eben nachgelesen habe, ist dass ein zweites Referendum durchgeführt worden ist, welches für den EU-Vertrag ausgegangen ist.

Stern.de schrieb:
Ministerpräsident Brian Cowen erklärte formell den Sieg für das Lager der Befürworter und bezeichnete die Zustimmung seiner Landsleute als entscheidenden Schritt hin zu einem "stärkeren, gerechteren und besseren Europa". Das irische Volk habe "mit klarer und überwältigender Stimme gesprochen".
http://www.stern.de/politik/ausland/referendum-irland-stimmt-eu-vertrag-zu-1512555.html

Hmm, wirklich?
 

Simple Man

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Eben ... es gab ein Referendum und das wurde abgelehnt ... dann gab es Anpassungen und eine Mehrheit hat dafür gestimmt ... so soll es ja auch sein - wäre ja albern, wenn ein einmal abgelehnter Vorschlag nicht angepasst und erneut vorgelegt werden dürfte ...
 

Telepathetic

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Und was ist mit dem "besseren, stärkeren und gerechteren Europa"? Das Europa, dass zu einer Transferunion geworden ist und in dem Staaten, die ordentlich gewirtschaftet haben nun für die .. sorry .. PIGS einspringen sollen?
 

Simple Man

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Das sind zunächst einmal zeitlich befristete Bürgschaften oder evtl. Kredite, die einmalig gezahlt würden ... selbst wenn die Rückzahlungen ausblieben, wäre es keine Transferunion, denn es gibt meines Wissens keine Regelung, nach der jetzt dauerhaft oder periodisch bestimmte Länder an andere Geld zu zahlen hätten ...
 

Telepathetic

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Okay, abgesehen von den Details, in denen ich mich wohl irre, scheint mir die Stimmung in Europa gegenüber Europa nicht grundlos negativ zu sein.
 

Simple Man

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Naja, sorry, aber wenn die Stimmung schlecht ist, weil die Leute denken, dass die EU eine Transferunion sei, obwohl sie das nicht ist, dann wäre das schon ein Stück weit grundlos ...

Und ob Soini jetzt wegen seiner EU-Äußerungen dazugewonnen hat oder trotz (weil die Finnen z.B. von den immer gleichen Parteien, die fröhlich miteinander koalieren, so dass sie sich immer mehr angleichen, die Schnauze voll haben oder weil es nun einmal nur 7,5 Mio. Finnen gibt, was die Herausbildung einer gesellschaftlichen Mitte erschweren und Erfolge populistischer Parteien erleichtern könnte), vermag ich nicht zu beurteilen, da sollen sich die Demoskopen drum kümmern ...
 

Telepathetic

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Stimmt, aber nur wenn dies der einzige Grund wäre. Die Unzufriedenheit gegenüber der EU ist ja eigentlich auch kein neues Phänomen. Jede/r hat so seine/ihre Interessen und dürfte selbige von der EU gefährdet sehen.

Man könnte mal die Frage stellen, inwieweit die EU besser ist, als ein Haufen rechtlich voneinander getrennter Nationalstaaten. Ein Vorteil sind die weggefallenen und wegfallenden Reise- und Handelsbeschränkungen. Ein anderer das größere Territorium und die Zusammenarbeit der Nationalstaaten in gemeinsamen Interessen.

Imho fehlt ein europäisches Zuzsammengehörigkeitsgefühl. Das könnte den Deutschen, die keine Verbindung zu ihrem Deutschtum haben / haben wollen, die Möglichkeit geben sich mit anderen Menschen als ein Volk zu fühlen. Als Europäer.
 

Simple Man

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Man könnte mal die Frage stellen, inwieweit die EU besser ist, als ein Haufen rechtlich voneinander getrennter Nationalstaaten.
Aber nicht in diesem Thread ... ;-) ... kannst ja mal schauen, wir haben hier den ein oder anderen passenden EU-Thread, da kannste ja mal einen rauskramen ... oder du eröffnest einen neuen Thread, wenn dir der Sinn danach steht und du denkst, dass das Thema ausreichend Futter bietet (imo täte es das) ...
 

Telepathetic

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Danke, nein. Vielleicht später.


Wenn ich das richtig verstehe, dann ist die Gefahr für Finnland, sich durch den Populisten Soini an den Rand Europas zu stellen. Weiß jemand, ob Soini Veränderungen für Finnland innerhalb Europas erwirken möchte oder ob er den Austritt Finnlands im Auge hat?
 

vonderOder

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Telepathetic schrieb:
Danke, nein. Vielleicht später.
Wenn ich das richtig verstehe, dann ist die Gefahr für Finnland, sich durch den Populisten Soini an den Rand Europas zu stellen. Weiß jemand, ob Soini Veränderungen für Finnland innerhalb Europas erwirken möchte oder ob er den Austritt Finnlands im Auge hat?
die Abschaffung des €uros für Finnland allemal.
Der Chef der Partei Wahre Finnen, Timo Soini, sagte am Montag in Helsinki: "Wir waren bisher zu weich gegenüber Europa. Das muss sich ändern."
Im Wahlkampf verlangte sie Finnlands Austritt aus der Eurozone und den Ausschluss von Hilfszahlungen an Länder wie Portugal, Griechenland und Irland.

Nach Auszählung von mehr als 75 Prozent der Stimmen lag die EU-kritische Partei "Wahre Finnen" mit 19,5 Prozent bei den Wählerstimmen knapp vor den Sozialdemokraten mit 19,2 Prozent, und hat ihren Wähleranteil seit der Wahl 2007 mehr als vervierfacht. Auf dem dritten Platz landete den Teilergebnissen zufolge die Nationalpartei mit 18,5 Prozent der Stimmen.
Vor der Wahl hatten nur die Grünen, als einzige der anderen Parteien, eine Zusammenarbeit mit den "Wahren Finnen" ausgeschlossen.
 

Telepathetic

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Danke, vonderOder.

Die finnische Boulevard-Zeitung Iltalehti schreibt zum Wahlergebnis:
"Weder der Skandal um die Parteienfinanzierung, noch die Eurokrise an sich haben den Erdrutsch verursacht. Viele haben die über hundert Jahre alte Parteienstruktur satt, bei der die Unterschiede zwischen den drei großen Parteien immer schwieriger zu erfassen sind. Vor allem wurde gegen einen zu starken gesellschaftlichen Wandel protestiert. Die Globalisierung hat die Aussichten unsicherer gemacht und die Entscheidungskompetenzen scheinen sich zu verflüchtigen. ... Den Wahren Finnen muss nun eine echte Chance gegeben werden, Verantwortung zu übernehmen."
euro|topics
 

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