Ein «Chavez» für Ecuador?

Boabdil1492

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Ein «Chavez» für Ecuador?

Rafael Correa, Kandidat fürs Präsidentenamt in Quito, sympathisiert mit Venezuelas Präsident. Nach Bolivien könnte demnächst auch der Andenstaat Ecuador einen Staatschef haben, welcher den strikt anti-amerikanischen Kurs Venezuelas unter Hugo Chavez verfolgt.

Cornelia Mayrbäurl/ Buenos Aires


Morgen wählen etwa neun Millionen wahlberechtigte Ecuadorianer einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament – weil sie müssen. Denn gäbe es keine Wahlpflicht, würden sie keine Stimme abgeben, sagen viele Ecuadorianer in Umfragen. Und sie haben einigen Grund dazu: Die letzten drei gewählten Präsidenten konnten wegen der politischen Instabilität im Lande ihre Amtszeit nicht beenden, und auch aus dem Parlament kommen keine Initiativen, von denen die Bürger profitieren.

Da erscheint es jetzt durchaus logisch, dass ein radikaler Kritiker des Politikbetriebs wie Ex-Finanzminister Rafael Correa in den Umfragen für die Präsidentenwahl vorne liegt. Der 43-jährige Ökonom mit Universitätsabschluss von Illinois (USA) hat sich im Laufe des Wahlkampfs an die Spitze der Umfragen gearbeitet und lag kurz vor der Wahl bei 33 Prozent.

Sein gefährlichster Rivale ist der Sozialdemokrat Leon Roldos, der auf 22 Prozent kommt. Correa muss mehr als 40 Prozent der Stimmen erreichen und zehn Prozentpunkte vor dem Zweitplatzierten liegen, um eine Stichwahl zu vermeiden. Chancen, in die zweite Runde zu kommen, hat neben Roldos auch der reichste Mann Ecuadors und Inhaber eines Bananen-Imperiums, Alvaro Noboa.


Gegen die USA

Rafael Correa musste 2005 als Minister zurücktreten, nachdem er sich mit der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds angelegt hatte. Damals wurde Venezuelas Präsident Hugo Chavez auf ihn aufmerksam. Correa kann jetzt auf die Unterstützung von Chavez zählen. Direkt hat sich Chavez aber kaum in den Wahlkampf eingemischt; seine rauen Worte gegen Alan Garcia in Peru wirkten sich exakt gegenteilig aus: Garcia gewann die Präsidentenwahl. Doch die internationale Finanzwelt und natürlich auch die USA schauen ohne Zweifel genau hin, ob die politische Achse Castro–Chavez–Morales um Rafael Correa verlängert wird. Im Wahlkampf hat sich Correa klar gegen die USA gestellt; Bush nannte er einmal «unglaublich dämlich». Correa hat, da er die «Parteienherrschaft» ablehnt, konsequenterweise keine Partei hinter sich, die Kandidaten für das Parlament nominieren würde. «Die politischen Parteien sind in Wirklichkeit Mafias», sagte Correa in einem Interview, «und sie sind an der Tragödie, die sich in Ecuador abspielt, schuld.» Denn in seinen Augen übt das Parlament eine Art Diktatur aus.


Grosse Armut, viel Korruption

Dass Ecuador miserabel regiert wird, ist offensichtlich. 41 Prozent der Bevölkerung sind arm, die offizielle Arbeitslosenrate liegt bei etwa 11 Prozent, aber Schätzungen gehen davon aus, dass die Hälfte der Ecuadorianer unterbeschäftigt ist. Korruption und Schwarzwirtschaft sind so omnipräsent, dass in Quito der gleiche Geschäftsmann, der sich eben noch über die Politiker beschwert hat, einen völlig überzogenen Preis verlangt und keine Rechnung ausstellen will. Angeblich ist es auch in den katholischen Privatschulen möglich, gegen Geld gute Noten zu bekommen. Der Soziologe Ivan Narvaez nennt das die «institutionalisierte Unordnung».

Rafael Correas Rezept dagegen lautet, am Tag nach seiner Wahl eine Verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Ecuador hat sich seit der Unabhängigkeit 1830 im Schnitt alle neun Jahre eine neue Verfassung gegeben. Das Problem liegt darin, dass sie nicht eingehalten wird.


Quelle: http://www.tagblatt.ch
 

Laokoon

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Passt zur allgemeinen Situation in Südamerika...In einem Welt am Sonntag-Artikel vor einigen Monaten war mal schön aufgelistet worden, wie Südamerikas Politik generell in die beiden Richtungen Nationalimus und Sozialismus driftet, ohne dabei jedoch zwingend einen Widerspruch zu eröffnen.

Es bleibt jedoch die Frage offen, ob die südamerikanischen Staaten überhaupt die Kraft haben, sich zum Beispiel von der Dominanz der Vereinigten Staaten von Amerika oder großen Wirtschaftskonzernen dauerhaft zu lösen - sowohl ökonomisch als auch politisch. Das wage ich in den meisten Fällen nämlich zu bezweifeln. Mal schauen wie es weiter geht.
 

SentByGod

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Immerhin gibt es noch Menschen die sich nicht mit dem Wirtschaftssystem abfinden und (wenn auch radikale) alternative Wege beschreiten.

Ist es nicht komisch, dass nur die Staaten mit dem geringsten Einfluss auf die Weltwirtschaft sich dieser wiedersetzen?
 

agentP

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Vielleicht rührt der geringe Einfluss ja gerade daher, dass sie sich widersetzen.
 

Winston_Smith

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Ist es nicht komisch, dass nur die Staaten mit dem geringsten Einfluss auf die Weltwirtschaft sich dieser wiedersetzen?

Interessant finde ich, dass es den Staaten, die sich nicht widersetzen offensichtlich ganz gut geht.

Süd-Korea
Japan
Deutschland
USA
usw.

Wenn man sich nun die Widersetzer anschaut, wirds eng...

Nord-Korea
Kuba
usw.


ws
 

Ein_Liberaler

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Kein Kommunist wird die Korrelation bestreiten. Er wäre aber mit uns uneinig, was Ursache und was Folge ist.
 

Boabdil1492

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Zum Wahlausgang:

Soweit ich die Situation aus der Presse verfolgen konnte, gab es wohl "Unregelmäßigkeiten" bei der Stimmauszählung. Die computergestützte Auszählung entwicklete sich (ganz nach dem Model der USA) zur Farce. Das System stürtzte komplett ab. Das letzte Computer-Ergebnis ergab einen überraschenden Vorsprung für den neo-konservativen Milliardär Noboa: demnach entfielen auf Noboa 28% und auf Correa 25% der Stimmen. Nach der Auszählung mehr als der Hälfte der Stimmen per Hand lagen beide Kandidaten bei 25%.

Laut "ZEIT" vom 25.10.2006 sieht die Stimmverteilung wie folgt aus: 26,8% für Noboa, 22,8% für Correa, 17,4% auf Gilmar Gutierrez (Mitte-Links Populist) und 14,8% auf Roldas (Sozialdemokrat). Das Oberste Wahlgericht Ecuadors legte den 26. November als Stichwahltermin fest.

Rein auf dem Papier sieht die Wahlzettel-Konstellation eher günstig für Correa aus. Die sozialdemokratischen Wähler von Roldas werden sich für Correa entscheiden und wenn auch nur die Hälfte der Stimmen von G. Gutierrez ebenfalls auf Correa entfallen, dürfte es ein leichter Wahlsieg werden.


Zu Ecuador:

Ecuador ist ein (sogar für lateinamerikanische Verhältnisse) sehr instabiles Land. Im "Tagblatt"-Artikel wurde ja kurz erwähnt wie oft die Verfassung geändert wurde bzw. geändert werden mußte. In den letzten zehn Jahren gab es zudem sieben Präsidenten, nicht wenige davon wurden im Zuge politischer Unruhen abgesetzt bzw. mußten ihr Amt räumen. Über 70% der Bevölkerung leben in großer Armut. Eigentlich kann man Ecuador mehr als (us-amerikanische) Halbkolonie denn als souveränen Staat einordnen. Im Jahre 2000 wurde die Landeswährung (Sucre) zugunsten des US-Dollar aufgehoben. Das diese extreme Abhängigkeit von den USA langfristig zurückgedrängt werden könnte, deutet aber ein anderes Ereignis an: mitte 2006 wurden die Erdöl-Förderverträge (die Erdölquellen Ecuadors befinden sich im Westen des Landes, im Amazonasbecken) mit dem us-amerikanischen Konzern "Occidental" einseitig gekündigt. Die ecuadorianische Regierung sah sich durch die bestehenden Verträge massiv benachteiligt. Der US-Konzern hat inzwischen eine Internationale Klage eingereicht.

Wenn Ecuador, nach dem Vorbild Venezuelas, es schafft seine Erdölindustrie zu verstaatlichen bzw. zu nationalisieren wäre eine sehr wichtige finanzielle Quelle für den Kampf gegen die Armut verfügbar.


http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23764/1.html (Zum Wahlergebnis)

http://zeus.zeit.de/text/2006/05/Linkspopulisten (Zum Phänomen der links-nationalistischen Bewegung(en) in Lateinamerika)

http://www.freitag.de/2006/04/06040801.php

http://www.ila-bonn.de/presseschau/2006/presse2301_290106m.htm (Info-Seite Lateinamerika)
 

Magna

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Sehr gut, dann weiß ich ja, warum ich auf Morgen gespannt sein kann.
Sieht so aus, als wäre halb Südamerika auf der Suche nach Alternativen. Vielleicht finden sie ja tatsächlich was.
Ich wünsche mir das jedenfalls.

(Bevor irgendwer Zeter&Mordio schreit: Das ist nur meine persönliche Ansicht, die hauptsächlich darauf basiert, dass ich mich Südamerika sehr verbunden fühle.)

Liebe Grüße,
Magna
 

Ein_Liberaler

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Wäre das erste Mal, daß die einfache Bevölkerung eines Landes ihre Armut überwindet, weil die Regierung mit Öl Milliarden macht.
 

Magna

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Es gibt immer ein erstes Mal.

So war das doch, oder?
Und es wäre so schön, wenn sowas endlich klappt.
Pessimismus kann ja nicht alles sein.
Liebe Grüße,
Magna
 

SentByGod

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Sehr kleine und durschnittlich ziemlich reiche Bevölkerung.
Dubai '05 28000$ und Brunei '04 24000$.


Nur haben die in diesem Thread irgendie nichts zu Suchen.
 

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